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Wie es den Kapitalismus zum Commonismus treibt

Neues Deutschland[Dieser Artikel ist in der heutigen Ausgabe des Neuen Deutschlands unter dem (vom der Redaktion veränderten) Titel „Vorwärts zum Commonismus“ erschienen.]

Stellen wir uns eine Welt vor, in der Produktion und Reproduktion bedürfnisorientiert zum Wohle aller stattfinden, organisiert von Menschen, die sich niemandem unterordnen müssen und sich freiwillig in die erforderlichen Tätigkeiten teilen. Ich nenne eine solche Gesellschaft Commonismus, weil ich glaube, dass darin die Commons, die Gemeingüter, eine wichtige Rolle spielen werden.

Man mag einwenden, dass eine solche Gesellschaft unmöglich ist, weil es sie noch nicht gab und weil sie der Natur des Menschen widerspricht. Doch daraus, dass es etwas noch nicht gab, kann man nicht schließen, dass es unmöglich ist; und Argumente zur „Natur des Menschen“ übersehen, dass die Menschen nicht nur die Gesellschaft machen, sondern umgekehrt auch durch die Gesellschaft beeinflusst und geprägt werden. Ändern sich die Strukturen, ändert sich auch das Verhalten der Menschen.

Der Commonismus bliebe allerdings eine abstrakte Idee, wenn er nicht das Zeug hätte, aus der heutigen Gesellschaft, dem Kapitalismus, heraus zu entstehen. Karl Marx sagte dazu, dass „die materiellen Existenzbedingungen“ neuer Produktionsverhältnisse „im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet“ werden müssen.

Eine commonistische Gesellschaft hat meiner Ansicht nach zwei wesentliche Voraussetzungen, deren Entwicklung durch die kapitalistische Logik zum Teil begünstigt wird, während ihre vollständige Umsetzung im Widerspruch zum Kapitalismus steht: (1) Menschliche Arbeit verschwindet aus dem Produktionsprozess, sie wird durch Automatisierung und Selbstentfaltung ersetzt. (2) Der Zugang zu Ressourcen und Produktionsmitteln steht allen gleichermaßen offen.

Wie diese Voraussetzungen die Produktionsprozesse verändern, wird bislang im Bereich der digitalen Produktion von Software und anderen Informationsgütern am deutlichsten sichtbar. Die Freie-Software- und Freie-Kultur-Bewegung hat diesen Kernbereich der modernen Produktion so grundsätzlich umgewandelt, dass bestimmte Märkte deutlich geschrumpft oder gar komplett verschwunden sind. Dies betrifft etwa Internetsoftware, Software für Programmierer/innen und Enzyklopädien. In diesen Bereichen haben sich frei verwendbare Programme wie Apache, Firefox, WordPress, frei nutzbare Programmiersprachen wie Python, Entwicklungsumgebungen wie Eclipse sowie die freie Internet-Enzyklopädie Wikipedia durchgesetzt. Konkurrenzangebote, die gemäß der üblichen kapitalistischen Logik nur käuflich erwerbbar sind, haben nahezu keine Chance mehr. Indem sie Märkte zum Verschwinden bringt, weist diese Bewegung über den Kapitalismus hinaus. Zugleich basiert sie aber auf Voraussetzungen, die im Kapitalismus entstehen und der kapitalistischen Logik zufolge entstehen müssen.

Ein Paradox des Kapitalismus ist, dass die menschliche Arbeit einerseits seine Grundlage ist, andererseits aber ein Kostenfaktor, den jedes Unternehmen möglichst stark reduziert. Arbeit ist Quelle des Mehrwerts und damit des Profits, doch zugleich kann jedes Unternehmen seinen Profit zumindest temporär dadurch erhöhen, dass es Arbeit einspart und so gegenüber seinen Konkurrenten einen Kostenvorteil erzielt. Arbeit in Billiglohnländer auszulagern, ist eine Möglichkeit zur Kostensenkung, doch noch besser ist es aus unternehmerischer Sicht, sie durch Maschineneinsatz oder durch von den Kund/innen freiwillig und unentgeltlich übernommene Tätigkeiten zu ersetzen.

Bis vor einigen Jahrzehnten ging der Einsatz von Maschinen und menschlicher Arbeit meist Hand in Hand, etwa bei der Fließbandarbeit. Doch mit zunehmender Automatisierung wird die menschliche Arbeit bei Routinetätigkeiten immer entbehrlicher. Übrig bleiben Arbeiten, die sich kaum automatisieren lassen, weil sie Kreativität, Intuition oder Einfühlungsvermögen erfordern. Deshalb ist in Bezug auf den modernen Kapitalismus oft von „Dienstleistungs-“ oder „Informationsgesellschaft“ die Rede, weil die meisten nicht automatisierbaren Tätigkeiten in diese Bereiche fallen.

Zudem werden Aufgaben an die Kund/innen selbst delegiert, was weitere Arbeitskräfte einspart. Dank Selbstbedienung brauchen Supermärkte weniger Verkäufer/innen; beim Online-Shopping und Online-Banking werden die Verkäufer bzw. Schalterangestellten ganz überflüssig; Ikea überlässt den Kund/innen das Zusammenbauen ihrer Möbel und spart so Personal und Transportkosten.

Doch diese Entwicklungen verändern zugleich den Charakter des Tuns. Als Angestellter arbeite ich, um Geld zu verdienen. Wenn ich jedoch meine eigenen Möbel zusammenbaue oder im Internet nach für mich geeigneten Produkten suche, dann interessiert mich das Ergebnis meines Tuns. Und durch die zunehmende Automatisierung werden langweilige Routinetätigkeiten, die man nur gegen (Schmerzens-)Geld erledigt, zunehmend durch kreativere und daher auch inhaltlich interessantere Tätigkeiten ersetzt.

Für letztere ist eine Bezahlung zwar (sofern man noch Geld braucht) ein netter Pluspunkt, aber – wie sich in den letzten Jahrzehnten zur Überraschung vieler Ökonom/innen gezeigt hat – keineswegs eine notwendige Bedingung. Seit das Internet es immer mehr Menschen ermöglicht, andere mit ähnlichen Interessen auch über größere Entfernungen hinweg zu finden, sind viele Projekte entstanden, in denen Menschen gemeinsam an Dingen arbeiten, die ihnen wichtig sind. Dazu gehören Freie Software, Freie Inhalte wie die Wikipedia und Open-Hardware-Projekte, in denen die Beteiligten gemeinsam materielle Dinge entwerfen und die Baupläne mit der ganzen Welt teilen. Beim Freifunk-Projekt, das freie Funknetzwerke aufbaut, und bei Gemeinschaftsgärten, wo Menschen gemeinsam städtische Freiflächen in offene Gärten umgestalten, steht dagegen die Zusammenarbeit vor Ort im Mittelpunkt. All diese Projekte haben zwei Grundlagen: zum einen die freiwillige, bedürfnisorientierte Zusammenarbeit der Beteiligten; zum anderen die Gemeingüter – Software, Wissen, Netzwerke oder Orte –, die sie nutzen, pflegen oder hervorbringen.

