Das gute Leben produzieren

Streifzüge Nr. 51 (zum Vergrößern klicken)[aus: Streifzüge Nr. 51]

Wenn wir über das gute Leben nachdenken, stellen wir uns ein Leben in Fülle vor – wo niemand Not leiden muss, wo es genug für alle gibt und jede/r seine oder ihre Bedürfnisse befriedigen kann. Aber geht das überhaupt? Scheitert die Möglichkeit eines Lebens in Fülle nicht zwangsläufig an der Endlichkeit der Erde? Und wo soll die Fülle herkommen? Kommt nicht vor den Freuden des Konsums die Mühsal des Produzierens, vor dem angenehmen „Reich der Freiheit“ das weniger erfreuliche „Reich der Notwendigkeit“? Um diese zwei Herausforderungen für die Vision eines guten Lebens für alle soll es im Folgenden gehen.

Der ökologische Fußabdruck

Der ökologische Fußabdruck ist die Fläche auf der Erde, die nötig ist, um den Lebensstil einer Gruppe von Menschen dauerhaft zu ermöglichen. Er umfasst die Fläche, die benötigt wird, um die verwendeten Ressourcen anzupflanzen bzw. abzubauen und um den Müll, der während Herstellung, Nutzung und Entsorgung der genutzten Produkte anfällt, aufzunehmen und zu absorbieren. Die Maßeinheit für den ökologischen Fußabdruck ist der „globale Hektar“ – ein Hektar (hundertstel Quadratkilometer) Land von durchschnittlicher Fruchtbarkeit.

Hier ergibt sich ein Problem, denn der ökologische Fußabdruck der Menschheit beträgt derzeit achtzehn Milliarden globale Hektar, die insgesamt verfügbare Biokapazität der Erde umfasst aber nur etwa zwölf Milliarden globale Hektar. Das Missverhältnis ist offensichtlich: So wie wir heute leben, bräuchten wir eigentlich anderthalb Erden. Wir verbrauchen die Ressourcen der Erde schneller, als sie sie erneuern kann, und leben somit auf Kosten unserer Kinder, denen die übernutzten Ressourcen später fehlen werden.

Das „wir“ ist dabei allerdings sehr ungleich verteilt, denn in vielen Ländern ist der durchschnittliche Fußabdruck pro Person sehr gering. In Bangladesch und Afghanistan beträgt er 0,6 globale Hektar pro Person, in Indien und dem Jemen 0,9 Hektar, im Irak und auf den Philippinen 1,3 Hektar. All diese Länder liegen unter dem Durchschnittswert, der nachhaltig möglich wäre, wenn man die zwölf Milliarden Hektar Biokapazität auf die gut sechseinhalb Milliarden heute lebenden Menschen aufteilt: 1,8 Hektar pro Person.

Der tatsächliche weltweite Durchschnitt liegt mit 2,7 Hektar 50% darüber. Deutschland und Österreich verbrauchen knapp das Doppelte dieses Werts, nämlich 5,1 bzw. 5,3 Hektar pro Person. In den anderen europäischen Ländern sieht es ähnlich aus. An der Spitze des Verbrauchs liegen die USA und einige arabische Länder mit 8,0 oder mehr Hektar (vgl. Wikipedia 2010). Wir in den hochindustrialisierten Ländern leben also nicht nur auf Kosten unserer Kinder, sondern auch auf Kosten der Menschen anderswo in der Welt. Denn es ist völlig klar, dass wir nur deswegen so leben können, weil die Leute anderswo sehr viel weniger Ressourcen verbrauchen.

Zwei Konzepte von Fülle

Wenn man über materielle Fülle für alle nachdenkt, ist klar, dass diese Fülle – unabhängig von der Gesellschaftsform, in der sie produziert wird – im Rahmen der verfügbaren Biokapazität bleiben muss. Die Grenze von derzeit 1,8 Hektar pro Person muss eingehalten werden, sonst geht die Fülle für einige notwendigerweise auf Kosten anderer oder auf Kosten unserer Kinder. Man mag Fülle mit der Möglichkeit „grenzenloser Verschwendung“ assoziieren – wo man sich z.B. fünf Autos in die Garage stellen oder sich nach Belieben Dinge aneignen kann, um sie, wenn einer/einem der Sinn danach steht, nach kurzer Verwendung wieder wegzuschmeißen. Eins ist völlig klar: Fülle als grenzenlose Verschwendung ist in unserer begrenzten Welt nicht möglich – jedenfalls nicht für alle und nicht für lange Zeit.

Aber man kann sich unter „Fülle“ auch etwas anderes vorstellen, nämlich: „genau was ich brauche, wenn ich es brauche“. Mit Dingen, die man schnell wegwirft, kann man sich nicht mehr Bedürfnisse befriedigen als mit Dingen, die man länger behält, und mit fünf Autos kommt man nicht unbedingt schneller und bequemer zum Ziel als mit einem – oder mit komfortablen öffentlichen Verkehrsmitteln, sofern sie existieren. Dieses zweite Konzept von Fülle orientiert sich nicht an der Anhäufung von Dingen, sondern an der Befriedigung von Bedürfnissen.

Kann man auf dieser endlichen Erde so produzieren, dass für alle genug da ist, dass alle nutzen können, was sie brauchen, wenn sie es brauchen? Für eine Antwort muss man auf die Form der Gesellschaft gucken, in der produziert wird.

