“Post-Kapitalistische” oder “Nicht-Kommerzielle” Landwirtschaft?

Nicht-Kommerzielle KartoffelernteIm Umfeld der Projektwerkstatt auf Gegenseitig (PAG) trifft sich regelmäßig ein Kreis von Menschen aus verschiedene Projekte die sich dem nicht ganz klar definierten Konzept der “Nicht-Kommerzialität” (NK) verbunden fühlen und sich auf diesen Treffen vernetzen und austauschen. Eins der bekanntesten Projekte aus diesem Umfeld ist wohl die “Nicht-Kommerzielle Landwirtschaft” wie sie auf dem Karlshof bei Berlin von einer Hofgruppe und nach deren Scheitern von einer freien Assoziation von Menschen aus dem Karlshof-Umfeld organisiert wurde. Die Unterschiede diese Praxis zur vielfältig umgesetzten Community Supported Agriculture (CSA) bzw. Solidarischen Landwirtschaft werden dort immer wieder kontrovers diskutiert. Bei mir als Mitglied der CSA Freudenthal, einem solchen post-kapitalistischen Landwirtschafts-Experiment, regen diese kritischen Diskussionen immer wieder die Reflektion über das eigene Projekt an. Einige Aspekte dieser Kritik an unserem Projekt und meine Entgegnungen seien hier skizziert.

Zum besseren Verständnis seien die vorherige Lektüre folgender zwei Artikel und der folgende Vortrag empfohlen:

Post-Revolutionäre Möhre
Post-Kapitalistische Landwirtschaft – Potentiale, Probleme, Perspektiven
Post-Kapitalistische Landwirtschaft – Die Zweite

Zum Konzept der “Nicht-Kommerzielle Landwirtschaft” gibt es auch einige Texte:

Keimform-Eintrag
Grundlegendes Statement der alten Hofgruppe
Message zum Ende der NKL 2012
taz-Artikel
NKL – Ein Erfahrungsbericht – Die erste 3 Jahre
Freitag-Artikel
Greenpeace-Magazin-Artikel

Schafft unser Projekt zu wenig Raum für emanzipatorische Prozesse im Kollektiv?

In der “Nicht-Kommerziellen Landwirtschaft” wird viel Wert auf das Lustprinzip, das Wahrnehmen eigener Bedürfnisse und eine Reflektion verinnerlicheter kapitalistischer und diskriminerender Verhaltensweisen gelegt. Die Produktion und deren Output wird diesem Prozess klar untergeordnet. In unserem Projekt ist zwar ein definierter Output nötig, weil wir uns verpflichtet haben, eine Gruppe von Menschen mit Gemüse zu versorgen (s.u.). Aber dies Verunmöglicht nicht einen solchen Emanzipationsprozess. Ob er stattfindet liegt an der Organisierung des jeweiligen Kollektives. Ein emanzipatorischer Produktions-Prozess braucht Zeit (z.B. für gender-spezifische Schutzräume und Reflektionen), Langsamkeit und Achtsamkeit. Dies kann und wird auch in unserem Projekt organisiert: Das dafür benötigte Mehr an Zeit kann bei der Anbauplanung und der Zusammensetzung des Kollektivs berücksichtigt werden. Ebenso kann dieser Emanzpations-Prozess als Ziel in die Gründungsvereinbarung mit aufgenommen werden und erhält damit einen ähnlichen Stellenwert wie der materielle Output an Gemüse. Dies beantwortet auch die Frage nach den Erwartungen der Unterstützer*Innen: Klar erwarten diese eine Vollversorgung mit Gemüse. Aber in der Vereinbarung kann klar festgehalten werden unter welchen “Arbeits”-Bedingungen diese zu Stande kommen soll; und unter welchen besser nicht.

In den wöchentlichen Kollektiv-Treffen wird bzw. kann sich ebenfalls bewusst Zeit dafür genommen werden, zu brainstormen was für unerwünschte Dynamiken im Tätigsein aufgetaucht sind oder welche befürchtet werden, um einen bewussten Umgang damit zu ermöglichen. Letztlich bleibt anzumerken, dass nicht nur der Druck zum Produzieren zwangsläufig der Grund für blödes, herrschaftsförmiges Verhalten ist, sondern genausogut verinnerlichte Logiken, die auch in einem “freien” Rahmen zu den gleichen Dynamiken führen (mackrigem Verhalten, Konkurrenz, gegenseitiges Vergleichen etc.). Die Reflektionsbereitschaft der Beteiligten scheint mir in allen Fällen als Schlüssel zur Emanzipation.

Erzeugt die Verpflichtung zur Gemüse-Versorgung gefährliche “Sachzwänge”?

Die Skepsis der oben beschriebene Verpflichtung den Unterstützer*Innen gegenüber rührt oft aus der Sorge vor Sachzwängen. Dabei kann diese Versorgungs-Verpflichtung den Unterstützer*Innen gegenüber genausogut eine enorme Motivation sein, Streitereien, Konflikte und blöden Dynamiken emanzipatorisch anzugehen, statt sie “auszusitzen”. Mehr noch könnte es gerade in “freien Situation” ohne Verpflichtung auch dazu kommen, dass sich Menschen aus schwierigen Situationen früher raus- oder zurück ziehen und damit persönliche, zwischenmenschliche Herausforderungen in Sachen Ermächtigung und Emanzipation nicht annehmen. Diese Verbindlichkeit auf der zwischenmenschlichen Beziehungsebene in unserem Projekt (in der Gesamt-Gemeinschaft als auch im Gärtner*Innen-Kollektiv intern) kann auch gewollt sein, weil sie der Marktlogik mit ihrer Unverbindlichkeit, Beliebigkeit und Flexibilisierung etwas entgegen setzt. Trotzdem braucht es die Möglichkeit sich aus unerträglichen Situationen raus ziehen zu können. Dafür sind die von uns frei definierte Scheiterkriterien für das Projekt und das Kollektiv enorm wichtig. Sie erlauben nicht “alles aushalten zu müssen”.

Außerdem ist die politische Wirkmächtigkeit der Ernährungsautonomie die nur mir dieser Versorgungs-Verpflichtung gewährleistet werden kann, nicht zu vernachlässigen. Denn die sichere Nahrungsmittel-Versorgung von Menschen jenseits der kapitalistischen Vergesellschaftung ist ein politischer Anspruch, der kaum hoch genug bewertet werden kann. Diese Verlässlichkeit jenseits des Marktes ist ein starkes gesellschaftspolitisches Statement.

Und schließlich: Empfundene “Zwänge” wird es wahrscheinlich immer geben. Auch in einer post-kapitalistischen Ökonomie. Die aus Kooperation entstehende Verbindlichket anderen Menschen gegenüber und speziell in der Landwirtschaft das Wetter, eine damit eng verknüpfte gute, fachliche, agrarökologische Praxis und ein Verantwortungsgefühl dem Boden und dessen Fruchtbarkeit gegenüber sind Faktoren die einen Druck ausüben. Die Bodenfruchbarkeit durch richtige Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt zu steigern oder dem Wettertakt zu folgen können ebenso als besonders befriedigend erlebt werden. Je nach eigenem Charakter und Rahmenbedingungen.

Welche unerwünschten Dynamiken entstehen durch die finanzielle Reproduktion der Kollektiv-Mitglieder durch das Projekt?

Meine These diesbezüglich wäre: Unser CSA-System ist eine Form den Lebenunterhalt zu sichern ohne entfremdende Zwänge von außen. Die Abdeckung des eigenen finanziellen Bedarfs (“Lohn”), ein Jahr im Voraus, kann eine unglaubliche Motivation und Entlastung sein die Freude am Tun gibt. Ich halte es für wahrscheinlich, dass eine marktförmige Tätigkeit außerhalb des Projektes, um die Kohle zum Leben ranzuschaffen, in Durchschnitt und Summe zu mehr Entfremdung führt. Der “Lohn” führt unserer Erfahrung nach ausschließlich zu entlastenden Dynamiken. Sollte durch den “Lohn” in unserem Projekt doch ein Druck entstehen (“Ich muss arbeiten weil ich Geld kriege.”), dann hat dieser viel mit dem eigenen Selbstwert zu tun. Denn je nach eigenem Selbstwertgefühl sagt mensch entweder “Ich muss erst arbeiten damit ich Leben darf.” oder “Ich habe ein Recht auf gutes Leben! Jenseits meines Tuns!”. Daran ist aber nicht der “Lohn” Schuld. Diesen Selbstwert zu erlangen und Selbsticherheit im Forumlieren der eigenen Bedürfnisse zu erlernen sind einige der vielen Dinge die die Mitwirkung am Kollektiv ermöglicht.

Den Lebensunterhalt außerhalb sichern kann dazu führen, dass nur Menschen mit am Markt verwertbarer Arbeitskraft, Fähigkeiten oder Connections zu Geld-Überflüssen die Möglichkeiten dazu haben NK-Projekte zu machen ohne dabei zu verhungern, oder sich extrem entfremden oder verbiegen müssen für die Sicherung des eigenen Lebensunterhaltes: Was das Ganze dann ad-absurdum führen würde. Das Bäuer*Innen durch Ihre Tätigkeit seine*ihre (finanzielle) Reproduktion sichern können und ihre Bedürfnisse in den Fokus des Projektes gestellt werden ist erklärtes politisches Ziel unseres Projektes und überwindet die heutigen gesellschaftlichen Realitäten.

Im Endeffekt ist Geld immer dreckig. Egal wo es herkommt. Und die meisten anti-kapitalistischen Projekte haben bisher nur Inselcharakter im Geldstrom. Und sollte es daher darum gehen diese Inseln in der Summe als möglichst entfremdungsfreie und nicht-marktförmige Räume zu gestalten.

Führen Arbeitsteilung, Effizienz und Professionalität zu unerwünschten Dynamiken?

Ich verstehe unter effizientem arbeiten das Gefühl, dass es “flutscht”, das die Tätigkeit leicht von der Hand geht, das was “weggerockt” wird und dabei alle Spaß haben. Aus dieser Perspektive sind Optimierung und Effizienzsteigerung von Arbeitsabläufen nicht per se Böse. Sie hängen nicht zwangsläufig der Verwertungslogik an. Genauso wenig geht es aber darum immer besonders schnelle, rationalisierte Arbeitsabläufe zu schaffen (wie im Kapitalismus). Ob und was mechanisiert wird; oder in wie weit im Kollektiv die Verantwortungen aufgeteilt werden liegt an den Wünschen der Gruppe. Unser Projekt ermöglicht über all dies frei zu entscheiden. Beispielsweise wurden die gemeinschaftlichen Ernte-Aktionen von Zwiebeln und Kartoffeln als besonders wertvoll für den Zusammenhalt im Projekt erachtet. Aus dieser Perspektive macht es dann wohl kaum Sinn einen Zwiebelvollernter anzuschaffen.

“Professionalität” hat aus meiner Einschätzung etwas damit zu tun das jemand eine Tätigkeit auf eine bestimmte Art und Weise gelernt hat; und ein umfangreiches Fachwissen besitzt. Es kann zum Beispiel dazu führen, dass eine Person versucht besonders schnell und rational zu ernten. Solange diese Arten und zu Weisen tätig zu sein aber nicht zu Norm erhoben werden denen sich andere dann ungewollt anzupassen haben bleibt dies eine individuelle Frage; die nichts desto trotz wichtig ist: Welche Arbeitsweisen habe ich meiner fachlichen Ausbildung gelernt, wie schätze ich diese ein, welche Konsequenzen haben sie für mich und andere. Finde ich sie förderlich oder will ich sie ablegen?

Letztlich geht diese Spezialisierung einher mit einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Beides ist notwendig. Denn es wird kaum möglich sein, dass sich Menschen in alle Produktionsprozesse die für das eigene Leben nötig sind einbringen und diese mitgestalten. Wissenshierarchien sind daher wohl unvermeidbar. Die Schlüsselfrage ist der Umgang damit. Ich bin überzeugt davon, dass es immer genug Menschen geben wird, die Spaß daran haben ihr Wissen anderen zu vermitteln, was wiederum andere entlastet die auf diese Wissensvermittlung keine Lust haben.

Bei uns ist die Partizipation der Unterstützer*Innen auf allen Ebene und in unterschiedlichster Verbindlichkeit erwünscht. Hier kommt es aber auch auf die Initiative aus dem Unterstützer*Innen-Kreis. Von Mitmach-Tagen bis festen und kontinuierlichen Mitwirkenden ist alles möglich. Auch dies hilft dabei Kehrseiten von Arbeitsteilung und Spezialisierung aufzuheben.

Reflektion des Konzeptes der “Nicht-Kommerzialtät”

Es kann nicht darum gehen nach dem “einen” Konzept zu Suchen. Vielmehr ermöglicht die Vielfalt an post-kapitalistischen Ansätzen ein Mitwirken ganz unterschiedlicher Charaktere an Keimform-Projekten. Dennoch stellt sich immer wieder die Fragen mit welchen Ansätzen welche Logiken überwunden werden könnnen. In diesem Sinne spielen die oben formulierte Reflektionen den Ball zurück an die Verfechter*Innen der “Nicht-Kommerzialtät” und hinterfragen implizit auch teilweise dessen Potential tatsächlich über die kapitalistische Vergesellschaftung hinaus zu weisen.

From: keimform.deBy: Jan-Hendrik CroppComments

Vienna Solidarity Economy Congress 2013 – interesting outcomes of demonetization track

Solidarische Ökonomie Kongress 2013
The Vienna Solidarity Economy Congress 2013 had almost a thousand visitors, and was very significant by bringing various streams of people together — people from different movements and backgrounds, gathering around the idea of cooperation and commons as the main pillars of any future economy. This is not a real mass event, but almost a must for activists and networkers in Central Europe, allowing them to forge new relations, get informed about other initiatives, bring forward their agenda. They got confronted with a plethora of offerings in two days: 120 lectures and workshops in the framework of the beautiful old Vienna University of Agriculture and in partcicular the modernist, bright Schwackhöfer building, (here some photos from 2009) plus booths, social events and so on. A great melting pot….and also a mirror of ongoing developments:

In the preparation of the congress, several initiatives had decided to merge their planned meetings with this event. Amonst them was the initiative demonetize.it together with the solidarity economy winter school, who decided to run three parallel tracks on moneyless practises and theories of demonetization. It became obvious that demonetization is a discourse of its own and attracted at least two hundred people following one or the other of the 18 lectures/presentations/workshops focusing on the End of Money. When the demonetize tracks called for a final plenary, about 50 people were present and showed their dedicated support for the idea of “networking our way towards demonetization”.

The spectrum consisted of many people with many different “trades”. People who distribute free music, farmners who engage in community supported agriculture, people who want to build build tractors and other open hardware, people who educate children, people who create maps, and so on. It was consensual that building demonetized alternatives consisted of the practical coming together of complementing activities. “If you truly want to make it complimentary, you have to complement each other”. This is an exciting new phase. Every single person in the room agreed with the notion that the logic of exchange and also LETS is not enough or even obsolete, that the idea of “paying back” is an obstacle and that the real future rather lies in “pay it forward”, but this works on the base of agreements and reliable cycles of cooperation and the enormous productivity that comes from people doing what the really want.

To form cycles of cooperation is primarily a local task. You can only cooperate with people you have easy access to. This was the reason and the rationale of creating a new mailing list, which was aptly named “miteinander” (together), and which is meant to promote immediate cooperations and the knowhow about how to establish long – lasting, succesful cooperations. The new list will be in german language mainly and focused on practical issues of establishing cycles of cooperations, whilst the discuss list should continue to focus on theory and fundamental issues of demonetization.

From: keimform.deBy: Franz NahradaComments

The Structural Communality of the Commons

[Diesen Artikel gibt es auch auf Deutsch. Originally published in The Wealth of the Commons (eds. David Bollier and Silke Helfrich; Levellers Press, Amherst, MA, pp. 28–34). License: CC-by 3.0.]

The commons are as varied as life itself, and yet everyone involved with them shares common convictions. If we wish to understand these convictions, we must realize what commons mean in a practical sense, what their function is and always has been. That in turn includes that we concern ourselves with people. After all, commons or common goods are precisely not merely “goods,” but a social practice that generates, uses and preserves common resources and products. In other words, it is about the practice of commons, or commoning, and therefore also about us. The debate about the commons is also a debate about images of humanity. So let us take a step back and begin with the general question about living conditions.

Living conditions do not simply exist; instead, human beings actively produce them. In so doing, every generation stand on the shoulders of its forebears. Creating something new and handing down to future generations that which had been created before – and if possible, improved – has been part of human activity since time immemorial. The historical forms in which this occurred, however, have been transformed fundamentally, particularly since the transition to capitalism and a market economy. Although markets have existed for millennia, their function was not as central as they have become in contemporary capitalism, where they set the tone. They determine the rules of global trade. They organize interactions between producers and consumers across the world. Some observers believe they can recognize practices of the commons even in markets. After all, they say, markets are also about using resources jointly, and according to rules that enable markets to function in as unrestricted and unmanipulated ways as possible. However, markets are not commons, and it is worth understanding why.

Although markets are products of human action, their production is also controlled by markets, not by human action. It is no coincidence that markets are spoken of as if they were active subjects. We can read about what the markets are “doing” every day in the business pages. Markets decide, prefer and punish. They are nervous, lose trust or react cautiously. Our actions take place under the direction of the markets, not the other way around. Even a brief look at the rules mentioned above makes that clear. Rules issued by governments first recognize the basic principles of markets, but these rules function only as “add-ons” that are supposed to guide the effects of the markets in one direction or the other.

One direction may mean restricting the effects of the market so as to attain specific social goals. Viewed in this light, the supposedly alternative concept of a centrally planned economy turns out to be nothing more than a radical variant of guiding markets. The other direction can mean designing rules so that market mechanisms can flourish, in the hope that everyone is better off in the end if individuals pursue their own material self-interest. The various schools of economic thought reflect the different directions. They all take for granted the assumption that markets work, and that what matters is optimizing how they work. A common feature is that none of these standard schools of thought question markets themselves. That is why markets are at times described as “second nature” (Fisahn 2010) – a manifestation of nature and its laws that cannot be called into question, but only applied.

The habit of treating markets, and therefore also the economy, as quasi-natural beings prompted economist Karl Polanyi to speak of a reversal of the relationship between the social and the economic: “Instead of economy being embedded in social relations, social relations are embedded in the economic system.” (Polanyi, 1957: 57) Before the onset of capitalism, only religious ritual acts were seen as having a life of their own in this way. The attitude was: „We cannot regulate god or the market, we can only attempt to secure their goodwill, perhaps plead or at times outwit them, but we can never get them under control.” In the case of markets, it is the economic augurs of all kinds who take on the task of fathoming divine will. They are interpreters of the inevitable.

Markets are not commons – and vice versa. The fundamental principle of the commons is that the people who create the commons also create the rules for themselves. But are people able to do so? Isn’t it better to trust in a mechanism that may be invisible and impersonal, but that is also generally valid, rather than trying to formulate and negotiate rules oneself? Now we are at the core of the differing concepts of humanity: The market position assumes Homo economicus individuals maximizing their utility.1 These are isolated people who at first think only of themselves and their own utility. Only by trading on the market do they become social creatures.

Now, it is not these isolated individuals who determine their social relations. As we saw above, they give themselves up to the workings of the markets, trying to derive benefits from them. To make it abundantly clear: Isolated individuals submit to an anonymous power that is not their own by joining it and internalizing its logic. They then have the opportunity to create and confirm their individuality by means of consumption. Consumption is also the medium in which social life takes place. In other words, markets are not only places of distribution; they are places where people connect and develop identities. As consumption does not create true communality, and as many people feel isolated even in a group, the only way out of this dilemma is more consumption. Thus, consumption creates more and more consumption, which matches the producers’ interests to sell more and more to consumers. It also perfectly serves the necessity of the capitalist economy to keep growing. However, consumers can never “buy our way out” of their social isolation. Markets are based on and continuously create structural isolation.

Structural isolation does not mean that we do not come together or cooperate. Yet in markets, cooperation always has the bitter flavor of competition as well.2 We cooperate so that we can hold our ground better in competitive situations. With the underlying necessity of competition, any cooperation on one side implies exclusion on the other. One company’s success is another company’s failure. One country’s export surplus is another’s trade deficit. One person’s success in applying for a job means rejection of all the other candidates. One person’s green card means another person’s deportation. It is this aspect of markets which I call structural exclusion. Both aspects, structural isolation and exclusion, permeate our actions, thoughts and feelings like a gossamer web. They determine what people consider normal in everyday life. If a fish swims in endless circles in its bowl and has learned not to bump into the glass, seemingly automatically, it might falsely suppose it is enjoying the freedom of the ocean. If we are to withstand structural isolation and exclusion, we need places and forms of compensation. Besides consumption, which we have already mentioned, families and other social relationships play a central role here. Time and again, we can observe that people who lose their social relationships quickly end up in a situation of real isolation and exclusion.