Manchen der Beteiligten geht es dabei ums Geldverdienen oder die Verbesserung ihrer Berufschancen, aber viele engagieren sich aus anderen Gründen: weil sie selbst an dem entstehenden Werk Interesse haben; weil sie dabei Aufgaben übernehmen können, die ihnen Spaß machen; oder weil sie den anderen etwas zurückgeben möchten (ohne dazu verpflichtet zu sein). Arbeit zum Zweck des Geldverdienens wird so ersetzt durch Tätigkeiten, die man gerne um ihrer selbst willen, aufgrund ihres Ergebnisses oder den anderen Beteiligten zuliebe übernimmt: Selbstentfaltung.

Möglich ist das nur, weil die Beteiligten Zugang zu den benötigten Produktionsmitteln – wie Computern und Internetzugang – haben. Das mag als Begrenzung dieser freien, commonistischen Produktionsweise erscheinen, da die Konzentration der meisten Produktionsmittel in den Händen weniger für den Kapitalismus charakteristisch ist. Gemeinschaftlich produzieren kann man Software und Wissen, wo nur kleine, schon weit verbreitete Produktionsmittel nötig sind, aber wie steht es um Dinge, die riesige Fabriken erfordern?

Glücklicherweise treibt auch hier die Produktivkraftentwicklung den Kapitalismus in eine Richtung, die seine eigene Überwindung erleichtert. Ähnlich wie die heutigen Personalcomputer Nachfolger der Millionen kostenden und Räume füllenden Großrechner des letzten Jahrhunderts sind, werden auch andere Produktionstechniken immer günstiger und für Einzelne oder kleine Gruppen erschwinglicher. Kostengünstige, aber flexible computergesteuerte (CNC) Maschinen ersetzen in der industriellen Produktion zunehmend schwerfällige Großanlagen. Gleichzeitig hat sich rund um diese Maschinen eine Bewegung von Hobbyisten gebildet – die sogenannte „Maker“-Szene –, die sie nicht zum Geldverdienen benutzen, sondern um bedürfnisorientiert zu produzieren, zu experimentieren und Spaß zu haben.

In diesem Kontext sind auch erste Open-Hardware-Projekte entstanden, die selbst solche Produktionsmaschinen entwerfen und ihr Wissen als Gemeingut teilen. Damit werden die Grundlagen für eine bedürfnisorientierte, auf Gemeingütern basierende Produktionsweise gelegt. Die Rückeroberung der Produktionsmittel hat begonnen.

From: keimform.deBy: Christian SiefkesComments

Berlin, Hamburg, München: Vortrag, Lesung, Seminar

Bei mir stehen in den kommenden Monaten einige Veranstaltungen in verschiedenen Teilen Deutschlands an.

Zunächst halte ich am kommenden Sonntag, 6. März um 18 Uhr einen Vortrag mit Diskussion im Rahmen der Veranstaltungsreihe „etwas fehlt“ der Jour Fixe Initiative Berlin. Veranstaltungsort ist die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) (Oranienstraße 25) in Berlin-Kreuzberg. Wie schon mehrmals in letzter Zeit geht es um Selbstorganisierte Fülle, wobei ich diesmal etwas detaillierter auf die Rolle der Produktivkraftentwicklung und das Verhältnis von Utopie und Kritik eingehen werde.

Einen Monat später nehme ich in Hamburg an den Lesetagen selbstgemacht – Vattenfall Tschüss sagen teil, die dieses Jahr erstmalig stattfinden, um gegen das mit den Hamburger Vattenfall-Lesetagen einhergehende Greenwashing zu protestieren und zugleich eine bessere Alternative zu bieten. Ich werde am Sonntag, 10. April um 16 Uhr in der Druckerei im Gängeviertel über Die Bewegung zu einer Welt ohne Geld lesen:

Wie könnte eine Welt aussehen, in der Produktion und Reproduktion bedürfnisorientiert zum Wohle aller stattfinden, organisiert von Menschen, die sich niemandem unterordnen müssen und sich freiwillig in die erforderlichen Tätigkeiten teilen? Eine Welt, in der es kein Geld, keinen Markt und keinen Staat mehr braucht, weil alle diese Institutionen überflüssig geworden sind? […] 

Christian Siefkes liest aus zwei aktuellen Texten, die sich damit beschäftigen, wie und warum die Peer-Produktion funktioniert und warum die Entwicklung des Kapitalismus selbst ihre weitere Ausweitung begünstigt – eine Entwicklung, die den Kapitalismus schließlich überflüssig machen wird und den Weg zu einer Welt ohne Geld eröffnet.

Eine Lesung habe ich noch nie gemacht – bin selbst gespannt. Das vorläufige Programm der selbstgemachten Lesetage gibt es online.

Am 21. Mai von 10 bis 18 Uhr findet dann schließlich in München (den genauen Ort kenne ich noch nicht DGB-Haus München, Schwanthalerstraße 64) ein vom DGB Bildungswerk Bayern veranstaltetes Tagesseminar Kapitalismuskritik gut und schön – „Aber was sind eure Alternativen?“ statt. Als Referenten wurden der Autor Hermann Lueer (Warum verhungern täglich 100.000 Menschen?, Der Grund der Finanzkrise) und ich eingeladen – Hermann Lueer wird sich der Kritik widmen und mir geht es dann um die Alternativen. Das Bildungswerk hat alle seine für dieses Jahr geplanten gesellschafts- und wirtschaftskritischen Seminare in einem PDF-Flyer zusammengefasst – da gibt es auch noch einiges andere Interessante.

Zwischendurch bin ich auch noch auf zwei internationalen Konferenzen vertreten, dazu gibt es aber demnächst noch einen englischsprachigen Artikel.

From: keimform.deBy: Christian SiefkesComments

Some notes on value and crisis

On the newly created demonetization.it mailing list (see demonetize.it), a hot debate on money and value started. As it went along, I thought it would be helpful to differentiate separate notions of value. This might refine our understanding of both the crisis and the way out of it: demonetization. The linguistic field of value as it appears in everyday language could be differentiated into four distinct concepts which are interrelated:

1. value
2. exchange value
3. use value
4. price

Exchange value is the form in which value is expressed. We need to presuppose value to be able to talk and think about exchange value. (Marx dwells on this question on the beginning of “Capital”, vol. I). Marx took the categories of use value and exchange value from Adam Smith (and Ricardo), and introduced the category of value (that underlies exchange value).

Value is a complex category in itself, comprising three aspects:

1. form
2. content or substance
3. dimension

Value and “values”

Value is first of all a social form. Under the regime of value use values exist in the form of commodities, i.e. things and services with abstract economic value attached to them. The substance of value is labour time – a very peculiar sort of labour (time), namely abstract labour (time). Abstract it is because as value creating labour, it exhibits no concrete specifications at all. The dimension of value of a specific commodity is determined by the socially necessary labour time that is required on a certain level of productivity of labour.

Analyzing the dynamics that appear on the market surface, capital is the movement of the expansion of abstract economic value. Taking into account production we find that value is embodied labour time and capital is accumulated surplus value or surplus labour time (surplus labour time being that part of the social labour day that goes beyond what is required to reproduce the standard of living of wage labourers).

