Voraussetzungen für allgemeine bedürfnisorientierte Re/produktion

Ellen Meiksins Wood (Bild von http://www.rosalux.de/documentation/45899/demokratie-gegen-kapitalismus.html, zum Vergrößern klicken)(Voriger Artikel: Dank Produktivkraftentwicklung zur neuen Gesellschaft?)

Von Modellen der selbstorganisierten, bedürfnisorientierte Kooperation, die vom spezifischen Stand der Technikentwicklung weitgehend unabhängig sind, handelte schon mein Buch Beitragen statt tauschen (Siefkes 2008). Nach meinem heutigen Reflexionsstand ist dabei allerdings kritisch zu fragen, wie weit die dort diskutierten Modelle für einen konsequenten Bruch mit der kapitalistischen Logik ausreichen. Wiederum angelehnt an Ellen Meiksins Wood (2002) halte ich drei Voraussetzungen für eine postkapitalistische Re/produktionsweise für essenziell (demnächst detaillierter begründet in Siefkes 2014):

  1. Keine Sphärentrennung: Die für den Kapitalismus charakteristische Sphärentrennung von Politik (Staat), Wirtschaft (Produktion) und privatem Haushalt (Reproduktion) verschwindet, stattdessen wird die gesellschaftliche Re/produktion als Gesamtprozess gestaltet.
  2. Keine essenzielle Konkurrenz: Die Menschen müssen nicht gegeneinander konkurrieren, wenn es ums Überleben oder die allgemein übliche gesellschaftliche Teilhabe geht. Leben und Teilhabemöglichkeiten dürfen also nicht davon abhängen, dass man sich gegen andere durchsetzt. Das heißt unter anderen, dass niemand auf den Markt angewiesen ist, um die eigene Existenz zu sichern. In anderen, weniger essenziellen Bereichen sind Konkurrenz und Märkte nicht ausgeschlossen, sie dürfen nur nicht so viel Gewicht bekommen, dass sie die konkurrenzfrei organisierten Zusammenhänge verdrängen und sich selbst unentbehrlich machen.
  3. Kooperation auf Augenhöhe: Die Menschen können sich auf Augenhöhe begegnen statt dass sich manche den Vorgaben anderer unterwerfen müssen.

Prinzip 1 spielte in meinem Buch nur eine Nebenrolle, weshalb ich die dort skizzierte Produktionsweise auch als „Peer-Ökonomie“ bezeichnen konnte. Wird die Sphärentrennung überwunden, macht es hingegen keinen Sinn mehr, noch von „Ökonomie“ zu sprechen, da die Wirtschaft als eigenständiger Bereich dann gar nicht mehr existiert.

Möglicherweise problematisch in Bezug auf Prinzip 2 ist die genaue Ausgestaltung der Idee gewichteter Arbeit, die ich dort entwickelt habe (Siefkes 2008: 27ff). Die Grundidee ist, dass die insgesamt notwendige Arbeit unter den Menschen aufgeteilt wird. Da aber vermutlich nicht alle Aufgaben gleichermaßen beliebt sind, müssen unpopuläre Aufgaben gegebenenfalls attraktiver gemacht werden, damit sich genug Leute finden, die bereit sind, sie zu übernehmen. Dafür wird das „Gewicht“ solcher unbeliebter Aufgaben erhöht: eine Stunde mit einer solchen Aufgabe verbracht zählt dann etwa so viel wie anderthalb Stunden einer durchschnittlich beliebten Aufgabe (Gewicht 150%) – man muss unterm Strich also weniger arbeiten. Ob und unter welchen Umständen solche „Tricks“ überhaupt nötig sind, wird noch zu diskutieren sein, doch grundsätzlich finde ich diese Höhergewichtung unpopulärer Aufgaben bis heute akzeptabel.

Problematisch ist hingegen die umgekehrte Variante, derzufolge das „Gewicht“ von Aufgaben, die mehr Leute als nötig machen wollen, gesenkt wird. Eine Stunde mit einer besonders beliebten Aufgabe verbracht zählt dann etwa nur soviel wie 45 Minuten durchschnittlicher Arbeit (Gewicht 75%). Diejenigen, die bereit sind, länger zu arbeiten als im gesellschaftlichen Durchschnitt nötig, dürfen diese Aufgaben also übernehmen; die, denen das zu viel wird, müssen sich andere Aufgaben suchen. Während beim „Höhergewichten“ unbeliebte Aufgaben darum konkurrieren, wer sie übernimmt, konkurrieren beim „Heruntergewichten“ Menschen darum, besonders beliebte Aufgaben zu übernehmen. Zwar kann diese Konkurrenz im Gegensatz zur Konkurrenz um „Arbeitsplätze“ im Kapitalismus schwerlich existenzgefährdend werden. Die Arbeit wird ja bewusst aufgeteilt, niemand muss Angst haben, dass für sie nichts übrig bleibt. Dennoch möchte ich auf das Konzept des „Heruntergewichtens“ künftig lieber verzichten. Gilt es besonders beliebte Aufgaben zu verteilen, müssen also andere Lösungen gefunden werden.

