Was ist eigentlich „solidarisch“ an der „Solidarischen Landwirtschaft“?

Prinzipien für eine Solidarische Landwirtschaft die über die Geldlogik hinaus weist.http://superpolar.org/wp-content/uploads/2013/02/nclarge.png

Prinzip:

Bedarfserhebung im Unterstützer*Innen-Kreis

 Umsetzung:

  • Zur Gründung einer Solidarischen Landwirtschaft wird der Bedarf der Unterstützer*Innen an verschiedenen Produkten erhoben. Dann wird jährlich eine Befragung unter den Unterstützer*Innen durchgeführt, in der deren Zufriedenheit mit Menge und Qualität der Produkte festgestellt wird. So nähern sie die Bäuer*Innen in der Anbauplanung immer weiter dem exakten Bedarf der Unterstützer*Innen an.

Warum:

  • Trotz Marktforschung wird in der Marktwirtschaft ins Blaue hinein produziert. Weil man weiß nicht was die Konkurrenten tun. Es gibt keine Bedarfserfassung sondern man hofft, dass man seine Waren, loswird. Wenn das nicht klappt greift man zum Marketing. Und dann landet der Großteil des Produzierten auf dem Müll. All das ist absurd und sollte in der Solidarischen Landwirtschaft anders sein.

Prinzip: Beitragen statt Tauschen

Umsetzung:

  • Es gibt Bieter*Innen-Runden in denen die Unterstützer*Innen einen freien finanziellen Beitrag leisten können und nicht einen festen monatlichen Beitrag zahlen müssen. Somit wird das Geben und Nehmen entkoppelt und es werden all jene mit guten Nahrungsmitteln versorgt die sich dem Projekt verpflichtet fühlen; unabhängig von ihren Beiträgen. Natürlich muss das Budget weiterhin gedeckt werden.
  • Ebenso können anders herum Menschen beitragen die nicht versorgt werden. Entweder weil sie nicht vor Ort wohnen oder weil sie nicht versorgt werden wollen.

Warum:

  • Ohne Geld verhungern wir in der Marktwirtschaft. Das ist menschenverachtend. Dem zu Grunde liegt die Tauschlogik. Statt „du kriegst nur was wenn ich was kriege“ wollen wir „alle kriegen das was sie brauchen“. Denn jeder Mensch hat das Recht auf gute Nahrungsmittel unabhängig davon wie viel er*sie auf dem freien Markt wert ist.

Prinzip: Nicht-monetäre Beiträge

Umsetzung:

  • In den Bieter*Innen-Runden werden neben den finanziellen Beiträgen auch Ressourcen und Fähigkeiten abgefragt, die die Unterstützer*Innen einbringen wollen. Gegebenenfalls ermöglichen diese Beiträge eine Verminderung im Finanz-Budget, weil sonst am Markt zu kaufende Dienstleistungen (z.B. Maschinen-Wartung und -Reparatur) von Unterstützer*Innen übernommen werden. Ebenso könnte langfristig der finanzielle Bedarf der Bäuer*Innen durch diese Beiträge reduziert werden, weil Unterstützer*Innen deren Bedürfnisse direkt befriedigen: Medizinische Versorgung durch Ärzt*Innen im Unterstützer*Innen-Kreis; Privat-Auto-Reparatur durch Mechaniker*Innen usw.

Warum:

  • Das möglich machen von nicht-monetären Beiträgen schärft unseren Blick für unser eigenes Potential und die eigenen Bedürfnisse. Denn Geld macht all das unsichtbar. Wenn ich mich als Bäuer*In frage: „Was brauche ich eigentlich konkret für ein gutes Leben?“ und sich die Unterstütze*Innen fragen: „Was kann ich sinnvolles beitragen zum Projekt?“ dann stellen wir langsam wieder die richtigen Fragen statt „Wie viel kostet das?“.

Prinzip: Durch Produktionsautonomie die Abhängigkeit vom Geld mindern

Umsetzung:

  • Die Abhängigkeit von zugekauften Waren und Dienstleistungen kann auch dadurch vermindert werden, dass eigenes Saatgut, eigene Treibstoffe, eigene Energie etc. am Hof selbst produziert werden. Dies Bedarf meistens Investitionskapital, dass über den Unterstützer*Innen-Kreis und darüber hinaus aufgetrieben werden muss. Langfristig sorgt diese Produktionsautonomie für mehr Unabhängigkeit vom Markt und seiner Logik.

Warum:

  • Wenn wir weniger Geld in unserem Projekt brauchen, müssen die Unterstützer*Innen weniger Geld beitragen und damit weniger Zeit mit ihrer Verdingung am Markt verschwenden.

Prinzip: Bedarfslöhne für die Bäuer*Innen.

Umsetzung:

  • Statt abstrakten Stundenlöhnen überlegen sich die Bäuer*Innen und Mitarbeiter*Innen wie viel sie für ihre Tätigkeit „verdienen“ wollen. Diese „Löhne“ werden dann dem Budget zu Grunde gelegt.

Warum:

  • Genauso wichtig wie der Denkprozess bei den Unterstützer*Innen „wie viel kann ich beitragen“, so wichtig ist den Denkprozess in den Hofgemeinschaft „wie viel brauche ich / wir“. Das löst die oft unbeantwortet soziale Frage nach Gerechtigkeit bzw. gerechten Löhnen in der Landwirtschaft. Auch hier soll gelten „alle kriegen was sie brauchen.“

Prinzip: Freie Entnahme von Produkten nach Bedürfnissen

Umsetzung:

  • Die Unterstützer*Innen können sich an den Abholpunkten nehmen was sie brauchen. Es gibt vielleicht einen Lieferschein und einen Taschenrechner um seinen „theoretisch“ gleichen Anteil auszurechnen. Und eine Liste wo abgehakt wird wer schon da war.

Warum:

  • Eine Gemüsekiste zu packen macht Arbeit. Und ein „gleicher“ Anteil für alle kann manchmal keinen Sinn machen weil ein bestimmtes Gericht für viele Leute gekocht werden soll. Oder man mag bestimmte Produkte nicht. Die Entnahme nach Bedarf ermöglicht den Unterstützer*Innen genau das zu nehmen was sie brauchen statt abstrakt, genormte Mengen zugewiesen zu bekommen.

Prinzip: Partizipationsmöglichkeiten und Transparenz für Unterstützer*Innen

Umsetzung:

  • Die Gesamt-Gemeinschaft kann sich in Arbeitsgruppen organisieren um Teilbereiche der Produktion zu übernehmen. Ebenso können die Bäuer*Innen auf dem Hof Räume schaffen in denen die Unterstützer*Innen mitarbeiten können. Wichtig ist auch, dass landwirtschaftlich-politische Fragestellungen wie ob Hybrid-Saatgut Verwendung finden soll zusammen von Bäuer*Innen und Unterstützer*Innen diskutiert wird, um ein gemeinsames Bewusstsein zu schaffen.

Warum:

  • Um wieder einen Bezug zur landwirtschaftlichen Produktion zu schaffen. Denn in der Marktwirtschaft kaufen wir anonyme Produkte die uns nichts über ihre Geschichte erzählen. Das sollte nicht so bleiben.
From: keimform.deBy: Jan-Hendrik CroppComments

Parecon versus Peer-Produktion Teil 2: „Einkommensgerechtigkeit“ meets „Wertkritik“

Contraste-Logo[Aus der Mai/Juni-2013-Ausgabe der Contraste; Übersetzung: Brigitte Kratzwald.]

Michael Albert, der Begründer des Konzepts „Participatory Economy“, kurz Parecon, und Christian Siefkes, Vertreter der Peer-Produktion, diskutieren online ihre Ideen. Contraste bringt in vier Folgen eine gekürzte deutsche Übersetzung der Diskussion. Der erste Teil erschien in Contraste Nr. 342.

Michael Albert: Die Peer-Produktion zweifelt an Parecon?

Du bist irritiert, Christian, dass sich in Parecon alles um bezahlte Arbeit dreht, und fragst, warum „alle gezwungen werden, für Geld zu arbeiten, um die Dinge zu kaufen, die sie zum Leben brauchen“. Stimmen wir darüber überein, dass es so etwas wie gerechte und ungerechte Verteilung in dem Sinne gibt, dass eine Person zu viel oder zu wenig des Sozialproduktes im Verhältnis zu ihrer Leistung bekommt, und dass in einer gute Ökonomie Arbeit und Freizeit auf alle gleich verteilt werden sollten?

Um Gerechtigkeit herzustellen und Informationen über die Bedürfnisse der Menschen zu bekommen, schlägt Parecon vor, dass die Dauer, Intensität und Beschwerlichkeit ihrer sozial wertvollen Arbeit den Anteil am Sozialprodukt einer Person bestimmen und zwar durch partizipatorische Planung und selbstorganisierte Entscheidungen von Arbeiter- und Konsumentenräten. Du meinst deshalb, ich würde denken, „alle sind ein wenig zu faul und ein wenig zu gierig für eine Gesellschaft ohne Zwang“. Aber ich habe bereits gesagt, dass dem nicht so ist, sondern dass die Menschen einfach nicht wissen können, was verantwortungsvoll und moralisch ist. Du nennst es Zwang, ich nenne es Herstellung von Gerechtigkeit. Parecon sagt den Konsumenten, wieviel Arbeit für das, was sie haben wollen, notwendig ist. Es „zwingt“ nur Menschen, die mehr haben wollen, als ihnen für ihre Anstrengung zusteht.

Du bezeichnest „Einkommen“ als kapitalistisches Konzept. Im Kapitalismus hängt das Einkommen von der Verhandlungsmacht und/oder von Eigentum ab und nur zu einem geringen Teil von der eigenen Leistung. In Parecon bestimmt keiner dieser Faktoren das Einkommen, sondern nur die gesellschaftlich wertvolle Arbeit. Inwiefern ähnelt Parecon da nur annähernd dem „kapitalistischen Konzept von Einkommen“? Und warum soll es kapitalistisch sein, die Dauer und die Belastung durch gesellschaftlich notwendige Arbeit als Maß für das Einkommen zu nehmen? Denkst du, es ist nicht gerecht? Schafft es Klassenspaltung, zerstört es Solidarität, oder verhindert es Selbstverwaltung?

Eines deiner Bedenken war, dass es wenig bringe, wenn Menschen Dinge tun müssen, die sie nicht gut können. Das sollte in Parecon nicht passieren. Denn Einkommen gibt es nur für sozial wertvolle Arbeit. Ich kann nicht Löcher graben und wieder anfüllen und dafür ein Einkommen verlangen, egal wie lange ich das tue und wie schwierig es ist, weil diese Arbeit niemandem nützt. Nach der gleichen Logik kann ich nicht zehn Stunden mit einer Tätigkeit verbringen, für die ein kompetenter Arbeiter nur fünf braucht und dann verlangen, für zehn Stunden bezahlt zu werden, weil nur fünf Stunden als sozial wertvoll gelten würden. Es gibt also ausreichend Anreize, keine Dinge zu tun, für die ich nicht gut ausgebildet bin.

Wenn Vollbeschäftigung gesichert ist, und das tut Parecon, und wenn die Einkommen gerecht sind, und auch das garantiert Parecon, dann soll ein Unternehmen, dass Dinge nicht zu Preisen herstellen kann, die die Menschen akzeptabel finden, aufhören zu produzieren. Wir sollten nicht wertvolle Ressourcen verschwenden für unerhebliche Ergebnisse. Ich denke, diesbezüglich stimmen wir überein.

Als nächstes wendest du dich den „ausgewogenen Arbeitspaketen“ zu und fragst, warum die Arbeitsteilung innerhalb des Unternehmens zu Einkommensungleichheit führt. Das habe ich vielleicht zu wenig ausgeführt. Wenn wir die übliche Arbeitsteilung eines Unternehmens beibehalten, dann tun 20% all die ermächtigende Arbeit und 80% all die eintönige und ermüdende. Dann fühlen sich die 20% zunehmend klüger und wichtiger. Sie bestimmen, was zu tun ist, weil die Umstände ihnen das Wissen, die Werkzeuge, die Beziehungen und die Positionen dazu geben, während diese den anderen vorenthalten werden. Die 80% werden es zunehmend müde, an Treffen teilzunehmen, nur um zuzuschauen, wie andere über ihr Leben bestimmen. Sie sind erschöpft. Sie hören auf, die Meetings zu besuchen. Schließlich beschließen die 20%, die nun fast unter sich sind, ihr Einkommen zu erhöhen. Das ist keine bloße Annahme, sondern geschieht immer wieder. Nicht aus bösem Willen, sondern als natürliche Folge der unternehmensinternen Arbeitsteilung auf das Verhalten und Denken der Menschen. Deshalb sind wir für ausgewogene Arbeitspakete.