Interestingly enough, Joseph Schumpeter came close to a concept of capital as abstract value in motion, as Hans-Georg Backhaus explains. Schumpeter had discovered that within the framework of standard economics, capital cannot be understood, because on the empirical level, it appears merely as a multitude of things with completely different qualities. The category of capital then becomes a mystery. We need the concept of abstract value in order to understand the logic of capital and commodity production. Certainly, to understand how value arises from social relations is a further task, and a quite difficult one.

The confusion over value that frequently haunts debates on money and demonetization arises from the diffusion of the term “value” into everyday language. Franz Schandl, editor of the magazine “Streifzüge” turns our attention to the fact, that value had not been a philosophical or ethical category before the advent of capitalism. So capitalism deeply influenced the way we think of the motivations and directions of human behaviour and to such an extent, that we transfer the notion of value from the realm of the money economy to the realm of both everyday life and philosophical inquiry. Capital even penetrates our thinking on alternatives, so we tend to see “value” as a “neutral category”, we believe that value has no inherent connection to the capitalist mode of production.

This is the reason why many people try to use the discourse on “values” to promote a society where social relations count again, as they say. Yet value is already a social relation, and a very destructive one. “Alternative values”, which are often seen to be the values of respect, fairness and so on, might be helpful in turning around the developmental direction of our society, but they arise from social relations and will not persist and gain strength as long as value as an abstract economic category remains in place, together with its “values” of competition, growth and isolation. Value and “values” arise from our social relations, so that is what is to change in the first instance. (To promote to go the other way round is the job of religion.) Though perspectives on value different from the one presented here have their merits (take Massimo de Angelis “value struggles” in his book “The beginning of history” as a case in point, which combines the Marxian critique of economic value with the notion of value as an ethical category), and should be seen as alternative paradigms that can enrich debates on value.

Use value is the concrete “value in use” in the sense of satisfaction of practical needs by a certain product. The categories of the life we want to change to a more fruitful social net by demonetization are hardly ever transhistorical. This is also true for the use value, which ignores the context of any product, such as in automobiles, which might be a mobility use value for the capitalist consumer, yet are often more an obstacle to movement than its enabler. Anyway, for the reasons of practical communication, we might still talk about use values as an unhistorical term.

Use value is a completely different logical category than exchange value (which is the expression of value). Neoclassical economists regularly confuse use value with exchange value, for instance when they talk about the relation between costs and utility (Kosten-Nutzen-Relation, in German). Utility is a logically completely different from costs, so this phrase is nonsense. Additionally, neoclassical economists have no notion of value, which is a theoretical category (and not empirically visible one such as costs).

Price again is a different category than value. Value is a theoretical category we need in order to understand empirical phenomena such as money, price, profit etc. Value is the inner tie of those empirical categories. In bourgeois society, individuals behave in a way as there would be a thing like value. So value is a construct that allows us to understand individual actions in a society that is governed by capitalist relations of production. And that’s pretty important, when it comes to demonetization.

The use value of value theory: an example

We can put this concept of value in use by analyzing the current crisis, which was triggered by high oil prices and will be further aggravated by raw material scarcities of different sorts.

Let’s start with the basics. The value of oil is determined by the abstract labour time expanded in its production (including exploration, distribution and chemical treatment as well as all the technical gears necessary to do this), according to both the social average of necessary labour time for this specific task and the social demand (a factor that Marx already stressed).

The price of oil (which is not the same as its value) is determined by costs of production (wages, the price of capital goods), the social average of the profit rate (the “mark up”) and rent. Rent exists in two variants: (1) political monopoly rent, (2) differential ground rent. For oil both are important. The first one is simply market power: “you have to pay me a premium if you want to get the stuff”, the second is determined by demand and differential conditions of production. If Canadian tar sands have to be exploited in order to satisfy market demand for oil, the price goes up, because this oil is much more costly to produce. Canadian tar sand oil then becomes the price setting oil on the world market – Saudi oil will be sold for the same

price, but since it is produced more cheaply, Saudi Aramco will get a rent, differential rent in this case. In the long run, the oil price will go up simply because production costs will rise. In the short run, speculation plays a certain role. According to http://www.energywatchgroup.org (check out also http://www.umweltbuero-klagenfurt.at/sos for German papers), Peak Oil was reached 2008, prices fell due to recession, they are on the rise again because production capacities cannot be expanded and because production costs increase steadily (the latter tendency is crucial in the long run).

Using Marxian categories, we did this paper on Peak Oil, capital and crisis which I think is still valid and goes into more detail: http://www.stateofnature.org/emancipationUnder.html

Capital produces for itself, not for consumption

So how does the value and price of oil relate to the long term crisis we are about to enter, the crisis that follows Peak Oil (and other resource scarcities). First of all, we have to realize that the goal of capital is not to produce for consumption, but for non-consumption, surplus value. Surplus value is not spent on consumption but accumulated, it is embodied by means of further production.

Hence capitalist crisis result from overproduction of capital that cannot be invested into additional means of production at a rate of profit that is deemed necessary by capitalists. Investment arises out of expectations of capitalists for profitable investment – this is the destructive tautology of capital. To the extent that capitalists think consumer demand is necessary for the realization of surplus value in terms of profits – which includes corporate profits, rent, dividends and interest –, consumer demand has an indirect effect on investment demand. However, the more wage labourers consume in terms of the value product of society, the less is available for surplus value, empirically spoken: profits. That’s the basic equation and it precludes theories of crisis that see underconsumption at the root of it.

When oil, gas and coal get scarce and costly, and the provision of fossil resources volatile, productivity increase will slow down and finally turns into reverse. Surplus value than can no longer be expanded by lowering the costs of the production of labour by increasing productivity of labour using machinery fuelled by fossil resources, but only by suppressing the standard of living of the working class. Much of capitals infrastructure will be devalued, capital costs will rise and the rate of profit fall. Unlike conventional capitalist crisis, the crisis induced by the resource peaks will not help accumulation to renew its course, simply because part of the infrastructure not only looses its value but also its use value. In any case, further accumulation will be limited due to social unrest that will arise under the attacks of capital. Renewable energies are a fine thing, but they depend on a system fuelled by fossil resources for its finance and construction. And they are of lower quality than fossil fuels – this will put a break on productivity increase even in a renewable energy regime.

So what is the upshot of this short exercise in value theory?

For practical reasons, a consensus on value theory is not necessary. We just have to agree that a society without money and exchange is necessary and possible. That’s the bottom line of the demonetization approach. However, for clarifications in our discourse and thinking, value theory would be helpful as it supports our efforts to get rid of the current form of society and avoid the traps of the old.

From: keimform.deBy: Andreas ExnerComments

The End of Money

Many commoners are too shy to talk about ending the monetary system. But some do. Kéllia Ramares does. She asks a simple question: »Why must we pay to live on the planet we’re born on?«. Watch her video explaining her vision.

From: keimform.deBy: StefanMzComments

Which Commons Sense?