Structural isolation and exclusion entail another type of behavior, one I call structural irresponsibility. Hardly anyone wants to marginalize others, hardly anyone wants their own advantage to be paid for by others – yet this still takes place. Isolation and separateness on markets also means that we cannot grasp the consequences of a purchase. Perhaps we have heard about people in the Congo working under extreme and inhumane conditions to extract coltan, from which tantalum for producing cellphones is extracted. But do we do without cellphones for this reason? And we have read about t-shirts being produced with child labor, but do we pay attention every time we buy one? Or environmental pollution caused by aluminum production – Do we even know which products contain aluminum?

These are only a few of countless examples that show that it is virtually impossible to exercise personal responsibility under market conditions. Short of massive boycotts or public organizing, consumer purchases cannot alter the labor conditions and environmental effects of production; in this respect, money is an extremely poor means of communication. All of our after-the-fact attempts to contain the harmful consequences of market activity amount to a never-ending task, one that often fails, sometimes colossally – for instance, in limiting global CO2 emissions.

But that is not the only option, as the commons demonstrate. Here, people are connected to one another. They use common resources, devise rules to sustain or increase them, and find the social forms that fit best. The starting point is always the needs of the people involved, and those needs are never the same. In a commons, the implicit model of humanity is not about individuals’ abstract equality, but rather their concrete uniqueness. People participate actively in the commons process with their rich individuality. Thus, the following is clear: If both the resources and the products are different, and if the people involved remain special individuals, then uniform rules cannot work. But that is not a problem in a commons because, in contrast to the market, the rules of a commons are made by the commoners themselves. It is no simple task to establish workable rules, and they may fail, but there are countless commons that do work, provided that certain conditions for success are taken into account.

Self-organization works if it is in fact self-determined. For this reason, an important aspect during the rule-making process is taking the participants’ different needs into account—be it in form of consensus or compromise. It is decisive that people feel a sense of fairness. Fairness is not the same thing as formal justice: It describes agreements that nobody feels they need intervene against. That, too, is different in the case of markets. Here, there is a system of equivalent trading that is formally just, because in an ideal market, assets of the same economic value change hands. But first, this holds only on average; individual cases can be unjust or even fraudulent.

Let us recall: People who maximize their own benefit do so at other people’s expense, and those other people have to bear the burden. Second, equivalent trading means that different productivities may be expressed in the same prices, but in real terms, in different amounts of effort necessary to achieve the same price. Developing countries have to work much harder than industrialized ones for the same monetary yield. Is that fair? No. The market ignores differences; commons take them into account. What is more: the market pushes differences aside, commons thrive on them. If a few varieties of rice obtain the highest profit, then all other varieties of rice are displaced from the market. Participants in the commons, in contrast, are aware that diversity is not a flaw – an impediment to “maximizing value” – but a positive quality. It means more creativity, more variety, more opportunities for learning, a better quality of life.

Self-organization can fail. It is often unsuccessful if alien logics creep into practices of the commons, and that can occur in very different ways. For example, if equal portions of a finite resource are made available for the people involved to use (formally just), then it may well be that individuals feel this arrangement to be unfair. This may be the case if the resource is of lesser quality, or if the needs of the people involved differ for reasons made transparent. Formally equal distribution must be augmented by additional criteria that are to be taken into account until everyone feels things are fair.

As soon as fairness is neglected, the danger arises that individual strategies for maximizing utility prevail. Then, market thinking enters into the commons. If one person begins to push through his or her individual goals at other people’s expense, fairness is undermined to an ever greater degree. Others respond in kind, a downward spiral sets in, and in the end, self-organization fails. Market ideologues are aware of this effect and occasionally employ them in order to destroy commons. For example, in Peru (and elsewhere) the proposal was made to divide up land that had previously been used jointly and to distribute it to the indigenous population with individual titles of ownership – formally just, of course. Members of communities were to be transformed into isolated, utility-maximizing individuals. The indigenous population rejected this plan because they realized it would endanger their lifestyle.3

Commons work only if everybody is included in the community and nobody is excluded. They are based on cooperation, and they generate cooperation. They enable responsible action, and they require it. In this sense, the social practices of commons represent structural communality. Commons projects represent a practical rebuttal to the Homo economicus paradigm. Nobody has to have certain characteristics in order to participate in commons projects, but many people change when they do. In commons, people can live as what they have actually always been: societal beings who jointly create their living conditions. In contrast to the logic of the market, individuals have nothing to gain from having their way at other people’s expense. A central step in learning about practices of the commons is understanding that one’s own needs are taken into account only if other people’s needs are also part of the common activities. I call this aspect of the commons structural inclusion. The Ubuntu4 philosophy of the Zulu and Xhosa puts it in these words: “I am because you are, and I can be only if you are.”

Actually, this expresses something obvious. It seems so special to us because we have been trained from an early age to struggle as individuals against others. Selection determines our experiences at school; opportunities in life are allocated along with grades. We experience selection in markets when we need to sell our labor or our products. We experience selection when we are sick or old, when we worry about receiving appropriate care. Selection is the means of structural exclusion employed in the logic of the market. Whatever “doesn’t make money” falls between the cracks.

To be sure, the commons have boundaries, and it must be decided who belongs and who does not. We have learned from Elinor Ostrom that drawing such boundaries is important – at least in the case of rival common resources5. In a commons, there is a very different social logic at play than in market settings; the criteria for access and use may include one’s local affiliations, contributions of labor and particular uses of the commons. For example, rules of open-access usage make sense for goods that are non-rival and not consumed or “used up” (such as collaborative websites like Wikipedia or free software programs); such rules help avoid underuse of the resource and the danger that they might be abandoned. In contrast, goods that are rival and consumptive (such as land, water or fisheries) require other sorts of rules because in such cases the problem is overuse, not underuse.

What is decisive in the success of a commons is which rules are recognized by the community as reasonable or necessary. Here, the primary question is not whether something pays off, but what sustains the commons and their resources so that everyone involved can benefit in the long term. The social form is valuable in and of itself, as social relationships are the decisive means for settling disputes. And conflicts are to be resolved in such a way that everyone feels that the process and its results are fair, as discussed above.

Thus, commons structurally generate responsibility on the part of their participants for preserving the resource and the collective relationships, while markets generally do not. Commoners are in charge of shaping the social relationships involved; therefore, they can take responsibility for their actions. However, this also entails their responsibility to do so. In the commons, it is possible to deal with conflicted goals and varying needs before taking action. In the market, however, action comes first, and then the consequences are dealt with later. The market is seldom capable of mediating between different needs and identifying responsible solutions because maximum profits is the touchstone for choice.

We are all aware of such paradoxes: We want to drive on a good road network without congestion, but object to having major roads pass by our front doors. We want environmentally friendly energy to replace nuclear power, but we object to windmills marring the landscape. We object to fish stocks being depleted, but want to purchase fresh and cheap fish. Different needs and goals conflict with one another, and the one that can mobilize the most (market and political) power will prevail. First, we create a fait accompli, then we have to suffer the consequences.

In the commons, people are capable of mediating between different needs and desires from the outset. Farmers can come to an understanding about joint usage of pastures in advance, and can do so time and again to avoid overexploitation of the common resource; fisherfolk can arrange for sustainable fishing quotas, in contrast to nation-states, each of which wants maximum usage for itself; free software projects can agree on programming priorities. Filmmaker Kevin Hansen speaks about commons cultivating a sense of overarching responsibility: “A commons approach innately presumes responsibility and rights for all. No one is left out. It is the responsibility of all commons trustees (effectively, this means everyone) to be responsible – even for those who do not speak. (…) … [T]his includes not only the young, elderly or disabled people who cannot speak for themselves. It also means the disenfranchised, the poor, the indigenous and other humans who have traditionally not had a significant voice in politics and economics.”6

While including everyone is part of the logic of the commons in terms of principle and structure, such inclusion does not occur automatically, but must be implemented intentionally. The freedom to shape arrangements that exist in principle also entails a necessity to do so. That is different from market relationships, where rules are set externally and uniformly: Whichever option earns money prevails. In a commons, communities must themselves determine the rules appropriate for individual situations and for the people involved in them. In the process, the temptation to achieve gain at the expense of others after all is ubiquitous, coming from the logic of the market. Yet to the other, I am the other as well. If I prevail at the expense of others, they will do the same (or exclude me). That would be the beginning of a downward spiral, a development we know well. The company that lowers wages faster than others generates more jobs. The one that cuts benefits most can obtain credit in order to survive. That is the logic of the markets, where most people end up losing, and even the winners cannot be sure whether they themselves might be among the losers tomorrow. We can establish commons and their structural communality, inclusion and generation of responsibility on the part of their participants only in opposition to the logic of exclusion. That is never easy, but it is worth the effort.

References

Fisahn, Andreas (2010): Die Demokratie entfesseln, nicht die Märkte, PapyRossa.

Polanyi, Karl (1957): The Great Transformation, Boston, Beacon.

Notes

1 See essay by Friederike Habermann on pp. 13–18.

2 See essay by Michel Bauwens on pp. 375–378.

3 See http://womblog.de/2011/05/27/peru-vorschlag-der-individuellen-landtitelvergabe-fr-indigene-stt-auf-kritik/ as well as the contribution by Dirk Löhr on the question of land in this volume, on pp. 410–415.

4 The word “ubuntu” roughly means humanity, loving one’s neighbor and community spirit.

5 The concept of rivalry is explained by Silke Helfrich on pp. 61–66.

6 http://vimeo.com/25486271

Stefan Meretz (Germany) is an engineer, computer scientist, and author who lives in Berlin. His publications focus on commons-based peer production and development of a free society beyond market and state. He blogs at www.keimform.de.

From: keimform.deBy: Stefan MeretzComments

Without money!

Post from: Streifzüge. Liebe Leute: Allein hier zu schreiben, dass wir ein Leben ohne Geld wollen, kostet welches. Wer unsere Texte mag, soll dazu beitragen, dass sie hier (ent)stehen können. Wenn wer sich’s leisten kann. Eh klar. Dann aber seid so lieb: Her mit der Marie! Löst uns aus!



Without money!

AUS AKTUELLEM ANLASS

Für die Abschaffung eines substituierten Gewaltverhältnisses

Streifzüge 54/2012

von Franz Schandl

„Wer sollte nicht Reichtümer ganz entbehren, die doch nur elend machen und entehren?“
(William Shakespeare, Timon von Athen IV/3, übers. von Erich Fried, Band 3, S. 339)

Gemeinhin gilt Geld als zivilisatorische Errungenschaft schlechthin. Einmal geschaffen kann es nie wieder abgeschafft werden. „Geld ist instituierte Selbstreferenz“, schreibt Niklas Luhmann (Die Wirtschaft der Gesellschaft, Frankfurt am Main 1988, S. 16). Via Geld bestätigt sich das System seine Läufigkeit. „In diesem System ermöglichen Zahlungen Zahlungen. Dadurch ist eine im Prinzip unbegrenzte Zukunft eingebaut. Alle Dispositionen im System sichern zugleich die Zukunft des Systems. Jenseits aller Ziele, aller Gewinne, aller Befriedigung geht es immer weiter. Das System kann sich nicht beenden, da der Sinn des Geldes im Ausgeben des Geldes liegt.“ (S. 65) Wir leben also in einem System, das „Zukunftssicherheit in der Form der Zahlungsfähigkeit garantiert“ (S. 66).

In der Zahlung vermittelt sich Geld als abstrakter Reichtum (vgl. MEW 42:160), „das Individuum kann das Geld nur brauchen, wenn es sich seiner entäußert, es als Sein für andres setzt“ (MEW 42:154). „Die besondere Ware, die so das adäquate Dasein des Tauschwerts aller Waren darstellt, oder der Tauschwert der Waren als besondere, ausschließliche Ware ist – Geld.“ (MEW 13:34) Es hat nur Realität in der Zirkulationssphäre, aber eben durch diese Sphäre muss der ganze Warenpöbel gejagt werden.

Geld ist lediglich durch Weggabe (Entäußerung, Verleih) zu gebrauchen. Es kann eigenartigerweise nur konsumiert werden, wenn es seinen Besitzer verlässt. Problematisch ist bloß, wenn die Zahlungsketten stetig unterbrochen werden. Das weiß auch Luhmann: „Ein System, das auf der Basis von Zahlungen als letzten, nicht weiter auflösbaren Elementen errichtet ist, muss daher vor allem für immer neue Zahlungen sorgen. Es würde sonst von einem Moment zum anderen schlicht aufhören zu existieren.“ (S. 17) Den Zusammenbruch im Großen kann, weil darf es nicht geben, obwohl die Zusammenbrüche im Kleinen zu den alltäglichen Schönheiten des Kapitals gehören. „Wer nicht zahlen und was nicht bezahlt werden kann, wird vergessen.“ (S. 19) So weit, so obligat, so zynisch.

Geld als Gewalt

Geld trägt Knappheit Rechnung. Es sagt aber weniger, dass etwas knapp ist, als vielmehr, dass etwas knapp zu sein hat. Ist etwas nicht knapp, dann muss Knappheit hergestellt oder simuliert werden. Da der Zugriff auf Ware nur exklusiv durch Geld möglich ist, müssen notfalls auch ganze Gebrauchswertkontingente vernichtet werden, da sie sonst den Preis glattweg ruinieren und das Geschäft empfindlich stören. Stefan Meretz schreibt: „Eine Ware darf nicht frei verfügbar sein, sonst ist sie keine, sie muss knapp sein. Ist sie nicht knapp, wird sie knapp gemacht: weggeschlossen, verschlechtert, vernichtet. Knappheit ist eine geschaffene soziale Form der Warenproduktion, eine Realabstraktion. Sie abstrahiert von wirklichen Begrenztheiten und Vorkommen, um daraus die real wirksame ,Form Knappheit‘ zu machen. Die soziale ,Form Knappheit‘ produziert die Paradoxie des Mangels im Überfluss.“ (Streifzüge 32/2004)

„Geld ist der Triumph der Knappheit über die Gewalt“, sagt Luhmann (S. 253). Er behauptet sogar, dass Geld Gewalt ausschließt (S. 259), und auf einer oberflächlichen Ebene hat das auch was für sich. Geld schließt aber Gewalt nur insofern aus, als es diese bereits integriert hat. Sprich: Geld ist ein kristallisiertes Gewaltverhältnis. Es gibt per Einsatz Verfügung und Fügung vor. Wir erbleichen vor keinem Argument so wie vor diesem. Gewalt ist ausgeschlossen, weil sie eingeschlossen ist. Das heißt aber auch, dass dort, wo diese Integration nicht hält, weil etwa eine Seite sie nicht (mehr) akzeptieren will oder kann, das Gewaltverhältnis wieder unmittelbar aus dem Geld hervorbricht. Geld ist also nicht Überwindung der Gewalt, sondern Kanalisierung. So ist Gewalt nicht etwas, das dem Geld fremd ist, sondern im Gegenteil, es ist das, was seinem innersten Wesen zugrundeliegt. Im Geld wird Gewalt substituiert, keineswegs überwunden. Sie ist aus ihm jederzeit restituierbar. Vor allem dort, wo eins das Privateigentum nicht akzeptieren möchte, wehrt das Geldsystem sich mit dem, was es ist und hat: Gewalt. Dazu hat es ein Monopol herausgebildet, das es seinen jeweiligen Staaten zugeeignet hat.

Gerade Ideologen des Geldes heben den befriedenden Charakter des Geldsystems hervor. Hier scheint sich tatsächlich eine Struktur aufgetan zu haben, die das Kriegen ohne das Bekriegen erlaubt. Doch dieser Schein trügt, und zwar deswegen, weil er nur das Produkt anschauen will und dessen Produktion nicht hinterfragt. Das Werden verschwindet im Resultat. Die Genese hat im Dunkeln zu bleiben. So wird der gesellschaftliche Zwang (Handeln) als ein freies Verhältnis definiert und dessen Vollzug (Kaufen) als freie Entscheidung. Das ist nur möglich, wenn an die Form, in der alles geschieht, kein Gedanke verschwendet werden soll. Denn bloß in der Formierung der Form sind wir frei, die Form selbst ist nicht hintergehbar.

Das Befriedende ist das Unterwerfende. Geld ist also keine Alternative zur Gewalt, sondern deren subtilste Form, dessen gefinkeltstes Substitut, oder in Robert Musils Worten: Das Geld „ist vergeistigte Gewalt, eine geschmeidige, hochentwickelte und schöpferische Spezialform der Gewalt. Beruht nicht das Geschäft auf List und Zwang, auf Übervorteilung und Ausnutzung, nur sind diese zivilisiert, ganz in das Innere des Menschen verlegt, ja geradezu in das Aussehen einer Freiheit gekleidet?“ (Der Mann ohne Eigenschaften I, Reinbek bei Hamburg 1978, S. 508.)

Geld ohne Mensch

„Geld ist aber die selbständige handgreifliche Existenzform des Werts, der Wert des Produkts in seiner selbständigen Wertform, worin alle Spur des Gebrauchswerts der Waren ausgelöscht ist.“ (MEW 24:63) Man sieht dem Geld nie an, woher es stammt, noch, was aus ihm noch wird. Es kann alle möglichen Metamorphosen durchlaufen. „Dem Geld ist es durchaus gleichgültig, in welche Sorte von Waren es verwandelt wird.“ (MEW 24:36) Genau diese demokratische Gleichgültigkeit des Geldes ist unmenschlich, sie entpflichtet uns, sich mit den Anliegen und Wünschen, Zuständen und Leiden der anderen zu konfrontieren, sofern diese nicht vermarktet werden können. Geld lehrt, dass die anderen uns egal sein können. Beim Geld hört bekanntlich auch die Freundschaft auf. Geld ist organisierte Verantwortungslosigkeit. Empathie ist außerhalb und hat daher einen schweren Stand.

„Geld entlastet die Gesellschaft von Menschlichkeiten wie Hass und Gewalt“, schreibt Norbert Bolz (Wo Geld fließt, fließt kein Blut, Der Standard, 20. September 2008, S. 47). Abgesehen davon, dass gerade das Geld permanent Neid und Gier, Geiz und Missgunst hervorbringt, ja vor keinem Verbrechen zurückschreckt, ist die Rendite hoch genug, ist es schon interessant, was so einem Medientheoretiker einfällt, wenn er an Menschlichkeiten denkt. Aber der erste Halbsatz stimmt, Geld will tatsächlich von allen Menschlichkeiten entlasten. Bolz führt das auch aus: „Der Kosmos der modernen Wirtschaft besteht also nur aus Ereignissen der Zahlung – nicht mehr aus Menschen.“

Zweifellos, Menschen sind Störfaktoren, vor allem, wenn sie nicht zahlen können, weiß man gar nicht so recht, was man mit ihnen anfangen soll. Da schnürt man etwa ein Sparpaket, und dann hungern diese Leute. Da senkt man die Sozialleistungen, und auf einmal sitzen diese Undankbaren auf der Straße. Der Vorwurf des Schädlings oder des Parasiten ist da nicht weit. Wer nicht zahlungsfähig ist, ist nicht geschäftsfähig. Das Luhmannsche Modell denkt die bürgerliche Gesellschaft als einen formalistischen Zirkel. Der Inhalt besteht in der Funktion. Zahlen oder nicht zahlen, krächzt der Code. Und immerfort. „Um sich in der Wirtschaft zu orientieren, genügt es ja, die Preise zu kennen“, schreibt ein Pseudoprovokateur wie Bolz. Was ist schon so ein Exemplar von einem Menschen gegen das Ereignis einer Zahlung?

Bei Bolz finden sich überhaupt geile Sätze, denn der „Ressentimentlinken“ muss man es gehörig geigen: „Die sozialistische Politik hat lediglich die Menschen von der Regierung abhängig gemacht. Das macht zwar die Sozialhilfeempfänger nicht lebenstüchtiger, hält aber den Sozialstaat in Gang.“ (Wer hat Angst vor der Freiheit?, Die Presse, 15. November 2009). Hier plaudert wirklich einer in einer Terminologie, die ihm gar nicht mehr auffällt, aber die Aversion gegen die Minderleister, die ist offensichtlich: Lebensuntüchtig sind die. Doch damit ist durchaus eine kapitalistische Wahrheit ausgesprochen: Die Wirtschaft ist nicht für die Menschen da. Und wir sind die verrückte Gattung, die sich das gefallen lässt.

Fairy Tales

Eine alte Geschichte geht so: Das Grundproblem der bürgerlichen Gesellschaften ist die Verteilung der Reichtümer. Die herrschenden Klassen haben zu viel und die beherrschten zu wenig. Geld ist ganz super, wenn alle nur genug davon bekommen. Schließlich gilt es, Kaufkraft zu erhalten, Standorte zu sichern und Wachstum zu ermöglichen. Zentrale Losungen dieser Emanzipation sind Gleichheit und Gerechtigkeit, ihre Mittel sind die ökonomische Umverteilung und die politische Gleichstellung. Es geht um Sozialstaat und Rechtsstaat.