Du fragst, warum Menschen zu Tätigkeiten gezwungen werden sollen, die sie nicht tun wollen, auch wenn andere sie gerne tun würden. Wenn eine Wirtschaft so organisiert ist, dass jeder Job ein angemessenes Maß an Empowerment bietet, warum sollten wir Menschen zwingen müssen, Arbeiten zu tun, die sie nicht wollen? Denkst du, es gibt so viele Arbeiten, die Menschen nicht gern tun, dass jedes Arbeitspaket voll mit solchen Aufgaben ist – dass du keines finden kannst, das dir gefällt? Und denkst du, dass es notwendig sein wird, Menschen zur Arbeit zu zwingen, wenn diese unbeliebten Arbeiten, wie viele es auch sein mögen, fair verteilt sind, die Bezahlung dafür fair ist und sie Einfluss auf die Entscheidungen haben?

Wenn du das denkst, wie kannst du dann gleichzeitig denken, dass diese Arbeiten, die niemand tun will, erledigt werden würden, wenn jeder tun könnte, was er will, niemand tun müsste, was er nicht will, es keine Anforderungen und nur wenig Information gäbe? Denkst du, dass die Menschen so unterschiedlich sind, dass vier von fünf – wenn alle die gleiche Ausbildung haben, das gleiche Selbstvertrauen – freudig all die langweiligen und entmächtigenden Arbeiten tun würden, während nur einer davon die ermächtigenden tun möchte und alle gleichermaßen zufrieden damit sind und mit gleicher Macht ausgestattet?

Christian Siefkes: Warum ich immer noch Zweifel habe

Wie der Kapitalismus basiert Parecon auf Lohnarbeit, offensichtlich aufgrund der Annahme, dass die Menschen sonst nicht genug arbeiten würden. Michael, du scheinst Geld als bloße Information zu betrachten und dabei von einem sehr reduzierten Modell sozialer Interaktion auszugehen, wo keinerlei andere Informationen zur Verfügung stehen. Es müsste eine sehr traurige Gesellschaft sein, wenn Geld das einzige ist, das Menschen „verantwortungsvoll und moralisch“ handeln lässt. Das ist nicht die Gesellschaft, die ich mir wünsche.

Du fragst, ob wir übereinstimmen, dass es gerecht ist, wenn eine Person nur entsprechend ihrer Leistung am Sozialprodukt teilhaben kann und dass eine gute Wirtschaft ein faires Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit für alle ermöglichen soll. Nein, da stimmen wir nicht überein. Offensichtlich siehst du die Beiträge, die jemand leistet, als grundsätzlich negativ, als eine Art Opfer, das den anderen nützt, einem selber aber schadet. Daher müssen alle für ihre Beiträge belohnt, und wenn sie nicht genug beitragen, bestraft werden.

Beitragen als Opfer zu sehen mag heute angemessen sein, aber eine Gesellschaft, die den Kapitalismus überwinden will, sollte es besser machen. Dein „Gleichgewicht“ erinnert mich an das moderne Konzept der „work-life-balance“, wo Arbeit als grundsätzlich vom Leben getrennt wahrgenommen wird. Wenn du dein Leben versäumst, während du arbeitest, ist es klar, dass du dafür entschädigt werden musst!

Aber muss es so sein? Können wir nicht unsere Arbeit, unsere Beiträge, zu einem Teil des Lebens machen, so dass sie aus sich selbst befriedigend sind und keine zusätzliche Belohnung brauchen? Ich glaube wir können und sollten das tun.

In deinem ganzen Text verwehrst du dich dagegen, dass ich das Wort „Zwang“ benutze, weil du Geld als bloße Information verstehst. Das trifft aber nicht zu. Informationen ermöglichen Menschen Entscheidungen, aber Geldmangel (und die daraus folgende Notwendigkeit, es zu verdienen) zwingt sie dazu. Und das Geld zwingt die Menschen nicht nur, es setzt sie auch in Konfliktbeziehungen zueinander. Etwa Verkäufer und Käufer – je mehr Geld der Verkäufer bekommt, umso weniger bleibt dem Käufer, um andere Dinge zu kaufen; oder die Verkäufer ähnlicher Güter: wenn ein Käufer sich für einen Verkäufer entscheidet, verdienen die anderen kein Geld. Diese antagonistischen Beziehungen werden den Menschen durch Geld aufgezwungen, nicht nur im Kapitalismus, sondern wohl auch in Parecon.

Du scheinst die selbe Auffassung von Wert zu haben, die dem Kapitalismus zugrunde liegt: Der Wert eines Gutes entspricht dem durchschnittlichen Arbeitsaufwand für seine Produktion, wobei gut geschulte Arbeitskräfte und die bestmögliche Technik vorausgesetzt werden. Offensichtlich willst du nicht nur, dass Arbeiter zueinander in Konkurrenz stehen, so dass die weniger geschickten auf der Strecke bleiben, sondern auch dass Unternehmen miteinander konkurrieren, da du meinst, Unternehmen, die nicht zu akzeptablen Kosten produzieren können, sollten schließen. Auch in Parecon gewinnt der Anbieter mit dem günstigsten Preis.

In diesem Szenario wird auch das Versprechen der „Vollbeschäftigung“ zweifelhaft. Was geschieht mit Firmen, die nicht wettbewerbsfähig sind? Theoretisch müssen die dort arbeitenden Menschen „nur“ eine andere Arbeit finden (wobei sie anderswo den Wettbewerb verschärfen). In der Praxis ist das alles andere als einfach. Dass jeder irgendwo einen Job finden könnte, klingt genau so unglaubwürdig wie im Kapitalismus.

Je genauer man Parecon anschaut, desto mehr ähnelt es dem Kapitalismus. Zwar finden die Verhandlungen zwischen potenziellen Zahlern und potenziellen Produzenten schon vor der Produktion statt. Doch das dürfte kaum ein signifikanter Unterschied sein und Märkte, auf denen im Voraus verhandelt wird, gibt es auch im Kapitalismus.

Du sagst, alle „sozial wertvolle Arbeit“ soll belohnt werden. Die Bezahlung folgt der Effizienzlogik: wie jeder guter Manager willst du nicht Person A für zehn Stunden bezahlen, wenn Person B die gleiche Arbeit in fünf Stunden machen kann. Für andere Aktivitäten würde diese Argumentation allerdings kaum jemand akzeptieren. „Du hast drei Wochen gebraucht, um den Roman zu lesen, während jemand anderes das in einer Woche geschafft hätte!“ – „Warum hast du mit X anstatt mit Y geschlafen? Du hättest nur halb so lang zum Orgasmus gebraucht!“ Wenn jemand etwas gerne tut, gibt es keinen Grund die Zeit, die er damit verbringt zu minimieren. Aber du scheinst nicht zu begreifen, dass „gesellschaftlich wertvolle Arbeit“ etwas anderes sein kann als ein Opfer.

Nicht einmal der Kapitalismus könnte existieren, wenn alle „gesellschaftlich wertvolle Arbeit“ der Effizienzlogik unterworfen würde. Viele nützliche Arbeiten sind mit dieser Logik unvereinbar. Menschen, die die geringstmögliche Zeit mit ihren Kindern verbringen, sind wohl kaum die besten Eltern. Kranken und alten Menschen geht es nicht besser, wenn Pfleger und Ärzte sich so kurz wie möglich mit ihnen beschäftigen.

Solche „Care“-Tätigkeiten sind die unsichtbare Kehrseite des Kapitalismus. Er braucht sie, doch sie sind meist unbezahlt und ein Großteil wird von Frauen erledigt. Werden sie in die Marktsphäre hineingeholt, ist das für die Betreuten oft von Nachteil. In diesem Bereich ist die kapitalistische Logik, „den Job möglichst schnell erledigen“, noch absurder als anderswo.

Was bedeutet es, wenn Parecon alle „gesellschaftlich nützliche Arbeit“ nach der Effizienzlogik organisieren will? Entweder gelten viele Pflegetätigkeiten nicht als „gesellschaftlich nützliche Arbeit“ und bleiben außerhalb des Bereiches, der durch partizipatorische Planung neu organisiert werden soll. Sie blieben weiterhin unbezahlt und würden wahrscheinlich großteils an Frauen hängen bleiben. Die geschlechtliche Arbeitsteilung des Kapitalismus würde ihn so überdauern. Oder Parecon fasst tatsächlich alle Pflegearbeit unter die Effizienzlogik. Das Ergebnis wäre wenig erfreulich.

Zuletzt zur Frage, wie die soziale Produktion so organisiert werden kann, dass jedes Unternehmen etwas produziert, das für jemanden nützlich ist und alle Bedürfnisse erfüllt werden können. Der Markt erreicht das, allerdings nur für zahlungsfähige Teilnehmer. Mir war unklar, wie Parecon das erreichen will. Nun scheint es, dass auch die Planungsprozesse in Parecon auf Wettbewerb aufbauen und daher möglicherweise Ähnliches erreichen können. Allerdings zum gleichen Preis: sie zwingen in Konkurrenz zueinander und schließen die aus, die nicht zahlen können. Das beantwortet meine Frage, aber nicht auf eine Weise, die mir gefällt.

Die Diskussion in voller Länge auf Englisch ist hier nachzulesen: www.zcommunications.org/znet/zdebatealbsiefkes.htm

[Teil 3]

From: keimform.deBy: Christian SiefkesComments

Parecon versus Peer-Produktion Teil 2: „Einkommensgerechtigkeit“ meets „Wertkritik“

Contraste-Logo[Aus der Mai/Juni 2013 der Contraste; Übersetzung: Brigitte Kratzwald.]

Michael Albert, der Begründer des Konzepts „Participatory Economy“, kurz Parecon, und Christian Siefkes, Vertreter der Peer-Produktion, diskutieren online ihre Ideen. Contraste bringt in vier Folgen eine gekürzte deutsche Übersetzung der Diskussion. Der erste Teil erschien in Contraste Nr. 342.

Michael Albert: Die Peer-Produktion zweifelt an Parecon?

Du bist irritiert, Christian, dass sich in Parecon alles um bezahlte Arbeit dreht, und fragst, warum „alle gezwungen werden, für Geld zu arbeiten, um die Dinge zu kaufen, die sie zum Leben brauchen“. Stimmen wir darüber überein, dass es so etwas wie gerechte und ungerechte Verteilung in dem Sinne gibt, dass eine Person zu viel oder zu wenig des Sozialproduktes im Verhältnis zu ihrer Leistung bekommt, und dass in einer gute Ökonomie Arbeit und Freizeit auf alle gleich verteilt werden sollten?

Um Gerechtigkeit herzustellen und Informationen über die Bedürfnisse der Menschen zu bekommen, schlägt Parecon vor, dass die Dauer, Intensität und Beschwerlichkeit ihrer sozial wertvollen Arbeit den Anteil am Sozialprodukt einer Person bestimmen und zwar durch partizipatorische Planung und selbstorganisierte Entscheidungen von Arbeiter- und Konsumentenräten. Du meinst deshalb, ich würde denken, „alle sind ein wenig zu faul und ein wenig zu gierig für eine Gesellschaft ohne Zwang“. Aber ich habe bereits gesagt, dass dem nicht so ist, sondern dass die Menschen einfach nicht wissen können, was verantwortungsvoll und moralisch ist. Du nennst es Zwang, ich nenne es Herstellung von Gerechtigkeit. Parecon sagt den Konsumenten, wieviel Arbeit für das, was sie haben wollen, notwendig ist. Es „zwingt“ nur Menschen, die mehr haben wollen, als ihnen für ihre Anstrengung zusteht.