Nachfolgend der»Partner-Artikel« zu dem bereits veröffentlichten Text »Einschluss statt Ausschluss«. Die Zeitschrift iz3w hat beide Artikel als Kontroverse initiiert. Nach der Auslotung der emanzipatorischen Möglichkeiten folgt also nun eine Kritik des Commons-Ansatzes. Weitere Artikel zum Thema gibt’s in der aktuellen Ausgabe iz3w 322. Danke an den Autor und iz3w für die Genehmigung zur Veröffentlichung.

Which Commons Sense?

Die Debatte um Gemeingüter ist oft rückwärtsgewandt

von Winfried Rust

Ein Programmierer formuliert auf einem Commons-Kongress die Freiheiten offener Software: »Benutzen, studieren, anwenden, teilen und die verbesserte Variante neu verteilen.«1 Darauf ruft eine Kleinbäuerin: »Genau. Das fordern wir für unsere Saaten!« Diese Begegnung hat einen rebellischen Charme. Allerdings führt die Freie-Software-Szene eine Parallelexistenz gegenüber der kommerziellen Softwarewelt. Und kleinbäuerliche Gemeingüter stellen keinen Großgrundbesitz infrage.

Commons begründen sich oft mit Tradition. An die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums und an die dominierenden Produktionsmittel rühren sie nicht. Wenn diese Beschränkung nicht übersehen wird, kann der Commons-Ansatz neben anderen alternativen Ansätzen, wie etwa Genossenschaften oder Alternativprojekten, spannend sein. Ansonsten ist der Ansatz nur ein Farbtupfer im bestehenden Ausbeutungsregime. Oder, wie es im Vorwort des Commons-Sammelbandes »Wem gehört die Welt?«2 gesagt wird, ein Beitrag zur »Idee der ökosozialen Marktwirtschaft«.

Gegenüber den meisten Verteilungskämpfen erweitert der Gemeingüter-Ansatz den Bezug über die Besitzebene hinaus auf die soziale Interaktion. Das ist durchaus jenseits von Markt und Staat gedacht. Kapitalismuskritisch ist es nicht unbedingt. Das Commoning birgt sogar die Gefahr, freiwillige Selbstbeschränkungen schön zu malen. Commons konstituieren sich aus den Krümeln des gesellschaftlichen Reichtums, die vom Tisch fallen. Fast immer sind die Bezugspunkte Grundgüter wie das Land neben dem Dorf, Wasser oder Saatgut.

An die Ländereien, Konten, Stadtteile oder Besitztümer der Reichen reicht der Commons-Ansatz nicht heran. Sowohl Verteilungsfragen, als auch die Frage, wie Güter oder Infrastrukturen herzustellen sind, erfordern den Blick von den realen Lebensverhältnissen aus. Diese sind selten ein Stück Allmende. Bis in kleinbäuerliche Lebenswelten hinein wird das Leben komplexer, technisierter und arbeitsteiliger. Es hilft nicht, die neuen informellen Dienstleister-Arbeitswelten und Billiglohnfabriken abzulehnen und demgegenüber einige Gemeingüter hervorzuheben. Spannend ist, wie eine Aneignung und Veränderung durch die bestehenden Verhältnisse hindurch geschehen kann. Um Brechts Frage »Wem gehört die Welt?« nicht zu verballhornen, wäre der Bezug zum gesellschaftlichen Reichtum, also auch zu Fabriken oder Logistiksystemen, herzustellen.

Wessen Gemeinschaft?

Nicht nur die (Selbst-)Beschränkung der Commonsdebatte bei Verteilungsfragen verdient Kritik. Der Rückbezug auf alte Zeiten, in denen die Allmendewirtschaft den Dorffamilien ein Auskommen gesichert habe, ist eine konservative oder gar reaktionäre Sehnsucht, die besonders gut in Krisen- und Umbruchszeiten passt. Zwar wird dieser Bezug auf vormoderne Konzeptionen innerhalb der Commons-Debatte teils explizit abgelehnt. Aber in vielen Statements (siehe unten) ist er präsent.

Dabei ist unklar, ob in der Kategorie Gesellschaft oder Gemeinschaft gedacht wird. Der Begriff Gemeinschaft ist der häufiger verwendete. Was meint er? Zugespitzt formuliert kann im Mittelalter – in der Hochzeit der Allmende – von Individuum und Gesellschaft kaum die Rede sein. Der Einzelne stand nicht in Beziehung zur Gesamtgesellschaft, sondern er war eingebunden in Sippe, Dorf und Zunft. Heute zeigt das Primat der Gemeinschaft seine Gefahr besonders in Nationalismen. Es steht dem Begreifen der Weltgesellschaft entgegen. Entsprechend gelten in der Esoterikszene indigene und religiöse Gemeinschaften als letzte Refugien einer heilen Welt.

Dabei war die vorkapitalistische Zeit nicht einmal eine Zeit größerer sozialer Gleichheit. Die ständischen Grenzen waren fast undurchdringlich. Reichtum und Macht waren von den Allmenden weit entfernt. Das wird hier deshalb betont, weil in der heutigen Commons-Debatte die Worte »wieder«, »Erbe«, »zurückgewinnen«, »Wiederbelebung« oder »Renaissance« ein fester Bestandteil sind. Demgegenüber sollte man besser zugeben, dass linke Ideen eigentlich neue Ideen sind.

Drang zur Verklärung

In dem hier beispielhaft herangezogenen Dossier des INKOTA-Briefs »Die Renaissance der Gemeingüter« finden sich viele Belege für die genannten Kritikpunkte. Das dort verwendete Bildmaterial zeichnet den Antagonismus zwischen gutem Landleben und böser Moderne. Ein hübscher Saatgutkasten, gemeinsam arbeitende Kleinbäuerinnen und Kleinbauern oder ein kleiner Wasserkanal zwischen Gräsern werden kontrastiert mit Fließbandarbeit, einem Industrieschlot und der Stadt im Smog. Fortschritt ist hier nicht ambivalent, sondern böse. Ein Cartoon zeigt einen dicken, grimmigen Kapitalisten mit seinen Geldsäcken. Solche Bilder werden auch im Text so häufig reproduziert, dass sie nur beispielhaft wiedergegeben werden können.

Die (Selbst-)Kulturalisierung der Gemeinschaft zeigt sich etwa in der Vorstellung »Wir müssen das Indigene in uns entdecken«. Die Bildunterschrift kommentiert: »Commoning gelingt in den Anden so gut, weil die Indigenen sich wie Geschwister fühlen – als Kinder der Pachamama (Mutter Erde), die sie mit Steinaltären ehren«. Der Bezug ist auffällig häufig »von der Dorf- bis zur Weltgemeinschaft«. Die gesellschaftlichen Interessengegensätze verschwinden bei diesem Blick, solange zum Beispiel alle gleichermaßen als in die Selbstverwaltung von Trinkwasser eingebunden wahrgenommen werden. Die Sozialstruktur, wie bei der Shona-Kultur in Simbabwe, kann dabei »traditionell« sein: »Der Chief ist einem König vergleichbar«. Patriarchale Strukturen bleiben unthematisiert.