Woods Buch zeigt, dass die Sphärentrennung zwischen politischer und wirtschaftlicher Macht nicht nur eine Besonderheit des Kapitalismus ist (in anderen Gesellschaften gab es sie nicht), sondern sogar das entscheidende Moment war, das die kapitalistische Profitmaximierungslogik erst hervorgebracht hat. Dieser Logik wird die Menschheit also kaum entkommen können, solange die Sphärentrennung Bestand hat. Dazu gehört die Trennung zwischen der Politik, die Rahmenbedingungen setzt, dem Markt als allgemeiner Vermittlungsinstanz und einzelnen Firmen, die unabhängig voneinander entscheiden, was und wie sie produzieren, und erst hinterher erfahren, ob sie für den gesellschaftlichen Bedarf oder an ihm vorbei produziert haben (je nachdem ob der Verkauf auf dem Markt gelingt oder nicht).

Diese separaten Institutionen können in einer postkapitalistischen Gesellschaft so keinen Bestand haben. Trotzdem wird es natürlich weiterhin Institutionen geben – etwa Betriebe, in denen produziert wird, Schiedsinstanzen zur Vermittlung bei Konflikten sowie Wohnzusammenhänge, die denen man mit Freunden, geliebten Menschen und/oder den eigenen Nachkommen zusammenlebt. Wieweit solche Institutionen geeignet sind, die Sphärentrennung dennoch aufzuheben oder ob sie in mehr oder weniger stark modifizierter Form weiter existieren würde, wird noch kritisch zu fragen sein.

Im Kapitalismus wird die Produktion überwiegend privatwirtschaftlich organisiert, und die produzierenden Unternehmen verfolgen alle dasselbe Ziel: Profit zu machen, also Geld in mehr Geld zu verwandeln. Alles was sie tun, ist diesem Ziel untergeordnet. Wenn sie nützliche Güter herstellen, die die Bedürfnisse der Menschen erfüllen, die sie sich kaufen, dann nur als Mittel zum Zweck. Eine postkapitalistische Gesellschaft muss sich um andere Ziele drehen – solange der Profit noch das allgemeine Ziel ist, kann man sich sicher sein, noch im Kapitalismus zu leben. Wenn sich die Bedürfnisse der Menschen in Zukunft allerdings einem ganz anderen, aber ebenso willkürlichen Ziel unterordnen müssten, wäre wenig gewonnen. Ein echter Bruch, eine allgemein lebenswerte Gesellschaft, setzt vielmehr voraus, dass das Überleben, die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen – und zwar aller Menschen! – selbst zum allgemeinen Zweck der gesellschaftlichen Organisation werden, statt nur Mittel für einen anderen Zweck zu sein.

Auf welcher Grundlage ist eine „Kooperation auf Augenhöhe“ (Prinzip 3) zu diesem Zweck der allgemeinen Bedürfnisbefriedigung denkbar? Zwei weitere Voraussetzungen scheinen mir hier nötig zu sein. Zum einen das Prinzip der „Privilegienablehnung“ (no privilege): die Bedürfnisse aller sind gleichermaßen ernst zu nehmen, niemand kann erwarten, dass seine Bedürfnisse über die der anderen gestellt werden. Das heißt unter anderem, dass die gesellschaftlichen Reichtümer – die Gaben der Natur und die Werke früherer Generationen – allen gleichermaßen zustehen. Niemand kann einen überdurchschnittlichen Anteil daran beanspruchen, etwa mit der Begründung, diesen aus dem Kapitalismus „geerbt“ oder sich „verdient“ zu haben. Solche tradierten Privilegien sind rigoros zurückzuweisen, ebenso wie Versuche, sich selber oder anderen besondere Privilegien zuzusprechen mit Verweis auf persönliche Charakteristika – sei es Intelligenz, Körpergröße, Augenfarbe, Abstammung oder was sonst sich Menschen als vermeintlich relevante Unterscheidungsmerkmale einfallen lassen mögen.

Zur Privilegienablehnung gehört aber auch, dass niemand aufgrund ihrer Charakteristika oder spezifischen Situation benachteiligt werden darf (von selbst bewusst herbeigeführten Situationen einmal abgesehen). Eine rein formale Gleichheit, die etwa von allen verlangt, dass sie Treppen benutzen, unabhängig davon, ob sie dazu überhaupt in der Lage sind, lässt sich so also nicht rechtfertigen. Im Gegenteil können besondere gesellschaftliche Anstrengungen nötig sein, um etwa die ebenbürtige gesellschaftliche Teilhabe von „behinderten“ und alten Menschen zu ermöglichen.

Privilegien sind eine Seite der Medaille, Vorurteile die andere. Die zweite Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe aller auf Augenhöhe ist daher das Prinzip der „Vorurteilsablehnung“ (no prejudice). Wo einigen aufgrund ihnen zugeschriebener Charakteristika – ob als Frau, als Mann, als Transsexuelle, aufgrund der eigenen sexuellen Orientierung, Hautfarbe oder Abstammung – nicht zugetraut oder gestattet wird, Dinge zu tun, die anderen zugetraut und gestattet werden, da ist keine Interaktion auf Augenhöhe möglich. Vorurteile sind oft unbewusst und also solche schwer zu überwinden, doch muss ein bewusster Umgang mit ihnen und ihre konsequente Zurückweisung jedenfalls zu den Zielen einer Gesellschaft gehören, die die oben genannten Prinzipien erfüllen will.