Du bezeichnest „Einkommen“ als kapitalistisches Konzept. Im Kapitalismus hängt das Einkommen von der Verhandlungsmacht und/oder von Eigentum ab und nur zu einem geringen Teil von der eigenen Leistung. In Parecon bestimmt keiner dieser Faktoren das Einkommen, sondern nur die gesellschaftlich wertvolle Arbeit. Inwiefern ähnelt Parecon da nur annähernd dem „kapitalistischen Konzept von Einkommen“? Und warum soll es kapitalistisch sein, die Dauer und die Belastung durch gesellschaftlich notwendige Arbeit als Maß für das Einkommen zu nehmen? Denkst du, es ist nicht gerecht? Schafft es Klassenspaltung, zerstört es Solidarität, oder verhindert es Selbstverwaltung?

Eines deiner Bedenken war, dass es wenig bringe, wenn Menschen Dinge tun müssen, die sie nicht gut können. Das sollte in Parecon nicht passieren. Denn Einkommen gibt es nur für sozial wertvolle Arbeit. Ich kann nicht Löcher graben und wieder anfüllen und dafür ein Einkommen verlangen, egal wie lange ich das tue und wie schwierig es ist, weil diese Arbeit niemandem nützt. Nach der gleichen Logik kann ich nicht zehn Stunden mit einer Tätigkeit verbringen, für die ein kompetenter Arbeiter nur fünf braucht und dann verlangen, für zehn Stunden bezahlt zu werden, weil nur fünf Stunden als sozial wertvoll gelten würden. Es gibt also ausreichend Anreize, keine Dinge zu tun, für die ich nicht gut ausgebildet bin.

Wenn Vollbeschäftigung gesichert ist, und das tut Parecon, und wenn die Einkommen gerecht sind, und auch das garantiert Parecon, dann soll ein Unternehmen, dass Dinge nicht zu Preisen herstellen kann, die die Menschen akzeptabel finden, aufhören zu produzieren. Wir sollten nicht wertvolle Ressourcen verschwenden für unerhebliche Ergebnisse. Ich denke, diesbezüglich stimmen wir überein.

Als nächstes wendest du dich den „ausgewogenen Arbeitspaketen“ zu und fragst, warum die Arbeitsteilung innerhalb des Unternehmens zu Einkommensungleichheit führt. Das habe ich vielleicht zu wenig ausgeführt. Wenn wir die übliche Arbeitsteilung eines Unternehmens beibehalten, dann tun 20% all die ermächtigende Arbeit und 80% all die eintönige und ermüdende. Dann fühlen sich die 20% zunehmend klüger und wichtiger. Sie bestimmen, was zu tun ist, weil die Umstände ihnen das Wissen, die Werkzeuge, die Beziehungen und die Positionen dazu geben, während diese den anderen vorenthalten werden. Die 80% werden es zunehmend müde, an Treffen teilzunehmen, nur um zuzuschauen, wie andere über ihr Leben bestimmen. Sie sind erschöpft. Sie hören auf, die Meetings zu besuchen. Schließlich beschließen die 20%, die nun fast unter sich sind, ihr Einkommen zu erhöhen. Das ist keine bloße Annahme, sondern geschieht immer wieder. Nicht aus bösem Willen, sondern als natürliche Folge der unternehmensinternen Arbeitsteilung auf das Verhalten und Denken der Menschen. Deshalb sind wir für ausgewogene Arbeitspakete.

Du fragst, warum Menschen zu Tätigkeiten gezwungen werden sollen, die sie nicht tun wollen, auch wenn andere sie gerne tun würden. Wenn eine Wirtschaft so organisiert ist, dass jeder Job ein angemessenes Maß an Empowerment bietet, warum sollten wir Menschen zwingen müssen, Arbeiten zu tun, die sie nicht wollen? Denkst du, es gibt so viele Arbeiten, die Menschen nicht gern tun, dass jedes Arbeitspaket voll mit solchen Aufgaben ist – dass du keines finden kannst, das dir gefällt? Und denkst du, dass es notwendig sein wird, Menschen zur Arbeit zu zwingen, wenn diese unbeliebten Arbeiten, wie viele es auch sein mögen, fair verteilt sind, die Bezahlung dafür fair ist und sie Einfluss auf die Entscheidungen haben?

Wenn du das denkst, wie kannst du dann gleichzeitig denken, dass diese Arbeiten, die niemand tun will, erledigt werden würden, wenn jeder tun könnte, was er will, niemand tun müsste, was er nicht will, es keine Anforderungen und nur wenig Information gäbe? Denkst du, dass die Menschen so unterschiedlich sind, dass vier von fünf – wenn alle die gleiche Ausbildung haben, das gleiche Selbstvertrauen – freudig all die langweiligen und entmächtigenden Arbeiten tun würden, während nur einer davon die ermächtigenden tun möchte und alle gleichermaßen zufrieden damit sind und mit gleicher Macht ausgestattet?

Christian Siefkes: Warum ich immer noch Zweifel habe

Wie der Kapitalismus basiert Parecon auf Lohnarbeit, offensichtlich aufgrund der Annahme, dass die Menschen sonst nicht genug arbeiten würden. Michael, du scheinst Geld als bloße Information zu betrachten und dabei von einem sehr reduzierten Modell sozialer Interaktion auszugehen, wo keinerlei andere Informationen zur Verfügung stehen. Es müsste eine sehr traurige Gesellschaft sein, wenn Geld das einzige ist, das Menschen „verantwortungsvoll und moralisch“ handeln lässt. Das ist nicht die Gesellschaft, die ich mir wünsche.

Du fragst, ob wir übereinstimmen, dass es gerecht ist, wenn eine Person nur entsprechend ihrer Leistung am Sozialprodukt teilhaben kann und dass eine gute Wirtschaft ein faires Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit für alle ermöglichen soll. Nein, da stimmen wir nicht überein. Offensichtlich siehst du die Beiträge, die jemand leistet, als grundsätzlich negativ, als eine Art Opfer, das den anderen nützt, einem selber aber schadet. Daher müssen alle für ihre Beiträge belohnt, und wenn sie nicht genug beitragen, bestraft werden.

Beitragen als Opfer zu sehen mag heute angemessen sein, aber eine Gesellschaft, die den Kapitalismus überwinden will, sollte es besser machen. Dein „Gleichgewicht“ erinnert mich an das moderne Konzept der „work-life-balance“, wo Arbeit als grundsätzlich vom Leben getrennt wahrgenommen wird. Wenn du dein Leben versäumst, während du arbeitest, ist es klar, dass du dafür entschädigt werden musst!

Aber muss es so sein? Können wir nicht unsere Arbeit, unsere Beiträge, zu einem Teil des Lebens machen, so dass sie aus sich selbst befriedigend sind und keine zusätzliche Belohnung brauchen? Ich glaube wir können und sollten das tun.

In deinem ganzen Text verwehrst du dich dagegen, dass ich das Wort „Zwang“ benutze, weil du Geld als bloße Information verstehst. Das trifft aber nicht zu. Informationen ermöglichen Menschen Entscheidungen, aber Geldmangel (und die daraus folgende Notwendigkeit, es zu verdienen) zwingt sie dazu. Und das Geld zwingt die Menschen nicht nur, es setzt sie auch in Konfliktbeziehungen zueinander. Etwa Verkäufer und Käufer – je mehr Geld der Verkäufer bekommt, umso weniger bleibt dem Käufer, um andere Dinge zu kaufen; oder die Verkäufer ähnlicher Güter: wenn ein Käufer sich für einen Verkäufer entscheidet, verdienen die anderen kein Geld. Diese antagonistischen Beziehungen werden den Menschen durch Geld aufgezwungen, nicht nur im Kapitalismus, sondern wohl auch in Parecon.

Du scheinst die selbe Auffassung von Wert zu haben, die dem Kapitalismus zugrunde liegt: Der Wert eines Gutes entspricht dem durchschnittlichen Arbeitsaufwand für seine Produktion, wobei gut geschulte Arbeitskräfte und die bestmögliche Technik vorausgesetzt werden. Offensichtlich willst du nicht nur, dass Arbeiter zueinander in Konkurrenz stehen, so dass die weniger geschickten auf der Strecke bleiben, sondern auch dass Unternehmen miteinander konkurrieren, da du meinst, Unternehmen, die nicht zu akzeptablen Kosten produzieren können, sollten schließen. Auch in Parecon gewinnt der Anbieter mit dem günstigsten Preis.

In diesem Szenario wird auch das Versprechen der „Vollbeschäftigung“ zweifelhaft. Was geschieht mit Firmen, die nicht wettbewerbsfähig sind? Theoretisch müssen die dort arbeitenden Menschen „nur“ eine andere Arbeit finden (wobei sie anderswo den Wettbewerb verschärfen). In der Praxis ist das alles andere als einfach. Dass jeder irgendwo einen Job finden könnte, klingt genau so unglaubwürdig wie im Kapitalismus.

Je genauer man Parecon anschaut, desto mehr ähnelt es dem Kapitalismus. Zwar finden die Verhandlungen zwischen potenziellen Zahlern und potenziellen Produzenten schon vor der Produktion statt. Doch das dürfte kaum ein signifikanter Unterschied sein und Märkte, auf denen im Voraus verhandelt wird, gibt es auch im Kapitalismus.

Du sagst, alle „sozial wertvolle Arbeit“ soll belohnt werden. Die Bezahlung folgt der Effizienzlogik: wie jeder guter Manager willst du nicht Person A für zehn Stunden bezahlen, wenn Person B die gleiche Arbeit in fünf Stunden machen kann. Für andere Aktivitäten würde diese Argumentation allerdings kaum jemand akzeptieren. „Du hast drei Wochen gebraucht, um den Roman zu lesen, während jemand anderes das in einer Woche geschafft hätte!“ – „Warum hast du mit X anstatt mit Y geschlafen? Du hättest nur halb so lang zum Orgasmus gebraucht!“ Wenn jemand etwas gerne tut, gibt es keinen Grund die Zeit, die er damit verbringt zu minimieren. Aber du scheinst nicht zu begreifen, dass „gesellschaftlich wertvolle Arbeit“ etwas anderes sein kann als ein Opfer.

Nicht einmal der Kapitalismus könnte existieren, wenn alle „gesellschaftlich wertvolle Arbeit“ der Effizienzlogik unterworfen würde. Viele nützliche Arbeiten sind mit dieser Logik unvereinbar. Menschen, die die geringstmögliche Zeit mit ihren Kindern verbringen, sind wohl kaum die besten Eltern. Kranken und alten Menschen geht es nicht besser, wenn Pfleger und Ärzte sich so kurz wie möglich mit ihnen beschäftigen.

Solche „Care“-Tätigkeiten sind die unsichtbare Kehrseite des Kapitalismus. Er braucht sie, doch sie sind meist unbezahlt und ein Großteil wird von Frauen erledigt. Werden sie in die Marktsphäre hineingeholt, ist das für die Betreuten oft von Nachteil. In diesem Bereich ist die kapitalistische Logik, „den Job möglichst schnell erledigen“, noch absurder als anderswo.

Was bedeutet es, wenn Parecon alle „gesellschaftlich nützliche Arbeit“ nach der Effizienzlogik organisieren will? Entweder gelten viele Pflegetätigkeiten nicht als „gesellschaftlich nützliche Arbeit“ und bleiben außerhalb des Bereiches, der durch partizipatorische Planung neu organisiert werden soll. Sie blieben weiterhin unbezahlt und würden wahrscheinlich großteils an Frauen hängen bleiben. Die geschlechtliche Arbeitsteilung des Kapitalismus würde ihn so überdauern. Oder Parecon fasst tatsächlich alle Pflegearbeit unter die Effizienzlogik. Das Ergebnis wäre wenig erfreulich.

Zuletzt zur Frage, wie die soziale Produktion so organisiert werden kann, dass jedes Unternehmen etwas produziert, das für jemanden nützlich ist und alle Bedürfnisse erfüllt werden können. Der Markt erreicht das, allerdings nur für zahlungsfähige Teilnehmer. Mir war unklar, wie Parecon das erreichen will. Nun scheint es, dass auch die Planungsprozesse in Parecon auf Wettbewerb aufbauen und daher möglicherweise Ähnliches erreichen können. Allerdings zum gleichen Preis: sie zwingen in Konkurrenz zueinander und schließen die aus, die nicht zahlen können. Das beantwortet meine Frage, aber nicht auf eine Weise, die mir gefällt.