Dieser Kampf war vielfach von Erfolg gekennzeichnet, von der Arbeiterbewegung bis zur Frauenbewegung. Man erstritt sich Zugehörigkeit, und was ist da wichtiger als das Geld, das man dazu benötigt: Es ging darum, mehr zu konsumieren und rechtlich nicht diskriminiert zu werden. Alle anderen gesellschaftlichen Fragen, von der repressiven Produktion und ihren irren Produkten, den schwer belasteten emotionalen Beziehungen bis hin zur Ökologie und ihren Katastrophen waren höchstens Nebenwidersprüche und Nebensächlichkeiten. Die herrschenden Normen waren vorgegeben und wurden nicht angetastet. Alle gesellschaftlichen Bewegungen der Neuzeit blieben letztlich dieser basalen Programmatik verhaftet. Mit Erreichen der Politikfähigkeit wurden überschießende und radikalere Momente und Elemente rechtzeitig gekappt.

Diese alte Geschichte ist brüchig geworden. So richtig begeistern tut sie, sieht man von unentwegten Klassenkämpfern ab, niemanden mehr. Dafür grassiert eine „neue“, die zwar auch nicht so neu ist, aber doch so erscheinen will. Während unsere alte Geschichte das Geld als weitgehend unproblematisch voraussetzte, möchte die neue sich direkt in den Geldprozess einschalten. Geld ist ihr nicht bloß eine Frage von Quantität, sondern auch eine von Qualität. Aber aufgepasst: Die Funktion des Geldes in der Gesellschaft wird in dieser Erzählung dezidiert nicht in Frage gestellt, ja dessen Notwendigkeit wird durch alle Vorschläge frenetisch bejaht. „Über echtes und falsches Geld“, lautet etwa ein prototypischer Artikel unseres Wutbürgers Eugen Maria Schulak in der Wiener Zeitung vom 4. März 2009.

Geldpfuscherei

Wenig hat heute so Konjunktur wie die Geldpfuscherei. Einerseits ist diese objektiver Ausdruck, dass es eben mit der Geldwirtschaft so nicht mehr weitergeht, andererseits aber der subjektive Wunsch, ja geradezu die Besessenheit, dass es nur mit ihr weitergehen kann: Ohne Geld können die Menschen nicht existieren, das ist ein unhintergehbares Dogma. Offensichtlich. Man ist überzeugt, dass die Geldbewirtschaftung die finale Antwort, ja der letzte Heuler der Geschichte sei und bloß einige Fehlkonstruktionen im Finanzsystem beseitigt werden müssten. Dann werde alles wieder gut, und alles kann beim Alten bleiben. Getauscht und gekauft, gearbeitet und verwertet wird nach wie vor. Das steht bei den Geldpfuschern auch nie zur Debatte. Der Kapitalismus, das sei kein übles Spiel, wohl aber gebe es üble Mitspieler: die Banken, die 1 Prozent, Spekulanten, Rating-Agenturen, Politiker, Juden.

Die Geldpfuscher setzen in allen ihren Überlegungen und Vorschlägen Geld unhinterfragt voraus, um dann an bestimmten Punkten, meist am Zins oder an Steuern herumzudoktern. Die fanatische Anbetung des Geldes erfährt darin eine neue Sequenz. Die Geldpfuscherei setzt auf eine umfassende Remonetarisierung und nicht auf eine Demonetarisierung der Gesellschaft. Die Frage nach dem Geld gerät auch hier sofort zu einer Frage nach der richtigen Geldpolitik. Sie dringt nicht nur nicht zum Kern vor, sie will entschieden bewerkstelligen, was abzuschaffen wäre.

Falsches Geld muss durch richtiges ersetzt werden. Darauf scheinen sich viele einigen zu können. „Neue Geldsysteme umsetzen“, heißt es in einem Grundsatzpapier des Konsensfindungsprozesses der austriakischen Occupy-Abteilung, was meint: „Überwindung des zinsbasierten Schuldgeldsystems“. Da ist es wirklich nur noch ein Schritt bis zum Schrei: „Befreit uns aus der Zinsknechtschaft!“. Dazu passt gleich die Buchempfehlung „Neues Geld, neue Welt“. Wenn man etwa die heimischen Occupy-Texte, die da durchs Internet geistern, so ansieht, erinnern diese an Ökonomie-Papiere aus der Frühzeit der Grünen, bloß schlechter. Teilweise tauchen sogar die gleichen Protagonisten wieder auf, etwa Joseph Huber, nun Propagandist der „Monetative“, d.h. dass Geldmengensteuerung und Geldschöpfung ausschließlich beim Staat anzusiedeln wären. Occupy erscheint ziemlich occupied.

Nicht um eine Welt ohne Geld geht es, sondern um die Bedienung eines auf ewig angelegten Kreislaufs des Kaufens und Verkaufens. Man meldet sich zum Dienst: Jetzt übernehmen wir das Werkel. Das Leben hat ganz luhmannisch eine unaufhörliche Kette von Zahlungen zu bleiben. Das scheint gegenwärtig überhaupt die alles entscheidende Frage: Wie bleiben wir zahlungsfähig? Wie halten wir den Zahlungsverkehr aufrecht? Die Geldpfuscherei agiert ausschließlich auf der Ebene des Zahlungsmittels, will einen konstruktiven Beitrag leisten.

Regiogeld

Der größte Hit ist aktuell das Regionalgeld. Dort ein Ulmentaler, da ein Vöslauer, hier ein Chiemgauer, da ein Waldviertler. Wenn das mit dem offiziellen Geld nicht richtig funktioniert, schaffen wir doch unser eigenes. Die Gründungen reißen nicht ab, und selbst wenn einige Versuche scheitern, entstehen stets mehr neue. Die Vertreter des Regionalgeldes wollen das Geld durch ihr Gutscheinsystem (und nichts anderes ist es) sogar noch multiplizieren und nehmen für die beschworenen Vorteile ihrer Region gar einigen bürokratischen Aufwand auf sich. Durch die Negativzinsen im Schwundgeld wird die Kauflust noch einmal um einige Promille gesteigert. Konsumismus, der hier als unproblematisch erscheinen muss, wird geradezu vorausgesetzt und angestachelt. Schwund soll dieses Geld in Schwung halten, der Kaufzwang, bisher implizit gegeben, wird explizit formalisiert. Regionalgeld ist in, von der Krone bis zu Die Zeit finden wir prominent platzierte Artikel. Die Gutscheinerei passt in den Mainstream von rechtspopulistisch bis linksliberal.

„Eine wachsende Zahl von Bürgerinnen und Bürgern ist dabei, das Geld neu zu erfinden“, freut sich etwa ein Kommentar in der Zeitschrift Oya (08, Mai/Juni 2011, S. 12). Im Heft geht es dann auch fast ausschließlich um Geld zum Selbermachen, das Zukunftsmodell Regionalgeld, demokratische Banken mit leistungsgedeckten Einlagen und natürlich eine Vielfalt von Währungen. „In der Zeit des demokratischen Geldes bestimmen die Geldnutzer die Geldregeln“ (S. 14), heißt es da ganz euphorisch. „Der Selbstzweck muss dem Geld genommen werden, es soll ein Werkzeug werden.“ (S. 15.) Christoph Pflugers neues Buch nennt sich „Das nächste Geld“ (S. 60). Und im Juni 2012 ist in Leipzig ein Kongress geplant unter dem Titel „Lust aufs neue Geld“. Alles natürlich unter der Prämisse „Retten wir unser Geld“. Auch Christian Felber will inzwischen den Euro retten und setzt daher die good banks auf die Tagesordnung. Die alte Sparkasse soll rehabilitiert werden: „Banken haben ihre ursprüngliche Funktion – die kostengünstige Umwandlung von Spar- und Kreditgeld sowie die serviceorientierte Abwicklung des Zahlungsverkehrs – verlassen.“ (S.26) Geld soll nicht zur Ware werden, dafür möchte die Gemeinwohlökonomie fortan sorgen.

Margrit Kennedy rehabilitiert schließlich sogar Leistung und Profit: „Ich halte Gewinnstreben nur dann für schädlich, wenn dem Gewinn keine Leistung gegenübersteht, wie auf dem Kapitalmarkt, der wie Raubrittertum funktioniert.“ (S. 16) Für edle Ritter, gegen böse Raubritter, für ehrliche Arbeit, gegen unehrliche Abzocke, für gute Leistung, gegen böse Schmarotzer – geht’s noch übler? Da ist wirklich wieder einmal eine Kronzeugin des gesunden Menschenverstandes ausgeritten, da spukts dann auch von „Zeitbanken“ und „Pflegewährung“ – wahrlich die menschlichen Bedürfnisse, die sind allesamt in Geldkategorien zu denken. Sind sie nur so zu denken?, oder: Müssen sie so gedacht werden? Wahrlich, wir leben im Zeitalter der großen Befangenheit.

Scheinwerfer

Während die Lichter des Marktes verlöschen, drehen die Leuchten noch einmal alle Scheinwerfer auf. Die Geldpfuscher suchen den Resetknopf wie die Ritter der Tafelrunde den Heiligen Gral. Gerade die bornierten Kritteleien, also die Ressentiments, neigen zur schärfsten Affirmation, sodass wir da mehr Glaubensbekenntnisse finden als auf den bürgerlichen Wirtschaftsseiten. Dort herrscht eher Verunsicherung. Wenn heute noch jemand restlos von Wert und Geld überzeugt ist, dann diese Scheinalternative, sie trägt tatsächlich in schierer Akklamation bürgerliche Dogmen wie eine Monstranz vor sich her. Dieser neueste Cocktail aller Abgeschmacktheiten erscheint als das In-Getränk in einer gut frequentierten Bar jeden Gedankens. Es ist wie in einem Saloon, wo Unbedarfte auf Glücksritter treffen und permanent Obskuranten auftreten. Versprochen wird, was nicht gehalten hat. Was aber bedeutet, dass das Versprechen noch immer lebendig ist, bloß seine Fürsprecher abgelöst werden sollen. Der ökonomische Wert mag verfallen, aber die bürgerlichen Werte sind hoch im Kurs.

Wer sich das obskurantistische Panoptikum der Geldkritik anschauen will, der werfe einen Blick auf www.geldmitsystem.org. Dort hat Manfred Gotthalmseder versucht, alle Geldpfuscher aufzusammeln, Kernaussagen zu destillieren und wildesten Rechenbeispielen zu frönen. Schuld sei selbstverständlich das Zinseszinssystem. Und natürlich gehe es um ein nachhaltiges Geld- und Finanzsystem, dessen Rahmenbedingungen die Politik zu schaffen habe. Da ist man ultrakonventionell. Auf dieser Website treffen sich alle, von den Geldausbesserern bis zu den Verschwörungstheoretikern, von den Zinsgesellen bis hin zu versprengten Nazis. Gotthalmseder hat alles aufgeboten.

Die Geldretter, die da auftreten, sind fast ausschließlich Männer, total darauf erpicht und versessen, dem Geld einen Sinn zu stiften. Wie die bürgerlichen Erlöser stellen sie sich an, um dem Geld ja wieder seine angestammte Rolle zu geben. Die sich aufdrängende Frage „Warum Geld?“ haben die Geldpfuscher durch die anschlussfähigere „Welches Geld?“ ersetzt. Was das Geld ist, interessiert vor dem Hintergrund, was denn das gute Geld alles sein und ausrichten könnte, wenig. Geld wie hat Geld warum erschlagen. Mit Geld jedoch lässt sich nur eine Wirtschaft erfinden, die bereits erfunden worden ist.

So gibt es ein unheimlich großes Bedürfnis an obskurer Literatur, sehen wir uns die Auflagen diverser Publikationen an oder folgen wir den Empfehlungen von Amazon. Der Fundus ist unendlich und das Geschäft blüht. Da und dort vermögen die Geldpfuscher schon ins Schwarze zu treffen, aber meist verdunkeln sie die Szenerie, sind Diagnose und Therapie durch und durch esoterisches Geschwätz.

Geldknechtschaft

Abhängigkeit von Geld ist allgemein. Abhängigkeit vom Zins ist eine besondere Ausprägung dieses Umstands. So ist auch die Behauptung einer Zinsknechtschaft nicht einfach nur Lüge oder abgefeimte Projektion. Allerdings versteigt sich diese in penetranter Weise zur ganzen und einzigen Wahrheit. So wird ein Element aus seinen Zusammenhängen gerissen und als abartig punziert, eine „natürliche Wirtschaftsordnung“ verhindernd. Die Zinskumpane verwechseln die Konsequenz des Kapitals mit seinem Ursprung. Zins erscheint nicht mehr als dem Kapital untergeordnet, sondern als jenem übergeordnet, ja es usurpierend. Der gute Markt müsste also von ihm und seinen Nutznießern befreit werden. Gemeingefährlich wird es, wenn man spezifischen Exponaten dann eine außergewöhnliche, sprich: kriminelle Energie unterstellt.

Diese Sicht ist aber auch deswegen anschlussfähig, weil sie zumindest Antworten auf empirische Alltagserfahrungen zu geben scheint. Jeder weiß, wie mühsam es ist, Kredite zurückzuzahlen, Schulden wie Zinsen zu tilgen. Und dass die Schuldenfalle schnell zuschnappen kann. Und dass Schulden Angst erzeugen. Und dass sie nicht bloß die Bonität senken, sondern auch Würde und Ansehen. Das sollte man nicht übersehen. Der bürgerliche Alltag ist voll von verunglückten Geldgeschichten. Man höre den Leuten nur zu, was sie alles bereden, aber auch beschweigen.

Das Problem des ewigen Schuldners ist eines, das realen Abläufen entspricht. Selbst wenn deren Verarbeitung schwer ideologisch sein mag, sind Bedrohung und Furcht doch reale Größen und keine Halluzinationen. Schulden können von den Schuldnern nie locker genommen werden. Sie führen tatsächlich zu schmerzhaften Abhängigkeiten, die man allzuoft nicht mehr los wird. Wie bei der Abpressung des Mehrwerts (und der Zins ist in letzter Instanz nichts anderes, auch wenn in Zeiten des fiktiven Kapitals sich auch hier die Dimensionen verschieben und ins schier Unendliche weiten) handelt es sich beim Zins um ein Verwertungsverhältnis, das dem Kapitalismus immanent ist.

Die Finanzabteilung des Kapitals ist nicht schlimmer als dieses selbst, sie erscheint aber zweifellos irrer, weil an ihr die ganze Verrücktheit der Form sich offener und wuchtiger präsentiert: „Als zinstragendes Kapital, und zwar in seiner unmittelbaren Form als zinstragendes Geldkapital (…) erhält das Kapital seine reine Fetischform G–G’ als Subjekt, verkaufbares Ding.“ „Wie das Wachsen den Bäumen, so scheint das Geldzeugen (τόκος) dem Kapital in dieser Form als Geldkapital eigen.“ (MEW 25:406)

Geldherrschaft meint Geldknechtschaft. Die strikte Zurückweisung der obligaten Zinsschelte darf so nicht mit einer Verteidigung des Zinses oder der Zirkulationssphäre einhergehen. Kritik des Zinses ist eine Teilkritik der Kapitalkritik und macht in sie integriert durchaus Sinn. Man sollte sich darauf einigen können, dass der Zins zwar nicht die Ursache des gesellschaftlichen Übels, sehr wohl aber einen Ausdruck des gesellschaftlichen Übels darstellt. Diesem Umstand ist Aufmerksamkeit zu schenken, es darf nicht so wirken, als rede man der kapitalistischen Rationalität das Wort, nur weil man die Zinshuberei zurückweist. Die ideologiekritische Beschränkung wäre demnach selbst zu durchbrechen. Augenscheinlich liegt da eine theoretische Leerstelle vor, die es gerade diversen Glücksrittern ermöglicht, ihren Geldacker zu bestellen.

Denn das Schuldverhältnis ist allgemein, jeder Kauf baut auf einer Schuld auf, die beglichen werden muss. Der Tilgungszwang von Krediten etwa ist wiederum nur eine Sparte des konventionellen Zahlungszwanges, eine besondere Form, in der durch zeitliche Streckung auch der Preis der Geldware via Zinsen zu zahlen ist. In Wirklichkeit werden wir auch stets übervorteilt, aber nicht weil die anderen böse sind, sondern ganz konventionell, weil wir nicht auf Kooperieren, sondern auf Konkurrieren, also auf Opfer und Täter programmiert sind. In allen wirtschaftlichen Belangen herrscht Krieg, man höre seine Sprache. Und wir verlieren in ihm mehr, als wir gewinnen. Auch die Sieger.

Money?

Alle wollen ins Plus, doch die meisten landen im Minus. Das ist blöd. Sagt doch das bürgerliche Versprechen, dass alle könnten, was nur wenigen gelingt. Das gemeine Finanzprogramm der vereinigten Bürgerschaft lautet: Mehr Einnahmen als Ausgaben! So möchte der gesunde Menschenverstand auf der Ausgabenseite nicht überfordert werden, auf der Einnahmenseite aber durchaus Nutznießer dieses Systems sein, etwa beim Sparen und all seinen Sonderformen, bei den Lebensversicherungen und Bausparverträgen, bei den Pensions- und Fondskassen, ja bis hin zu hochspekulativen Aktiendeals, auf die er freilich eher hineinfällt, als dass er sie bewusst anstrebt. Aber wenn er abstauben kann, ist er dabei, der gesunde Menschenverstand. Und wenn’s ihn erwischt, fühlt er sich betrogen. Aber im Prinzip macht er nichts anders als die andern, und darin liegt auch die große ideelle Entschuldigung für alle Gemeinheiten, die er erleidet wie austeilt.

Er ist ein hausbackener Geselle, in dessen Brust zwei Seelen schlagen. Auf „Dark side of the Moon“ von Pink Floyd (1973) wird diese Haltung besungen. Dort heißt es in der zweiten Strophe von „Money“:
„Money, it’s a crime
Share it fairly
But don’t take a slice of my pie.“

Der Kuchen ist immer ungerecht verteilt. Alle einigen sich darauf, zu wenig davon zu bekommen, weil die anderen zu viel abbekommen haben. Angerufen wird unisono, aber gegeneinander die Gerechtigkeit. Von der sind alle begeistert, ist sie doch multipel interpretierbar, sodass sich an ihr alle Gemüter wärmen können. Gerechtigkeit besteht darin, dass den Nehmern nichts genommen wird, und Ungerechtigkeit darin, dass die Nehmer stets ausgenommen werden. Alle wollen melken, aber nicht gemolken werden. Sinnliche Gewissheit brilliert in bestechenden Schlüssen, ohne ihre Gemeinheit auch nur in Ansätzen zu begreifen.

Geld. Alle wollen es erhalten, auf dass sie es wieder ausgeben können. Moneten, Konten, Kreditkarten, sie haben uns fest im Griff. Obwohl eigentlich niemand es benötigt, brauchen es alle, das Geld. Man kann nichts damit tun, aber alles damit anstellen. Alleine der Umstand, etwas unbedingt einnehmen zu müssen, das wir wiederum unbedingt ausgeben müssen, ist eine Absurdität sondergleichen. Aber darauf sind wir formatiert und fixiert. Das ist unsere Synthese. Geld wurde ja nicht einfach beschlossen und eingeführt, es stellt ein gesellschaftliches Verhältnis her, das über die Menschen und ihre Handlungen verfügt, indem jene diese, ihre gesellschaftliche Funktion erfüllend, ausüben.

Die beiden vorher angeführten Geschichten sind blind für Tragweite und Dimension unserer Aufgaben. Beide meinen, dass mit politischen Regelungen (sei es Umverteilung oder Umoperation) die gesellschaftlichen Probleme gelöst werden könnten. Beide doktern herum, suchen Antworten auf vorgefundenem Boden. Nicht „Geld ist falsch“, sondern „Die Falschen haben es“, lautet das Credo. Sowohl die neue Erzählung wie auch die alte stellen eigentlich nichts in Frage, wollen vielmehr etwas in Gang halten. Um uns nicht misszuverstehen: Wir sind weder gegen Umverteilung und schon gar nicht für den Zins. Aber als Perspektive ist das zu dünn und zu dürftig, arbeitet sich allein an Phänomenen ab. Dafür sind wir uns zu schade. Alle selbst auferlegten Beschränkungen, die den Geldfetisch unangetastet lassen, enden in der Hölle der Immanenz.

Solange Geld Menschen bestimmt, sie subordiniert, sie zu Geldmonaden macht, werden sie nie selbstbestimmt sein können. Geld ist lediglich eine Krücke der Anerkennung. Wenn man darüber nicht verfügt, ist Existenz und Akzeptanz auf Almosen und Barmherzigkeit angewiesen. Geld ersetzt in unserer Zwischenkunft das Ich und das Du durch den Käufer und den Verkäufer. „Was durch das Geld für mich ist, was ich zahlen, d.h., was das Geld kaufen kann, das bin ich, der Besitzer des Geldes selbst. So groß die Kraft des Geldes, so groß ist meine Kraft. Die Eigenschaften des Geldes sind meine – seines Besitzers – Eigenschaften und Wesenskräfte. Das, was ich bin und vermag, ist also keineswegs durch meine Individualität bestimmt.“ (MEW, Ergänzungsband 1, S. 564)

Das Ich soll kein Vorhaben, kein Anliegen, keinen Wunsch ohne den entsprechenden Preis denken können. Alles tendiert zur Kostenfrage: „Können wir uns das leisten?“ Wenn heute etwas gemessen wird, dann wird es in Geld gemessen: Preise und Gebühren, Löhne und Ablösen, Mieten und Renten, Spitalskosten, Alimente, Werbeausgaben, Strafmandate, Anwaltshonorare, Steuern und Abgaben, und selbstverständlich das Bruttonationalprodukt. Fast könnte man meinen: Leben ist Geld! Aber es wird wohl so sein, denn es geht darum „für Leistungen zu zahlen“ (Luhmann, S. 47). Egal, wovon wir reden, was wir wollen oder auch los werden wollen, immer geht es um Kohle.