Ein weiteres Prinzip, dass sich einfach daraus ergibt, dass das Gegenteil nicht gerechtfertigt werden kann, ist dass es „keine unnötigen Einschränkungen“ geben sollte. Niemand darf daran gehindert werden, etwas zu tun, wenn es nicht sehr gute Grunde dafür gibt, sie daran zu hindern. Umgekehrt hat aber auch niemand das Recht, andere zu etwas nötigen, was sie nicht wollen. Ein guter Grund für Einschränkungen kann auch vorliegen, wenn ein ernsthaftes Risiko besteht, anderen gegen ihren Willen Schaden zuzufügen. Etwa dann, wenn man potenziell gefährliche Dinge tut, ohne zuvor nachgewiesen zu haben, dass man sie beherrscht, oder ohne normale Kontrolle über den eigenen Körper zu haben (Autofahren ohne vorige „Fahrprüfung“ oder unter Alkohol/Drogen). Kein guter Grund liegt hingegen vor, wenn alle Beteiligen einverstanden sind (konsensueller Sex) oder man sich nur selber schädigen kann (Drogenkonsum).

Ein solches Leitprinzip kann gesellschaftliche Debatten darüber, welche konkreten Einschränkungen nötig sind, natürlich nicht ersetzen – wann genau werden andere geschädigt und wann ist das Schadensrisiko hoch genug, dass eine Einschränkung gerechtfertigt werden kann? Es stellt diese Debatten aber auf eine Grundlage, die über das formale Mehrheitsprinzip („die Mehrheit hat immer recht“) hinausgeht. Qua Mehrheitsprinzip wurden und werden diskriminierende Einschränkungen wie die Kriminalisierung konsensueller homosexueller Handlungen und tief in individuelles Verhalten eingreifende Einschränkungen wie das Alkoholverbot der US-amerikanischen Prohibitionszeit beschlossen. Es allein kann also nicht zur Legitimation von Einschränkungen als ausreichend betrachtet werden, denn warum die Mehrheit Minderheiten ohne guten Grund reglementieren können sollte ist genauso wenig einzusehen wie die Umkehrung.

Aus der Privilegienablehnung folgt, dass alle Naturgüter als Commons anzusehen sind, da niemand exklusive Kontrolle über sie beanspruchen kann. Aus der Ablehnung unnötiger Einschränkungen folgt, dass dasselbe für das Wissen der Menschheit und alle Arten von Informationsgütern gilt. Denn wenn ich Information nutze, schade ich anderen nicht – egal ob ich eine wissenschaftliche Theorie auf ein Problem anwende, eine technische Erfindung nachbaue, einen Film anschaue, eine Software installiere, einen Song remixe oder ein Buch lese oder übersetze. Das gilt allerdings nur für Informationen, die schon in Umlauf sind – wenn ich einen Song schreibe, den ich nicht verbreitet haben möchte (vielleicht weil ich unzufrieden damit bin), haben andere kein Recht dazu, ihn hinter meinem Rücken trotzdem zu verbreiten. Sobald ich den Song aber in Umlauf gebracht habe, habe ich kein Recht mehr, andere daran zu hindern, ihn sich nach eigenem Gutdünken anzueignen.

Damit ist eine Reihe von Voraussetzungen formuliert, die meiner Ansicht nach für eine Gesellschaft wesentlich sind, die einen konsequenten Bruch mit der Profitmaximierungslogik des Kapitalismus darstellen würde und nicht lediglich „die ganze alte Scheiße“ (MEW 3: 35) in mehr oder weniger variierter Form wiederherstellen oder andere unerwünschte Effekte herbeiführen würde. Darüber wie eine solche Gesellschaft konkret funktionieren könnte, ist damit allerdings noch fast nichts gesagt. Das soll in den folgenden Artikeln Thema sein.

(Fortsetzung: Die umfassende Quasi-Flatrate)

Literatur

  • Marx, Karl und Friedrich Engels (1956–1990): Werke. 43 Bände. Berlin: Dietz. Abgekürzt als MEW <Bandnummer>.
  • Siefkes, Christian (2008): Beitragen statt tauschen. Neu-Ulm: AG SPAK Bücher. URL: peerconomy.org/text/peer-oekonomie.pdf
  • Siefkes, Christian (2014): Wie der Kapitalismus entstand. Streifzüge 60. Erscheint demnächst.
  • Wood, Ellen Meiksins (2002): The Origin of Capitalism. London: Verso
From: keimform.deBy: Christian SiefkesComments

Electric Book quick dips

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Dank Produktivkraftentwicklung zur neuen Gesellschaft?

Illustration aus der Oya 8 zu meinem Artikel 'Eine Welt ohne Geld?' (zum Vergrößern klicken)Trägt jede Produktionsweise ihren eigenen Untergang in sich? Führten die inneren Widersprüche des Feudalismus dazu, dass der Kapitalismus entstand und ihn schließlich ersetzte? Und sorgen dementsprechend auch Entwicklungen innerhalb des Kapitalismus dafür, dass er sich selbst den Boden entzieht und zugleich den Weg für eine neue, zuvor noch nicht realisierte und realisierbare Produktionsweise bereitet?

In letzter Zeit war ich von einem solchen logischen Zusammenhang zwischen zeitlich aufeinanderfolgenden Produktionsweisen ausgegangen. Eine Reihe von Überlegungen, die vor allem durch Ellen Meiksins Woods Buch The Origin of Capitalism (2002) ausgelöst wurden, hat dazu geführt, dass ich diese Annahme nicht mehr plausibel finde.