Um die Herausforderungen in der Landwirtschaft zu bewältigen, bedarf es »der Vielfalt des Wissens von Landwirten und Gärtnern, Waldnutzern, Fischern, Viehaltern, Jägern, Schamanen, Hexen, Köchen, Sammlern und sonstigen Expertinnen und Experten vor Ort.« Doch Kritik an der vorherrschenden Landwirtschaft muss nicht zu Schamanen und Hexen führen. Nicht Kapitalismus wird kritisiert, sondern die »Industrialisierung der Landwirtschaft«. Um die Forderung zu stellen, Saatgut aus dem Eigentumsregime herauszunehmen, muss es nicht als »Erbe der Menschheit« verklärt werden.

Wenn das erklärte Ziel ist, dass »wir wieder einen starken Begriff für die Commons haben«, so liegt die Zielrichtung im Zurück, nicht durch das Bestehende hindurch. Die wirkliche Tragik der Grundgüter ist im INKOTA-Dossier: »Wir haben vergessen, was es braucht, damit sie funktionieren.« Das verkennt, dass vielfach in sozialen Auseinandersetzungen, Besetzungen, Aneignungen, linken und alternativen Projekten, Genossenschaften usw. neue Erfahrungen mit Gemeingütern und Selbstverwaltung gemacht werden.

Es gibt allerdings auch elaboriertere Diskussionen um die Commons. Im Sammelband »Wem gehört die Welt?« bezieht sich José Esteban Castro auf Verteilungskämpfe um Gemeingüter als soziale Praxis. In ihnen werde Solidarität, Selbstverwaltung und Aneignung von Unten erprobt. Entsprechend argumentiert Christian Siefkes auf »Projektebene«: Aus der Erfahrung mit Freier Software zieht er Schlüsse auf deren subversiven Einfluss auf das Eigentumsregime. Mit seinem Ansatz »Beitragen statt tauschen« schließt er zudem vereinfachende Geldkritik aus. Idealistischen Zauber um Erbe und Geist unterlassen diese Autoren. Auch Ulrich Brand warnt davor, Commons nur darauf zu beziehen, was der Staat als Dienstleister der kapitalistischen Gesellschaft ohnehin verwalten muss und was an unprofitablen Terrains übrig bleibt. Damit wären Commons in Nischen verbannt, anstatt eine wesentliche Rolle bei der Transformation der kapitalistischen Verhältnisse zu spielen.

Doch auch in diesem Sammelband ist die Ökonomiekritik oft bloßes Unbehagen an der Zirkulations- und Geldsphäre. Gegen den »westlichen Eigentumsindividualismus« beklagt ein Autor die »zerstörerische Umwandlung unserer gesamten Lebenswelt in ‚fressendes Kapital’ (Martin Luther)«. Dem stellt der Autor alttestamentarische Tendenzen für ein Zinsverbot, die islamische zinslose Ökonomie oder die Überwindung der Gier im Buddhismus entgegen. Das bürgerliche Zeitalter »brachte das ausbalancierte bisherige Abgabensystem ins Wanken«. Die Folge: »Aus der Hilfe und der gemeinsamen Arbeit der Bauern wurden durch Geld vermittelte Vertrags- und Konkurrenzbeziehungen.« Das Unbehagen am Kapitalismus richtet sich hier verkürzt gegen die Zirkulationssphäre der Ökonomie und gegen die Moderne. Dagegen wird das Bauerntum im Feudalismus verklärt. Die Sehnsucht nach Gemeinschaft kann zutiefst konservativ sein.

Wer ist wir?

Spannend wären Ansätze, die eine theoretisch fundierte Kritik auf Basisprozesse, Gruppenprozesse und Selbstverwaltungsexperimente beziehen, ohne dass sie bei der Denkfigur vorgegebener Gemeinschaften landen. André Gorz diskutierte das in seinem Aufsatz »Der schwierige Sozialismus«3 einmal mit einem gänzlich anderen Fokus. Das Phänomen der »Gruppe« sei in der kapitalistischen Vergesellschaftung als »Serie« zu fassen, als Kollektiv isolierter Subjekte. Dagegen helfe allerdings keine Gemeinschaftsideologie, sondern gesellschaftlicher Fortschritt.

Bei fortschrittlichen Prozessen sind Gruppen und Strukturen nicht vorgegeben und kein Erbe. In ihrer Praxis ändern sie sich selbst und die Umwelt. Das Soziale überdeckt das Serielle. Gemeinschaft »wie bei den Quäkern« lehnte Gorz allerdings ab, weil sie einfach als »konstituiert« besteht. Soziale Gruppenprozesse sind dagegen »konstituierend« – zum Beispiel in sozialen Kämpfen. Von Dauer könne die Aufhebung der Entfremdung in der fusionierenden Gruppe jedoch erst sein »durch die Aufhebung der Arbeit als vom Elend und äußeren Zwecken aufgezwungener Zwang.« Anstatt traditioneller, automatischer Gemeingüter steht hier der Bezug zur modernen, entfremdeten Arbeitswelt, aus der heraus sich die sozialen Prozesse ereignen. Dabei gibt es einen Fixpunkt, und das ist die Kritik, die über das Bestehende hinaus weist.

Was lernen wir aus all dem? Man kann sehr verschieden über Gruppenprozesse sprechen. Die Inhalte der Commons-Debatte scheinen recht beliebig zu sein. Renaissance geht, Revolution aber auch. Und während Gemeinschaft Gegensätze vereint, benennt Kritik sie, mit dem Ziel ihrer fortschrittlichen Überwindung.

Anmerkungen

1. Inkota-Dossier 8: Die Renaissance der Gemeingüter, S. 21

2. Silke Helfrich u.a.: Wem gehört die Welt? München 2009

3. André Gorz: Der schwierige Sozialismus. In: Kleine Bibliothek des Wissens und des Fortschritts, Band 5, S. 2415f. Frankfurt/M. 1974

Winfried Rust ist Mitarbeiter im iz3w.

* * *

Erschienen in: »iz3w — Zeitschrift zwischen Nord und Süd«, Nr. 322

Einzelhefte können auf der Website vom iz3w für 5,30 € bestellt werden (Papier oder als Download).

From: keimform.deBy: StefanMzComments

The Generative Logic of the Commons — Slidecast

During the International Commons Conference in Berlin (Oct 31–Nov 2, 2010) I gave a keynote speech in the stream »The Generative Logic of the Commons« together with Roberto Verzola. I slidecasted (slides+audio) my talk which you can watch and listen to here:

If you wish to see me speaking at the desk—which isn’t really interesting—you may switch to the Böll conference page and choose part 10. There you’ll also find Robertos presentation (part 9) and all other ICC talks, which have been recorded. And I can recommend the discussion after Roberto’s and my talk (part 11), which was loaded with a lot of critical but constructive energy :-)

[Update: Here are the slides in PDF or ODP format]

From: keimform.deBy: StefanMzComments

Memorable quotes from the Berlin Commons Conference

During the first two days of November, the International Commons Conference organized by the Heinrich Böll Foundation and the Commons Strategies Group took place in Berlin. Throughout the conference, I wrote down various remarks by participants which I considered insightful, interesting, or amusing. The following quotes are meant to convey the spirit of what the quoted person said, but not necessarily the precise wording (since I often wasn’t fast enough to exactly get the latter).