Die elenden Fragen, was was kostet und was was einbringt, sind daher zentral. Bedürfnis und Nutzen werden stets daran gebrochen. Solange es Geld gibt, kann das auch gar nicht anders sein. Dieser Zweck frisst alle anderen Zwecke auf. Gemacht wird nicht, was gemacht werden könnte, und getan wird nicht, was getan werden sollte, sondern gemacht und getan wird, was sich verkaufen lässt. Das kommerzielle Gebot steht über allen anderen. Das Kriterium ist eines, dass außerhalb seines Gegenstandes liegt.

Geld ist eine menschenfeindliche Kommunikationsform, da sie den Zugang zu den Produkten und Leistungen über der Leute Habe bestimmt und somit solche ohne Geld ausschließt. Die sozialstaatliche Korrektur ist das Eingeständnis dieses Missstands, keineswegs Abhilfe, sondern bloß Linderung. Außerdem sowieso immer bedroht. Alleine, dass man das Geld entweder ausgeben oder veranlagen muss, stellt die Mitglieder der Gesellschaft vor absurde Aufgaben. Wie kommen diese mündigen Leute alle dazu, das zu müssen? Oder besser noch: zu wollen? Aber es nicht zu wollen, geht nicht. Geld organisiert Misstrauen und Missgunst, es schneidet uns von unseren Möglichkeiten ab, erlaubt nur Dispositionen, die sich marktwirtschaftlich auszahlen. Wir sind alle auf dem kommerziellen Trip. „We want money“, ist der Kassenschlager aller Konkurrenten.

Geld ist ein gesellschaftliches Verhältnis und kein modellierbares Werkzeug. Eine Kraft, die uns ständig zum Berechnen, zum Kalkulieren, zum Ausgeben, zum Eintreiben, zum Sparen, zum Spekulieren, zum Verschulden und zum Kreditieren zwingt. Vor allem der Zwang zum Kaufen und Verkaufen steht jeder Befreiung und Selbstbestimmung im Weg. Die Organisierung unserer Kommunikation über Geld macht uns zu Tauschgegnern, wie Max Weber die falsch bezeichneten Tauschpartner richtig charakterisierte.

Das wollen wir schlicht nicht sein, und das wollen wir auch nicht reformieren. Unsere Rechnungen gehen nicht so. Leben ist etwas anderes. Wir stehen allen Remonetarisierungsgelüsten (Regiogeld, Demokratische Banken, Zinsabschaffung) ablehnend gegenüber. Geld ohne Geldkapital erscheint uns als eine irrwitzige Vorstellung. Solange man sich aufs Geld als zentralen Gegenstand der sozialen Auseinandersetzung kapriziert, ist keine gesellschaftliche Transformation möglich. Im Gegenteil, das Denken in Geld führt sofort in den Kampf um dieses und nicht gegen dieses.

Mit Sophokles

„Kein ärgrer Brauch erwuchs den Menschen als
Das Geld! Es äschert ganze Städte ein,
Es treibt die Männer weg von Haus und Hof,
Ja, es verführt auch unverdorbne Herzen,
Sich schändlichen Geschäften hinzugeben,
Es weist den Sterblichen zur Schurkerei
Den Weg, zu jeder gottvergessnen Tat!“

Das hat uns Genosse Sophokles vor fast 2500 Jahren in unser Stammbuch geschrieben (Antigone, Vers 295-301, übers. von Wilhelm Kuchenmüller, Stuttgart 1955, S. 16). Das gilt es zu beherzigen. Wir sind also Vertreter einer Spezies, die dezidiert NEIN zum Geld sagt. Eine andere Gesellschaft ist eine Gesellschaft, die ihre Wirklichkeiten ohne Geld entfaltet. Eine solidarische Assoziation ist eine, die von Markt und Kapital, Geld und Wert befreit ist. Hinter diese Perspektive gibt es kein Zurück. Und eigentlich gibt es auch keine Minimalforderungen mehr, die nicht einfach falsch sind. Mit falsch ist gemeint, dass sie das System mehr stützen als es herausfordern. Selbst dort, wo man sich dem Falschen hingeben muss, sollen entsprechende Handlungen nicht als Schritte in die richtige Richtung interpretiert werden. Das, was wir als bürgerliche Subjekte anstellen, ist falsch, so logisch es unmittelbar auch ist.

Handhabung von Geld ist das entscheidende Kriterium, um in der kapitalistischen Gesellschaft als lebenstüchtig zu gelten. Freude und Freundschaft, Liebe und Lust, Sorge und Bereitschaft, vor allem gegenseitiges Wohlwollen und individueller Genuss, sie alle verunglücken, ja verpuffen an dem von uns praktizierten Imperativen. Nichts kann vorrangiger und dringender sein, als sie daher zu beseitigen. Aber die Menschen sind nicht so!, schreit der gesunde Menschenverstand unentwegt, seine Beschränktheit ausdrückend. Das mag jetzt so sein! Aber ist deswegen Rücksicht zu nehmen? Ist nicht eher die ständige Denunziation dieser Zurichtung angesagt? Allerorts und jederzeit!

Die Geschichte der potenziellen Menschwerdung (nicht zu verwechseln mit einer Apologie des Fortschritts) ist ein unabgeschlossenes und unabschließbares Kapitel. Die Behauptung, dass irgendein Zeitalter der menschlichen Natur entspreche, ist stets die zentrale Ideologie jeder Epoche gewesen. Es gibt keine menschliche Natur außer der, dass Menschen durch Theorie und Praxis sich aus der Natur emporheben, dass sie letztlich ihr eigenes Kunstwerk (aber auch Barbareiwerk) darstellen und herstellen. So wie es gewesen ist, ist es nicht geblieben. Und so wie es ist, wird es nicht bleiben.

Und man erzähle nicht davon, dass die Zeiten noch nicht reif, Übergänge konzipiert oder kleine Schritte angesagt wären, ja die Leute überhaupt abzuholen sind, wo sie stehen. – Nur das nicht! Die Menschen haben ihren Standpunkt in Frage zu stellen, nicht ihn zu erfüllen. Es geht nicht darum, am Charaktermaskenball gute Figur zu machen. Mit diesem Realismus wird Perspektive zerschlagen. Umgekehrt, es gilt dezidiert in den Mittelpunkt zu stellen, was man will. Reife ist auch eine Form der Konsequenz und des Wollens. Die aktuellen Bewusstseinsstände sind hingegen Ausgangspunkte, von denen nichts ausgeht, sie müssen im wahrsten Sinne des Wortes obsolet werden. Hier ist nicht der Ort einer apriorischen Konzession. Introspektion wäre angesagt: Was bin ich? und Was tue ich?, das sind Fragen, die man niemandem ersparen darf. Man muss sich und einander deswegen nicht verurteilen oder gar öffentlich beichten, aber kennenlernen sollte man sich schon. Es ist besser, sich zu kennen als sich zu bekennen. Ohne das keine Entsynthetisierung.

Entsynthetisierung, das klingt etwas schräg. Trotzdem: Sich den Zumutungen des Kaufens und Verkaufens nicht mehr ausliefern zu wollen, das steht an. Wir müssen aufhören, uns in Wert zu setzen. Geld hört nur auf, wenn die Waren verschwinden, Produkte und Dienste einfach als Güter verschenkt und angenommen werden. Der letzte Begriff des Geldes liegt in seiner Abschaffung.

(5.4.2012)

Bei der Freundschaft hört sich das Geld auf

Post from: Streifzüge. Liebe Leute: Allein hier zu schreiben, dass wir ein Leben ohne Geld wollen, kostet welches. Wer unsere Texte mag, soll dazu beitragen, dass sie hier (ent)stehen können. Wenn wer sich’s leisten kann. Eh klar. Dann aber seid so lieb: Her mit der Marie! Löst uns aus!



Bei der Freundschaft hört sich das Geld auf

AUS AKTUELLEM ANLASS

Anläufe zu einem Verständnis

Streifzüge 54/2012
von Lorenz Glatz 

Entweder mit Geld…

1.

Geld ist eine bestimmte Form von Beziehung zwischen Menschen. Es vermittelt gleichwertigen Tausch von eigentlich unvergleichbaren Dingen, Kauf und Verkauf. Es bringt den Markt in Schwung und hält ihn am Laufen. Geldverkehr und Marktgeschehen bringen aber im Grund nicht Menschen in Kontakt, sondern ihnen gehörende Dinge. Die Menschen erscheinen nur als deren Träger, der eine, um teuer zu verkaufen, die andere, um billig zu erwerben. Entsprechend dem sachlichen Charakter des Kontakts treten sich die Kontrahenten mit Interesse am Angebot, aber mit Desinteresse, ja mit dem gebotenen Misstrauen am Anbieter gegenüber. Sie sind „Tauschgegner“, wie sie Max Weber treffend bezeichnet hat. Sie sind nicht allein, sie haben zugleich alle anderen im Kopf, mit denen vielleicht das Geschäft vorteilhafter wäre. Es ist eine Beziehung der Konkurrenz zwischen „Ungenossen“ (auch von Max Weber), ja Feinden, die nur durch ein Gleichgewicht der Stärke oder eine übergeordnete Gewalt, jedenfalls nicht durch Sympathie und Mitgefühl, sondern durch blankes Kalkül an Hinterlist und Übergriff gehindert werden.

Kapern und Kaufen hängen etymologisch vielleicht bis wahrscheinlich zusammen, in der sozialen Wirklichkeit aber ganz real. Ziel bleibt immer der eigene Vorteil, Sieg gegen und Kontrolle über die anderen. Hier führt vom konkurrierenden sachlichen Interesse der „Tauschgegner“ ein breiter Weg über ihr gegenseitiges persönliches Desinteresse und Misstrauen zu Betrug, Gewalt und Unterdrückung, wenn sich die Gelegenheit bietet.

Markt und Geld sind „die unpersönlichste praktische Lebensbeziehung, in welche Menschen miteinander treten können“. Solidarität ist ihr fremd, sie kennt „keine Brüderlichkeits- und Pietätspflichten, keine der urwüchsigen, von den persönlichen Gemeinschaften getragenen menschlichen Beziehungen“ (Max Weber). Sie kennt bloß Eigeninteresse ohne Rücksicht auf Dritte, schon gar nicht auf die Mitwelt. Und mehr noch: Essen, Trinken, Sex gehen bei größter Lust drauf doch nur mit Maßen, Geld aber ist grenzenlose Zahl, wer sich auf Geld einlässt, kann es doch nie haben, wird nicht satt, sein Wollen wird zur Gier ohne Ende. So rücksichtslos wie immer möglich – das ist das Beste fürs Geschäft. Betrug, Vergewaltigung, Überwältigung und Herrschaft, Schädigung und Zerstörung von Mensch und Natur sind in Markt und Geld von Geburt an eingeschrieben.

2.

Geld zu lieben ist die Wurzel aller Übel und nicht wenige, die sich drauf eingelassen haben, sind abgeirrt von Vertrauen, Redlichkeit und Glauben, steht in einem biblischen Apostelbrief. Das passt recht gut schon auf den ersten Take off der Geldwirtschaft im europäischen Mittelalter, im Vorlauf und in der Brutstätte der Moderne. Erstmals geriet eine große und anwachsende Zahl von Menschen in den Bann von Geld und Profit: Condottieri und ähnliche Kriegsunternehmer in Italien und Frankreich mit ihren Söldnern, die sie auf Kredit anwarben und in den Machtkämpfen der Städte und noblen Herren für den Meistbietenden zum Schlachten und Plündern führten, jederzeit bereit, für ein paar Taler mehr die Seiten auch zu wechseln. Sozial am Rand stehende, mittellose junge Männer aus reichen Städten und dem weiten Land, trugen nun in großer Zahl ihre „Haut zu Markte“ und bestritten ihren Lebensunterhalt je nach Lage mit Geld oder Raub, mit Kaufen oder Kapern. Sie wurden Waren und Verkäufer in Personalunion, Dinge, die sich selbst vermarkten.

Die Entwicklung der Feuerwaffen und die tiefe Erschütterung der sozialen Bindungen in der katastrophalen Pestpandemie im 14. Jahrhundert ebneten dieser Industrie und diesem Arbeitsmarkt den Weg in eine sich in alle Gebiete des Lebens verzweigende, bis heute anhaltende große Zukunft, von den Söldnern zu den Industriesoldaten bis zu den Legionen der Einzelkämpfer im modernen Prekariat. Sich zur Arbeit, Hauptsache Arbeit, ob schädlich, nützlich oder tödlich, für Geld ver-„dingen“ machte eine Karriere vom Unglück eines Lebens zu seiner Grundlage, ja zur festen Struktur der Gesellschaft.

Auch ins erste große Industriesystem Mitteleuropas flossen Bankengeld und Steuern für Mord und Krieg: Es waren des Generalissimus Wallensteins Betriebe. Hier wurde Ausrüstung und jede Sorte Nachschub für seine Söldner hergestellt, die für sich, den Feldherrn und seinen kaiserlichen Kunden das Land verheerten, Steuern erpressten und Beute produzierten. Der Vorrang des staatlichen Gewaltapparats bei Geldausgaben für innovative Technik und Forschung ist eine Konstante bis heute, zivile Anwendungen sind regelmäßig davon Abfall, sei es das Fabrikregime oder die Kunststoffprodukton, das Dynamit, die Atomtechnik oder IT und Internet. Geld wird das Blut des Lebens der Gesellschaft, auch die Kirchen haben es recht lieb gewonnen.

3.

Gut vier- bis fünfhundert Jahre dominiert mittlerweile die Markt- und Geldbeziehung in Europa und hat ihren Siegeszug mit Handelsschiffen und Kanonenbooten, mit Diplomatie und offener Gewalt rund um den Globus angetreten. Sie hat Reichtum und Luxus genauso wie Krieg, Not und Elend zu nie erreichten historischen Höchstständen gesteigert und tiefste soziale Klüfte aufgerissen. War der Unterschied im materiellen Standard zwischen den reichsten und ärmsten Ländern um 1800 noch etwa 2:1, so wuchs der Faktor in zwei weiteren Jahrhunderten Geldwirtschaft laut UNDP bis 1960 auf 1:30, 1990 auf 1:60, 1997 auf 1:76 und dürfte inzwischen jenseits der 1:100 liegen.

Und was den Skandal des Hungers in der Welt angeht, bemerkt der Anthropologe Marshall Sahlins: One third of humanity are said to go to bed hungry every night. In the Old Stone Age the fraction must have been much smaller. This is the era of hunger unprecedented. Now, in the time of greatest technical power, is starvation an institution. (Ein Drittel der Menschheit, sagt man, geht allabendlich hungrig zu Bett. In der Altsteinzeit war der Anteil sicher viel kleiner. Unseres ist das Zeitalter des Hungers wie nie zuvor. Heute, in der Zeit größter technischer Potenz, ist Verhungern institutionalisiert.)

Trotzdem: Um zu leben muss eins in unserer Gesellschaft kaufen und verkaufen, vor allem sich. Wir brauchen Geld und Markt so selbstverständlich wie Luft und Wasser. Ein anderes Leben ist für die meisten Menschen weder vorstellbar noch wünschenswert. Die durch Geld vermittelte direkte Beziehung zu Sachen und bloß indirekte oder direkt-sachliche Beziehung zu Menschen ist zur wichtigsten Klammer und zum entscheidenden Regulativ unseres Zusammenlebens geworden.

Nicht aufeinander können wir uns verlassen, nicht zueinander streben wir, sondern „nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles“. Warum Gretchen im Faust dem dann noch die Worte „Ach wir Armen!“ anhängt, ist heute keineswegs mehr so ohne Weiteres verständlich. Schließlich ist Geld und nicht unsere Freundlichkeit miteinander der Schlüssel zu allem, was der Mensch so braucht im Leben. Selbst „wo ich Liebe sah und schwache Knie, war’s stets beim Anblick von – Marie … Und der Grund ist: Geld macht sinnlich, wie uns die Erfahrung lehrt“, singt die Puffmutter bei Brecht. Und überhaupt: „Wer sagt, dass man Glück nicht kaufen kann, hat keine Ahnung von Shopping“, wie auf einer bei dieser Gelegenheit wohlfeil erwerbbaren Spruchkarte zu lesen steht.

Zwar ist uns ein Zusammenleben, das auf einem Ethos allgemeinmenschlicher Verbundenheit fußt, nicht nur möglich, ja wir neigen durchaus dazu. In einer Geldgesellschaft wird das jedoch schnell zu ökonomischem Selbstmord. Diesen Verhältnissen angepasster ist da schon der inzwischen salonfähige Zynismus von „Geiz ist geil“ und „Ich habe nichts zu verschenken“, dem eins dann vielleicht noch ein dumm-trotziges „Und ich brauche nichts geschenkt“ anfügen will. Moral entpuppt sich in solchen Umständen regelmäßig als ein Manöver, das einen hochbezahlten Auftragsmord als Gerechtigkeit erscheinen (wie in Dürrenmatts ungebrochen aktueller Parabel „Besuch der alten Dame“) oder Bomben und Raketen zum Schutz der Menschenrechte und sonstiger westlicher Werte regnen lässt (was zu veranschaulichen ein eigener Input wäre).

4.

Der Glaube an die Ewigkeit der Geldwirtschaft und die grenzenlose Strapazierbarkeit von Mensch und Natur hat schon mehr und überzeugtere Anhänger gehabt. Auch an nicht so wenigen Gläubigen nagt der Zweifel und sie mutieren in Wutbürger, die in Politikern, Bankern und Spekulanten die Täter finden, die die schöne Marktwirtschaft zugrundegerichtet haben. Dabei ist es doch eine bemerkenswerte und noch dazu allen ehrlichen Arbeiterinnen und Spekulanten gemeinsame, wenn auch makabre Leistung, dass sie so an die 35 Jahre lang ein bankrottes System mit einer Blase nach der anderen und einer historisch einmaligen Schuldenmacherei am Laufen halten. Ein wahrhaft starker Glaube bei den Priestern wie bei der Gemeinde und eine unverdrossene Hoffnung, dass doch noch die Wundertechnologie auftaucht, die einen neuen realen Boom einer Verwertung mit Vollbeschäftigung und Wachstum wie vor fünfzig Jahren ermöglicht, und dass Ökokatastrophen, Peak Oil and Everything und Klimasturz bloß so eine Fata Morgana sein mögen wie die Versprechungen der Anlageberater.

Wenn solcher Glaube und diese Hoffnung wirklich „erst unseren Realitätssinn“ konstituieren, wie Slavoj Žižek sagt, dann müssen wir bald nur noch demokratisch entscheiden (lassen), ob wir mit oder ohne Euro, mit Sparpaketen oder investivem Durchstarten, mit Inflation oder mit Deflation – dasselbe erleben wollen, nämlich Verarmung, eine autoritäre Notstandsverwaltung oder das globale bellum omnium inter omnes. Denn wenn das Geld sich nicht mehr verwerten kann und auch den toughsten Kreditoren und Spekulanten der zähe Glaube an zukünftige Verwertung abhanden kommt, dann wird flüssig, was im Geld gefroren ist: die Gewalt von „Rette sich, wer kann“.

…oder freundschaftlich und solidarisch

5.

Solidarisch leben und wirtschaften ist anders. Wie anders, das hängt nicht zuletzt davon ab, wovon man weg will. Wovon ich raus will, dazu habe ich ja eben einiges angeführt. Grundsätzlich jedenfalls widerspricht, wer auf Solidarökonomie ausgeht, dem Menschenbild, das Thomas Hobbes zu Beginn der Dominanz der Geldwirtschaft formuliert hat. Dass nämlich „der Mensch dem Menschen ein Wolf“ sei und der natürliche Zustand der Menschheit ein „Krieg aller gegen alle“, den nur das Gewaltmonopol des Staats zu den Macht- und Konkurrenzverhältnissen des Geldverkehrs und der Industrie herabtunen könne. Solidarökonomie besteht darauf, dass wir lieber zusammenwirken mögen als miteinander konkurrieren, dass der Mensch ein „soziales Lebewesen“ ist.

Aristoteles also gegen Thomas Hobbes – wer immer sich auf die menschliche Natur beruft, hat Verwendung für das, was er in ihr erkennt. Die Menschheit hat in ihrer Geschichte gezeigt, dass sie zu vielem recht Disparatem, ja Widersprüchlichem fähig ist. Aber bei weitem nicht alles davon hat den Menschen auch gut getan. Historisch gesehen, ist unsere Natur eher ein Gang auf verschlungenen Wegen in alle möglichen Richtungen, nicht die ganze Menschheit auf derselben Strecke, in großen Gruppen, manchmal auch recht kleinen, die einen hier, die andern dort auf der Suche nach dem guten Leben. Ja, homo kann homini lupus sein, aber er kann auch ziemlich anders, andernfalls wäre die Menschheit vielleicht nicht einmal in die zweite Generation gekommen.