Ein beliebter Ausgangspunkt für die These, dass dem Kapitalismus seine inneren Widersprüche zum Verhängnis werden müssen, ist das „Maschinenfragment“ aus den Grundrissen von Karl Marx (MEW 42, 590ff). Die Produktivkraftentwicklung führt dazu, dass immer leistungsfähiger werdende Maschinen die „lebendige“ Arbeit von Menschen im unmittelbaren Produktionsprozess mehr und mehr ersetzen. Für das einzelne kapitalistische Unternehmen ist dies ein Mittel, Kosten zu sparen und sich gegenüber der Konkurrenz einen Vorteil zu verschaffen. Dieser ist allerdings nicht von Dauer, denn die Konkurrenz muss nachziehen, um nicht auf der Strecke zu bleiben. Auf Dauer untergraben die konkurrierenden Kapitalien damit ihre eigene Grundlage, denn die Kapitalvermehrung setzt die Ausbeutung lebendiger Arbeit voraus, und diese wird durch die Rationalisierungen beständig reduziert. (Natürlich ist auch für die Produktion der Maschinen lebendige Arbeit nötig, jedoch weniger als durch ihren Einsatz gespart wird – andernfalls würde er sich nicht rechnen.)

Manche Autoren (z.B. Lohoff und Trenkle 2012) schließen daraus, dass der Kapitalismus sich durch die zunehmende Automatisierung seine eigene Grundlage (die Verwertung menschlicher Arbeit) entzieht und so in eine Dauerkrise gerät, aus der er nicht mehr herauskommen kann. Auch wenn das empirisch derzeit eine gewisse Plausibilität besitzt, ist es theoretisch nicht überzeugend, da Produktivkraftsteigerung nur dazu führt, dass bestimmte Güter mit weniger Aufwand hergestellt werden können als zuvor. Die Menge der insgesamt zirkulierenden Güter ist aber nicht konstant, sondern nimmt im Kapitalismus immer weiter zu.

Die Kapitalistinnen (in diesem Text verwende ich weibliche und männliche Formen zufällig im Wechsel) können ihre Verwertungsprobleme also tendenziell dadurch lösen, dass sie vorhandene Märkte ausweiten oder neue Märkte erschließen. Ob dies auf Dauer in ausreichendem Maße praktikabel ist, um den Rationalisierungseffekt auszugleichen und die insgesamt verwertete menschliche Arbeit mindestens konstant zu halten, ist eine offene Frage. Zumindest theoretisch besteht diese Möglichkeit aber, weshalb der Kapitalismus hier nicht notwendigerweise an eine Grenze kommt.

Meine eigenen Überlegungen der letzten Jahre (z.B. Siefkes 2012 sowie 2013) bezogen sich daher zwar ebenfalls auf diese Thematik, aber von der anderen Seite aus betrachtet – der der menschlichen Bedürfnisse. Produktivkraftsteigerung führt dazu, dass ungefähr gleichbleibende Bedürfnisse mit immer weniger Arbeit befriedigt werden können. Dass jeder Mensch einen Großteil des Lebens mit Arbeit verbringen muss, nur um den eigenen „Lebensunterhalt“ zu sichern, wird so immer mehr zu einer lediglich absurden Konsequenz der kapitalistischen Gesellschaftsform. Würden die vorhandenen Produktivkräfte zum Wohle aller statt zur Kapitalverwertung eingesetzt, wäre sehr viel weniger Arbeit nötig, um allen einen hohen Lebensstandard zu ermöglichen.

Aber bedeutet das, dass der Kapitalismus so ungewollt auf seinen eigenen Untergang hinwirkt? Was theoretisch möglich wäre, braucht die Kapitalisten ja nicht zu jucken. Sie werden die Produktivkräfte weiter dafür einsetzen, wofür sie sie angeschafft haben – zur Kapitalvermehrung. Ändern könnte das nur eine revolutionäre Bewegung, die die Kapitalien enteignet und die Produktion auf Basis der angeeigneten Produktionsmittel selbst in die Hand nimmt, doch davon ist weit und breit nichts zu sehen.

Meine Perspektive bezog sich daher statt auf die Übernahme der vorhandenen Produktionsmittel eher auf die Schaffung neuer, die ohne große Geldmittel und also ohne „Kapital“ aufgebaut und genutzt werden können. Das bedeutet im Vergleich zur heutigen Massenproduktion eine starke Dezentralisierung, denn große Fabriken können schwerlich von kleineren, auf die eigene gemeinsame Bedürfnisbefriedigung ausgerichteten Gruppen aufgebaut und betrieben werden. Im Bereich der Wissensproduktion funktioniert das ganz gut. Mit einem halbwegs aktuellen PC oder Laptop hat fast jede schon ein Produktionsmittel zuhause, das den in den größten IT-Firmen wie Apple, Microsoft und Google eingesetzten Produktionsmitteln nahezu ebenbürtig ist.

Anders sieht es bei der materiellen Produktion aus. Zwar tut sich in letzter Zeit einiges in Richtung dezentraler und ohne großen Hürden nutzbarer Produktionsmittel. Stichworte dafür sind „desktop fabrication“ – produktive Maschinen wie 3D-Drucker auf dem häuslichen Schreibtisch – sowie FabLabs und andere offene Werkstätten mit computergesteuerten Maschinen wie Lasercuttern oder CNC-Fräsen, die zum Experimentieren einladen. Über das Stadium des Experimentierens und der Erstellung von Prototypen und Kleinstserien sind zumindest die bezahlbaren unter diesen Geräten allerdings noch nicht herausgekommen – für eine Produktion in großem Stil rechnen sie sich im Kapitalismus nicht.