Welcome

David Bollier:

  • The commons philosophy is that we don’t wait for governments or leaders or big business to solve our problems; we solve them ourselves, together.

Keynotes

Ruth Meinzen-Dick (president of the International Association for the Study of the Commons):

  • The real tragedy of the commons is that they are so misunderstood, so undervalued.
  • Holding property in common is a social glue that encourages cooperation in other areas as well.
  • If I make things available to you; you, or others, will generally make things available to me.

Michel Bauwens:

  • It’s no longer about incentives, but about removing impediments.
  • Democracy is only necessary when there is scarcity.
  • Traditional commons could not compete with big capital. These times are over—now, thanks to global cooperation, we can compete.
  • In the business world (where I worked for a long time), we spent a long time at creating innovation; we spent a long time at preventing our innovations from being shared; and we spent a long time at ensuring that our products will break down after ten years so they have to be replaced.
  • The emergence of new modes of production always starts with an exodus. The serfs in the 16th century started running away from the country and moving into the cities…. How can we escape, how can we move into new, non-monetary modes of production and sharing?
  • The GPL is not just a contract, it’s a social charter that embeds the values of a community.

Pat Mooney:

  • If it weren’t for capitalism, the commons would work just fine. Capitalism is the problem, hence we have to fight it.

Speed presentations

Massimo Banzi [IT], presenting the Arduino:

  • Microsoft and Apple internally use the completely open Arduino platform for prototypes of their closed, proprietary products.

Public event: The commons as the template of our future

Richard Pithouse:

  • The assumed separation between digital commons and indigenous commons worries me.
  • The demand to people not to industrialize or to slow down industrialization tends to ignore the immediate, urgent crisis that is the daily life of many people.

Barbara Unmüßig [DE]:

  • How can we achieve social justice without capitalist growth?
    (Wie können wir die Gerechtigkeitsfrage vom kapitalistischen Wachstumsmodell entkoppeln?)

Rainer Kuhnen [DE]:

  • We must become specific and we must dare to challenge the rights of property. Otherwise we risk that the commons become everybody’s darling, but loose, in that process, all their meaning. A purely abstract, everybody’s darling concept won’t do good to anybody.
    (Wir müssen konkret werden und uns auch trauen, Eigentumsrechte anzugreifen. Sonst laufen wir Gefahr, dass die Commons Everybody’s Darling werden, aber dabei all ihren Inhalt verliert. Ein bloßes abstraktes Everybody’s Darling hilft uns nicht weiter.)

Silke Helfrich [DE]:

  • We must stop to perpetuate that paradigm that we have to produce for the market, for selling. The question is rather: what do we actually need, and how can we produce it in such a way that everyone can participate?
    (Wir müssen aufhören, immer wieder in dieses Paradigma zu rutschen, dass man für den Markt und für den Verkauf produzieren muss. Wir müssen uns vielmehr fragen: was brauchen wir eigentlich fürs Leben, und wie können wir es auf eine solche Weise produzieren, dass alle daran teilhaben können?)

The generative logic of the commons

Roberto Verzola:

  • Before refrigerators, what did people do if they had too much food? They threw a party.
  • We would be better off if all corporations were bound by Asimov’s laws of robotics: 1. A corporation (robot) may not injure a human being or, through inaction, allow a human being to come to harm. 2. A corporation (robot) must obey any orders given to it by human beings, except where such orders would conflict with the First Law.

Stefan Meretz:

  • Production does not only produce things, but—at the same time—it produces knowledge and social relations.
  • If we mix the generative logic of the commons too closely with the exploitative logic of the market, there is a danger that the market logic will exploit and dominate the logic of the commons.

Workshop: Limits and boundaries vs. openness and DIY approach

Glyn Moody:

  • You actually want to have ten million biohackers that know how these things work and will notice if anyone uses them for bad. Opening things up is the best way of dealing with abuse.
  • Commoning is a highly ethical thing. It’s not just about how to manage resources, it’s about how one relates to others and to nature.
  • We now have an important tool for building communities and connecting people which we didn’t have a few decades ago, and that’s the Internet.

Pat Mooney:

  • You don’t need a good technology to make a lot of money. Even with pretty bad technology you can still attract investors and get enough patents to lock the market and drive everyone else away.
  • I’m not much concerned about bioterrorism. There are already so many ways of killing people that a few more won’t make a big difference. I’m much more concerned about commercial control and enclosure.
  • I’m actually an optimist, believe it or not.

Silke Helfrich [DE]:

  • In the system we currently live in, there is no way to get out of that vicious circle [of competition and enclosure].

Wouter Tebbens:

  • It’s important not only to be anti-something, but also to build the alternative.

Andreas Weber [DE]:

  • If you ask for thirty years a question and don’t get an answer, then the question is wrong.

Workshop: The rights of Mother Earth vs. the commons? (and other topics)

Nicola Bullard:

  • Maybe the scary stuff first. Pat, would you like to start?

Final plenary session

Massimo De Angelis:

  • I would like to establishing the commons as a source of power. Power to get back control over our lives, to establish a livelihood for everybody, to change the world.

Friederike Habermann:

  • I’m very much in favor of a hybrid economy, hence I cannot accept an economical system that tends to exploit and extinguish all the others [capitalism].

Don’t remember who said that:

  • People need to release themselves from dependency on corporate salaries. In order to to that, we need to find new ways of organizing.

From the beautiful little commons video (is it already available somewhere?):

  • The advantage of one person is the advantage of the others. That’s the idea behind the commons.

More information

Additional information on the conference is available in the P2P Foundation Wiki, including some documentation of the workshops and of the World Cafe talks held there (for me, the World Cafe [PDF] was actually the best part of the conference, along with the wonderful “join-in concert” organized by Johannes Heimrath [DE]).

On the Commons has published a report by Jay Walljasper: Potato Commons & the Power of Standing Up.

Some additional information is available in German language:

Has anyone encountered additional articles on the conference, in German or in English?

From: keimform.deBy: Christian SiefkesComments

Kompetenzen in kollektiver Selbstorganisation

Heute, am 3.11.2010, gibt es in der »Zwille«, einem offenen Raum an der TU Berlin einen interessanten Vortrag und Workshop (Referent: Tom Novak). Die »Zwille« befindet sich in der Fasanenstr. 1 , 10623 Berlin, Z-Gebäude, 3. Obergeschoss. Hier die Einladung:

Kompetenzen in kollektiver Selbstorganisation

In dieser Gesellschaft fallen einem Kompetenzen, die für kollektive Selbstorganisation benötigt werden, nicht in den Schoß; denn unsere Gesellschaft ist nicht so eingerichtet, dass man sich die genannten Kompetenzen beim Aufwachsen im Überfluss aneignet. Für kollektive bzw. plurale Selbstorganisation sind mindestens emotionale, motivationale, soziale und fachliche Kompetenzen notwendig.