Die Diskussion in voller Länge auf Englisch ist hier nachzulesen: www.zcommunications.org/znet/zdebatealbsiefkes.htm

From: keimform.deBy: Christian SiefkesComments

Larry Lohmann, climate activism, commodities and money

The central theme of a recent issue of the journal Mute (3:4) centres on what I call 'the algebra of capitalism', the quasi-mathematical framework of monetary exchange, on which the so-called efficiencies of production for markets and exchanges using money are based. It includes a great article, 'Performative equations and neoliberal commodification: The case of climate' by Larry Lohmann an activist associated with The Corner House.

Here Lohmann shows how the standardisation and commensuration attempted by monetary exchange and production for money and markets frames climate policy. He concludes that:
The strenuous commodifying processes of simplification, abstraction, quantification, propertisation and so forth reflected in performative equations constitute the deep structure of the attempted ʻinternalisation of environmental and social externalitiesʼ that is the public face of the market environmentalism characteristic of the neoliberal era. These processes continually reinterpret and transform the challenges they confront; their goals are never exogenous but are incessantly reshaped by the very process of addressing them. Internalising externalities through commodity formation gives rise to fresh externalities that continually undermine the internalisation project from an environmental perspective.
Breaking commodification processes down into bite-sized chunks using performative equations helps give substance to the intuition that commodification has many forms, dynamics and degrees ... Should regulation try to revise, elaborate and extend the contradictory performative equations that underpin the new ecosystem commodities, as is implied by most critical writings on climate markets? Or should it aim at progressively ʻdeactivatingʼ some set of these equations? This article ... has tried, in short, to unfold some elements in the core of strategic sense behind many a recent anti-commodification slogan, whether ʻour Earth is not for saleʼ, ʻI am not your ATMʼ, or ʻtu no puedes comprar el solʼ.
The whole article is well worth a read.

Demonetization: Ending the Cult of Commodity

Kellia Ramares-Watson, author and member of https://demonetize.it/, plans to write a book on demonetization. She will explain what ending the cult of commodity is all about. This project nevertheless… needs money. Thus, we are collecting financial contributions for “Ending the Cult of Commodity“, that make this urgent project possible.

This book is vital to the demonetization movement, because, though there are quite a bit of publications on demonetization from an academic viewpoint, a popular introduction is still missing.

We propose donations between 60 and 130 USD and invite you to contribute via paypal or by contacting Andreas Exner (see his adress here). Contributors currently (25.6.2013) have collected already about 1.260 USD, but we still need about 1.300 USD until the end of July!

In the following, Kellia describes the project and her approach to demonetization.

What the book will be about

Demonetization: Ending the Cult of Commodity will explain in plain language, the monetary reasons behind violence, exploitation, and disasters from  BP’s Deepwater Horizon to Fukushima, to factory collapses in Bangladesh, to the economic disaster that is austerity in the Eurozone. It will condemn, in no uncertain terms, the idea that buying and selling is humanity’s highest purpose, and that everything can and should eventually be for sale. (The Cult of Commodity). It debunk the idea that money is the biggest and best incentive to creativity. The book will show how working for wages disguises a relationship that is very akin to slavery, and how slavery, as most people would recognize it, still exists. The book will expose fatal flaws, such as the inherent nature of competition, that make reform of the current money-and-jobs system futile. This is seldom discussed as left, right, and center try to adjust the current system more to their liking. It will show that the money-jobs system, whether it is called capitalism, socialism social democracy or even communism, is a completely irrational way to distribute resources that truly benefits only the elite of the world, while the rest suffer under the delusion that if they just work harder, they will “make it.”

The book will explain the values we must adopt to successfully demonetize our private lives as much as we can now, while advocating for a fully demonetized life for future generations.  It will also give examples of demonetization past and present, drawn from books, newspapers, periodicals  and websites that can easily be found  in a book store, library or the Internet for little or no cost, so that people who are quick to dismiss demonetization as hopelessly Utopian can see it in past and current practice.

Who I am and why I think this book is needed

I’m Kellia Ramares-Watson, writer, editor, radio producer and demonetarist. Proponents of demonetization believe that the modern world’s emphasis on making money is destroying lives, cultures, and the environment. Demonetarists have authored many books and other learned treatises on the subject, but, though well argued, they have largely failed to draw a large audience among average people because many of them are rather… academic.

I can combine my academic education (Bachelor of Arts in Economics) with my 14 years of experience in the “community” sector of broadcast news which centers on covering the struggles of everyday people, and my lifetime of experience struggling to make ends meet, and watching my friends do the same, to write a book on demonetization for the general public.

„Es ist der Glaube, der selig macht“

Post from: Streifzüge. Liebe Leute: Allein hier zu schreiben, dass wir ein Leben ohne Geld wollen, kostet welches. Wer unsere Texte mag, soll dazu beitragen, dass sie hier (ent)stehen können. Wenn wer sich’s leisten kann. Eh klar. Dann aber seid so lieb: Her mit der Marie! Löst uns aus!



„Es ist der Glaube, der selig macht“

Insistierende Fragmente über kapitalistische Realhalluzinationen – Hypothesen

VORLAUF FETISCH Streifzüge 58/2013

von Franz Schandl

Wir haben gelernt, zu glauben. Warum sollte es mit dem Kapital anders sein. Es ist sogar zu vermuten, dass viele Keime unserer Imaginationen in der Ökonomie des Alltags stecken. Dass die dort erforderliche Sicht von Tausch und Täuschung alle anderen Phänomene zumindest prägt, wenn nicht dominiert. Fiktiv ist gar vieles. Fiktionen sind nicht Folge des Kapitals, sondern Bestandteil seiner rationalen und rationellen Grundkonstitution.

Bereits Karl Marx schrieb im dritten Band des „Kapital“: „Als Papier hat das Gelddasein der Waren ein nur gesellschaftliches Dasein. Es ist der Glaube, der selig macht. Der Glaube in den Geldwert als immanenten Geist der Waren, der Glaube in die Produktionsweise und ihre prädestinierte Ordnung, der Glaube in die einzelnen Agenten der Produktion als bloße Personifikation des sich selbst verwertenden Kapitals.“ (MEW 25:606) Die Ökonomie selbst spricht eine deutliche Sprache, sogar vordergründig. Nicht zu Unrecht redet sie vom Schein, wenn sie vom Geldschein spricht. Und der wird allgemein akzeptiert, genauso wie Münzen oder Kreditkarten. Diese Einbildung verbindet die Leute und verwirklicht sich in Geschäften, wo man ja tatsächlich mit solchen Scheinen reale Dinge wie Bananen oder Brötchen, Gewehre oder Windschutzscheiben erstehen kann. Hier herrscht (insbesondere was Hartwährungen wie Euro und Dollar, Yen und Franken betrifft) eine Übereinkunft, die zum Ziel, den Gebrauchswerten, führt.

An Gebrauchswerten kann nie mehr konsumiert werden als produziert worden ist. Wohl aber kann mehr produziert als konsumiert werden. Das Stoffliche kennt also Mucken, die das Geld wenig scheren. Geld kann nämlich in Unmengen vorhanden sein, egal ob es real gedeckt ist oder nicht. Das sieht man dem Geld auch nicht an. Wert und Erscheinung fallen unmittelbar zusammen. So will es der herrschende Glaube. Denn der Waren sind nicht zu wenige (im Gegenteil), sie können aber nicht gekauft werden, weil den Leuten das Geld fehlt. Schon jetzt regiert der virtuelle Vorgriff. Mittels Kredit (insbesondere auch Kreditkarte) verschafft man sich durch imaginierte zukünftige Einkommen realen Zugang zu gegenwärtigen Produkten und Leistungen.

Realisierte Banken

Gehandelt wird nicht nur mit Waren, sondern auch mit Geld selbst. „Das Borgen und Verleihen von Geld wird zu einem besonderen Geschäft.“ (MEW 25:416) Zentral sind die Geldhändler oder deren System, die Banken. Spätestens hier sieht man, dass Geld nicht als bloßes Instrument zu fassen ist, sondern als Geldkapital. Die Bank, das ist vielen Sparern nicht klar, ist auch keine Aufbewahrungsanstalt von Geldern, sondern eine Verflüssigungsanstalt derselben. Geld als Kapital gibt es nur flüssig, nicht als Schatz. Diese Wirtschaft ist nur in einer fieberhaften und ausdauernden Dynamik der Zirkulation am Leben zu erhalten.

Man könnte das Bankkapital ja auf die Probe stellen, indem alle Leute auf einmal ihre Einlagen abheben. Das Finanzsystems würde augenblicklich kollabieren, was aber auch heißt, dass die Realität der Gelder auch unter besten Bedingungen nur im Konjunktiv gegeben ist und eine Realisierung derselben nur gewährleistet werden kann, wenn lediglich ein Bruchteil der den Banken Geld Gebenden es auch wieder haben will. Die tatsächlich verbrieften Optionen können also gar nicht auf einmal in Anspruch genommen werden. Auch hier handelt es sich im besten Fall um pure Fiktion, die aber ihren Zweck erfüllt. Wirkung und Wirklichkeit haben wenig miteinander zu tun.

Diese Realität ist nur möglich, weil sie nicht realisiert wird. Und den Satz sollte man in seiner vollen Bedeutung erfassen. Also still sitzen, reflektieren, pausieren, spazieren gehen. – Und dann noch einmal: Diese Realität ist nur möglich, weil sie nicht realisiert wird. Realisieren meint einlösen und begreifen. Die Aussetzung nicht nur des Denkens, sondern auch des Verwirklichens ist Voraussetzung der Funktion. Würde die Realität realisiert werden, wäre es um sie geschehen. Realisieren meinte liquidieren. Das Geld, das wir besitzen, das gibt es nur unter bestimmten Konditionen. Es ist nicht einfach da. Das gilt es wahrzunehmen.

Kredit als Credo

Via Kredit nimmt man Geld zu einem Preis auf, der über dem liegt, was die erhaltene Summe ausmacht. Ein Kredit ist nichts anderes als Vorschuss oder Vorwegnahme auf noch zu produzierenden Wert. „Das Kreditwesen beschleunigt daher die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die historische Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist. Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs, die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise“, schreibt Karl Marx (25:457). Inzwischen ist der Großteil der wirtschaftlichen Tätigkeit auf Kredit gebaut, und somit der Dynamik des Finanzmarkts ausgeliefert. Ohne ihn würde der Warenmarkt gar nicht erst funktionieren, er ermöglicht die notwendige Bewegung.

Wichtigste Basis für die Vergabe von Krediten ist das Vertrauen der Kreditgeber in die Kreditnehmer. Das Versprechen hält nur so lange es geglaubt wird. Glaubwürdigkeit ist also ihr wahres „Kapital“. Viele Finanzgeschäfte funktionieren wie Pyramidenspiele. Solange sich Mitspieler finden, kann das Spiel laufen, sobald jedoch die Kette unterbrochen wird, droht der Kollaps. Können die Schulden nicht gedeckt oder zumindest umgeschuldet werden, dann entpuppt sich die Struktur als nicht tragfähiges Kartenhaus.

Fiktives Kapital ist Folge des Kreditwesens. Sein Auftritt auf dem Finanzmarkt scheint unabhängig von der Produktion, der so genannten Realwirtschaft, Zinsen gebären, also G in G’ verwandeln zu können. „Die Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Man kapitalisiert jede regelmäßig sich wiederholende Einnahme, indem man sie nach dem Durchschnittszinsfuß berechnet, als Ertrag, den ein Kapital zu diesem Zinsfuß ausgeliehen, abwerfen würde (…) Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozess des Kapitals geht so bis auf die letzte Spur verloren, und die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.“ (MEW 25:484) Geld scheint hier wirklich für sich zu arbeiten.