Für die Perspektive der Überwindung des Kapitalismus dank fortschreitender Produktivkraftentwicklung gibt es an dieser Stelle zwei Möglichkeiten. Entweder sorgen die dem Kapitalismus inhärenten Tendenzen dafür, dass diese dezentralen Werkzeuge so stark weiterentwickelt werden, bis sie der kapitalintensiven Massenproduktion ebenbürtig oder überlegen sind. Aber – vorausgesetzt, dass dies überhaupt möglich ist – woher sollte eine solche Tendenz kommen? Die reale Entwicklung der Produktivkräfte, wie sie etwa in faszinierender Weise in dem Buch Arbeitsfrei von Constanze Kurz und Frank Rieger (2013) beschrieben wird, zeigt in eine andere Richtung. Menschliche Arbeit wird zwar immer mehr durch Maschineneinsatz ersetzt, doch passiert dies auf industriellem Niveau – die Maschinen selbst werden keineswegs kleiner und zugänglicher, eher im Gegenteil.

Die Alternative ist, dass die für die neue Produktionsweise nötigen Produktionsmittel zwar im Kapitalismus entwickelt werden, aber nicht im Dienste der Kapitalverwertung, sondern im privaten und Hobbybereich. Also von Bastlerinnen, „Hackern“, „Makerinnen“ und anderen, die mit Kapitalverwertung nichts am Hut haben oder sie sogar überwinden wollen. Allerdings beißt sich hier die Katze ein wenig in den Schwanz: die neue, dezentrale und bedürfnisorientierte Produktionsweise setzt einerseits die dafür passende Technik voraus, andererseits müsste die Entwicklung dieser Technik dann selbst schon Ergebnis dieser Produktionsweise (zumindest in prototypischer Form) sein.

Das ist zwar logisch nicht unmöglich, da aus kleinen Anfängen durchaus etwas Großes folgen kann. Mit dieser zweiten Alternative (die mir, wenn überhaupt, plausibler erscheint) haben wir uns jedoch schon von der Vorstellung verabschiedet, dass der Kapitalismus selbst an seinem Grab schaufelt.

Ellen Meiksins Wood (2002) nähert sich dem Kapitalismus von der anderen Seite her – ihr Thema ist nicht sein mögliches Ende, sondern seine Entstehung (eine ausführliche Darstellung und Diskussion ihrer Erkenntnisse erscheint in der nächsten Ausgabe der Streifzüge: Siefkes 2014). Dabei arbeitet sie überzeugend heraus, dass seine Entwicklung keineswegs eine notwendige Konsequenz der inneren Widersprüche des Feudalismus war. Logisch notwendig war zwar offensichtlich, dass er sich aus dem damaligen System heraus entwickeln konnte. Dass er dies tatsächlich tat, war jedoch keineswegs zwingend, sondern Ergebnis historischer Zufälle – es hätte auch ganz anders kommen können.

Der Kapitalismus entstand zunächst in Großbritannien und trat von dort seinen Siegeszug in alle Welt an. Verfechter der historischen Notwendigkeit müssen das für ein eher unwichtiges Detail halten. Die Zeit war damals eben „reif“ für den Kapitalismus, wäre die Situation in England eine andere gewesen, dann wäre er in einem anderen der europäischen Feudalstaaten aufgetaucht. Wood bestreitet dies. Ihren Erkenntnissen nach hätte es auch andere Fortschreibungen des Feudalismus geben können. Sie findet keine Anzeichen dafür, dass andere Staaten ebenfalls kurz vor der „Erfindung“ des Kapitalismus standen, stattdessen wurden sie erst durch die Interaktion und Auseinandersetzung mit dem sich bereits kapitalisierenden Großbritannien auf diesen Weg gebracht. Ohne die ganz spezifische Situation in England, die die kapitalistische Profitmaximierungslogik in Gang setzte, wäre dieses System vielleicht nie entstanden.

War der Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus also keineswegs zwingend, dann ist es zumindest naheliegend, dass der Übergang vom Kapitalismus zum „Postkapitalismus“ ebenso wenig vorgezeichnet ist. Eine postkapitalistische Gesellschaft wird es zwar geben, denn es gibt keine plausiblen Argumente dafür, dass der Kapitalismus im Gegensatz zu allen Gesellschaften, die vor ihm kamen, „ewig“ halten, also „das Ende der Geschichte“ darstellen könnte. Doch wie diese Gesellschaft aussehen und welcher Logik sie folgen wird, ist heute noch nicht klar.

Dass die vom Kapitalismus selbst vorangetriebene Produktivkraftentwicklung ihm früher oder später zum Verhängnis werden und die Menschheit aus der kapitalistischen Logik hinaus in eine bessere Gesellschaft katapultieren wird, ist nicht zu erwarten. Nicht die Produktivkraftentwicklung führt zu neuen Produktionsweisen, sondern die praktizierte Produktionsweise treibt die Produktivkräfte in die für sie passenden Richtungen voran. Der ab dem 16. Jahrhundert in der britischen Landwirtschaft beginnende Produktivitätsschub und die „industrielle Revolution“ waren selbst schon Ergebnisse der Entwicklung des Kapitalismus und nicht etwa seine Voraussetzung, wie Wood zeigt.