Gefühle deuten auf die (erfüllten oder nicht erfüllten) Bedürfnisse hin und geben Orientierung. Mit motivationalen Kompetenzen findet man heraus, unter welchen Bedingungen man gerne tätig ist, und kann sich diese Bedingungen verbessern. Mit sozial kompetentem Verhalten macht man sich seine Bedürfnisse bewusst und vertritt seine Interessen auf (für das Gegenüber) akzeptable Weise. Mit fachlichen Kompetenzen lassen sich die aufkommenden sachlichen Aufgaben lösen. Ohne diese Grundlagen können die Individuen kaum eine Gesellschaft bilden, in welcher Tausch, Geld, Herrschaft überwunden werden.

Inwiefern hängt das Wollen einer ganzen Gesellschaft, die sich auf freiwilliger Basis organisiert, vom Vertrauen ab, dass sich genügend Individuen die benötigten Kompetenzen aneignen werden? Wird der Gedanke an eine auf Freiwilligkeit beruhende Gesellschaft von den meisten Menschen deshalb verworfen, weil sie sich von den Anforderungen überfordert fühlen? Wie sieht es mit der Entwicklung derer aus, die eine solche Gesellschaft schon wollen? Worin unterscheidet sich eine Untersuchung und Aneignung von Kompetenzen im neoliberalen Interesse von einer mit emanzipatorischem Interesse? Wie lassen sich Kompetenzen unter den gegebenen schwierigen Bedingungen aneignen?

Im anschließenden Workshop geht es um die Bedingungen unserer Kooperationsbereitschaft. Gerne Stift und Schreibunterlage mitbringen.

From: keimform.deBy: StefanMzComments

»Big Society« — der kommende Hype?

So groß waren meine Kristallkugel-Fähigkeiten nicht, um vorherzusagen (Folie 23, Folie 39), was nun tatsächlich kommt: Die Nutzung der Commons, um den Sozialstaat abzuschaffen. »Big Society« nennt sich die »Idee«. Sie war Teil des Wahlpogramms der Tories und wurde vom neuen britischen Staatschef David Cameron als Handlungsleitlinie der Regierung vorgestellt.

Was ist dran an der »Big Society«, ist alles nur ein schlauer Coup der Rechten? Oder gibt es — eben weil dahinter Elemente der Commons-Ansatzes stecken — auch Chancen für die Commons? Dieser kleine Artikel wird keine erschöpfende Antwort geben, zu schwammig sind die bisherigen Infos. Aber ich sage mal mutig voraus: Es dauert nicht lange, dann wird die »Idee« auch auf dem Kontinent entdeckt — fehlt den hiesigen Regierungen doch eine echte »Leitidee«. Dann aber werden uns die Commons noch so richtig um die Ohren fliegen…

So sehen die Ziele von »Big Society« aus:

  1. Mehr Macht den Gemeinschaften/Gemeinden
  2. Ermutigung der Leute, eine aktive Rolle in ihrer Gemeinde zu übernehmen
  3. Übertragung von Macht von der Zentrale zu lokalen Regierungen
  4. Unterstützung von Kooperativen, Freiwilligenverbänden, Wohlfahrtsorganisationen und sozialen Unternehmen
  5. Veröffentlichung von Regierungsdaten

Zu diesem Zweck soll eine »Big Society Bank« gegründet werden, die Anschubfinanzierungen für Start-up-Initiativen bereitstellt. Vier Gemeinden wurden als Testfelder ausgewählt.

Zunächst sieht das Konzept nach einem »alternativen Kürzungsplan« aus, bei dem Freiwillige unbezahlt das machen sollen, was früher staatlich organisiert war (entsprechend protestieren die Gewerkschaften). Doch im Unterschied zur neoliberalen Tirade der Privatisierung-löst-alle-Probleme, sollen mit »Big Society« nicht weitere Funktionen an den Markt, sondern an die Menschen vor Ort übergeben werden — zumindest die Funktionen, die sich im Wortsinne nicht mehr »vermarkten« lassen. »Big Society« trifft in jedem Fall auf existierende Ansätze des DIY Britain und der unvermeidlichen Lokalgeld-Initiativen.

Interessant ist es, danach zu fragen, ob »Big Society« Funktionen des Marktes genauso übernehmen kann wie solche der Regierung. Dazu müssten sich existierende Basis-Bewegungen den Ansatz aneignen und mit eigenen Forderungen verbinden. Denn es liegt aus meiner Sicht auf der Hand: Ohne Ressourcen ist »Big Society« nur ein kommunitaristisches Entstaatlichungsprogramm. Die erste Forderung muss also sein: Her mit den Ressourcen, her mit den Gebäuden, den städtischen Flächen, dem Land, den Produktionsmitteln — und nicht nur Geld (das aber auch).

From: keimform.deBy: StefanMzComments

Allmendesalon: Gemeingüter jenseits des Wachstumszwangs

Gestern fand der achte Salon »Zeit für Allmende« in der Heinrich-Böll-Stiftung statt, zu dem ich eingeladen war. Wie schon der vorhergehende Salon, bestimmte das Thema »Wirtschaft« die Diskussion, zumal die Wirtschaftsvertreter_innen in der großen Überzahl vertreten waren. Entsprechend waren die Beträge von Überlegungen bestimmt, wie man Commons und Wirtschaftslogik verbinden könne. Allein Christian und ich sprachen uns für eine deutliche Trennung der beiden Logiken aus.

Im Anschluss an den Salon gab es einen Fragebogen, mit dem wir um ein Feedback gebeten wurden. Ich beantworte die Fragen einfach gleich mal öffentlich — Transparenz ist ja ein wichtiges Element der Commons :-)

1) Was ist die wichtigste Erkenntnis, die Sie aus dem Salon mitnehmen?

Nach der Free Culture Conference kam auch beim Salon eine Frage auf, von der ich denke, dass sie die Debatte in naher Zukunft bestimmen wird: Können Commons skaliert werden und wenn ja, wie? Bislang werden Commons in der Regel mit kleinen Gemeinschaften identifiert, und das ist auch nicht falsch. Aus zwei Richtungen kommt nun die Frage der Skalierung: von der Seiten der Politikfähigmacher_innen und von Seiten der Verallgemeiner_innen.

Die erste Gruppe möchte gerne die Politik mit Commons-Konzepten zu einer Richtungsänderung bringen. Dazu müssen auch die »großen Themen« commonifiziert werden: Wie können neue Regeln für die Wirtschaft formuliert werden (zum Beispiel Re-Internalisierung von externalisierten Kosten mit Hilfe von Gesetzen)? Wie können auch große Unternehmen Commons-Praxen übernehmen und sich so in Richtung »Nachhaltigkeit« und »Ende des Wachstums« verändern? Wie können neue commons-basierte Wirtschaftskreisläufe erzeugt und politisch unterstützt werden?

Die zweite Gruppe, zu der ich eher gehöre, will die Commons verallgemeinern. Diese Sicht geht zuerst nicht in Richtung Politik und Wirtschaft, sondern fragt danach, was — jenseits von Markt und Staat — getan werden kann, um immer mehr gesellschaftliche Bereiche nach dem Prinzip der Commons zu organisieren. Dazu gehören sowohl bisher »wirtschaftlich« dominierte Sphären wie auch jene zwei Drittel, die nicht-wirtschaftlich organisiert sind. Politik und Staat kommen in dieser Sicht nicht als Gestalter, sondern bestensfall als Ermöglicher vor. Langfristig gehört dazu die Frage, die zunächst theoretisch zu bewegen ist, wie eine commons-basierte Gesellschaft organisiert sein kann, die alle für das Leben notwendigen Dinge produziert — ohne Markt und Staat.