6.

Solidarität, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, Vertrauen, Freundschaft, Liebe sind keine verschiedenen Kategorien, sie sind Intensitäten desselben Verhältnisses, sie unterscheiden sich bloß in Milieu und Betriebstemperatur erheblich. Freilich wird diese menschliche Haltung und Emotion jederzeit auch – zurechtgestutzt und prächtig angeschirrt – für geschäftliche oder politische Interessen eingespannt als Mittel zum Zweck ihres Gegenteils.

Einigermaßen gedeihen kann dieser Zug des Menschlichen freilich nur im Bereich privaten Lebens, bei Liebespaaren, im Freundeskreis, in der Familie, mit ein bisschen Glück auch in guter Nachbar- und Kollegenschaft. In dem Reservat also, das über die Jahrhunderte zur hoffnungslos überlasteten Reparaturstation für die psychischen und mentalen Beschädigungen im Geld- und Arbeitsleben geworden und das heutzutage auch noch am Vertrocknen ist. (Denn wenn Leistung nur mit Leidenschaft und Arbeit nur mit Freude verkäuflich ist, darf eins vielleicht Frust und Stress schon gar nicht mehr fühlen, bevor sie sich über Depression und Burnout zerstörerische Geltung verschaffen.)

Solche private, menschliche Bindungen von Solidarität bis Liebe in ihrer Eigendynamik als Lebensordnung in die öffentliche Welt übertragen zu wollen, ist eine Grenzverletzung, eine potentielle Störung der sachlichen Ordnung von Geld, Arbeit, Recht und Politik. Es sind aber just jene Bindungen, auf welche solidarisches Leben und Wirtschaften hofft und aufbaut, sie sind der Reiz, der „anders leben“ attraktiv macht, wenn man unter der Gleichgültigkeit, der gnadenlosen Konkurrenz und den Hierarchien, Demütigungen und Verwüstungen des Geldverhältnisses leidet.

7.

Allerdings ist die erwähnte Integrationsfähigkeit der etablierten Ordnung überwältigend groß. Zunächst einmal hat sie große Übung im Umgang mit dem Widerspruch von Kooperation und Konkurrenz. Die Zusammenarbeit im Betrieb ist schließlich Voraussetzung für das Bestehen im Wettkampf auf dem Markt. Genau diese Dominanz des Markts löst denn auch den Widerspruch in die Unterwerfung der Kooperation unter die Konkurrenz auf. Die Kooperation wird dadurch zwangsläufig unfrei, fremdbestimmt, auf den Sieg des „eigenen“ Betriebs und die Niederlage der Konkurrenten ausgerichtet.

Gelingt es also, statt mit Hierarchie solidarisch, ja egalitär, „ohne Chefs“ zu werken, bleibt immer noch die Feuerprobe auf den Märkten. Es kann sich dabei sogar herausstellen, dass eine Dosis persönlicher Beziehung, Verbundenheit und Freundschaft, eines Denkens in Wir statt Ich ein Vorteil in der Konkurrenz und produktiver ist und dass ein wenig Rücksicht auf die Natur Zugkraft hat im Marketing. Schließlich hat die antiautoritäre Revolte von 1968 und danach auch gezeigt, dass flache Hierarchien, Zulassen von Widerspruch und Kreativität und Mannigfaltigkeit statt Einfalt gut ist fürs Geschäft. „Macht, was ihr wollt, bloß seid produktiv“ – das ist der aufgeklärte Standpunkt liberaler Kapitalverwertung. Bloß wird alles, „was ihr wollt“, durch das Bilanz-Sieb von „Seid produktiv“ gepresst und dabei alles ausgeschieden, was der Logik des Gelds, des Marktes, der Verwertung nicht entspricht. Was übrig bleibt – ist das, was wir Tag für Tag als Geschäft und Job erleben. Der Markt korrodiert solidarisches Werken und Wirken zu einem, das dem Geldverhältnis entspricht, macht die Genossenschaft am Ende wieder zu einer von „Ungenossen“, um noch einmal Max Weber zu zitieren.

Außerdem haben die Menschen, die sich da vom Mainstream abwenden und „solidarisch wirtschaften“ wollen, kein anderes Leben als eins mit Geld, Markt und Konkurrenz gelernt. Dessen Öde, Stress, Demütigungen und Lebensgefährlichkeit drängen uns zu Neuem, in dem wir schlecht geübt sind. Wenn der „alte Mensch“ mit dem neuen Leben nicht gut zurechtkommt, tut er in seiner Ratlosigkeit leicht wieder oder weiter, was er zwar nicht mag und was ihn und die Seinen schädigt, was er aber besser kann.

8.

Neues beginnt mit der Negation des Alten mitten im Altem. Wenn das Neue dem Alten nur widerspricht und nicht zugleich auch im und für das Alte funktional ist, wird es zerstört. Ein solidarökonomisches Projekt, das mitten in der Funktionsweise der heutigen Gesellschaft jeden Umgang mit Staat, Geld und Eigentum verweigert, wird verhungern oder als kriminell verboten. Da aber umgekehrt die Einbindung ins Alte das Neue über kurz oder lang verätzt und auflöst, kann sich das Neue in einem statisch-stabilen Zustand des Gesamten nicht behaupten. Auch einer sanften osmotischen Attacke des Alten, das das Neue von allen Seiten umgibt, kann dieses nur standhalten, wenn es in Bewegung bleibt, sich festigt, ausdehnt und damit den Bereich seiner Autonomie und seiner eigenen Logik stärkt.

Wer nicht weiter geht, fällt zurück. Gegensätze wie die Geldlogik und ein solidarisches Leben koexistieren weniger als sie prozessieren. Solidarisches Leben und Wirtschaften ist kein Korrektiv, keine Ergänzung zu Markt und Geld, es ist eine Alternative, es löst die Geldlogik auf. Sonst umgekehrt.

9.

Dem Geldverhältnis liegt der wohlbekannte und in uns allen mehr oder weniger eingewurzelte Interessen-Standpunkt eines freien, souveränen, selbstverantwortlichen Ich zugrunde, von dem aus es jedem Nicht-Ich, ob lebendig oder dinglich, als einem potentiell gefährlichen Objekt entgegentritt. – „Ich muss für mich selber sorgen, sonst tut es ja niemand.“ Verpflichtung für andere entsteht nur in blankem Eigeninteresse, nämlich als Versicherungsfall: Ich zahle ein, weil es mich treffen könnte und nehme dafür misstrauisch in Kauf, dass andere davon profitieren. Derlei Solidarität verlässt den Mainstream nicht.

Solidarität muss ein anderes Verhältnis zwischen uns entwickeln, wenn sie gedeihen soll. Erfinden müssen wir es nicht, denn in Fragmenten ist es unter uns. Das Verhältnis selbstverständlicher Hilfsbereitschaft, der Sorge hier und da für andere, ohne dabei aufzurechnen. In manchen Gruppen von Nachbarn und Kollegen, unter Verwandten zuweilen keimt es, unter Freunden und Liebespaaren, von Eltern zu ihren Kindern treibt es zeitweise heiße Blüten. Nicht „Ich hab es mir gerichtet“, sondern „Wir sorgen füreinander“ schafft ein Wohlbehagen, ein Glücksgefühl in solchen Nischen und Momenten. Es zeigt, was auch nach ein paar tausend Jahren Herrschaft und ein paar Jahrhunderten ihrer jüngsten Variante noch immer möglich ist.

Freilich: Beim Geld hört sich Freundschaft auf. Das integrierte System von Geld, Markt, Recht und Staat greift durch und über, der Raum für unberechnete Freundlichkeit und fraglose Solidarität ist eng. Den zu erweitern, zu verteidigen und auszudehnen, mehr Mittel für ein solches Leben in die Hand zu kriegen, auf Wegen, die wir erst bahnen, mit Fragen, die wir noch gar nicht stellen können, aber wenn wir es richtig machen: mit Freude aneinander – so könnte Solidarische Ökonomie sich entwickeln und behaupten. Wir würden gar nicht mehr von Ökonomie reden, es wär einfach ein gutes Leben. Denn bei der Freundschaft hört sich das Geld auf.

(13.4.2012)

From: streifzuege.orgBy: LorenzComments

Wozu Arbeit?

[via kärnöl] Antworten von Solidarischer Ökonomie und Grundeinkommen bis zu Sozialer Infrastruktur Der ÖIE organisiert zusammen mit dem Bündnis für Eine Welt auch 2013 einen Schwerpunkt, dieses Jahr zum Thema Arbeit. Den Nachdenkprozess “Wozu Arbeit?”, der in einer Tagung im … Continue reading
From: social-innovation.orgBy: Andreas ExnerComments

Sharing stalls and gift economies


Vic Button and Frank Bowman refer to themselves as a 'working partnership'. They have worked in peace, justice and green movements. These and their own life experiences awakened them to the competitive culture we all live in. They advocate that: ‘we need to live within a Gift Economy, the Earth's Economy’. What follows is a brief history of their experiences, written by Frank.
When we started our sharing stall in 1992, two green councillors on the Wirral Green forum saw it and produced a leaflet that described how to run a give and take sharing day, and that went around the country. As well as working at the Connah's Quay weekly market, we attended national fairs and festivals, and anywhere we could, as well as corresponding with others in the USA, Canada and other places. And the idea, when seen, got copied on the Isle of Man, The Isle of Wight. Next, through the 1990s, we heard it had started in Brighton. Next we heard it was happening in France. Then we heard Holland and then Germany. And so it spread.
But, as I have said before, it is like tasting a cherry or cake. It has to be done to be experienced. How rich it is. How people share. At first it was a gamble but it just works. Community sharing works. All the fears you have about it don't appear. One would expect, for instance, that everything on the stall would go and the stall might be left empty, but no, the stall always gains more than was put on it originally, and yet everyone has taken things they want, and are so happy with such a good idea. It is more than a stall: it is a very happy space, a community space and a catalyst for more community skills and knowledge sharing in a locality to happen.
Recently I received a set of legal rules to look over for a new organization to form a group called Free Wrexham, which is proposed to be a networking group for gift economy projects in the Wrexham area. When it’s done they will set up an account for the Gift Economy projects in Wrexham to hold the money donations that come in from a community skills and knowledge sharing and community goods sharing free stall running every day now in the Peoples Market in the town and run by anyone who wishes to. It was set up last November 2012 and is running 6 days a week, originally set up by a coalition of Give and Take, Wrexham Bring and Take, and the Yum Yum project.
This stall has been on Heart Radio and BBC radio. The stall is on the BBC website here, the the Indymedia website here, with the Chester stall here.
There is no worry about the money that comes in as donations if it gets taken because it is not the money that is important, but the sharing that is happening. Paradoxically no one takes the money! Or very rarely. Our group give and take has now accrued £12000 for others for free community space.

As well as that, one of our members Vic has said he will gift his riverside dwelling and garden into it as free sharing space to be held free forever, we just need to get the legal structure done for that. It can be seen at http://www.wigglywobblyway.weebly.com
As well, some of the Wrexham people wish to create a big town community space: the Yum Yum project for gift economy arts, cafe, library, skills sharing, goods sharing, workshops, food sharing and anything else, like brewery, that the people wish to create and give to and take from for free.


Although Vic and I, and my children, and many others through the years have been doing gift economy for 20 years — at markets, fairs and festivals, and within our local Lets scheme, and developing two Gift Economy farm forest garden permaculture land projects — it is only in the last five years that it has grown and is growing. Through these years, from the first, I have always wondered where are the women in this? Well they are here now: they are the committed majority in Wrexham, which is so good. This is just in our area. I feel sure models be copied and will grow in all areas.


Genevieve Vaughan, in For-Giving, has written the book on the gift economy. It is the book of it, the spirit of it, the why and wherefore of it. And I think that it is with a rise of the power of women, and the rise of gift economy projects, which is happening now. Patriarchy is a construct, which we live under. Taken away from the mother, males are divorced from the learning of nurture, to learn competition and fighting. What does gang, competitive, fearful patriarchy not want to happen? The rise of women and the rise of sharing. Simple community sharing — sharing governance.

Abschaffung des Geldes

Post from: Streifzüge. Liebe Leute: Allein hier zu schreiben, dass wir ein Leben ohne Geld wollen, kostet welches. Wer unsere Texte mag, soll dazu beitragen, dass sie hier (ent)stehen können. Wenn wer sich’s leisten kann. Eh klar. Dann aber seid so lieb: Her mit der Marie! Löst uns aus!



Abschaffung des Geldes

AUS AKTUELLEM ANLASS

Streifzüge 36/2006

von Eske Bockelmann

Diese Abhandlung wird im Laufe des Jahres 2006 als Beitrag erscheinen in: R. Heinz und Jochen Hörisch (Hg. ), Geld und Geltung. Zu Alfred Sohn-Rethels sozialistischer Erkenntnislehre, ( Verlag Könighausen & Neumann, 144 Seiten, ca. 24,80 Euro.

Als ich mit gut fünf Jahren erfuhr, ich würde später einmal – wie jeder – mein Geld selbst verdienen müssen, da durchzuckte mich als böse Gewissheit, erstens, das könne nicht gelingen, und zweitens, ich müsse deshalb zaubern lernen. Anders nämlich, so war mir bedrückend klar, würde ich es niemals zu all den Dingen bringen, die man so zum Leben braucht. Einen Beruf zu haben und dafür vieles können zu müssen, was ich jetzt noch nicht konnte, das war mir wohl vorstellbar. Aber dass davon die Zuteilung jenes immerfremden Stoffes abhängen sollte, der irgendwie von außen kam, offenbar noch über den Eltern stand und über ihren Berufen, und dass von diesem Stoff wiederum unmittelbar mein eigenes Überleben abhinge, das klang mir auf eine Weise bedrohlich, dass ich mich auf die Zauberei verwiesen sah. Natürlich, meines Wissens bestand wenig Aussicht, sie zu erlernen, doch da meine Absichten ohnehin nur auf alltägliche Dinge wie Essen und Wohnen gingen und wenn ich mich also darauf beschränkte, nur dieses Wenige und nicht gleich alles zaubern zu können…

Ich habe es bis heute nicht gelernt. Und so hob ich denn damals meine Hand, als endlich einmal die Frage erging: “… oder würde einer von Ihnen das Geld abschaffen wollen? ” Das war zum Abschluss der Alfred-Sohn-Rethel-Konferenz, ich saß für die Diskussion unter den Referenten auf dem Podium, und Jochen Hörisch fasste gerade zusammen: Bei aller Kritik, die Sohn-Rethel auf das Geld und den Warentausch gewendet habe, bekanntlich “zur kritischen Liquidierung des Apriorismus”, sei er zugleich ein großer Bewunderer des Geldes gewesen. Daher sollten auch wir unsere Konferenz nicht stur kritisch gegenüber dem Geld beschließen, sondern zugleich dessen enorme Leistungen hochachten – laut Sohn-Rethel immerhin die Schaffung der rationalen Denkformen, die gesamtgesellschaftliche Synthesis, die heute über das Geld laufe, oder etwa das geradezu unerschöpfliche Reservoir an Metaphorik, um welches es die Sprache bereichert habe. Dem Geld müsse, das sollten wir uns eingestehen, recht eigentlich tiefe Bewunderung gelten – “oder würde einer von Ihnen das Geld abschaffen wollen? ”

Ja – ich habe die Hand gehoben: Wenn es nach mir ginge, würde es abgeschafft. Aber siehe da, ich blickte um mich und sah niemanden sonst, der die Hand hob, meine Hand war die einzige geblieben, die sich nach oben streckte, und niemand also hegte außer mir den Wunsch und den Gedanken, es sollte einmal ohne Geld gehen. Das erstaunte mich, und ich stellte mir damals die Frage, ob Sohn-Rethels Einsichten tatsächlich weniger dazu drängten, dem Geld ein Ende zu wünschen, als dass sie eine Erklärung dafür liefern, weshalb dies durchaus niemand wünscht.

1. Es geht nicht gut mit dem Geld

Geht es denn so gut mit dem Geld? Nein, es geht nicht gut damit. Das Gröbste, was sich dazu sagen lässt, heißt zwar, dass es einem Teil der Menschen zu Wohlhabenheit und Reichtum verhilft, doch bekanntlich nur einem stets sehr kleinen Teil der Menschen, während der weitaus größere – und zwar in Folge jenes Reichtums – gequält wird, darbt und verhungert. Ist das die Schuld des Geldes? Ja, es ist seine Schuld, und zwar insofern, als Geld die allererste und allgemeinste Grundlage genau der gesellschaftlichen Verhältnisse bildet, die heute weltweit durchgesetzt sind, die diese Art von Zweiteilung der Menschheit bedingen und sie zu Lasten des zunehmend größeren Teiles immer weiter noch verschärfen.

Das ist nicht so zu verstehen, als hätte es vor den Zeiten des Geldes kein Darben, keine Qual und keine Gewalt gegeben. Und noch ein anderes Missverständnis gälte es zu vermeiden, welches Sohn-Rethel so lange gepflegt hat, nämlich dass mit der ersten Prägung von Münzen, also zu frühen Zeiten der griechischen Antike, das Geld bereits den nexus rerum gebildet, das heißt bereits die Kraft erlangt hätte, die innergesellschaftliche Synthesis zu leisten – und damit auch jene Wirkungen zu zeitigen, die ich meine. Dazu kommt es erst mit Anbruch der europäischen Neuzeit, ja, der Übergang zur Geld-Wirtschaft im Verlauf des so genannten , langen’ 16. Jahrhunderts ist geradezu der Beginn dieser Neuzeit. Vorher gibt es wohl Geld, also Warentausch und Warenproduktion, aber, wie Sohn-Rethel unschwer hätte nachlesen können: “Warenproduktion und Warenzirkulation können stattfinden, obgleich die weit überwiegende Produktenmasse, unmittelbar auf den Selbstbedarf gerichtet, sich nicht in Ware verwandelt, der gesellschaftliche Produktionsprozess also noch lange nicht in seiner ganzen Breite und Tiefe vom Tauschwert beherrscht ist. “1 Und also nicht vom Geld. Spät erst, und zu spät, um diese Einsicht noch tief genug in seine Konstruktion von “Warenform und Denkform” einfügen zu können – ach, Herr Horkheimer, was haben Sie da alles verhindert! -, erkennt Sohn-Rethel: “Meine damalige Lesart der antiken Gesellschafts- und Ausbeutungsordnung war verfehlt”, es “krankt die Konstruktion daran, dass die Denkweise der Antike nach dem Modell der europäischen verstanden, also missverstanden ist”, 2 und zwar die “Denkweise”, weil die Gesellschaftsordnung. Erst in der neuzeitlich europäischen beginnt das Geld die gesamte Gesellschaft zu durchdringen und die Versorgung der Menschen mitsamt ihrer Verbindung bestimmend von sich abhängig zu machen. Und damit erst schafft es die historisch sehr spezifischen Verhältnisse, von denen ich spreche und die spätestens heute erkennen lassen, dass es, trotz Reichum und unvorstellbar gesteigerter Produktivkräfte, grundsätzlich nicht gut mit ihnen geht.

Wir jedenfalls leben ohne Zweifel in einer, inzwischen berühmterweise gar “globalisierten”, geldvermittelten Gesellschaft – wenn auch nicht mehr so ganz ohne Zweifel, was deren Funktionieren anbelangt. Selbst von biederster offizieller Seite – wenn ich mich recht entsinne unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten und zumindest vom gleichen Zuschnitt wie der auf großen Plakatwänden beworbene “Ruck”, der durch Deutschland gehen müsse: Wenn das nur keinen Veitstanz gibt! – wurde vor nicht allzu langer Zeit eine Werbekampagne geführt für das “Modell Ehrenamt”. Nicht nur allen , Ehrenamtlichen im Sport’ wurde da gedankt, nein, insgesamt seien “wir” auf das Ehrenamt angewiesen, ehrenamtliche Arbeit müsse zu einer neuen Grundlage “unserer” Gesellschaft werden, die Bürger mögen sich endlich flächendeckend bereit finden und menschlich-solidarisch statt rechnerisch-selbstbezogen tätig werden, wenn sie nicht ihre Gesellschaft den berühmten “Herausforderungen” wollten erliegen sehen. Das Ehrenamt – die Tätigkeit ohne Bezahlung: Sie solle sich zu einer neuen konstitutiven Form der Arbeitsleistung mausern, eben weil die Bezahlung der Arbeiten, die allerorten zu leisten wären, unlösbare Schwierigkeiten macht: Ja, zu tun gäbe es viel, aber wer soll das alles bezahlen? Also, Bürger, Schluss mit der sozialen Kälte, warmherzig angepackt und menschlicherweise auf Bezahlung verzichtet!