Im Folgenden soll daher mein Augenmerk statt auf der technischen Entwicklung wieder auf sozialen Modellen der Zusammenarbeit liegen, die den Kapitalismus „auskooperieren“ und perspektivisch überwinden können. Dabei soll es auch darum gehen, wie sich solche Formen der gemeinsamen bedürfnisorientierten Re/produktion aus dem Kapitalismus heraus entwickeln können.

Fortgeschrittene Technik sollte dafür zwar hilfreich, aber nicht notwendig sein. Und wenn man mit Wood davon ausgeht, dass die Produktivkräfte ein Ergebnis der Produktionsweise sind und nicht andersherum, heißt das, dass eine postkapitalistische Produktionsweise zunächst mit dem anfangen muss, was schon da ist, also der vom Kapitalismus hervorgebrachten Technik. Sie wird diese gemäß ihren eigenen Bedürfnissen weiterentwickeln und verändern, doch kann dies nur Ergebnis der Verbreitung der neuen Produktionsweise sein, nicht aber ihre Voraussetzung.

(Fortsetzung: Voraussetzungen für allgemeine bedürfnisorientierte Re/produktion)

Literatur

  • Kurz, Constanze und Frank Rieger (2013): Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen. München: Riemann
  • Lohoff, Ernst und Norbert Trenkle (2012): Die große Entwertung. Münster: Unrast
  • Marx, Karl und Friedrich Engels (1956–1990): Werke. 43 Bände. Berlin: Dietz. Abgekürzt als MEW <Bandnummer>.
  • Siefkes, Christian (2012): Produzieren ohne Geld und Zwang. In Raul Zelik und Aaron Tauss (Hg.): Andere mögliche Welten? Hamburg: VSA. URL: keimform.de/2011/produzieren-ohne-geld-und-zwang/
  • Siefkes, Christian (2013): Freie Quellen oder wie die Produktion zur Nebensache wurde. In jour fixe initiative berlin (Hg.): „Etwas fehlt“ – Utopie, Kritik und Glücksversprechen. Münster: edition assemblage. URL: keimform.de/2013/freie-quellen-1/
  • Siefkes, Christian (2014): Wie der Kapitalismus entstand. Streifzüge 60. URL: keimform.de/2014/wie-der-kapitalismus-entstand/. Erscheint demnächst.
  • Wood, Ellen Meiksins (2002): The Origin of Capitalism. London: Verso
From: keimform.deBy: Christian SiefkesComments

On future (and current) lives without money …

Justin Morgan has a short summary of certain arguments, themes and projects in the developing solidarity economy that all recogise the importance of substituting monetary values, relationships and structures with non-monetary economic institutions. If you're a Marxist or anarchist — I am both and other things besides, such as a womens' liberationist — you might ignore some of the simplistic references to your position, especially in the introduction but do read on: The solidarity economy as a strategy for revolution.

Also, published online earlier this month for a future edition of Capitalism Nature Socialism (2014) is Andreas Exner's Degrowth and demonetization: On the limits of a non-capitalist market economy. Again, if you're an advocate you might take issue with the definitions and description Andreas has for degrowth, but the discussion is well worth a read. Andreas is a very active member of the demonetization movement, see Demonetize it!

Digitising the Revolution: Cheap Life Without Money eBook

Recently Life Without Money: Building Fair and Sustainable Economies has been digitised and is now available as an eBook. You now buy it for your e-reader and for a limited time — just until 31 March 2014 — it is on sale via the Kindle Store, Kobo and Nook at a special introductory discount price of just £10 (i.e. Pluto’s RRP).

This release is one of the first thirty back titles to be digitised by Pluto Press, under the banner 'The revolution will be digitised'. To see these classic and recent books, all available cheaply as an introductory offer, access the Ebook Backlist Catalogue — and Pluto Press's other catalogues — here.

Digital editions have unique ISBNs. The ones for Life Without Money are: 9781783711000 (ePub) and 9781783711017 (Kindle).

Degrowth and Demonetization: On the Limits of a Non-Capitalist Market Economy

Recently, the journal “Capitalism, Nature, Socialism” published an article by Andreas Exner on the relation between degrowth and demonetization. The paper highlights the limits of common conceptions of a market economy withoug capitalism and rather argues for demonetization as promoted by the platform demonetize.it

The abstract:

Money, by definition the dominant form of wealth, does not satisfy any sensual need but is pure social power – an abstract form of wealth. Thus, moneymaking has no inherent limitation, and  agents in a market economy prefer profit to mere cost coverage. In this type of economy, money necessarily is the marker for success in status competition and is required for participation in wealth. Economic agents thus compete for money, from which the endless accumulation of profits and the drive for economic growth follow.

Money, markets, and exchange are not superhistorical features of society. On the contrary, the market economy, which is centered on exchange, was created by force together with the capital relation, i.e. wage labor, and state power. Before the capitalist mode of production became dominant, exchange was not a decisive form of societal metabolism. Instead, reciprocity, redistribution, and subsistence were central.

The organic relation between money, market, and capital is evident on the level of the logical structure of the capitalist mode of production as analyzed by Karl Marx. It can further be illustrated by real socialism and conceptions of market socialism. Degrowth consequently requires demonetization. Money, markets, and exchange must be transcended without relying on state power to achieve this “great transformation”.