Fiktives Kapital ist nicht gedeckt, aber es „existiert“ trotzdem. Es ist ein reelles Trugbild, an das geglaubt wird, weil andere ebenfalls daran glauben. Dieser kollektive Glaube trägt so lange, bis das Spiel auffliegt, die Blasen platzen, und fiktives Kapital sich als Luftnummer herausstellt. Solange die Blase aber nicht geplatzt ist und die kapitale Frömmigkeit sie als ein Füllhorn betrachtet, vermag dieses sich durchaus real im Wirtschaftsprozess einbringen, kann Waren und Dienstleistungen kaufen, Geschäfte in Gang setzen und die Produktion ankurbeln. Man sieht dem Geld nicht unmittelbar an, ob es Substanz hat oder nicht. Der Schein kann tragen, aber auch trügen. Das fiktive Kapital ist die Hochstapelei des Realkapitals. Früher oder später wird jenes auf dieses zurückgeworfen werden. Aber dazwischen gibt es Zeitfenster.

Im Himmelreich

Die Zirkulation von fiktivem Kapital ist eine im Himmel des Geldfetischs. Geld ist scheinbar nur noch sich selbst verpflichtet und selbstschöpferisch tätig. Wenn A dem B 100 borgt und B dem C auch 100, sodann C dem D wieder 100, auf dass dieser dem A 100 borgt, dass dieser es B borgen kann, wie viel haben sie? 0, 100, 400, 500, 700, 8.000, 90.000, 1 Million? Das ist wahrlich ein philosophisches Problem. Aber ganz ähnlich funktionieren viele Hochrechnungen des Kapitals. Zwar nicht so primitiv wie das angeführte Beispiel, sie sind komplexerer Architektur. Da werden fensterlose Pyramiden mit versteckten Kammern, dunklen Kanälen, Labyrinthen, Schlupflöchern, Falltüren und Spiegelkabinetten gebaut. Glänzende Postkarten besorgen die PR. Die tatsächlichen Konstruktionen sind also viel abgedrehter, so dass zum Schluss oft niemand mehr durchblickt. Glasperlenspieler sitzen um eine Illusionsmaschine, deren Betätigung aber Waren und Dienste bewegt und somit selbst real sein muss, denn sonst könnte sie das doch nicht bewerkstelligen. Oder? Das mag tautologisch sein, aber nicht anders ist die Logik eines sich entrückenden Kapitals.

Im bürgerlichen Himmel fortwährender Geldzirkulation ist der Phantasie keine Grenze gezogen. Sich vorzustellen, dass hier zukünftig irgendwelche weltlichen Aufsichtsbehörden gleich Fetischbeschwörungspolizisten den Ton angeben und sagen, was erlaubt ist und was nicht, ist töricht. Das wird es nicht spielen, weil es das gar nicht spielen kann. Transparenz und Kontrolle sind dem Kapital wesensfremd. Es kann nur bestehen und sich entwickeln als private „Black Box“, wo Geschäftsergebnisse, also nackte Zahlen interessieren, nicht deren Zustandekommen und deren Ingredienzien, also die lebendigen Prozesse. Wir haben auch nicht zu wissen, wir haben selbst so zu handeln und zu kaufen. Und wenn wir dann doch was erfahren, was wir nicht wissen sollten, dann haben wir aufgeregt „Skandal!“ zu schreien, um in aller Ohnmacht das Ideelle gegen das Reelle anzuflehen.

Die mentale Basis des fiktiven Kapitals ist Realhalluzination. Nichtvorhandenes Geld kauft real vorhandene Ware. Der Kapitalismus ist in ein autosuggestives Stadium getreten. Aber selbst die, die das spüren, misstrauen dem und verdrängen das, weil sie, obwohl sie nicht mehr glauben können, glauben müssen. Woran sollen sie sonst glauben? Diesen Glauben in Frage zu stellen, hieße, unsere ganze Konstitution über den Haufen zu werfen. Das Dogma kapitalistischer Metaphysik lautet: Die Leute müssen daran glauben! Sie tun das, in doppeltem Sinne. Gegenwärtig ist zwar vieles erschüttert, aber der schiere Glaube an das Geld als Form gesellschaftlichen Stoffwechsels, der ist selbst in Zeiten der großen Verunsicherungen, vorerst unangefochten geblieben. Alle versuchen sich nicht vom Geld zu retten, sondern ins Geld. Jedes Kind meint zu wissen, dass Geld nur dann eine Bedrohung ist, wenn eins zu wenig davon hat.

Im fiktiven Kapital träumt das Kapital seinen ureigenen Traum. Völlig unabhängig von seinen Produktionsgrundlagen agiert es losgelöst von seinen stofflichen Resten, wird Geist, dass es geistlicher gar nicht mehr geht. Das Kapital hat sich von der Arbeit „befreit“, ist zu sich selbst gekommen, ist reine Geldbewegung. Losigkeit in Zahlen und Kurven. Eine Hochschaubahn, die erst während der Fahrt ihre Schienen plant und baut. Vor allem in der Wirtschaftsstatistik – und das betrifft auch Aktienkurse – stellt Ökonomie nichts anderes dar als hochgefahrene Daten fiktiver Ketten: Attrappenkapital. Indes, wenn viele glauben, da seien keine Attrappen, dann sind da keine Attrappen, auch wenn es Attrappen sind. Wiederum wird durch synthetische Übereinkunft Nicht-Existierendes existent. Wahrlich, der Glaube kann Zwerge versetzen.

Es ist wie beim Fernsehen: Auch da vermögen wir in den gelieferten Bildern reale Gebäude von Kulissen in keiner Weise zu unterscheiden. Es ist naheliegend, das fiktive Kapital mit den Fiktionen in Televison und Unterhaltung, Werbung und Alltag kurz zu schließen, d.h. die mentalen Beschaffenheiten mit den ökonomischen Grundlagen in Verbindung zu setzen. Es sind wohl mehr als zufällige Parallelen, die sich da in den diversen Sphären auftun. Kritik der politischen Ökonomie heißt mehr denn je den ideologischen Charakter einer irren Kommunikationsform offen zu legen. Der Ökonomie ist nicht ökonomisch zu begegnen bzw. beizukommen.

Schulden und Schuldige

Schulden entstehen durch Kauf ohne Zahlung oder wenn eine Zahlung zwar geleistet, aber mit fremdem Geld bedient wird. In der Ökonomie meinen Schulden das Noch-nicht-Bezahlte. Kauf und Zahlung fallen auseinander. Entschuldung erfolgt durch Zahlung. Die Fiktion besteht darin, dass beide Seiten von der Kreditwürdigkeit des Schuldners ausgehen, insbesondere freilich der Gläubiger. Er muss darauf spekulieren, nur so kann er selbst Geschäfte tätigen und Gewinne lukrieren. Ohne Schulden läuft heute gar nichts. Sie sind das Treibmittel der Ökonomie.

Es ist bezeichnend, dass der Schuldige in der politischen Ökonomie als Schuldner erscheint. Schuld ist verbunden mit einer Personalisierung von Defiziten, schnell wird man vom Zahlungsunfähigen zum Zahlungsunwilligen und so zum Bösen und Üblen. Und da sind sie sich einig von links bis rechts, auch wenn sie stets verschiedene Schuldige finden und unterschiedliche Gerechtigkeiten einfordern. Die Begriffe Schuld, Schulden, Schuldige treiben nun schon Jahrhunderte ein Verwesen, das stark nach Leichen riecht, weil es fortwährend welche produziert. Die aktuelle Dynamik der globalisierten Wirtschaft spitzt das noch zu: Mächtige Konzerne, mittlere Betriebe und auch immer mehr Einzelpersonen schlittern in den Konkurs. Dies noch produktive Zerstörung zu nennen gleicht einem Euphemismus.

Zweifellos, der Schuldner ist ein Schuldiger, er hat zu zahlen. Kann er nicht mehr, ist sein Status als Wirtschaftssubjekt in Frage gestellt. Wenn allerdings nicht nur kleine Fische, sondern Unternehmen, Banken, Versicherungen oder gar Staaten zahlungsunfähig werden, dann wird es gefährlich für die herrschende Ordnung, denn als gesamtgesellschaftliches Aggregat, als Wirtschaftsobjekt ist es auf Zahlungsfähigkeit aufgebaut, und kann diese nicht ewig durch Hin- und Herschieben, durch Umgruppieren oder noch gewagtere fiskalische Machenschaften, also Täuschungs- und Ablenkungsmanöver mannigfaltiger Art, substituieren. Die Zeitstreckungen sind begrenzt und die Raumplatzierungen ebenso.

Das Versprechen der fälligen Abdeckung ist inzwischen an zu vielen Stellen porös geworden. Liquidität ist oft nicht mehr gegeben, sodass ein System der Umschuldung jenes der Entschuldung abgelöst hat. Umschuldung meint nichts anderes als die Schulden A durch die Schulden B zu ersetzen, etwa die Außenstände auf der Kreditkarte C mit der neu besorgten D abzugelten. Nicht mehr herstellbare Zahlungsfähigkeit simuliert sich in diversen Rechenkünsten und Versteckspielen. Umschuldung ist aber nichts anderes als Vertröstung auf Entschuldung, kann diese letztlich nicht ersetzen. Sie benennt die Verpflichtungen um und verlegt das, was morgen zu zahlen ist auf übermorgen, und das, was übermorgen gezahlt werden soll auf überübermorgen…

Betrug und Börse

Das Börsenspiel ist ein großes Monopoly. Alle spielen mit, nicht nur windige Börsenhaie und wendige Junghechte, alle tierischen Charaktere sind vertreten: Karpfen, Frösche, Rinder, Hirsche, Spatzen, Habichte, Krokodile, Eichkätzchen, Kreuzottern, Motten und viele viele Mäuse, die sich insgeheim für Ratten halten, aber das nicht laut sagen. Die zu Schaden gekommenen Kleinaktionäre, die Pensionsglücksritter und Lebensversicherungskünstler waren nichts anderes als Möchtegernmitspekulanten, die sich jetzt ärgern, dass das Spiel anders gelaufen ist, als die Berater ihnen und sie sich selbst versprochen haben.

Selten folgt Kritik der eigenen Beschränktheit, sondern meist das dumpfe Ressentiment gegen üble Mitspieler. Nicht das Spiel halten sie für übel, sondern nur, dass man ihnen übel mitgespielt hat. Die, die gerne Diebe gewesen wären, fühlen sich ausgeraubt. Nun schreien sie nach Gerechtigkeit. Fiktionen werden nicht verworfen, sondern neue gesucht. Denn mit dem Markt habe das alles nichts zu tun, fein säuberlich meinen sie edle Ritter von bösen Raubrittern auseinander halten zu können.

Zwischen Betrag und Betrug, da ist der Unterschied ein kleiner Selbstlaut und dem ist auch inhaltlich so. Beide sind Abpressungen, wenngleich der Betrag unter freiwillig firmiert, der Betrug aber unter unwillig. Wobei das Unwillige sich erst a posteriori als solches herausstellt, und somit sich auch diesbezüglich nicht fundamental von vielen anderen Fehlkäufen abhebt. Diese Differenz ist schon deswegen minimal, weil via Reklame man den Leuten stets etwas andrehen wird müssen. Zu kaufen, was man nicht braucht oder will, ist obligat. Jeder Trottel beherrscht diese Kunst. Das Angeschmiert-Sein, wie oft erleben wir es? Trügerische und betrügerische Komponenten sind beim Spiel mit Fiktionen, also bei allen ökonomischen Aktivitäten ehern vorhanden. Nicht wenige nennen das Geschäftstüchtigkeit und hätten gern mehr davon.

Krise und Animation

Kredite, das lehrt auch diese Krise, sind organischer Bestandteil des Kapitals und können daher zu faulen beginnen. Die Frage ist nur, fault der Kern oder ist er wie alle Apologeten behaupten, noch kerngesund. Es ist wohl so, dass nicht nur einige Kredite faul sind. Morsch sind die Balken und Stützen des Systems. Immer weniger überzeugt die vermeintliche Festigkeit. Der Kapitalismus bewegt sich wohl im Zustand einer modernden Moderne. Dagegen helfen nur neue Duftformate. Wir sind auf Blasensuche.

Geldeigner befinden sich zur Zeit in einer komischen Situation. Geben sie es auf der einen Seite aus, das Geld, kommt es möglicherweise auf der anderen nie wieder zurück. Halten sie es jedoch fest, fürchten sie (mehr instinktiv als bewusst), dass es gleich anderen Anlagen verfallen könnte. Wahrlich, die Geschäftsgrundlagen, die wanken. Aufgabe der ideologischen Apparate ist es, die Verunsicherung zu eskamotieren. Da helfen nur noch Fürbitten in der Art: „Mehr Stimmung bitte! Auf das richtige ‚mindset’ kommt es an.“ (Die Presse, 15. März 2009, Karrieren Beilage) Im autosuggestiven Stadium geht Innovation in Animation über. Das aktuelle Beispiel etwa sind die Verschrottungsprämien für Altautos und Anreize verschiedenster Art, nur um das Geld ja zirkulieren zu lassen. Politik und Medien sind fieberhaft auf Blasensuche.