Hm, und doch – so ähnlich denke ich mir das auch. Was immer ich tue, zur Zeit noch, um damit Geld zu verdienen, von mir aus erledige ich es gerne ehrenamtlich und niemand soll mir etwas dafür zahlen – vorausgesetzt nur, ich bekomme meine Lebensmittel ebenfalls ehrenamtlich überlassen, ich darf ehrenamtlich in meiner Wohnung wohnen und ehrenamtlich hilft mir jemand bei der Reparatur meines Fahrrads. Denn dass ich zur Zeit noch auf der Bezahlung meiner Arbeit bestehe, liegt nicht daran, dass ich speziell auf Geld begierig wäre und vor allem einmal Geld sehen möchte, Geld Geld Geld!, bevor ich es dann wieder ausgebe und etwas Ordentliches damit anfange. Nein, mein Geldbedürfnis hat seinen Grund vielmehr allein in der weltbekannten Notwendigkeit, auf die ich allenthalben stoße, nämlich dass ich meine Mittel zum Leben ausschließlich für Geld bekomme, dass nämlich alle anderen um mich her auch auf Bezahlung bestehen und ich also unbedingt Geld zur Verfügung haben muss, um zu irgendetwas zu kommen. Und weshalb bestehen alle anderen darauf? Weil sie es genauso müssen, weil auch für sie gilt, dass alle anderen, mich eingeschlossen, darauf bestehen – und so schön immer weiter im Kreis und auf dem Erdkreis.

Es versteht sich also, dass der Zwang, als welcher das Geld eingerichtet und über jeden, ob er will oder nicht, in dieser Allgemeinheit verhängt ist, nur in dieser Allgemeinheit auch aufzuheben geht. Dies zu tun, hat das Projekt “Ehrenamt” in aller Unschuld vorgeschlagen, da es doch unbezahlte Arbeit zur Grundlage unserer Gesellschaft machen will – aber Vorsicht, Herr Bundespräsident, vor dieser erzkommunistischen Idee! Dass die Menschen diejenigen Arbeiten und Dinge, die ihnen nötig oder lieb sind, einfach nur deshalb erledigen und einfach deshalb herstellen, weil sie ihnen nötig oder lieb sind, und nicht, weil erst einmal der weltweite Zwang des Geldes dazwischengeschaltet ist und bedient sein will, das nämlich ist der Gedanke – man könnte ja sagen: einer befreiten Menschheit, aber lassen wir nur diese Höhenflüge, begnügen wir uns zu sagen: ist der gut materialistische Gedanke eines versöhnten guten Lebens.

Um den war es Ihnen nicht zu tun, das glaube ich wohl, und an die Frage des Eigentums, die daran hängt, wollten Sie erst recht nicht rühren. Ihnen ging es im Gegenteil ja um eine Sicherung der Gesellschaft, so wie sie ist. Nur dass diese Gesellschaft offenbar mit ihrer Grundlage, dem Geld eben, so weit in Schwierigkeiten gerät, dass es einer solch widersprüchlichen Rettung bedarf, einer, die genau das entbindet, wovor sie uns retten soll, den Gedanken einer grundsätzlich veränderten Gesellschaft: dass es ohne Geld gehen müsse. Auf diesen Gedanken, seltsamerweise, kommt niemand außer auf solch verdeckte Weise – ohne zu wissen, was er da denkt. Niemandem zwar entgehen die offen sichtbaren, radikalen und umfassenden Schwierigkeiten, die das Geld unter anderem sich selbst macht, von der Arbeitslosigkeit sogar in den reichsten Nationen bis zum Bankrott ganzer Länder. Es ist auch durchaus kein Tabu, sich über Weltbank und IWF aufzuhalten, über global player und versäumte Pflichten der Politiker, über Moral und Unfähigkeit von Managern, über Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit des Handels, richtige oder falsche Steuern, über zu freien oder zu sehr gelenkten Markt, zu große Schulden oder zu wenig Kredit. Und doch geht solche Kritik und Unzufriedenheit am Geldwesen niemals so weit, zu fragen, wie es ohne Geld gehen könne, sondern besteht im Gegenteil ausnahmslos darauf, dass es mit dem Geld gehen müsse, nur eben – weiß der Teufel, wie – besser.

2. Zwei Wege, die Welt , mit’ zu verbessern

Es gibt im ganzen zwei Wege, dies zu betreiben und zu hoffen, und fraglich nur, welcher von ihnen hoffnungsloser verläuft. Auf dem einen sind zumindest die mächtigeren Kolonnen unterwegs. Der andere ist historisch bereits abgetan.

Dieser war einmal der Versuch, das Geld mores zu lehren. Es sollte einfach alles richtig machen, sollte den Wohlstand richtig verteilen, sollte die Menschen nicht in zwei Klassen spalten, sollte dorthin fließen, wo es für die Versorgung der Menschen benötigt war, sollte dort entstehen, wo Gutes geschaffen wurde. Eine komplette Hälfte der Welt berief sich dafür auf Marx und brachte es doch nur auf das gröbste Missverständnis und eine Verkehrung ins Gegenteil dessen, was bei ihm Kritik der politischen Ökonomie war. Die Wertgesetze, die Marx in den kapitalistischen Verhältnissen am Wirken sah und die er für diese Verhältnisse in all ihrer Lieblichkeit verantwortlich machte, der realexistierende Sozialismus hat sie gerade nicht kritisiert, sondern umgekehrt für eherne Naturgesetze genommen, die er lediglich in seinem Sinne nutzen müsse, um gut zu wirtschaften. Die Länder, die sich da für kommunistisch hielten, hatten keinesfalls die Absicht, sich von der Geldlogik zu lösen, sondern dachten sich ihrer vielmehr besten Wissens zu bedienen. Was Marx kritisiert hatte, haben sie nicht abgeschafft, sondern sich angelegen sein lassen. Lediglich, um es zu den gedachten guten Sitten anzuhalten, wurde dem Geld punktuell eine Art Bremse eingebaut.

Nicht das Geld mit seinen Gesetzen, nicht den abstrakten Wert als solchen haben sie durch Planung ersetzt, sondern allein die Konkurrenz um ihn. Man plante, wo wieviel Geld erwirtschaftet, wieviel also produziert und für wieviel das jeweilige Produkt verkauft werden sollte. Was unter rein kapitalistischen Verhältnissen die Marktkonkurrenz steuert, indem die Teilnehmer wechselseitig an den Preisen ihrer Konkurrenten Maß nehmen müssen und nur dort produzieren, wo es sich nach demselben Maßnehmen auch in Geld rentiert, das haben die Realsozialisten dem Geld ab- und selbst in die steuernde Hand genommen. So waren sehr wohl gegenüber den kapitalistischen veränderte Verhältnisse geschaffen und die Menschen ein kleines Stück weit von der Geldlogik befreit – wer wie ich nach dem Mauerfall vom Westen in den Osten kam und dort seit Jahren lebt, hat den Unterschied im Verhalten der Menschen sehr deutlich bemerken und dann rasch verschwinden sehen können. Trotzdem, es war bei der Geldlogik geblieben und ungerührt hat sie ihr Werk denn auch gegen den guten Willen der Planer getan. Solange nicht unmittelbar das produktive Ergebnis geplant wird, zum Beispiel der Bau von Häusern dieser oder jener Qualität, sondern stattdessen die Geldmenge, die dafür aufzuwenden und damit zu erlösen sei, bleibt den Bauleuten ein verkehrtes Ziel gesetzt. Die aufzuwendende Geldmenge bemisst sich dann etwa an der Menge Material, die in den Bau eingeht, und wenn also davon eine bestimmte Menge zum Plansoll erhoben wird, so und so viel Tonnen Stahl, haben die geforderten Leute eben dies im Auge. Sie werden den Rohbau üppig mit Stahlmatten volldonnern, um den Plan auf diese Weise zu erfüllen statt mit dem ordentlich hingestellten Haus. Und so schadet der abstrakte Wert auch hier, wo er – ganz gegen-kapitalistisch – auf der Kostenseite einmal nicht so sparsam, sondern geradezu so verschwenderisch wie möglich anfallen soll, dem materialen Wert, der “Ware”. Und dass er selbst, der abstrakte Wert, auf diese Weise nie genug vom geplanten Mehrwert heckte, ist sattsam bekannt.

Mit diesem Versuch ist es daher vorbei, er hat historisch abtreten müssen. Nachfolger, wenn auch weit entfernt vom alten Lager, findet er trotzdem noch immer. Zaghaft oder selbstbewusst, wollen sie noch einmal bedeutend weniger weit gehen als die Sozialisten, gar nichts soll sich an den Grundrechenarten der kapitalistischen Mehrwertproduktion ändern, aber hier eine Tobin-Steuer, dort vielleicht die Besteuerung von Maschinen statt Menschen, hier mehr Marktchancen für die armen Länder und dort insgesamt die Entschleunigung des Marktes sollen dem Ganzen ein menschlicheres Antlitz geben. Doch wo immer die Bremse eingebaut würde, der Wachstumszwang, der mit dem gesellschaftsweit agierenden Geld gesetzt ist und der es schon schlecht verträgt, wenn die Steigerung nur zu gering ausfällt, vertrüge erst recht keine Form der Bremsung. Geld funktioniert nur dann als Kapital, es wird nur dann für irgendetwas produktiv, wenn es darüber zu mehr Geld wird. Kein Geschäft ist eines, das nicht zuletzt mehr Geld einbringt als aufwendet, und ein Einsatz von Geld, der es dazu nicht bringt, muss unterbleiben. Diese klare Logik gilt schon für das bescheidenste Unternehmen, umso mehr aber, bei den Unmengen von Kapital, die da weltweit als Anspruch auf Vermehrung unterwegs sind, für die Gesamtheit des Weltmarkts. Ihn noch weiter zu hemmen, der schon jetzt nicht genug Rendite findet, um sich anständig am Laufen zu halten, hieße die Krise nur verschärfen. Nicht menschlicher ginge es zu, sondern schlimmer katastrophisch. Die heute bereits gängigen Zusammenbrüche, unter denen ganze Länder der bittersten Not verfallen, würden weiter noch ausgreifen, und solche urgemütlichen Normalzustände kapitalistischen Lebens gewännen nur entscheidend noch an Ausdehnung und Schärfe. Das Geld lässt sich nicht gut zureden, zugleich als Geld zu funktionieren und nicht als Geld zu funktionieren, nämlich bitte lieb zu sein mit allen.

Also steht felsenfest der andere Glaube, wie es mit dem Geld besser gehen könnte: Es müsse nur ungebremst, ohne nach links und rechts zu schauen, ganz allein seinem Erfolg zugetrieben werden – “neo-liberal”, “global brutal”, “Kapitalismus pur” -, und als Folge davon würde sich dann alles andere auf der Welt ebenso zum Guten wenden. Wenn die Welt erst einmal von Kapital überflösse, so hätte das endlich auch den Überfluss an Wohlstand und Wohltaten und Wohlergehen für alles und jeden zur Folge. Wenn dem heute offenbar noch nicht so sei, dann nicht etwa auf Grund von “Kapitalismus pur”, sondern weil der bisher nicht pur genug zum Zug gekommen sei. Schon bis dato hätten die Jahrhunderte kapitalistischen Wirtschaftens großen Reichtum geschaffen, aber weil noch nicht für alle, müsse man folglich in dieser Richtung fortfahren und einfach noch mehr schaffen. Ja, allein dasjenige, was das Geld in die Hand nähme, habe überhaupt die Gewähr, zum Besten gewendet zu werden. Wenn die Luft im Moment noch verschmutzt und Gewässer und Sonstiges unschön belastet werden, zwar: nach gut kapitalistischer Kostenrechnung, so müssten dennoch zuletzt auch Luft und Wasser “monetarisiert” werden, also ihren Geldwert erhalten, zu kaufen und zu bezahlen sein: als Waren einzig dem zugänglich, der dafür Geld zu geben vermag. Dann erst, wenn wirklich alles “geldwert” wäre, würde alles im rechten Maß geschätzt und, so kostbar wie kostenträchtig, auch geschützt. Eine Überzeugung, zu der sich auch Hörisch damals auf dem Podium bekannte: Die Welt wäre gut, weil richtig teuer.

Nun denn – müsste also nur irgendwie dafür gesorgt werden, dass das viele, viele, doch bitte keinesfalls zu viele Geld überall im rechten Maß vorhanden wäre. Jeder Private und jeder Unternehmer müsste über genug Geld verfügen, um alles Nötige bezahlen zu können – nur so wäre Not verhindert -, aber keinesfalls über mehr als genug – nur so wäre verhindert, dass er Luft etwa fürs Verschmutzen bezahlt. Der gesamten Welt als einer einzigen großen Ansammlung von Waren, vom Wassertropfen bis zum High-End-Produkt, von der Arbeitskraft bis zum Recht, irgendwo zu wohnen, müsste die genau austarierte Menge an Geldvermögen gegenüberstehen, und zwar nicht nur insgesamt, der Gesamtheit der Waren die richtige Gesamtmenge Geld, sondern bei jedem Einzelnen, bei jedem und jedem einzeln, müsste fortlaufend genau die richtige Menge an Geld eingehen, die er für die austariert richtige Menge an Waren auszugeben hätte. O heilige harmonia praestabilita – welche göttliche Vorsehung sollte das planen! Aber nein, selbst das wäre ja noch zu einfach, eine entscheidende Anforderung käme erst noch hinzu: All diese wunderbare Harmonie zwischen der Menge weltlicher Güter und dem abstrakten Wert, um den sie sich ihrem Verbrauch ergeben, sollte sich ja allein durch die unsichtbare Hand des Markts erstellen, durch den blinden Konkurrenzkampf jeder gegen jeden, durch die pure Logik des abstrakten Werts. Globalisierungsgegner zwar demonstrieren vor Politikern allen Ernstes darum, sie möchten dem Geld seine harmonische Verteilung doch bitte anbefehlen, sie durch robustes Auftreten gegenüber der “Wirtschaft” herbeiregieren, aber das hieße nur wieder das Geld diejenigen mores zu lehren versuchen, die es als Geld nicht befolgen kann und deshalb seit Jahrhunderten nicht befolgt. Die Politiker, die es da mit dem Geld endlich einmal richtig lenken sollen, tun denn auch nichts dergleichen und können es gar nicht. Sie haben alle Hände voll damit zu tun, in ihren Nationalökonomien günstige Voraussetzungen für das zu schaffen, worauf eine jede Nationalökonomie beruht, nämlich möglichst hohe Kapitalverwertung, und dies nach der einzig möglichen Logik dieser Verwertung, der des Geldes selbst.

Wie aber die funktioniert, ist kein Geheimnis: Sie leistet und erzwingt das genaue Gegenteil der erhofften und erbetenen Harmonie; nicht Ausgleich der Vermögen, sondern absurde Polarisierung in Reich und Arm, Inseln des Profits durch Verelendung der Vielen, siegreiches Kapital unter Verwüstung ganzer Länder. Und dem ist nicht zu steuern. Denn das Geld, es feiert Erfolge, indem es sie verwehrt, und meidet Misserfolg, indem es Misserfolge schafft: Die Konkurrenz, die jeder gewinnen muss, gewinnt er gegen andere; und das Geld, das er gewinnt, gewinnt er anderen ab. Wenn denn – wie prophezeit – mit dem Geld alle zu Gewinnern werden könnten, oh, so hätten die Geldmächtigen längst dafür gesorgt! Auch dem brutalsten Ausbeuter wäre es lieber, er müsste seine Arbeiter nicht rücksichtslos um einen auskömmlichen Lohn bringen; so hätten sie nämlich mehr Geld, um ihm mehr abzukaufen. Und der verbohrteste Lobbyist einer Supermacht sähe es lieber, seine weltmarktgerechten IWF-Maßnahmen würden die betreuten Staaten nicht weiter ruinieren, sondern verwandelten sie in blühende Landschaften mit vielen glücklichen Leuten und ganz, ganz vielem Geld: Was wären sie dann für ein attraktiver Markt!

3. Das Denken denkt nicht , ohne’

So aber geht es nicht zu, und wie es heute geht – ich muss nicht malen, was jeder kennt – so muss es gehen, wenn das Geld bestimmt. Unsere Gegenwart ist hier ein gültiger Beweis. Der lachhafte Modell-Idealismus stirbt zwar deshalb nicht aus: Weil es Erfolgreiche gibt, könnten alle erfolgreich sein, wenn sie es nur machten wie jene; klar, wenn einer siegt beim Hundert-Meter-Lauf, so können es alle, wenn sie es definitionsgemäß machen wie er – nur leider, indem auch sie die anderen besiegen. Nein, die Varianten, um die Niederlagen zu vermeiden, sind alle längst durchgespielt, mehr Markt, mehr Staat, ein anderer Zins, noch mehr privat, und läge es wirklich in der Hand von Managern, Politikern oder internationalen Institutionen, den weltweiten Erfolg aller oder jedenfalls der je eigenen Nation herbeizuregieren, sie hätten es liebend gerne getan, nichts würde ihre Stellung besser festigen. Worldcom wäre nicht pleite gegangen, Afrika würde zahlen statt zu hungern und die Meere hätten weiterhin reichlich Fisch. Die Härten des Markts und die Härten gegen diese Welt, sie sind Erfolg des Geldes. Und wohin auch immer man sich wendet, den Härten zu entgehen, man stößt auf seine Logik, die es jedesmal verwehrt.

Weshalb fehlt dann der Gedanke: ohne Geld?

Nein, nicht weil er schwierig ist, weil die Probleme unabsehbar wären und weil reifliche Überlegung ihn deshalb ausgeschlossen hätte. Es gibt den Gedanken einfach nicht, er fehlt von vornherein. Alles verbreitete Schimpfen, Verzweifeln und Klagen übers Geld, nirgends wagt es sich auch nur in die Nähe des Gedankens, dies Beschimpfens- und Beklagenswerte auszuschließen. Die utopischsten Vorstellungen davon, wie es mit dem Geld einmal gegen dessen Logik gehen sollte, niemals versteigen sie sich zu dieser Utopie. Philosophen halten es locker für möglich, dass es keine Welt gibt, und Physiker, es gäbe unendlich viele, nur eine Welt ohne Geld ist ganz undenkbar.

Sohn-Rethel hatte erkannt: Das Geld formt auch das Denken. Die Warenform als Denkform – das Geld als eine Form, nach der wir denken – das Denken selbst nicht denkbar , ohne Geld’: So wäre uns der Gedanke genommen, es ginge jemals , ohne’. Kein Gedanke entkommt dem Geld, weil es jeder fest schon in sich trägt.

Can such things be? Verfalle ich nun doch dem Glauben an Magie? Steht das bei Sohn-Rethel – oder hätte er dem wenigstens zugestimmt? Mag sein, er hätte es nicht getan, und doch nehme ich mit meiner Schlussfolgerung seine Erkenntnis nur sehr ernst. Es ließe sich ausführen – und ich habe es in meinem Vortrag zum Sohn-Rethel-Kongress getan -, dass er selbst sich nicht recht klar war, welche Denkformen es genau sind, die uns das Geld einbeschreibt, und vor allem nicht, wie es dazu kommt. Zweifellos, die spezifische Abstraktion in der Tauschhandlung Geld gegen Ware, Ware gegen Geld, trägt Formbestimmungen, die nach Sohn-Rethel für das rationale Denken – ich würde einschränken: für bestimmte Formen davon – konstitutiv sind. Doch auf die Frage, wie sich die Abstraktion von der Tauschhandlung ins Denken und dort unwillentlich und unwissentlich auf alle möglichen Denkinhalte überträgt, gibt er die zuverlässig falscheste Antwort: durch bewusste Reflexion, sagt er, also dadurch, dass wir alle durchdringend und kritisch über den geldvermittelten Tausch und die in ihm verborgene Abstraktionsleistung nachdenken und sie erkennen würden. Das kann schon deshalb nicht sein, weil kaum jemand dergleichen tut, und ist deswegen so verfehlt, weil die Übertragung damit bewusst vollzogen würde und wir jene am Geld gewonnenen, vom Geld erzwungenen Denkformen gerade nicht unwillkürlich und ohne unser Wissen auf andere Denkinhalte legten. Solange aber die Frage der Übertragung unbeantwortet, solange also ungeklärt ist, wie, bleibt unklar auch, was da genau übertragen wird, und das heißt eben: nach präzise welchen Formen unser Denken auf Geheiß des Geldes denkt. In dem hier zur Rede stehenden Punkt aber – und nur in diesem! – lässt sich das einmal recht einfach zeigen. 3

Wie steckt das Geld in unserem Denken? Seiner Wirkung nach so, dass wir gleichsam durch es hindurch auf die Welt blicken, es bereits in unseren Augen tragen und so auf alles legen, worauf unser Blick fällt, eine Art Färbung des Glaskörpers, die uns deshalb auf den Dingen zu liegen scheint, eine Polarisierung durch die Hornhaut, die uns die Welt nicht mehr anders sehen lässt als polarisiert. Daher wird es uns so unendlich schwer, vom Geld noch einmal abzusehen. Nicht nur, dass es uns aus jeder Ecke unserer Wirklichkeit entgegenruft: “Ick bün all hier”; wo wir auf welches Stück Welt auch immer treffen, etwas betrachten, es berühren, uns aneignen wollen, immer hängt schon Geld daran. Sondern diese objektive Ubiquität hat ihre Folgen und setzt ihre Bedingungen auch im Subjekt. Jeden zwingt sie dazu, Geld allüberall auch mitzudenken, es überall hineinzusehen. Für jeden der unzähligen Kaufakte, die wir Tag für Tag zu tätigen haben, haben wir zu wissen, aktuell vorwegzunehmen und aktiv zu bewahrheiten, dass die Dinge hienieden verbunden sind mit Geld. Damit selbst eine so einfache Transaktion wie der Einkauf beim Bäcker gelingt, müssen wir in der Ware zusätzlich noch den Geldwert sehen, leisten wir vorweg ihren Bezug auf Geld als abstrakten, rein für sich bestehenden Wert.