 

Postwachstum und Demonetarisierung: Die Grenzen einer nicht-kapitalistischen Marktwirtschaft

von Andreas Exner Vor Kurzem veröffentlichte die englischsprachige Fachzeitschrift “Capitalism, Nature, Socialism” hier meinen Artikel zu Postwachstum und Demonetarisierung. Darin erkläre ich die Konturen der Demonetarisierungsdebatte, die vor allem auf der Plattform demonetize.it und ihren Partnerinnen vorangetrieben wird. Kurz zusammengefasst … Continue reading
From: social-innovation.orgBy: Andreas ExnerComments

Netzwerke und Stigmergie

neues-deutschland[Erschienen in der Kolumne »Krisenstab« im Neuen Deutschland vom 3.2.2014]

Stefan Meretz über die Prinzipien einer neuen Gesellschaft

Commons sind gemeinschaftlich hergestellte oder gepflegte Güter. Weltweit gibt es zahlreiche erstaunliche Projekte, vom bekannten Wikipedia online bis zum Landmaschinenbau offline. Die Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom hat ihre Erfolgsbedingungen analysiert. Dazu gehört, dass die Commons jenseits von Markt und Staat operieren. Für Ostrom waren Commons stets nur eine Ergänzung neben Markt und Staat. Weitergehende Ansätze sehen in ihnen hingegen Keimformen einer neuen Produktionsweise, die verallgemeinerbar ist.

Kann man mit Commons eine ganze, eine freie Gesellschaft machen? Ohne Markt und Staat und Zentralplanung? Um eine freie Gesellschaft konzeptionell denken zu können, sind drei jeweils für sich gut erforschte Zutaten erforderlich: Netzwerke, polyzentrische Selbstorganisation und Stigmergie.

Ein Netzwerk ist eine alternative Metapher zu Markt und Plan. Beim Markt wissen die einzelnen Akteure nicht, was die anderen tun. Erst im Nachhinein stellt sich heraus, ob die Produktion auch Abnehmer findet. Der Plan basiert auf Annahmen über Bedürfnisse, die sich allerdings permanent ändern. Seine hierarchische Struktur ist unflexibel. Ein Netzwerk hingegen ist dann fehlertolerant und flexibel, wenn die einzelnen Knoten (die Akteure) eigenständig agieren können. Das passt zu den Commons, die auf der Selbstorganisation basieren.

Am Anfang wachsen Netzwerke langsam. Jeder neue Akteur steckt zunächst mehr Aufwand rein, als er vom Netzwerk an Nutzen zurückbekommt. Doch der Netzwerkeffekt sorgt dafür, dass ab einer bestimmten Schwelle der Nutzen den Aufwand übersteigt, das Netzwerk sich also selbst trägt und sich mit hoher Geschwindigkeit ausdehnt.

Das Netzwerk wächst jedoch nicht gleichförmig, sondern es bildet polyzentrische Strukturen aus. Es gibt einige Knoten, die besonders viele Verbindungen haben und wichtige Funktionen übernehmen. Das hat auch Elinor Ostrom bei großen Commons-Systemen beobachtet und festgestellt: Viele organisierende Zentren in einem Netzwerk sind für die Gesamtleistung besser als eine hierarchische Struktur. Hinzu kommt die lokale Selbstorganisation, die dafür sorgt, dass sich das Netzwerk an veränderte Anforderungen anpassen kann.

Bleibt als dritte Zutat die Stigmergie. Ihr kommt eine Schlüsselstellung zu, sorgt sie doch für die Verbindungen zwischen den Akteuren im Netzwerk. Im Begriff Stigmergie steckt das Wort Stigmata, das Zeichen. Lokale Zeichen werden genutzt, um die globale Funktion eines Systems zu organisieren. Untersucht wurden stigmergische Effekte zuerst für Termiten. Diese relativ einfachen Insekten erstellen große Bauwerke völlig ohne zentralen Plan. Allein die lokalen Duftzeichen erzeugen eine Kollektivaktivität, die in der Summe die faszinierenden Bauwerke ergibt.

Welche Leistungen können erst Menschen hervorbringen, wenn sie ihre lokalen Zeichen bewusst setzen! Bei Wikipedia etwa gibt es die roten Links, die signalisieren: Hinter diesem Link gibt es noch keinen Artikel. Wer zum genannten Begriff Bescheid weiß, klickt auf den Link und schreibt den Artikel. Auf diese Weise ist eine ganze freie Enzyklopädie entstanden.

Das grundlegende Prinzip der Stigmergie ist die Selbstauswahl. Aufgaben werden nicht zugewiesen wie etwa in einem hierarchischen System, sondern jede/r assoziiert sich selbst zu einer Gruppe, die sich eine bestimmte Aufgabe vorgenommen hat. So finden im Mittel die richtigen Menschen zu den passenden Aufgaben. Die untersuchten Beispiele zeigen, dass das außergewöhnlich gut funktioniert. Eine zentrale Einsicht ist: Stigmergie wirkt als Mechanismus der lokalen Selbstzuordnung mit dem Ziel der übergreifenden Selbstorganisation dann besonders gut, wenn sowohl Aufgaben wie Akteure ausreichend unterschiedlich und in großer Zahl vorhanden sind. Stigmergie funktioniert vor allem für sehr große Systeme – wie etwa eine Gesellschaft.

Netzwerke als geeignetes topologisches Prinzip der gesellschaftlichen Aufgabenteilung, polyzentrische Strukturierung als Prinzip adaptiver Selbstorganisation und Stigmergie als Prinzip bedürfnisbasierter Vergesellschaftung – so kann eine freie Gesellschaft auf der Grundlage von Commons und ohne Kapitalismus gehen.