2) Welchen Beitrag kann Ihrer Meinung nach der Blick auf Gemeingüter für die Wachstumsdebatte leisten? Weist die Diskussion um die Peer-to-Peer Ökonomie einen Weg aus dem Wachstumszwang und Übernutzung natürlicher Ressourcen? Wenn ja, welchen? Wenn nein, warum?

Die Commons-Debatte weist einen Weg aus dem Wachstumszwang, wenn sie sich keine Tabus auferlegt. Der Wachstumszwanz ist ein systemischer Effekt, der nicht durch einzelne Modifikationen beendet werden kann. Beim Salon brachte ich folgende knappe Argumentation: Eine wachsende Wirtschaft minimiert den Arbeitsaufwand, wodurch Arbeitsplätze wegfallen. Will man dies nicht, muss Wirtschaft den Rationalisierungseffekt überkompensieren, d.h. sie muss stärker wachsen. Das somit notwendige exponentielle Wachstum ist logisch begrenzt (endliche natürliche Ressourcen), und diese Grenzen erreichen wir derzeit (Peak-Anything). Ergo: Wirtschaft kann nicht nicht wachsen, will sie kein soziales und ökologisches Desaster auslösen (was für weite Teile der Welt bereits der Fall ist).

Die Diskussion war davon bestimmt, den systemischen Effekt (den man auch noch fundierter begründen kann) in eine Frage der persönlichen Haltungen, Ethiken und Handlungen umzudeuten. Diese gehen der Wirtschaft jedoch nicht voraus (um Wirtschaft zu gestalten etwa), sondern sie sind Resultat der wirtschaftlichen Systemlogik. Abweichungen sind möglich, aber nur dort, wo ein Unternehmen eine luxuriöse Marktposition und daher genug Spielgeld hat, um diese Abweichungen zu finanzieren. Commons repräsentieren hingegen tatsächlich jene personal steuerbaren Strukturen, die sich die gutmeinenden, sozial und ökologisch engagierten Wirtschaftsvertreter_innen vorstellen. Wer an systemische Elemente von Wirtschaft nicht ran will, wird den Wachstumszwang nicht stoppen.

Es ist jedoch vielmehr zu befürchten, dass sich das Ende des Wachstums als gigantische Krise auf katastrophale Weise Geltung verschafft. Das ist ein Prozess, der im für viele Regionen der Welt schon Realität hat, der aber in wesentlich größerer Dimension auch die bislang privilegierten Sektoren treffen wird. Der Wirtschaftswissenschaftler Franz Hörmann hat den systemischen Aspekt tatsächlich in den Blick genommen und kommt zu dem Schluss, dass das System Wirtschaft noch etwa drei Jahre hat, bevor es zusammenbricht. Nun wird nicht einer den richtigen Kristallkugelblick haben, aber die Tendenz scheint mir eindeutig zu sein.

3) Welche Rolle spielen Gemeingüter (als produktive “setting”) für Wohlstandsmehrung? Für den Einzelnen und die Gesellschaft? Was heißt das für die Rolle der Wirtschaft?

Wie Silke Helfrich auf dem Salon ausführte, spielen Commons für 3,5 2,5 Millarden Menschen eine entscheidende Rolle beim Überleben. Doch ist hier zu fragen, ob es sich weitgehend und zunehmend um Elends-Commons handelt, über die sich die aus Wirtschaft ausgespuckten Menschen versorgen. Tatsächlich könnten Commons die zentrale Rolle bei der Wohlstandserhaltung und -mehrung für sehr viele Menschen spielen, allerdings nur, wenn das globale Enclosure der Commons beendet wird. Dies kann jedoch nur zu Lasten von Wirtschaft geschehen: Wenn Hybrid- oder Terminator-Saatgut kein Verwertungsgut ist, dann werden dort in dem entsprechenden Wirtschaftssektor keine Einnahmen mehr erzielt, es werden keine Gewinne mehr gemacht und es gehen Arbeitsplätze verloren. Darüber muss man sich klar sein. In der Bilanz könnte freie Commons jedoch für wesentlich mehr Menschen den Wohlstand mehren, da Commons direkt die Güter produzieren, die benötigt werden und nicht über den Umweg des »Geldverdienens« gehen.

In der Salon-Diskussion wurde darauf verwiesen, dass Unternehmen auch substanzerhaltend agieren könnten und darüber hinaus keinen Gewinn machen müssten (also schon Gewinn: aber nur für die Erhaltungsinvestitionen). Aus Gründen der Marktkonkurrenz bezweifele ich, dass das eine verallgemeinerbare Möglichkeit ist, aber gehen wir einmal davon aus — im Einzelfall geht es sicherlich (das wird dann Philanthropie genannt). Faktisch heisst das, dass Unternehmen auf einen Teil des Gewinns verzichten und ihn zu anderen Zwecken abgeben. Sie könnten dieses Geld in Commons-Projekte geben (ich kenne da ein paar FabLabs, die was brauchen — bitte melden!). Das wäre ein sinnvolles Setting, und für die Gesellschaft wäre das »produktiv«. Spätestens wenn die geförderten Commons allerdings den Markt ersetzen, der von dem Unternehmen bedient wird, wird mit der Philanthropie Schluss sein.

4) Gibt es Bereiche der Wirtschaft, die von der erstarkenden Diskussion um Gemeingüter profitieren können? Wenn ja, welche, wie und warum?

Diese Bereiche wird es sicherlich geben. Wie unter 3) dargestellt, wird es auch Bereiche geben, zu deren Lasten die Ausweitung der Commons geht. Ich kann nicht spekulieren, in welchen Bereichen welche Entwicklung geschehen wird.

5) Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Fragen 1-4 für die Politik? Wo besteht politischer Gestaltungsbedarf? Wenn Sie zwei Sofortmaßnahmen vorschlagen könnten, welche wären das?

Die Politik könnte sich als Ermöglicher der weiteren Ausdehnung von Commons-Projekten verstehen. Hier gibt es sicher eine Reihe von Möglichkeiten: Räume und Flächen in staatlicher Verwaltung könnten Commons-Projekten treuhänderisch zur Verfügung gestellt werden (mit Existenzgarantie), Enclosures könnten zurückgenommen werden (in sehr vielen Bereichen: vom Saatgut bis zu Kulturgütern), Patente und Urheberrechte begrenzt werden etc.

Erste Sofortmaßnahme: Das (kurz vor der Verbschiedung stehende) ACTA-Abkommen wird in Europa und Deutschland nicht umgesetzt.

Zweite Sofortmaßnahme: S21 wird nicht umgesetzt, sondern das Vorhaben wird in ein Commons-Projekt umgewandelt, in dem die Beteiligten selbst entscheiden, welches Konzept realisiert wird.

6) Raum für Sonstiges

Ich bin auf die nächsten Salons gespannt.

From: keimform.deBy: StefanMzComments