Der Bezug von Ware auf Geld, den wir im Äquivalententausch herstellen müssen, vulgo bei Kauf und Verkauf, wo das eine fürs andere gegeben und dabei als Wert gleichgesetzt wird, er verlangt von uns, diesen Wert zu denken, und der ist: eine rein gedachte Substanz, nein, Un-Substanz, immateriell, qualitätslos, ein leeres, stoff- und atomfreies, rein quantifiziertes Nichts. Doch dieses Nichts wiederum stets bezogen auf Ware, verbunden also mit allen nur denkbaren Gegenständen und Sachverhalten, und damit zugleich der Inbegriff von Etwas, Inbegriff aller Substanzen, Qualitäten, Inhalte. Seinem Dasein nach ist der Tauschwert reine Form: jene Form nämlich, die und in der uns das Geld zu denken zwingt – ohne dass wir es bemerken würden -, die Form jener nicht-inhaltlichen Un-Substanz, die unser Denken einzig am Geld gewinnen kann. Seiner Funktion nach aber heftet sich dieser Wert, nein, heften wir ihn, denken wir ihn gebunden an alles und jedes: was auch immer Ware werden könnte.

Und das setzt nicht erst ein, wenn wir im Bäckerladen stehen, wir tun es längst vorher und unablässig, unser Denken leistet es so allgemein und grundsätzlich, wie wir in Verhältnisse hineingeboren werden, die ebendies allgemein und grundsätzlich erfordern. Dadurch, dass es unser Denken leistet, und nur, wenn es dies getreulich tut, gibt es dieses Nichts, abstrakten Wert: indem Menschen seine Funktion anerkennen und seine Existenz dafür annehmen. Eine Annahme, die allerdings nicht bloß aus der Luft gegriffen ist. Sie besitzt ja ihren zwingenden Grund darin, dass die Funktion abstrakten Werts – wie ausgedacht er auch immer sein mag – objektiv durchgesetzt ist. Wollte jemand die Annahme unterlassen und den Geldwert für inexistent halten, die weltlichen Mächte würden alsogleich Nachhilfe zu leisten und dem Verwirrten mit Nachdruck den richtigen Glauben beibiegen. In Bezug auf Geld sind die Gesetze ja sehr empfindlich und geben der Polizei und anderen Kräften damit reichlich zu tun. Und dennoch gilt: Dass Geld als Geld funktioniert, dass es überhaupt Geld ist, hat zur Voraussetzung, dass Menschen es denken, dass sie die Dinge mit diesem abstrakten Wert verknüpfen und ihn dafür, den es sonst nicht gäbe und der sonst in nichts besteht, im Denken synthetisch erst bilden – ja, man kann sagen: ihn sich einbilden. Der Geldwert ist eine Denkleistung.

4. Wert als Energie

So findet diese Frage ihre fast tautologisch einfache Antwort: Wir kommen deshalb nicht dazu, die Welt ohne Geld zu denken, weil wir alles mit ihm denken. Unwillkürlich und unumgänglich hat unser Denken dieses chimärische Wesen , Wert’ zu synthetisieren und, ineins damit, über die ganze Welt zu legen. Das gehört zum Wert wie die globale Ubiquität zum Geld, das er ist, und hat darin zugleich seinen negativen Grund: die qualitative Leere und Unbestimmtheit des Geldes. Da es virtuell mit allem gleichgesetzt wird, trägt es keinerlei inhaltliche Bestimmung, und keinerlei definitorische Kanten schließen irgendetwas davon aus, gegen Geld getauscht und also mit abstraktem Wert verknüpft zu werden. Gerade durch diese Unbestimmtheit bestimmt sich paradoxerweise, wie wir diesen Wert denken und worauf wir seine Form übertragen. Sowenig nämlich dem Geld eine Grenze gezogen ist, welche Dinge nicht mit ihm gekauft, womit es also nicht verbunden werden könnte, so wenig vermag unser Denken eine Grenze zu ziehen, woran es die Wert-Form nicht mehr heften dürfte. Die universale Ausdehnung der Sache bildet sich ab in der nicht-inhaltlichen Form, und umgekehrt die nicht-inhaltliche Sache darin, dass ihre Form universal auf alles, auf jeden Denkinhalt auch übertragbar ist. Kein Ding vermag dem Denken je Einhalt zu gebieten: “Ich bin nicht Wert.” Daher ist ihm alles in der Welt auch Wert.

Ich erinnere mich noch gut der Entrüstung eines Bauarbeiters aus dem deutschen Osten, der erleben musste, wie einem westlichen Kollegen eine ganze Schachtel Nägel vom Gerüst fiel und dieser, statt die Nägel wieder zusammenzuklauben, kurzerhand zur nächsten Schachtel griff. In der DDR war kein Holzbrett beiseite gestellt worden, ohne dass man die alten Nägel herausgezogen und für weitere Verwendung glatt gehämmert hätte. Nun fallen dort die neuen – und jemand rechnet anders. Er rechnet ganz in Geld und sagt sich, die Zeit, um hinabzusteigen und Stück für Stück zu suchen, würde mehr kosten als die neuen Nägel. Das mag zutreffen oder nicht, in jedem Fall sind für ihn nicht Nägel vom Gerüst gefallen, sondern Geld – dasselbe, was auch die Zeit “ist”. Es steckt hierin wie dortdrin, und die Nägel mögen aus Eisen und die Zeit woraus auch immer sein, ihre eigentliche Substanz ist jedesmal das Geld: Um seine Bewahrung geht es, um seine Wirklichkeit.

Mit ihm verdoppeln wir die Welt in sie selbst und diesen Astralleib, den wir in sie hineinsehen. Der aber, der ausgedachte, scheint uns wirklicher noch als sie selbst, scheint uns ihr wahrer Leib zu sein, der Leib, der zählt. Des Kaisers Marschalk beklagt im Faust – “Nun soll ich zahlen, alle lohnen” – die Abhängigkeit von einem Gläubiger:

“Der schafft Antizipationen,

Die speisen Jahr um Jahr voraus.

Die Schweine kommen nicht zu Fette,

Verpfändet ist der Pfühl im Bette,

Und auf den Tisch kommt vorgegessen Brot. ”

Denn dessen Wert ist “Jahr um Jahr voraus” bereits verbraucht worden, er ist “vor”-gegessen und ist das eigentliche Brot, dem das gebackene auf dem Tisch nur noch nachfolgt wie Hexen-Fexen und Gespenst-Gespinste. Doch Mephisto weiß Rat, den Antizipationen der Schuldscheine zu entkommen, indem ihnen eine gleiche Vorwegnahme entgegengesetzt wird: Geldpapiere als Anweisung auf vergrabene Schätze. Goethe lässt sie spielen, als kursierte da nur Scheingeld, und sind doch veritable Geldscheine – ähnlich steht es noch heute auf den Dollars:

“Zu wissen sei es jedem, der’s begehrt:

Der Zettel hier ist tausend Kronen wert.

Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand,

Unzahl vergrabnen Guts im Kaiserland.

Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz,

Sogleich gehoben, diene zum Ersatz. ”

Das Gold als der gedachte Wertgrund des Papiers, man mag es gut und gerne vergraben lassen. Denn ob mit Gold oder ohne, ob festgehalten auf Papier, in Metall oder elektronischen Daten, durch nichts davon wird der Wert substantieller oder weniger substantiell. Der Verweis aufs Gold, den ihm Teufel und Obrigkeit da mit auf den Weg geben, zeigt bloß, wie gediegen-wirklich uns der Wert erscheint, während er sich doch in nichts sonst als Wert bewährt, als dass er überhaupt auf Güter verweist – egal auf welche. Er ist dieser Verweis: der Bezug auf Waren, auf das, was er kauft, auf das, worin er sich überhaupt nur immer realisiert. Und dafür, dass er das tut, genügt es, ihn nur irgendwo und irgendwie als Zahl festzuhalten – wenn außerdem durch irdische Mächte gesichert ist, dass diese Zahl als Geld fungiert, als ein Quantum des Bezugs auf Waren. Wäre die Zahl auf dem Konto einmal nicht mehr als dieser einzusetzen und wäre nichts mehr mit ihr zu kaufen, so wäre sie das bloße Nichts ihrer Form. Damit sie das bedeutende Etwas wird, als welches wir sie kennen, hat ihr genau nur diese Funktion zuzukommen und hat es also nur überhaupt Waren zu geben, die diesen Bezug auf sich anerkennen, egal ob nun Gold oder Gummibärchen, Massage oder frisches Brot. Deshalb lösen die Nationen, die es endlich auch verstanden haben, allmählich ihre Goldreserven auf, und seit langem schon bekäme man den Geldwert eines Scheines staatlicherseits nicht mehr in Gold aufgewogen. Aber das heißt nur, dass der Wert selbst nun wirkt wie Gold, heißt also, dass Funktion und reiner Bezug für uns gediegen-selbständige Existenz erhalten – dass wir sie in dieser Weise denken. Das ist verrückt genug und ist entsetzlich verkehrt.

Es ist der unwillkürliche Irrglaube, Geld und Wert wären eine absolute Substanz oder besser noch eine Art Energie, die man gewinnen könne und erzeugen müsse wie Kilokalorien oder elektrischen Strom. Man kennt die Vorstellung: Geld muss man nur irgendwo hinfließen lassen, hineinpumpen, investieren, und wo vorher Stillstand war, geht es alsbald rund. “Wo fehlt’s nicht irgendwo auf dieser Welt? Dem dies, dem das, hier aber fehlt das Geld.” Und es fehlt überall, wird überall gebraucht, wo irgendetwas fehlt. Hier wird gehungert, da Geld die Nahrung ist, dort bleibt ein Bau unvollendet, weil Geld der Mörtel ist, und da bricht alle Versorgung zusammen, da Geld für alles Mittel ist. Und dort fehlt zwar Nahrung, doch sie fließt, wenn Gelder fließen. Hier ruht ein Projekt, obwohl alles, Leute und Material, bereitsteht, doch läuft es, sobald nur der Treibstoff einläuft, Geld. In den armen Ländern wiederum hätte es tüchtige Hände genug, doch erst muss Geld von außen kommen, das gibt ihnen Kraft, um Arbeitskräfte zu werden.

Kurd Laßwitz hat die Vorstellung dabei auf ihre reinste Form gebracht. Sein Roman “Auf zwei Planeten” lässt die Bewohner des Mars, herrlich überlegen den Erdmenschen, zwar ebenso wenig wie sie aufs Geld verzichten, aber doch unmittelbar Energie als Geld verwenden. Wie auf einer Geldkarte mit Speicherchip trägt jeder sein Quantum davon bei sich, aufgeladen mit Hilfe der Sonne, als Tauschmittel übertragbar auf andere und in jedem Fall aber eine Form von Wert, die als Energie unmittelbar Arbeit leistet. Der aufgeladene Akku, ja, so stellen wir uns das Geld vor: Leistung, die sich sammelt und somit Leistung ermöglicht. Was die reichen Staaten an Energie aufgebracht hätten, davon gäben sie den armen ab, und weil es denen an Kraft gebricht, übertrügen ihnen die Starken etwas von der ihren. Woher sonst soll die Kraft zum Handeln kommen denn aus – Kraft? Diese aber wäre das Geld direkt: die potentielle Energie eines Steins, den wir mit derselben Energie auf eine Höhe gehoben haben, die er, hinunter rollend, wieder abgibt, “leistet”. Deshalb heißt es: Man kann sich nur leisten, was man geleistet hat! Man kann nur verbrauchen, was vorher erwirtschaftet wurde! Solche Kernsätze leuchten uns sehr wohl ein. Und doch sind sie, vom Geld gesprochen, die pure Lüge: als wäre das Geld selbst die Nahrung, nur dann zu essen, wenn sie vorher angebaut wurde, und als wäre es selbst die Arbeit, nur dann zu leisten, wenn jemand Kraft dazu gesammelt hat.

Tatsächlich, wenn dem so wäre, wie unser geldgeformtes Denken da behauptet, dann ginge es nicht ohne Geld. Dann läge es schon immer in der Welt, und jene Zeiten, die es noch nicht kannten, hätten einfach noch nicht entdeckt, dass Arbeit, die einer aufwendet, unmittelbar Wert ist und jedes Ding als solches immer Geld. Als die Menschen es endlich münzten, auf Papier schrieben und an der Börse handelten, hätten sie diesem Naturzustand damit nur sichtbare Form gegeben.

Doch Geld zwingt zwar zu Leistung, aber es ist sie nicht, verfügt zwar über die Produktion von Dingen, aber produziert sie nicht. Sein Produziertwerden vollzieht sich allein über den Handwechsel bei Kauf und Verkauf, das heißt beim schieren Gegenteil von Produktion, bei ihrem Verbrauch. Was immer produziert wird, zu Geld wird es nicht als dieses Produkt, sondern allein dadurch, dass es – bei einem anderen als dem Produzenten – in den Verbrauch geht. Wie selbstverständlich ist uns klar, dass vor allem eines: Konsum nötig ist, damit es der “Wirtschaft” gut geht. Wo nicht verbraucht wird, fällt auch kein Geld an, und insofern also ist Geld Verbrauch, und zwar unsinnigerweise der bereits erfolgte, der vergangene, ist Geld stets “vorgegessen Brot”. Absurd also, dass sich, was Einer verbraucht, bei einem Anderen als Substanz ansammelt; dass solch gewesener Verbrauch als Stoff fungiert, von dem der künftige zu zehren hat; dass Geld und Kredit als Nahrung oder Brennstoff weitergeben, was andere einmal verbrannt und verdaut haben!

Eine harmlose Unlogik, so mag man sagen, aber – nur zum Beispiel – ein tödliches Unglück dort, wo nicht genug Verbrauch in just diese Form seiner abstrakten Negation hat übergehen können, wo also zu wenig davon zu Geld wurde und daher zugleich mit diesem nun unmittelbar die Nahrung fehlt. Zum globalen Unglück aber wird dieselbe Unlogik, nein, ist sie längst geworden, da sie – so: Man stelle sich einen Apfelbaum vor, schwer von Früchten, und nun eine Logik, ihn zu ernten, die besagt, je mehr Äpfel bereits abgenommen wurden, umso mehr seien von ihm zu holen; wenn nichts geerntet worden sei, trage er auch keine Äpfel; besser, es fehlten schon viele Äpfel und wären gegessen, so gäbe es diese reichlich noch einmal und immer wieder vom Baum zu holen; und am besten, er wäre einmal vollständig geplündert, dann, ja dann wäre von dem geplünderten, von dem kahlen Baum, der nichts mehr trägt, die Fülle zu holen. Ein wiederum allzu harmloses Bild, aber jeder wird es um die entsprechenden und um detailliertere Bilder davon ergänzen können, welche Wirkungen und Wirklichkeiten ein Umgang mit der Welt zeitigt, von Boden, Luft und Wasser bis zum ätherischen Innenleben der Menschen, der dieser Logik gedankenlos gedankenvoll entspricht.

5. Der undenkbare Gedanke

Und wenn es nun ohne Geld ginge? Nein, keine bloße Ersetzung durch Informationsbits, Kauri-Muscheln oder Arbeitswertscheine, keine Rettung des Geldes und Bewahrung seiner Logik, sondern seine Abschaffung. Wenn es ohne Geld ginge: so fehlte es – und fehlte somit nichts.

Die Welt wäre nicht länger verdoppelt. Dinge und Menschen wären nur mehr sich selbst, keinem Doppel verpflichtet, nicht diesem Un-Ding unterworfen, vor dessen Zwang, sich zu vermehren, alles andere für nichts gilt. Jedes Lebensmittel würde entstehen, weil es Lebensmittel, nicht aus dem Grund und nur unter der Bedingung, dass es zugleich vor allem Wert ist, jenes Un-Wesen, als welches sich alles zu realisieren hat, wenn es denn jemandem zum Verbrauch dienen soll. Die Menschen hätten sich allein um diese Mittel zu sorgen, nicht darum, sie vorweg zum Mittel eines Un-Werts zu machen, der sich um gar nichts sonst besorgt.

Es wäre nichts mehr zu teuer. Kein Hunger bliebe noch deshalb ungestillt, weil es an Geld fehlt. Keine Hilfe bliebe deshalb ungeleistet, weil sie sich keiner leisten kann. Keine Unternehmung läge nur deshalb ungetan darnieder, weil sich Verbrauch an anderer Stelle nicht ausreichend in diese staatlich garantierte Chimäre verwandelt hat.

Nichts hinge mehr davon ab, dass es sich rentieren muss. Keine Tat und kein Gut entstünden nur noch dann, wenn die nebenher laufende Rechnung aufgeht: Geld, das einer dafür aufbringt, muss mehr Geld werden, das es ihm einbringt. Produktionsstätten würden betrieben, weil sie Produkte, und würden nicht deshalb zusammenbrechen, weil sie nicht genug Geld abwerfen. Kein Mensch verlöre seinen Unterhalt, weil, ihn zu bezahlen, einem anderen nicht genug Profit verschafft.

Man könnte produzieren, wie es die Sache und die Bedürfnisse, nicht wie es Kosten und Rentabilität verlangen. Kein Haus müsste schlechter gebaut oder hergerichtet werden, als es die technischen Möglichkeiten erlauben – weil es billiger ist. Tiere müssten nicht mit Dreck, Chemie und ihresgleichen zur Verkäuflichkeit gezogen werden – weil man sich anders nicht auf dem Markt hält. Und Menschen – heute heißt das diejenigen, die noch um das Glück einer bezahlten Arbeit ringen dürfen – hätten nicht unter einem Druck zu arbeiten, der ihnen mehr und mehr noch ihr Leben verdirbt – weil es die Konkurrenz nicht anders zulässt.

Gut und schön, das sind papieren-utopische Verhältnisse und eine Liste, die sich endlos fortsetzen ließe, von den Kriegen um eine den wirtschaftlichen Führungsnationen genehme Weltordnung bis zum Markenzwang unter den kids oder umgekehrt von der Tomate, die schmeckt, bis zu einer Versorgung der Menschen ohne Besiegte. Aber, so lautet der erste Einwand, wer soll all die schönen Dinge dann bezahlen? Niemand soll sie bezahlen, denn niemand hätte mehr etwas zu bezahlen. Wer soll dafür aufkommen? Niemand, für nichts wäre mehr Geld aufzubringen. Aber wer stellt dann her, was alle brauchen, wer übernimmt die nötigen Dienste? Wer es eben – sagen wir vorläufig: ehrenhalber – übernimmt.

Natürlich ist der Einwand zwingend: Wenn das Geld fehlt, woher soll dann alles kommen? Aber er setzt nur wieder voraus, was gerade nicht mehr Voraussetzung sein soll, nämlich das Geld als Treibstoff aller Tätigkeit und Produktion. Weil heute alles unter seinem Zwang geschieht, weil es heute zu nichts kommt, ohne dass Geld daran beteiligt wäre, deshalb ist unvorstellbar, dass es ohne Geld noch zu überhaupt etwas käme. Richtig aber wäre dies: Es kommt zu all dem, was sich Menschen vornehmen und was in ihren realen Möglichkeiten liegt, weil sie es sich vornehmen und darüber einig werden.

Ein anderer Einwand: Wie soll es denn gehen, dass man gibt und nimmt und dabei nicht gleich viel bekommen will, wie man selbst gegeben hat? Soll sich denn der Eine, ohne mit der Wimper zu zucken, ständig übervorteilen lassen? Soll das, was er für das Weggetauschte bekommt, ohne Einspruchsrecht einfach weniger wert sein dürfen? Nein, denn es wäre nicht weniger wert, weil es nicht Wert wäre. Und das ist kein Trick, sondern zeigt nur noch einmal, wie schwer es uns fällt, die Welt nicht als Wert anzusehen. Denn auch dieser Einwand setzt etwas voraus, was ohne Geld keinen Sinn mehr hätte, den Äquivalententausch zwischen je zwei Wertbesitzern A und B. Auch er würde fallen, und an seine Stelle träte das Richtige: die gemeinsame, abgesprochene Produktion und Verteilung der Güter.

“Aber dann kann sich ja jeder nehmen, was er will! ” Ein guter Einwand, fürwahr, und endlich ein Stück Wahrheit über das Geld. Man hält sich ja sonst überzeugt, Geld wäre ganz allein dafür da, dass jeder an seine Sachen kommt, da er sie unzweifelhaft für Geld bekommt. Und doch liegen die Dinge so, dass er sie ausschließlich für Geld bekommt, und auf diese Weise ist das Geld umgekehrt das Mittel dafür, dass eben nicht jeder nehmen kann, was er will, dass er vielmehr nichts nehmen kann, dass er ausgeschlossen ist von allem – von allem, wofür er nicht Geld zu bieten hat. Diese Ausschließung, tatsächlich, müsste fallen. Nicht so, dass die Welt weiterhin der Supermarkt bliebe und der Einzelne ginge hin, räumte die Regale leer und machte einen eigenen Laden auf – wozu auch, da ihm niemand etwas abkauft. Sondern so, dass die Verteilung ebenso wie die Produktion abgesprochen wäre, nicht mehr Sache des privaten Kunden, sondern die einer Art Almende.