So will das bürgerliche Gemüt die Blasenstörungen auch nicht als Platzen von Organen wahrnehmen, sondern bloß als zeitweiligen Blasenkatarrh. Es mag zwar brennen, einiges Kapital sogar verbrennen, aber morgen, nach der Kur mit Blasentee Marke Earl Keynes wird alles wieder ganz normal laufen. „Das Weltfinanzsystem – vom Absturz zum Neuanfang. Ist ethisches Investment ein Ausweg aus der Krise?“, lautet eines dieser typischen Symposien, wie sie jetzt laufend abgehalten werden. Und es ist auch nicht gänzlich auszuschließen, dass staatlich oder gar überstaatlich organisierte Megablasen entstehen und ein Stück weit die Menschen mit neuem Kredit erfüllen können. In der Wirtschaft sei vieles Psychologie, sagen die Vertreter der ersteren. Dem ist noch viel mehr so. Eifrig wird diskutiert, welche Narkose noch wirken könnte. An welche Blasen gedenken wir noch zu glauben?

Am Wichtigsten ist jetzt die Rekonsolidierung der Kreditwürdigkeit. Daher tritt die öffentliche Hand auf den Plan, um die unsichtbaren Hände des Markts wieder zum Handeln zu bringen. Der viel gescholtene Staat hat jetzt Vertrauen zu schaffen mit Bürgschaften und Unterstützungen, also einer Sicherung durch Geld, das er zwar nicht hat, aber von dessen Verzinsung er sich sogar Gewinne einredet. Dann, wenn die Krise vorbei ist und alles brav retourniert wird. Notfalls wird Geld gedruckt und gehofft, dass es sich am Finanzmarkt doch noch einmal rechnet. Blasen wir uns nochmals auf.

Dass hingegen die Steuerzahler einspringen könnten, um die drohenden Verluste zu decken, ist unwahrscheinlich, denn woher sollen sie das viele Geld nehmen. Zu Hause drucken? Trotz allem Privatisierungswahn, hat das noch niemand vorgeschlagen. Es ist somit die Frage zu stellen, ob Verluste dieser Dimension überhaupt noch sozialisierbar sind. Ob „Wir zahlen eure Krise nicht“ nicht eher ein Faktum als eine Forderung ist, weil die staatlichen Garantien durch die Steuerzahler nicht mehr aufgebracht werden können. Aber selbst wenn es ginge und man tatsächlich den Leuten das Letzte weg nähme – womit sollen sie dann die Autos und Lebensversicherungen bezahlen? Die Melkkuh ist erschöpft, was also kann man ihr wegschneiden, auf dass die Schulden gedeckt werden, und Staat und Wirtschaft florieren? Brust oder Keule? Der ehemalige österreichische Finanzminister und jetzige Unternehmer Hannes Androsch hat vorgeschlagen mit dem Helikopter über das Land zu fliegen und Geld abzuwerfen. Das ist keineswegs verrückter als das, was sonst läuft. Blasen wir das Geld doch einfach aus den Hubschraubern…

Ein staunendes Publikum sitzt vor der Glotze und sieht wie astronomische Summen verschwinden, andererseits aber immer wieder solche eingefordert und versprochen werden. Geld ist genug da, sagen unbeeindruckt viele Traditionslinke. Aber ob genug oder nicht genug, warum wollen wir (wer auch immer) die Krise eigentlich ausfinanzieren? Warum soll es Opfer geben? Wozu? Was versprechen wir uns davon, wenn alles wieder in geordnete Kostenrechnungen mündet? Einen Kapitalismus mit menschlichem Antlitz?

aus: Streifzüge 45/2009 (25.03.2009)

Ein Buch braucht Dich! – Spendenaufruf zur “Demonetarisierung”

von Andreas Exner Die Plattform demonetize.it versammelt AktivistInnen, AutorInnen und WissenschafterInnen aus aller Welt, die für Schritte zu einer Welt ohne Geld eintreten. Eine davon ist Kellia Ramares-Watson aus Oakland, Kalifornien. Kellia will das erste populäre Buch zur „Welt ohne … Continue reading
From: social-innovation.orgBy: Andreas ExnerComments

Mehrwert und Verwertung

Post from: Streifzüge. Liebe Leute: Allein hier zu schreiben, dass wir ein Leben ohne Geld wollen, kostet welches. Wer unsere Texte mag, soll dazu beitragen, dass sie hier (ent)stehen können. Wenn wer sich’s leisten kann. Eh klar. Dann aber seid so lieb: Her mit der Marie! Löst uns aus!



Mehrwert und Verwertung

AUSFÜHRUNGEN ZUM OKKULTISMUS DER WARE ARBEITSKRAFT

VORLAUF FETISCH Streifzüge 58/2013

von Franz Schandl

Er spukt also wieder in den Hirnen, und er war auch nie ganz draußen. Gemeint ist der Mehrwert, jene Größe, um die es eigentlich gehen soll. Unsere Aufgabe besteht nun darin, die Mehrwertkritik in ihre Schranken zu weisen, sie bloß als das gelten zu lassen, was sie ist, ein integrierter Bestandteil der Wertkritik, nicht ihre Gegensetzung. Wird sie als diese verstanden und gar zum Zentrum der Gesellschaftskritik aufgeblasen, dann ist sie als eine Form verkürzter Kapitalismuskritik zu interpretieren, deren Implikationen alles andere als unproblematisch sind.

Mit Alfred Sohn-Rethel betrachten wir den Zusammenhang von Wert und Mehrwert wie folgt: “Denn damit die Produktion Mehrwert erzeuge, wird offenbar vorausgesetzt, dass die Produkte die Wertform haben, und das eigentliche Problem des Mehrwerts liegt daher nicht in der Produktion, sondern in dieser Wertform der Produkte. Nur weil der Produktion im Kapitalismus das Wertgesetz auferlegt ist, macht die Seinswirklichkeit der Produktion sich gerade gegen die Wertform durch den Widerspruch des Mehrwerts geltend. Was wir daher allein überhaupt analysieren können, ist immer nur die Wertform und ihr Ursprung.” (Soziologische Theorie der Erkenntnis (1936), Frankfurt am Main 1985, S. 110) Analytisch ist es nur so zu fassen: Nicht der Wert hat im Mehrwert ein äußeres Problem, sondern der Mehrwert ist zweifellos eine durch den Wert gesetzte Kategorie. Mehrwert ist bloß MehrWert; ein Komparativ ohne selbständigen Charakter und unabhängige Qualität. Ein Schlüssel zum Kapital mag im Mehrwert liegen, aber der Schlüssel zum Mehrwert liegt im Wert.

1.

Mehrwert kann ohne Wert nicht gedacht werden. Jener ist eine abgeleitete Größe, ein Aspekt desselben, nichts Eigenständiges, schon gar nicht das, was die kapitalistischen Gesellschaftsverhältnisse definiert. Der Mehrwert ist auch nichts, was den Wert verzerrt, sondern etwas, das diesen hinsichtlich der Vernutzung menschlicher Arbeitskraft zum Ausdruck bringt. Nicht der Wert der menschlichen Arbeit ist einzufordern – denn der Wert der menschlichen Arbeitskraft wird sowieso bezahlt -, sondern Verwertung als auch In-Wert-Setzung menschlicher Tätigkeiten sind kategorisch zu verwerfen.

Akkumulation meint “Kapitalisierung von Mehrwert” (MEW 24: 326). Die Verwertung ist jener Prozess, in dem das konstante Kapital sich Mehrwert einsaugt, aus GG’ wird. Verwertung ist aber mehr und weniger als Mehrwert. Mehr meint jene, weil der gesamte Prozess der Akkumulation damit gekennzeichnet wird, weniger meint sie, weil nicht der gesamte Mehrwert verwertet wird, sondern nur der abzüglich des Konsums der Kapitaleigner. “Ein Teil des Mehrwerts wird vom Kapitalisten als Revenue verzehrt, ein anderer Teil als Kapital angewandt oder akkumuliert.” (MEW 23: 617-618)

Die Kategorien Mehrwert und Verwertung dürfen nicht verwechselt werden, sie bedeuten jeweils Unterschiedliches. Letztere meint den Prozess der Kapitalbildung, ersterer den Zusatz, der diese ermöglicht. Zurecht schreibt Moishe Postone: “Marx analysiert den Verwertungsprozess – den Prozess der Schaffung von Mehrwert – als Prozess der Schaffung von Wert.” (Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft. Eine neue Interpretation der kritischen Theorie von Marx, Freiburg 2003, S. 464)

Karl Marx bezeichnet daher den Wert als “automatisches Subjekt” (MEW 23: 169): “In der Tat aber wird der Wert hier das Subjekt eines Prozesses, worin er unter dem beständigen Wechsel der Formen von Geld und Ware seine Größe selbst verändert, sich als Mehrwert von sich selbst als ursprünglichem Wert abstößt, sich selbst verwertet. Denn die Bewegung, worin der Mehrwert zusetzt, ist seine eigne Bewegung, seine Verwertung also Selbstverwertung. Es hat die okkulte Qualität erhalten, Wert zu setzen, weil er Wert ist.” (Ebenda) Mehrwert ist nichts anderes als das Repellieren und Attrahieren des Werts selbst. Von sich, zu sich, aber immer aus sich. “Das Produkt der kapitalistischen Produktion ist nicht nur Mehrwert, es ist Kapital. Kapital ist, wie wir sahen, G-W-G’, sich selbst verwertender Wert, Wert, der Wert gebiert.” (Karl Marx, Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses, Archiv sozialistischer Literatur 17, Frankfurt am Main 1969, S. 84)

Ziel des Kapitals ist also die “Verwertung des Werts” (MEW 23: 167), dass aus Wert mehr Wert (nicht: Mehrwert! ) wird, G-W-G’. Der Mehrwert ist aber das Inkrement, das diese Verwertung ermöglicht, das garantiert, dass hinten mehr rauskommt als vorne reingesteckt wurde, dass der Kostpreis der Ware (c+v) geringer ist als der Wert der Ware (c+v+m). Der Mehrwert ist das Inkrement der Verwertung, aber m ist nicht G’, sondern lediglich Dv, das dafür sorgt, dass am Ende nicht bloß wieder G erscheint. Würde der Wert der Ware dem Kostpreis entsprechen, wäre überhaupt keine Akkumulation von Kapital möglich. “Die Formel G… G’ist also charakteristisch, einerseits, dass der Kapitalwert den Ausgangspunkt und der verwertete Kapitalwert den Rückkehrpunkt bildet, so dass der Vorschuss des Kapitalwerts als Mittel, der verwertete Kapitalwert als Zweck der ganzen Operation erscheint; andrerseits, dass dies Verhältnis in Geldform ausgedrückt ist, der selbständigen Wertform, daher das Geldkapital als Geld heckendes Geld.” (MEW 24: 63)

2.