Übrigens: Polyzentrische stigmergische Netzwerke sind resilient, also besonders krisenfest. Etwas, das wir angesichts der bevorstehenden Krisen durchaus gebrauchen können.

From: keimform.deBy: Stefan MeretzComments

Third World examples of life without money

Terry Leahy, the author of one of the chapters in Life Without Money, and his sister Gillian Leahy recently produced a documentary film on a project in villages in Zimbabwe that Terry has been involved with for many years.

Terry has written an article, 'The Chikukwa project', analysing the transformation of these villages as an example of a hybrid of the gift economy and capitalism. The article, along with a slide show of photos and PowerPoints about the project, is available free at his site:

http://www.gifteconomy.org.au

There have been numerous screenings of the doco in Australia and you can download it here (for $12):

http://thechikukwaproject.com

Wer macht aus dieser Idee einen Film?

Seit langem frage ich mich, wie man die frage eines aufhebens der warenform ohne diese beiden hochtheoretischen vokabeln popularisieren kann. Jüngst kam mir die idee zu einer filmischen komödie mit vielen liebenswerten absurditäten, wie sie “Good Bye, Lenin” und andere zu bieten haben.

Idee: 50 ausgewaehlte männlein und weiblein bereiten sich bei der DLR (Deutsches Zentrum fuer Luft- und Raumfahrt) darauf vor, mit dem raumschiff “Maiblume” (!) auf den mars zu fliegen, um dort die erste bleibende menschliche kolonie zu gründen. Die leute sind bei der DLR angestellt, beziehen dort ihr gehalt. Chefcoach während der einjährigen vorbereitung ist ein Ulf Marsbold. Sie dürfen persönliches gepäck mitnehmen.

Da fragt eine teilnehmerin ganz treuherzig, wieviel geld sie mitnehmen sollte. Ob 1000 euro ausreichen. Oder ob die kreditkarte besser wäre. Und ob es einen bankomat auf dem mars geben werde. Als Marsbold ihr das mit dem geld ausreden will, meint einer, aber wenn ich mal um der ecke einen döner kaufen will, oder shopping gehen, wenn ich neue schuhe brauche. Einer wirft die frage auf, ob man auch ein paar handschellen mitnehmen sollte für den fall, dass einer oder eine der mit ihm zusammen sitzenden teilnehmer kriminell würden. Usw.

Irgendwann fliegen die in einem ding à la starwars, nur übertriebener.

Auf dem mars machen die sich am anfang kummer, ob ihr gehalt auch weiterhin auf ihr irdisches konto gezahlt wird, wie es mit der krankenversicherung, der rente sein wird. Ob sie monatlich eine reisekostenabrechnung per email an die DLR schicken müssen.

Währenddessen bauen sie ihr marsianisches dschungelcamp immer weiter aus: Seid fruchtbar und mehret euch und macht euch den mars untertan. Von der erde kommt kein nachschub, keine post, kein einziger besuch. Der start der maiblume war so teuer, dass die DLR bankrott ging, die schuldenbremse hindert jede weitere neugründung der DLR und die fortsetzung der raumfahrt. Die 50 sind beim bankrott wie alle andern mitarbeiter entlassen worden. Die bank kündigt die konten, weil kein gehalt mehr eingeht. Beim arbeitsamt fliegen sie aus den listen, weil sie nicht persönlich erscheinen.

Die zeit vergeht. Das marscamp ist schon doppelt so groß. Einer hatte damals doch ein paar euros mitgebracht, jetzt spielen die kinder damit kaufladen. Die eltern erzählen ihnen, wie das damals auf der erde war. In video-telefonaten mit den alt gwordenen freunden auf der erde wird von dort gefragt, wie sie das auf dem mars alles finanzieren können, welche investoren sie haben, wie teuer das sei. Immer wieder basses erstaunen, wenn die marsianer erklären, das hätten sie so ganz ohne investoren und geld gemacht. Sie würden das halt eben diskutieren, sie würden absprechen, wer was machen kann, welche ressourcen und maschinen sie haben und dann ging’s los. Sie hätten ja auch viele GByte mit konstruktionsplänen, arbeitsanleitungen, prozessbeschreibungen mitbekommen. Darauf würden sie auch zugreifen.

Der alte Ulf marsbold versucht immer wieder, sich als irdischer chef der marsianer aufzuspielen, die lachen sich aber halbtot darüber, vor allem die junge generation. usw.

Auf der erde fragt man sich, wie die das bloß machen. Die marsianer hauen einiges ins internet, twittern rum, spielen ihre debatten bei youtube rein, sie stecken die alten konstruktionspläne ganz offen ins netz, auch die spezifikationen ihrer maschinen, wie sie damit umgehen, und alles, was sie neu machen, wie sie es machen. Die vom verfall aller ökonomie geplagten irdischen lesen, sehen das alles, und die jungen fangen an, das genauso zu machen.

The end: Noch ne generation weiter. Einige der marsianer wollen endlich mal die frische luft auf der erde schnuppern, nicht immer den mief in der verkapselten kolonie. Sie bauen eine maiblume II und fliegen zur erde, mitten hinein in den aufbruch der irdischen. Sie kommen an, als die irdischen sich gerade anschicken, alle finanzprogramme auf ihren computern zu löschen bis auf ein paar für die museen.

Soweit die idee.

Leute werden gesucht, die daraus einen richtig witzigen film machen!

From: keimform.deBy: lupusComments