Wie das gehen soll? Das weiß ich nicht. Aber ich habe einen Vorschlag.

All die Menschen, die jetzt noch hauptberuflich oder zu einem sonst beträchtlichen Teil ihres Berufslebens damit befasst sind, zu überlegen, auszurechnen und auszutüfteln, wie es mit dem Geld zu gehen habe, also zum Beispiel Finanzbeamte bis hinauf in die Ministerien, Wirtschaftsweise vom IWF bis hinab zum Steuerberater, Bankleute von der hässlichen Filiale hier an der Ecke bis wiederum hinauf zu EZB und Weltbank, die Leute aus der Versicherungsbranche, den Werbeagenturen und Unternehmensberatungen, die geballte intelligentsia von BWL und VWL, Wirtschaftsjournalisten, Börsianer bis zu solchen Nobel-Preis-gekrönten Überfliegern, die mit ihren Formeln das Jahr darauf eine saubere Pleite hinlegen, die Entwickler von Geldautomaten, Diebstahlssicherungen und Fahrscheinen, Angestellte an den Kassen, in der Buchhaltung, im Marketing-Bereich, eine Unmenge von Juristen, von Wachmännern und Vollzugsbeamten, Bankräuber und Spekulanten, Programmierer und Verpackungsdesigner, Gewerkschafter und Lotto-Feen, alle sie, diese Millionen und Abermillionen Menschen, die ohne Geld nichts oder doch bedeutend weniger zu tun hätten und also frei würden für eine neue Beschäftigung, aber eingeschlossen ebenso alle übrigen Menschen, die noch immer genug Sorgen haben mit dem Geld, sie alle möchten sich zusammenfinden zu einem gewaltigen brain-storming, zu einer Art Silicon Valley der neuen Vergesellschaftung, zur kritischen Masse eines qualitativ befreiten Innovationsdiskurses – schon gut, also, sie möchten ihre gesammelte Geistestätigkeit, die bisher zu der hohen Stufe von Produktivität plus aufreibende Verwaltung der Geldangelegenheiten hingereicht hat, einmal allein auf die erstere richten. Und dann möchten sie überlegen, wie das Nötige produziert und wie es verteilt wird.

Die Produktion wird sich sicherlich verändern, Güter werden nicht erst dreimal um die Welt jagen müssen, um am Ende zwar weniger Geld, jedoch umso mehr Energie verbraucht zu haben. Nicht jedes kleine Kinder-Joghurt wird in seinem eigenen kleinen Plastikbecher mit eigener Deckfolie im offenen Kühlregal stehen, damit sein Kauf nur um Himmels willen keinen unnötigen Widerstand überwinden muss. Die Produktionskraft wird zum einen nachlassen, da das Geld als der große Zwang über den Menschen wegfällt und da also auch kein Zwang mehr zum Wachstum besteht; aber zum anderen wird sie zunehmen, da kein Geld mehr Millionen über Millionen Menschen aussondert und zu Untätigkeit verdammt; und weil eben viele, viele unnötige Arbeit, sonst allein auf die Schwierigkeiten mit dem Geld und das Orakeln um den auf immer blind-undurchdringlichen Markt gewendet, frei würde für nützlichere Dinge.

Und die Verteilung? Muss da nicht geplant werden? Ja, es müsste sein, wie grauenhaft schlimm das auch in den Ohren von Menschen klingt, die in der Marktwirtschaft noch nie irgendetwas zu planen hatten, nicht wahr? Weder irgendwelche Bestandteile oder Abläufe der Produktion noch die Überlistung, Überbietung, Ausbremsung der Konkurrenz, nein, weil sich der Gang der Börse beispielsweise gar nicht planen lässt, haben sie in ihrem ganzen Leben noch nie einen planerischen Gedanken auf diesen Gang verschwendet, ist es nicht so? Nun, jetzt müsste leider und ganz überraschend mit einem Mal geplant werden, ja, wenn auch nicht, wie im Sozialismus, der “Absatz” von “Waren”, die “Erwirtschaftung” von “Mehrwert” und ähnlicher Kokolores. Sondern zu planen wäre, was gebraucht wird, was wie lange wie viele Hände braucht, wenn man es auf welche Weise produziert – solcherlei Dinge. Da könnten Programme eingesetzt werden, wie sie längst in den Unternehmen existieren, Programme, die regeln, wann welches Produktionselement an welcher Stelle eintreffen muss, damit am Ende alles gut ist. Bei der Feststellung des Bedarfs wäre inzwischen auf eine wunderbar planerisch-interaktive Einrichtung wie das Internet zurückzugreifen. Und Leute, die auf jeden Fall verhindern wollten, dass irgendjemand mehr bekommt, als ihm zusteht, würden ohne Zweifel mit einem Bruchteil des Aufwands, der heute für das entsprechende Problem getrieben wird, zu Ergebnissen kommen. Mir würde genügen, ich habe zu essen, habe meine Unterkunft, habe keine Konkurrenten; die Yacht mag sich unter den Nagel reißen, wer will.

Alle einverstanden? Kann es sich jemand vorstellen? Würde – jetzt – einer von Ihnen das Geld abschaffen wollen?

Kein Arm zuckt, kein Finger rührt sich. Ich bleibe allein. Was ist nur falsch, was ist geschehen, was habe ich übersehen? Aber natürlich, eine ganze, große Kleinigkeit: dass es gar nicht geht. Denn es gibt Geld – und damit den Zwang zu ihm. Jede müde Mark, die einer besitzt, besteht auf dieser Welt als der Anspruch, in Gütern eingelöst zu werden, ein wohl geschützter, ein machtvoll überwachter Anspruch, auf dem jeder bestehen muss und der sich damit forterbt als immer er selbst und immer derselbe. Dieses große Eine, was wir hienieden besitzen, was uns ausmacht, worauf unsere Stellung in der Welt beruht – oder wodurch unsere Stellung ebendort auch ins Wanken gerät -, wir wollen es nicht aufgeben: Wäre es doch, als gäben wir uns auf. Und wir können es nicht aufgeben. Da gibt es ja mächtige Aufpasser, die es gar nicht gerne sehen, wenn selbst Staaten auf ihrem ureigensten souveränen Gebiet der Geldlogik einmal nur zu wenig Recht einräumen wollen. Sie sehen es nicht gerne und lassen es deshalb einfach nicht zu. Da wird dann offen erpresst, wird gemordet, intrigiert und nicht zuletzt auch richtig Krieg geführt. Kalt muss er heutzutage ja nicht mehr sein. Das mit der Abschaffung des Geldes kann man also, wie man so sagt, vergessen.

Also lassen wir für immer auch von dem Gedanken.


Anmerkungen

1 Karl Marx, Das Kapital I, MEW 23, S. 184.

2 In einer auf 1970 datierten Anmerkung zu “Zur kritischen Liquidierung des Apriorismus” (1937), in: Warenform und Denkform, Frankfurt/Main 1978, S. 27-89 (S. 83f. ).

3 Wohlgemerkt, das Folgende betrifft lediglich einen kleinen Ausschnitt dessen, was hier zu entwickeln wäre. Ausführlicher dazu mein Buch “Im Takt des Geldes. Zur Genese modernen Denkens”, Springe 2004.

1. April 2006

From: streifzuege.orgBy: LorenzComments

Why I Still Doubt

ZNet Debates logo[This is part of an debate regarding parecon and peercommony between Michael Albert and me. It is a repy to Michael Albert's Peercommony Doubts Parecon? All articles can be found on the debate overview page – more will follow.]

Parecon, like capitalism, is based on paid labor, apparently based on the reasoning that people wouldn’t otherwise work enough. In my preceding reply I had doubted that assumption. When defending payment for work, you, Michael, seem to consider money as mere “information,” guiding people’s choices about how much they need to work and how much they can consume. You also seem to imagine a very impoverished model of social interaction where no other information that could influence such choices is available:

As I wrote in the original piece, “[the gap between consumption and production arises] not because people are either greedy, lazy, or irresponsible, but because people have no way to know what is responsible and moral.”

It must be a very sad society indeed where payment is the only thing that makes people “responsible and moral.” That’s not the kind of society I want.

Implicit in your remark is the admission that payment for work would not be necessary if there were other ways of closing the information gap, of bringing people’s consumptive needs and their productive needs together. I think that such other ways exist and have discussed them in my previous texts.

You reject the idea that people are generally “greedy and lazy.” But a related idea clearly underlies all your arguments: consumption is good, and hence to be maximized, while work (production) is bad and to be minimized:

I reply that if we disconnect work and income, people will typically want to work too little for the social good to be optimally met, and people will want to take more from the social product than is available. If we don’t correlate what people do and what they get, people will have no indication excessive or diminutive choices are wrong.

The last sentence again points to your impoverished social model where money is the only indicator of how to behave. And yet, such choices can be informed by other indicators rather than the brutal “if you cannot pay for it, you won’t get it.”

Parecon says your share of the social product should accord with your duration, intensity, and onerousness of socially valued labor.

What about socially valued labor that is not onerous? You seem to think it doesn’t exist, or only so rarely it doesn’t matter.

Do we agree there is such a thing as just and unjust allocation so that that a person could get too much or too little of the social product relative to what they have contributed, and that a good economy should equilibrate work/leisure allotments to a fair balance for all?

No, we don’t agree on that. You obviously see contributions as something essentially negative, as some kind of sacrifice that people make for the common good but to their own detriment. Hence they have to be rewarded (by getting more social product) for any contributions they make and punished (by getting less social product) if they don’t contribute enough.

Seeing contributions as mere sacrifice might be appropriate for most work in capitalism, but a society that wants to go beyond capitalism should try to do better than that. The “balance” you mention reminds me of the modern concept of “work-life balance,” where work is seen as something essentially separated from life. It’s quite clear that you have to be compensated for working when, instead, you could be living!

But does it have to be like that? Can’t we make work, contributing, a part of life, so rewarding in itself that it doesn’t require a separate additional reward? I think we can, and should. By not even trying to make work something better than what it is in capitalism, parecon is aiming far too low.

You argue that everyone – with no norms and little information – will consume and work appropriately.

I never said that. Information – stigmergic hints – are essential, and social values – an ethics of sharing and caring – are important too. I just say that money is a poor substitute for information, and an even poorer substitute for ethics.

At the same time, you argue that if people have needed information, and also have options only to operate within indicated limits, people will so want to violate those agreed limits that it will only be to avoid starvation that they participate.

Your really seem to think that money is nothing more than information, a neutral layer that “informs” people how much their contributions are valued and how much their consumption costs. But in the next sentence you reveal that it is something very different indeed:

This is like saying people will stop at red lights if no one knows you should do so because there is no red light norm – but people will want to run red lights if everyone knows you should stop or, indeed, if it was impossible not to stop.

Putting a chain around somebody’s feet is not the same as merely “informing” them that they should not go too far away. Throughout your text you protest against my using the word “coercion,” but here you talk quite happily about physically preventing people from going somewhere. If that’s not coercion, then what is?

But indeed, something that physically restrains people’s movements is a much more apt metaphor for money than the innocent term “information.” Information informs people’s choices, while a lack of money (and the consequential need to earn it) forces them.

Prices, Values, and the Market

But money not only forces people, it also puts them into antagonistic relations. That antagonism exists between buyers and sellers – the more money the seller gets, the less the buyer keeps to get other things. And it exists between different sellers of the same or similar goods: if buyers choose another seller instead of me, I don’t earn money.

Hence sellers are forced to compete against each other, trying to outsell their competitors. And buyers, as least those who buy in order to sell (input for their own products) are forced to choose the cheapest seller who offers what they need. These antagonistic relations are forced upon people by their use of money, not only in capitalism, but apparently in parecon too.

At least it seems so. You haven’t answered my question whether you want prices without values (in the sense of Marx) or values without markets. According to Marx’s analysis, values emerge as a consequence of the market, which forces companies and laborers to compete against each other. Your non-answer is unfortunate, since money and price are impossible to understand without the underlying notion of value.

Implicitly the same concept of value that underlies capitalism seems to be assumed:

More relevantly, but following the same logic, nor can I spend ten hours doing what average intensity by a competent worker would do in five hours, and claim ten hours effort – because only five was socially valuable. Thus, I have a strong incentive to avoid doing things I can’t do competently. Parecon’s workers have to be doing socially valuable work to be remunerated. If I am particularly bad at doing some job, so my doing it is not a socially valuable use of my time, I can’t do it for income, or at least I can’t do it for full income, because some of my time spent at it will not be socially productive.

This is exactly value as it exists in capitalism: the value of a good is the average amount of labor necessary to produce it (including necessary materials, pre-products, and partially tools), assuming reasonably skilled workers and the best generally available technology. Apparently you not only want workers to compete against each other, with those less skilled dropping out or having to accept a reduced payment. You also want firms to compete against each other, just as in capitalism:

Addressing another concern you raised, in any good economy workers should not apply their efforts at tasks they cannot do well enough for the result to be socially desired. But, you implicitly wonder, how can we deal with that positively? Well, if full employment is ensured, and parecon does that, and if incomes are just, and parecon does that – then if a workplace cannot produce things people desire at costs people find acceptable – it should not continue operating. We should not squander valuable assets on insubstantial benefits.

In an an earlier text, you also make it clear that workers’ cooperatives really have to compete against each other:

Workers councils whose proposals have lower than average social benefit to social cost ratios are forced to increase either their efforts or efficiency to win the approval of other workers.

The lowest bidder wins the price. Of course, this also means that workplaces have to use whatever tricks they can get away with in order to reach costs that are at least “average.” (That notion is a bit misleading here since sub-average workplace have to decrease their cost or drop out completely, thus decreasing the new average and putting more pressure on the remaining workplaces.)

Environment, customers (who might get something that is e.g. less healthy or durable than they had hoped for), and workers themselves will likely suffer as a result of these tricks, but that can’t be helped. It’s competition. Or would community standards prevent that, as you’ll probably argue? They might to some degree, just as laws in capitalism prevent some of the worst behavior that unregulated competition would otherwise produce. But the problem with such remedies that they can only compensate – to some degree – for the bad effects that the system introduced in the first place. People are set up against each other, being forced to “beat” others in the competitive struggle. That’s not easy, and in order to increase their chances everybody is practically forced to interpret standards and rules “generously” or to violate them altogether whenever they think they can get away with it. Not because people are bad, but because the system leaves them no choice.

In such a situation, the promise of “full employment” becomes implausible too. What becomes of the workplaces that cannot compete and instead “squander valuable assets on insubstantial benefits?” In theory, the people working there will “simply” have to find work in other areas, thus increasing the intensity of competition elsewhere. In practice, of course, that’s far from simple. That everybody would find work “somewhere” sounds as implausible as everybody finding a job in capitalism.

Regarding the price of goods, which also troubled you, in parecon a process of cooperative negotiation equilibrates what firms offer to produce and what consumers seek to enjoy. The prices that emerge from this cooperative negotiation of inputs and outputs numerically summarize true personal, social, and ecological costs and benefits.

That negotiation seems to be basically the same process that underlies exchange in capitalist markets every day. “Can you make that for me for $5?” – “Impossible.” – “OK, X say they can, I’ll buy from them instead.” – “Wait, we’ll see what we can do.” Etc.

The closer one looks at parecon, the more similar to capitalism it seems to be. In parecon, the negotiation between potential payers and potential producers takes place upfront, before the goods in question are actually produced. In end-user markets, it’s usually the other way around. But that’s hardly a significant difference, and upfront-negotiation markets are common in capitalism too (e.g. for “B2B” transactions between different companies).

Time Logic and the Gender Bias of “Socially Valued Work”

Michael, you want all “socially valuable work to be remunerated”: people are paid whenever they do something socially useful. For determining payments, you subscribe to the efficiency logic: like any good manager, you don’t want to pay person A for ten hours when person B could do the same job in five. This reasoning is generally dubious, since people would hardly accept it for other activities: “You spent three weeks reading that novel, while another person could have read it in one!” – “Why didn’t you sleep with X instead of Y? You could have reached orgasm in half the time!”

When one enjoys doing something, there is no reason to minimize the time spent doing it. But you seem unable to conceive “socially valuable work” as anything else than a sacrifice.

Even capitalism could not exist if all “socially valuable work” was subjugated to the logic of efficiency. There are many useful activities which require a rejection and reversal of that logic to be done well. People who spend the least possible amount of time with their children will hardly be the best parents. Ill and old people don’t benefit from attendants and doctors dealing with them as quickly as they can.

Such “care” work is the often invisible “backside” of capitalism. Capitalism couldn’t exist without it, but it largely occurs outside of capitalist companies. Often it is unpaid and most of it is done by women. When it is moved inside the capitalist sphere, e.g. in privatized, for-profit hospitals and nursing homes, the results are often detrimental for the recipients of the care. In this area, the “get the job done in the shortest possible time” logic of capitalism is even more ominous than elsewhere.

Parecon wants to organize all “socially valuable work” according to this efficiency logic. This leaves a worrisome alternative. Either, the parecon proponents don’t mean what they say but think that much care work will still occur outside the formal economic sphere they want to reorganize via participative planning. In this case, it would continue to be unpaid and unrecognized, just increasing the workload of those who do it. Most likely, it would continue to be a burden mainly for women, thus perpetuating the gender division of work characteristic for capitalism.

The other, hardly better alternative is that parecon indeed subjugates all care work to its logic of efficiency and effort minimization. The outcome for those who need care would hardly be pleasant.

How the Gap between Production and Consumption is Closed

In my previous reply I had noted that merely paying people for work and requiring everyone to pay for goods will not close the qualitative gap between the goods that are produced and the goods that are needed. Closing this gap either requires a fully-fledged market with competition between companies and laborers, or else some kind of coordination mechanism among producers and consumers. Parecon tries to realize the latter in form of “participatory planning.” I had wondered why you seem to think that participatory planning is able to close the qualitative gap between production and consumption (producing the wrong kinds of goods) but not the quantitative gap (not producing enough goods), since the latter is just an aspect of the former.

You haven’t directly responded to that, except by saying:

How do you think a pareconish firm, with certain resources, tools, and people, and which has to be doing socially valued production to warrant its inputs and its workers incomes, can operate inefficiently or even slothfully or incompetently, and yet have those in it do just fine, feeling no reason to change their ways?

But it’s not a question of efficiency within firms – rather the question is how to organize the social production of work, how to ensure that each firm produces things and services that are useful to somebody, and how to ensure that everyone’s needs are fulfilled. Market competition can do that, though only for those who can afford to pay. While it was unclear to me how parecon hopes to accomplish the same, from the above discussion it seems that the planning mechanism are competition-based and hence can probably do that same. Though at the same social costs of putting people against each other, forcing everyone to compete against others and excluding those who cannot pay. This answers my question, though not in a way I’m happy about.

Balanced Job Complexes and Bureaucracy

I had also wondered why “balanced job complexes” are necessary in the general case. I agree it might take special agreements to distribute tasks which nobody wants to do, but if person A likes doing things which you consider “rote and disempowering,” while person B likes doing things you consider “empowering,” why shouldn’t both do what they like? You merely addresses this by repeating that

parecon balances job offerings for empowerment effects because if jobs are unbalanced regarding empowerment, then after people choose among them, some people will be subordinate to others in a class hierarchy.

The question why you think that some tasks are inherently disempowering and prone to cause subordination is still open. If I like doing something, how can just doing it cause me to become subordinate to others?

In closing, I had expressed some concerns about the bureaucracy which parecon seems to entail. Doesn’t it needlessly make everyone spend a long time in planning meetings, and isn’t there the risk that a privileged class of bureaucrats would emerge?

But who do you see as bureaucrats in parecon? And how, in light of having self management, balanced job complexes, and equitable incomes, will anyone in parecon aggrandize themselves into being a privileged class?

This remark doesn’t address the concern that the pareconish bureaucracy “takes too many evenings,” as Oscar Wilde is supposed to have complained about socialism. If this concern is justified, and it seems to be, then the emergence of specialized bureaucrats is almost a given. The one reason for balanced job complexes that seems somewhat sensible is that it would try to prevent that, forcing everyone to stay involved in the bureaucratic processes whether they want it or not. But that would hardly work in the long run. Trying to create a bureaucracy without bureaucrats seems as futile as trying to make water run uphill.

From: keimform.deBy: Christian SiefkesComments

Korruption: die Spitze der Marktwirtschaft

[via kärnöl] Warum Korruption zum System gehört von Andreas Exner Korruption ist in aller Munde. Während Korruption noch vor wenigen Jahren das Privileg der Entwicklungsländer und insbesondere von Afrika gewesen zu sein schien, hat sie heute die reichen Länder des … Continue reading
From: social-innovation.orgBy: Andreas ExnerComments