Der Schlüssel zum Mehrwert liegt darin, dass es eine “Differenz zwischen dem Wert und der Verwertung des Arbeitsvermögens” (MEW 26.1: 13-14) gibt. Der Lohn des Arbeiters deckt den Wert seiner Arbeitskraft, die jedoch als lebendige Arbeit mehr Wert bildet, als ihre Arbeitskraft gekostet hat. Der Wert der Arbeitskraft ist kleiner als das von ihr erzeugte Wertprodukt. “Der Wert der Arbeitskraft und ihre Verwertung im Arbeitsprozess sind also zwei verschiedne Größen. Diese Wertdifferenz hatte der Kapitalist im Auge, als er die Arbeitskraft kaufte.” (MEW 23: 208) “Vergleichen wir nun den Wertbildungsprozess und Verwertungsprozess, so ist der Verwertungsprozess nichts als über einen gewissen Punkt hinaus verlängerter Wertbildungsprozess. Dauert der letztre nur bis zu dem Punkt, wo der vom Kapital gezahlte Wert der Arbeitskraft durch ein neues Äquivalent ersetzt ist, so ist er einfacher Wertbildungsprozess. Dauert der Wertbildungsprozess über diesen Punkt hinaus, so wird er Verwertungsprozess.” (MEW 23: 209)

Marx noch deutlicher: “Die in den Produktionsmitteln bereits enthaltene Arbeit ist dieselbe wie die neu zugesetzte. Sie unterscheiden sich nur dadurch, dass die eine vergegenständlicht ist in Gebrauchswerten und die andre im Prozess dieser Vergegenständlichung begriffen, die eine vergangen, die andre gegenwärtig, die eine tot, die andre lebendig, die eine vergegenständlicht im Perfektum, die andre sich vergegenständlichend im Präsens ist. Im Umfang, worin die vergegenständlichte Arbeit lebendige ersetzt, wird sie selbst ein Prozess, verwertet sie sich, wird sie ein Fluens, das eine Fluxion schafft. Dieses ihr Einsaugen zusätzlicher lebendiger Arbeit ist ihr Selbstverwertungsprozess, ihre wirkliche Verwandlung in Kapital, in sich selbst verwertenden Wert, ihre Verwandlung aus einer konstanten Wertgröße in eine variable und prozessierendeWertgröße. Allerdings kann diese zusätzliche Arbeit nur in der Gestalt konkreter Arbeit und daher den Produktionsmitteln nur in ihrer spezifischen Gestalt als besonderen Gebrauchswerten zugesetzt werden und wird auch der in diesen Produktionsmitteln enthaltene Wert nur durch ihren Konsum als Arbeitsmittel durch die konkrete Arbeit erhalten.” (Karl Marx, Resultate, S. 21-22. )

Der spezifische Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft liegt darin, dass sie als Arbeit im Produktionsprozess mehr Wert erzeugt als sie in der Zirkulation kostete. Das Geheimnis lässt sich so ausdrücken: Die Konsumtion des Gebrauchswerts der Arbeit durch das konstante Kapital erzeugt mehr Tauschwert als diese zuvor hatte. Gekauft wird diese Ware ob ihres eigentümlichen Gebrauchwerts mehr Tauschwert abzuwerfen als sie gekostet hat. “Wie den Warenbesitzer der Gebrauchswert der Ware nur als Träger ihres Tauschwerts interessiert, so den Kapitalisten der Arbeitsprozess nur als Träger und Mittel des Verwertungsprozesses.” (Marx, Resultate, S. 38)

Mit jeder Ware wird etwas gekauft, das produziert wurde und via Markt für die Konsumtion freigegeben wird. Im Prinzip trifft das auch auf die Ware Arbeitskraft zu. Nur: In der Ware Arbeitskraft wird etwas getauscht, das zwar produziert wurde, aber in futurum noch produzierend tätig wird. Die Ware Arbeitskraft ist die einzige, bei deren Konsum Tauschwert und Gebrauchswert nicht untergehen, sondern neu erschaffen werden und nicht bloß als Reproduktion, sondern als Zusatz, durch produktive Arbeit. Im Gegensatz zu jedem anderen Produkt toter Arbeit ist die Arbeitskraft tote Arbeit, die lebendige Arbeit emaniert, somit etwas Produziertes Produzierendes. Sie ist das Fertige, das weiter fertigt. Das ihr Vorausgesetzte setzt mit dem Tausch nicht aus, sondern es setzt nochmals ein. Das natürlich ist Okkultismus pur.

3.

Interessenslagen sind komplizierter, nicht so eindeutig, wie man allgemein annimmt. Den einzelnen Arbeiter interessiert am Wert seiner Ware Arbeitskraft in erster Linie einmal die Höhe des Lohnes; je mehr er erhält, desto mehr kann er sich leisten, desto gesellschaftsfähiger ist er. Gleichzeitig interessiert ihn aber an der Höhe der zu bezahlenden Preise das andere Extrem, sie sollen niedrig sein. Da die Preise aber nichts anderes sind als transformierte Löhne, ist er indirekt für niedrige Löhne. Was meint: Er darf jenen nicht gönnen, was er selbst haben will. Darin liegt der Grundfunke der Konkurrenzsubjektivität, wir könnten durchaus von einem mentalen (wenn auch gesellschaftlichen) Apriori unserer Seele sprechen, dem wir uns praktisch kaum entziehen können. Solche fundamentale Widersprüche hausen also im einzelnen Produzenten wie im einzelnen Marktteilnehmer selbst. Bürgerliche Gesellschaftlichkeit bedeutet den Bestand anderer zu gefährden um selbst bestehen zu können.

Den Kapitalisten hingegen interessieren am Preis seiner Waren primär Rate und Masse des Mehrwerts, die er sich anzueignen versteht, er will den Mehrwert steigern, nicht den Wert, im Gegenteil, Tauschwert und Preis als dessen letzte Formen möchte er im Normalfall senken. Er will den Arbeitslohn niedrig halten, andererseits muss er aber auch dafür Sorge tragen, dass die Beschäftigten die hergestellten Produkte bezahlen können. Puncto Arbeitskraft will er billig einkaufen (aber auch nicht zu billig); Produkte und Leistungen wiederum möchte er ebenfalls so teuer als möglich und so billig als möglich verkaufen. Auf dieser Ebene blühen Kalkulation und Spekulation, ebenso immanentes Rüstzeug und nicht unfreundliche oder gar externe Beigabe.

Und man kann die Sache noch weiterspinnen: Einerseits ist der Besitzer der Ware Arbeitskraft interessiert, dass sein v groß ist, andererseits muss er aber auch mittelbares Interesse haben, dass Profite (= realisierte Mehrwerte) gemacht werden, denn ohne m gibt es keine funktionierende Akkumulation, somit auch keinen Investitionsspielraum, somit auch keine Möglichkeiten den Kostpreis zu senken und in der Konkurrenz bestehen zu können, somit auch keine Arbeitsplätze, also kein v. Man kann es drehen und wenden wie man will: Konstantes wie variables Kapital, c wie v sind elementar an die Akkumulation gebunden. Sie backen den gleichen Kuchen, Ware genannt, aber sie streiten um die Stücke, Klassenkampf geheißen. In C konzentriert sich ihr gemeinsames Interesse, in c: v: m das jeweilige spezielle Interesse. Aber letztlich ist es ein Ritual, ein Tanz um das goldene Kalb des Werts, dem alles geopfert wird, das selbst aber ein Tabu darstellt.

Würden die Arbeiter 20 Prozent mehr Lohn erhalten, wäre ihre soziale Lage nicht verbessert, und nicht nur weil die Preise dann um 20 Prozent ansteigen würden. Sonst bräuchte man ja wirklich bloß Geld zu drucken und zu verteilen. Aber gesetzt den irregulären Fall, die Preise würden nicht steigen, die irreale Umverteilung wäre real möglich, dann würde die Investitionstätigkeit des Kapitals rapide absinken, da ja die nötige Profitmasse, um ökonomisch als Unternehmen bestehen zu können, nicht mehr vorhanden wäre. Fazit: Die immanenten Schranken des Klassenkampfs sind nicht zu durchbrechen. Werden sie aber durchbrochen, wäre es kein Klassenkampf mehr.

4.

Ausbeutung ist eine moralisch aufgeladene Kategorie, die jedoch wenig begreift. Das gesellschaftliche Grundverhältnis, die Produktion von Waren und der Zwang zum Tausch, wird darin überhaupt nicht tangiert. Implizit wird nichts anderes als Gerechtigkeit eingeklagt. Ausbeutung beschreibt aber nur einen Aspekt des kapitalistischen Universums, nimmt Produktionsverhältnis, Zirkulationsweise und Konsumtion nicht als Totalität wahr.

Unterstellt wird, dass jemanden etwas genommen wird, was ihm eigentlich zustünde, worüber sodann andere verfügen. Es hat was von Diebstahl und gegen Diebstahl hat eins als braver Bürger zu sein. Karl Marx schreibt in seinen “Randglossen zu Wagner” (1879/80): “Dunkelmann schiebt mir unter, dass , der von den Arbeitern allein produzierte Mehrwert dem kapitalistischen Unternehmern ungebührlicher Weise verbliebe’. Nun sage ich das direkte Gegenteil; nämlich, dass die Warenproduktion notwendig auf einem gewissen Punkt zur , kapitalistischen’ Warenproduktion wird. Und dass nach dem sie beherrschenden Wertgesetz der , Mehrwert’ dem Kapitalisten gebührt und nicht dem Arbeiter.” (MEW 19: 382) “Ich stelle umgekehrt den Kapitalisten als notwendigen Funktionär der kapitalistischen Produktion dar und zeige sehr weitläufig dar, dass er nicht nur , abzieht’ oder , raubt’, sondern die Produktion des Mehrwerts erzwingt, also das Abzuziehende erst schaffen hilft; ich zeige ferner ausführlich nach, dass, selbst wenn im Warenaustausch nur Äquivalente sich austauschen, der Kapitalist – sobald er dem Arbeiter den wirklichen Wert seiner Arbeitskraft zahlt – mit vollem Recht, d. h. dem dieser Produktionsweise entsprechenden Recht, den Mehrwert gewänne.” (MEW 19: 359)

Mehrwert meint nicht Unrecht, sondern Recht. Der Kapitalismus ist “unmoralisch”, aber nicht weil er gegen die bürgerliche Moral verstößt, sondern weil er sie erfüllt. Dunkelmanns Interpretation wurde zur allgemeinen Sichtweise in der Arbeiterbewegung. Als zentrales Kennzeichen des Kapitalismus wird von den Traditionsmarxisten aller Coleur so nicht die Verallgemeinerung der Warenproduktion gesehen resp. der Wert als das totalisierende Prinzip, sondern die Enteignung der Arbeiterklasse von den Produktionsmitteln. Die Forderung nach der Vergesellschaftung des Privateigentums an Produktionsmitteln (die entsprechend eingebettet keine falsche ist) wurde zur zentralen Losung aller Reformisten und Revolutionäre. In trauter Eintracht glaubte man an die Verfügungsgewalt der Kapitalisten über die Produktionsmittel. Indes stellt diese lediglich eine Fügungspflicht dar. Nicht das Kapital ist abhängig von den Kapitalisten, sondern die Kapitalisten vom Kapital.

5.

Mehrwertkritik macht aus der kapitalistischen Nötigung, sich verkaufen zu müssen eine klassenkämpferische Tugend sich teuer verkaufen zu sollen. Das nennt sich dann konsequente Interessenspolitik. Schlimm ist allerdings nicht, dass irgendein Lohn zu niedrig ist (das ist wohl jeder und keiner), schlimm ist, dass es überhaupt einen Lohn (oder eine andere Form der Geldgewinnung) geben muss, um sich die gesellschaftlichen Produkte und Dienstleistungen aneignen zu können.

Mehrwertkritik ist verkürzte Kapitalismuskritik, sie richtet sich gegen Ausbeutung und Plusmacherei, stellt aber Beute und Macherei nicht in Frage. Größtenteils ist sie blind. Sie sagt nichts zur Zwangsform des Tausches, nichts zu den kapitalistischen Konsumverpflichtungen, nichts zum Charakter der Gebrauchwerte und den aus ihm folgenden ökologischen Katastrophen. Sie hat kein analytisches Instrumentarium dafür, allenfalls werden diese Zustände beklagt.

Wer die Klassen nicht als unterschiedliche Pole eines Ganzen begreift, sondern als antagonistisches Grundverhältnis inszeniert, muss geradezu den Mehrwert als dem Kapital von außen Zugeschossenes betrachten, also eben nicht als etwas, was aus dem Kapitalverhältnis originär hervorgeht. Allzu oft hat man das Gefühl, dass alles seine Ordnung hätte, wäre der Mehrwert ein bloßer Wert und kein zu verwertender Wert. Und genau das ist der Standpunkt der “ehrlichen Arbeit”: Sie will Wert haben ohne Mehrwert zu geben. Mit der bornierten Kritik des Mehrwerts wird der Wert geradezu affirmiert, während mit einer fundamentalen Kritik des Werts der Mehrwert gleich miterledigt werden würde.

