“Moving Forward” zu einer “bedürfnisorientierten Versorgungswirtschaft”?

Alfred Fresin, Autor von “Die bedürfnisorientierte Versorgungswirtschaft – eine Alternative zur Marktwirtschaft” kommentiert den neuen Zeitgeist Film “Moving Forward

Interessant ist, dass ein Film als Medium für die Aufbereitung des anspruchsvollen Themas gewählt wurde und nicht etwa ein Buch oder eine Broschüre, die mehr Raum und Zeit für Argumente und deren Studium geboten hätten.

Mit der Argumentation in den ersten 90 Minuten bin ich durchaus einverstanden:

1. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass Schicksale von Menschen und Gesellschaften nicht durch die Gene der Menschen vorbestimmt sind. Vielmehr ist es das gesellschaftliche Sein, welches das Bewusstsein bestimmt, worauf auch F. Nahrada in seiner Rezension hinwies. (Was übrigens nicht zu dem Missverständnis führen sollte, dass das Bewusstsein dem vorgegebenen Sein nicht kritisch gegenübertreten kann und es verändern kann, da es von den vorgegebenen Verhältnissen quasi determiniert ist. Es kommt schon sehr darauf an, wie sich der Einzelne auf die vorgegebenen Bedingungen einlässt und mit dem „Sein“ umgeht.)

2. Das jetzige Wirtschaftssystem ist nicht als naturgegeben (bzw. gottgegeben) aufzufassen, wie es uns so viele Ideologen der Marktwirtschaft angefangen mit John Locke bis heute weismachen wollen.

3. Die Verrücktheit und Schädlichkeit für Mensch und Natur der Marktwirtschaft bzw. des Kapitalismus werden aufgezeigt und am Schluss des ersten Teils darauf hingewiesen, dass für das Dilemma nicht einzelne (böse) Menschen, Politiker, einzelne Unternehmen und das Geld an sich verantwortlich sind, sondern das sozioökonomische System als Ganzes.

Der zweite Teil des Films widmet sich den Zukunftsaussichten:

a) Es wird darauf hingewiesen, dass ein Umdenken und Verändern der Gesellschaft höchste Zeit ist, schon alleine wegen „Peak Oil“, also den zu Ende gehenden Ölreserven.

Hierbei stelle ich einen Bruch zwischen dem Befund des ersten Teiles und des zweiten Teiles fest: Wenn festgestellt wird, dass der Kapitalismus schädlich für die physische und psychische Gesundheit der Menschen ist, dann bedarf es nicht des Hinweises auf eine zusätzliche Bedrohung durch zu knapp werdende Ressourcen. Der Kapitalismus mit seinem Geld war auch in früheren Zeiten schädlich genug für den Großteil der Menschen und die Natur und hatte früher kein bisschen mehr historische bzw. ökonomische Berechtigung wie heute. Er war also auch nicht „gut und wichtig, als es Knappheit von Gütern und Dienstleistungen gab“ (aus der Broschüre „Die Zeitgeist Bewegung“)

b) Das in Aussicht gestellte alternative Modell der „Ressourcenbasierten Ökonomie“ weist viele Mängel auf:

Abgesehen davon, dass nicht einsichtig ist, weshalb die Wohneinheiten dermaßen in die Höhe gezogen werden, wenn dann Grundstückpreise (die der Grund für die Hochhäuser heutzutage sind) sowieso keine Rolle mehr spielen, weiß man gar nicht wie die neue Gesellschaft politisch organisiert ist.

Alles wird von Computern bzw. Automaten gesteuert und hergestellt. Ich habe nichts gegen eine Vision, in der Automaten bzw. Roboter den Menschen entlasten, es ist allerdings unrealistisch anzunehmen, dass dies in den kommenden Jahrzehnten möglich ist und in gewissen Bereichen (wie zB. dem Gesundheitsbereich) auch in ferner Zukunft möglich und erstrebenswert ist.

In dem Zukunftmodell wird kein Gedanke darüber verschwendet wie Arbeit und Verteilung organisiert sind und in welchem Zusammenhang sie stehen. Wie sieht Arbeit aus, wenn sie keine Lohnarbeit mehr ist? Wie sieht die Verteilung aus, wenn es keinen Warentausch mehr gibt?

Diese Fragen und vielmehr werden in meinem Buch „Die bedürfnisorientierte Versorgungswirtschaft – eine Alternative zur Marktwirtschaft“ (Als Buch erhältlich oder im Netz unter www.stattkapitalismus.blogsport.de) ausführlich behandelt.

c) Die optimistische Vision, dass die Bürger angesichts der an Wucht zunehmenden Wirtschaftskrisen den Kapitalismus mit seinem Geld- und Finanzsystem abschaffen, kann ich nur dann teilen, wenn der Großteil, der bei diesem System mitmacht auch in Nicht-Krisenzeiten von dessen Schädlichkeit überzeugt wird. Nur wenn da die Kritik am Kapitalismus machtvoll wird, kann seine Abschaffung gelingen. Die Krise des Systems allein bewirkt noch keine Kritik des Systems. Es werden Schuldige in Politik und Wirtschaft gesucht, gefunden und an den Pranger gestellt (wie in der letzten Krise), und danach die nächste Runde eingeläutet.

From: demonetize.itBy: Andreas Exner