Die aktuellen, auf einer wie immer verschwommenen Mehrwertkritik aufbauenden Einwände gegen bestimmte kapitalistische Machenschaften bewegen sich allesamt auf dem Niveau oberflächlicher Volksvorurteile. Der marktwirtschaftliche Grundmechanismus wird einfach eskamotiert, dafür wird umso frenetischer geschrieen: ” Geld ist genug da! ” Kapitalismus wird so auf die Ebene von Vorenthaltung und Betrug, von Schuldigen und Unschuldigen herunterphantasiert. Einmal mehr wird die “ehrliche Arbeit” betrogen. Womit aber nicht gesagt werden soll, dass Mehrwertkritik a priori zum Antisemitismus tendiere, wohl aber, dass diese Art der Empörung in diese Richtung anschlussfähig ist. Der Antisemitismus spürt das und knüpft an diesen Vorurteilen an; in seinem Sinn zurecht. Er pervertiert das Anliegen nicht, er spitzt es bis zur kenntlichen Ungeheuerlichkeit zu.

Kritik des Mehrwerts ist der generell falsche Fokus der Gesellschaftskritik. Er drückt Arbeiterinteressen aus, aber nicht Interessen wider die Arbeit. Die Arbeit wird als eherne Instanz gar aus der bösen Welt des Kapitals herausgenommen, so als sei jene nicht immanenter Bestandteil, sondern ein drangsaliertes Außen, das es zu befreien gilt. Wir sind ganz v und wollen mehr vom m. Nichts anderes sagt übrigens auch c. Darin besteht ja unter anderem die eherne Interessenskonformität von Arbeit und Kapital. In der Zwischenzeit ist man übrigens schon dazu übergegangen, sich ganz auf v zu kaprizieren, “Hauptsache Arbeit”, schreit das durch ebendiese geschundene Subjekt. Und es stimmt ja auch: Ohne v zu sein, gibt es auch gar keinen Kampf mehr um m.

Eins hat jedenfalls auf der richtigen Seite zu stehen. Sich mit den Unterdrückten solidarisieren bedeutet so oft auch mehr für die Unterdrückten als gegen die Unterdrückung zu sein, meint weiters, dass deren Positionierung als positiver Status anerkannt wird. Vom Arbeitertümeln bis zum “kleinen Mann” reicht da eine breite Palette. Das Erniedrigte wird erhöht anstatt abgeschafft. Der antikapitalistische Kampf ist somit auch kein Kampf gegen Unternehmer oder Bosse, sondern gegen die Zwangscharaktermasken von Arbeitern und Unternehmern, von Proletariat und Bourgeoisie, wobei da heute sowieso die Unterschiede verschwimmen, vor allem kein sozialer Status damit mehr vorprogrammiert ist.

6.

Zins ist nichts anderes als “eine besondere Rubrik für einen Teil des Profits, den das fungierende Kapital, statt in die eigene Tasche zu stecken, an den Eigner des Kapitals wegzuzahlen hat”. (MEW 25: 351) Ganz primitiv: Zinsen erhält man nicht, weil das Geld auf der Bank liegt, sondern weil es zwischenzeitlich im produktiven Sektor angewendet wird; zumindest solange wir uns im realen und nicht im fiktiven Bereich der Ökonomie befinden.

“Im zinstragenden Kapital erreicht das Kapitalverhältnis seine äußerlichste und fetischartigste Form. Wir haben hier G-G’, Geld, das mehr Geld erzeugt, sich selbst verwertender Wert, ohne den Prozess, der die beiden Extreme vermittelt.” (MEW 25: 404) Daher kann das “zinstragende Kapital überhaupt als Mutter aller verrückten Formen” (MEW 25: 483) gelten. Womit wohl auch die Denkformen gemeint sind, die es reproduziert. Das bürgerliche Subjekt dokumentiert unaufhörlich, dass es mit den Abstraktionen von Geld und Wert nicht zurechtkommt und es daher entweder schweigt (“Über Geld spricht man nicht, man hat es” – so eine Standardformel des liberalen Unsinns) oder sich irgendetwas zusammenhalluziniert. Es ist das Unvermögen die gesellschaftlichen Verhältnisse zu durchschauen.

Zinskritik ist nichts anderes als verwandelte Mehrwertkritik. Sie blendet noch zusätzlich die gesamte Produktionsweise als unproblematisch aus und fixiert sich ganz auf den finanziellen “Überbau”. Dass gearbeitet werden muss, ist kein Problem. Wie gearbeitet werden muss, ist kein Problem. Was produziert wird, ebenfalls keines. Eine Aussage wie “Die Banken zocken uns ab” ist richtig und wiederum nicht. Richtig ist sie, wenn sie das Finanzkapital als besondere Abteilung aber integrierte Funktion des Kapitals und den Zins als verwandelten Mehrwert beschreibt; falsch ist sie, wo sie den Zins als das eigentliche Problem der Enteignung der Menschen dingfest machen will und sich dann noch dunkle Machenschaften von Konzernen, Spekulanten oder gar Juden zusammenreimt.

Dass Sparer und Aktionäre genau das wollen, was sie als Kreditnehmer und Kunde so verachten, sei der Vollständigkeit halber angeführt. Indes reproduziert sich da nur das eherne Grundprinzip der Tauschgegner auf einer bestimmten Ebene: Billig kaufen, teuer verkaufen. Und glaubt eins (was es ja andauernd glaubt), dass es einem umgekehrt passiert, ist es stinksauer: “Solche Gauner! ” Und das ist wiederum auch nicht ganz falsch: Wenn die Leute von den anderen als eine “Ausgeburt von Lumpen” reden, haben sie schon recht, nur sind sie selbst nichts anderes als diese. Sollen nur jene sie sein, sind sie gegen diese in Schutz zu nehmen. Ebenso umgekehrt. Aber insgesamt: Angriff!

Natürlich gibt es dunkle Machenschaften, die ganze Rationalität des Kapitalismus ist eine dunkle Machenschaft, aber eben als Verhältnis und nicht als Kreation irgendwelcher Geheimorden oder Kapitaleigner, die die Fäden im Hintergrund ziehen. Vielmehr ziehen die Fäden die Macher, selbst dann, wenn die sich einbilden, es sei ihr ureigenstes Tun, das diese oder jene Folgen tätigt. Diese “okkulte Qualität” (Marx) einigen Personen zuzuschieben ist das elendigliche Gesellschaftsspiel falscher Selbstbehauptung wie falschen Aufbegehrens. Indes darf aber puncto Letzterem nur dessen Falschheit, nicht aber das Aufbegehren gegen das Leiden durchgestrichen werden. Die Empörung über die Verhältnisse kennt viele gute Gründe. Emanzipatorische Kritik kann nicht darauf verzichten, das Finanz- und Kaufmannskapital zum Gegenstand zu machen, es darf ob des Gefahrenpotenzials nicht aus der Gesellschaftskritik herausgenommen werden. Es ist nicht eine Frage des “ob”, sondern eine des “wie”.

7.

Für alle Marxisten war der Mehrwert die entscheidende Größe zur Analyse der kapitalistischen Produktion. Er galt nicht bloß als Inkrement zur Verwertung des Werts, sondern war überhaupt das Synonym für jene. Klassisch sind etwa die Ausführungen von Friedrich Engels im Vorwort zum Zweiten Band des Kapitals von 1884 (MEW 24: 17ff. ); aber selbst der späte Adorno meinte noch, das “Kernstück der Marxischen Theorie” sei die “Lehre vom Mehrwert”. (GS 8: 359)

Daran hat sich auch heute noch wenig geändert. Man werfe einen Blick in die einschlägigen Dokumente von Attac oder diversen Sozialforen, Gewerkschaften, Reformkommunisten oder Trotzkisten. Bei aller Differenz wird die “soziale Frage” dort immer noch und immer wieder unter den Prämissen der Mehrwertkritik entwickelt. Der zentrale Knackpunkt heutiger Sozialkritik ist aber der: Gelingt es von der Mehrwertkritik zur Wertkritik aufzusteigen? Nichts weniger als dieser qualitative Sprung ist erforderlich. Das wäre wirklich der Schritt vom Klassenbewusstsein (ein Terminus, den es bei Marx nicht gibt) hin zum “enormen Bewusstsein” (Marx).

aus: Streifzüge 30/2004 (1.4.2004)

From: streifzuege.orgBy: LorenzComments

Demonetization – replacing transactions with social relations

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[On the Economics and the Commons Conference I gave a short input on the topic of demonetization. The following text was written afterwards and generously edited by David Bollier.]

The question of how we deal with and act within the given monetary environment is crucial for the commons movement, since the monetary logic and the commons logic are opposites. Contrary to the claims of mainstream economics, money is not neutral or simply an informational means for mediating transactions. Thus, replacing currencies with alternative currencies of different designs basically does not change the underlying monetary logic. It amounts to changing the tools while keeping the workshop.

The core element of the monetary logic is equivalent exchange and a codified set of social power relationships. It demands that »you get something only if you give something back.« This underlying logic creates relationships of guilt and subordination, as anthropologist David Graeber has convincingly shown in his history of credit over the course of human history.

The demonetization approach aims at reducing the necessity of using money both within our own commons relations and with respect to the outside »normal« market logic. It aims at strengthening social relationships instead of improving transactions, as Silke Helfrich has put it. While transactions always enforce direct reciprocities that link giving with taking, commons is about commoning – a more open, flexible system for freely determining the rules of interaction and distribution of the wealth we produce.

It is a fallacy to assume that designing an alternative currency is a form of commoning (or commoneering) because it only changes the tools, not the workshop. The social operations inscribed in the tools remain the same: performing transactions. Thus alienation is inherent in both conventional currencies as well as in alternative or complementary ones. If we want to gain self-determination we have to break with money, and if we want to break with money we have to break with direct, reciprocal exchange.

On the operational level demonetization requires that projects be carefully designed. As a general guideline projects should strive to decouple the inner social process of commoning from the the logic of transactions with “outsiders.” This means, for instance, that commoners should not resort to selling commons products on the market in order to finance a project, because it invariably means that the project must adopt market requirements to successfully sell its products. Products become commodities, and commodities must subordinate themselves to market rules and demands. Adapting to market rules gradually corrupts our own needs-driven activities. It may be a subtle process, but the more we are »successful« in the market, the more we have to postpone our own needs and wishes. An alien logic creeps into our daily activities within the commons.

Through the careful design of our projects, however, we could separate the inner (commons) logic from the outer (market) logic as much as possible. Then the “output” of our commoning can be distributed in strict conformity with our own needs-based agreements. Developing and adhering to our own rules based on our own definitions of fairness might undermine transactional rules of equivalence (“you can take only an equivalent amount to what you give”). But this “imbalance” does not matter because equivalence need only be guaranteed at the level of the whole project, not at the individual level within each single »transaction« (which is no longer a transaction then). In other words, indirect reciprocity is sufficient for assuring fairness and stability of provisioning.

How can this be organized? Assuming that a project requires some amount of monetary flow to keep it running, those revenues should not be allowed to affect the results of the projects. Such sources could be foundations, donations, crowdfunding, bidding or the like. Results could then be distributed within the commons or outside of them. A role model for this type of “decoupling the inner from the outer” market logic is Wikipedia.

Another model is a symbiotic cooperation between commons and private firms. The firm, for instance, could pay activists and innovators to do what it wants because the outcome can be directly or indirectly used by the firm to make profits. This type of financing the commons has been used to finance the development of the Linux kernel, where most of the kernel hackers are paid in a way one might call a »unconditional guaranteed income«. Obviously, this scenario may entail explicit or implicit expectations for commoners to follow the interests of the money-giver in one way or another. However, there are no black-and-white rules for determining this; most real world examples have shades of grey. It is therefore even more important for such projects to have clear criteria and social norms to prevent monetary logic from creeping into projects and influencing or corrupting our commoning activities.

From: keimform.deBy: Stefan MeretzComments

Life Without Money over the air

A couple of months ago I was interviewed by Shirley, the 'living as sustainably as possible' 'Baglady' of Katoomba in the Blue Mountains of New South Wales (Australia) where I used to live. You can find the podcast on a life without money here:

http://www.bagladyproductions.org/episode-three/

The podcast is of the whole one hour program. The interview on a life without money is at -(minus)21.15mins to -17mins along the track.