Für unsere heutige Gesellschaft, den Kapitalismus, ist die Frage zu verneinen. Zwar bringt sie offensichtlich Fülle für einige hervor, aber diese geht auf Kosten anderer – insbesondere der Menschen in der Dritten Welt, in den armen Ländern, die von der kapitalistisch produzierten Fülle großteils ausgeschlossen sind. Fülle für alle ist unter kapitalistischen Verhältnissen grundsätzlich nicht möglich. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Zum einen geht es im Kapitalismus immer um Kapitalverwertung, also darum, aus Geld mehr Geld zu machen. Das geht aber nur, wenn ich produziere, also Ressourcen einsetze. Wenn die Geldvermehrung funktioniert, das vorhandene Kapital gewachsen ist, muss es neu angelegt werden und noch weiter wachsen. Dieser permanente Wachstumszwang muss dazu führen, dass die Ausnutzung der Biokapazität zwangsläufig über die dauerhaft möglichen Grenzen hinaus getrieben wird. Dass wir heute mehr Biokapazität vernutzen, als nachhaltig verfügbar ist, ist also systembedingt. Unter kapitalistischen Bedingungen ist nichts anderes möglich, denn ohne Wachstum kommt es zur Krise: die Verwertung mancher Kapitalien scheitert, Firmen gehen Pleite, Menschen werden arbeitslos und damit von der kapitalistisch produzierten Fülle weitgehend ausgeschlossen. Es gibt somit nur zwei schlechte Alternativen: Krise ist schlecht für die Menschen, aber dauerhaftes Wachstum geht notwendigerweise auf Kosten der Natur.

Zweitens ist Fülle für alle auch deswegen ausgeschlossen, weil kapitalistisch produzierte Güter verkauft werden müssen – andernfalls kann man damit kein Geld verdienen. Verkaufen kann man Dinge aber nur, wenn sie knapp sind, es nicht genug davon gibt. Andernfalls tendiert der Preis gegen null. Dann gehen Hersteller Pleite, die Verwertung scheitert, und der entsprechende Bereich wird für die kapitalistische Wertverwertung uninteressant, sofern nicht durch „Marktbereinigung“ wieder Knappheit hergestellt werden kann. Vor diesem Problem steht heute die Musikindustrie, da man Musik Dank des Internets so leicht mit anderen teilen kann, dass sie im Überfluss vorhanden ist.

Zum dritten besteht ein Konflikt zwischen Fülle für alle und einem weiteren Grundprinzip des Kapitalismus: der Konkurrenz. Konkurrenz bedeutet, dass die Gewinne der einen die Verluste der anderen sind. Ganz gleich ob Firmen um Marktanteile konkurrieren oder Menschen um Arbeitsplätze: Durchsetzen können sich nur einige, für die anderen bleibt die Pleite oder die Arbeitslosigkeit. Fülle gibt es vielleicht für die, die gewinnen, aber den Verlierer/innen im Konkurrenzkampf bleiben nur bescheidene staatliche Almosen.

Gemeinsam produzieren statt gegeneinander arbeiten

Es braucht also eine andere Produktionsweise, und das bringt uns zu der zweiten zu Beginn aufgeworfenen Frage, ob den Freuden des Konsums nicht notwendigerweise die Plage des Produzierens „im Schweiße deines Angesichts“ vorangehen muss. Im Kapitalismus wird die Arbeit als Mittel zum Zweck betrachtet – Firmen beschäftigen Arbeiter/innen, um verkaufbare Waren zu produzieren, und die Menschen arbeiten, um Geld zu verdienen, das sie zum Leben brauchen. Wenn Politiker/innen sagen, dass die „Anreize zum Arbeiten erhöht werden müssen“, meinen sie damit Sanktionen gegen Menschen, die (vermeintlich oder tatsächlich) nicht arbeiten wollen. Arbeiten scheint etwas zu sein, was man nur gezwungenermaßen macht, sodass das „gute Leben“ immer dann pausiert, wenn man den Arbeitsplatz betritt.

Aber muss das so sein? Schaut man sich um, beispielsweise im Internet, stellt man fest, dass schon heute vieles auf eine Weise produziert wird, die der gängigen Vorstellung von Arbeit als etwas, das man nur gegen [Schmerzens-]Geld erledigt, widerspricht. Zahllose Menschen schreiben freiwillig und ohne Bezahlung an der freien Enzyklopädie Wikipedia mit; sie stellen Freie Texte und Freie Musik ins Internet, die jede/r nicht nur lesen bzw. anhören, sondern auch weitergeben und verändern darf; sie entwickeln Freie Software wie das Betriebssystem GNU/Linux, den Webserver Apache und den Webbrowser Firefox; sie bauen Freie Funknetze auf, die allen in der Umgebung kostenlosen Internetzugang ermöglichen; sie entwerfen Möbel, Kleidungsstücke, Maschinen und viele andere Dinge und stellen die Baupläne zur freien Verwendung und Weiterentwicklung ins Internet.

Diese commonsbasierte Peer-Produktion ist dabei längst keine Randerscheinung mehr, sondern ein unabdingbarer Bestandteil der modernen Welt (vgl. die Streifzüge-Kolumne „Immaterial World“ von Stefan Meretz sowie Siefkes 2010). Das Internet würde ohne Freie Software nicht funktionieren, und die Wikipedia hat sich für viele Menschen zur Informationsquelle Nr. 1 entwickelt.

Peer-Produktion basiert auf dem Bedürfnisprinzip: Im Gegensatz zur herkömmlichen kapitalistischen Produktion geht es nicht um den abstrakten Zweck der Geldvermehrung, sondern die konkreten Bedürfnisse, Wünsche und Ziele der Beteiligten bestimmen, was passiert. Dadurch ändert sich auch der Charakter des Tuns: Viele der Beteiligten arbeiten an solchen Projekten nicht mit, weil sie damit Geld verdienen (obwohl es das auch gibt), sondern weil ihnen gefällt, was sie da tun, aus Interesse an den Dingen, die da entstehen, weil man etwas dabei lernt oder weil man den anderen etwas zurückgeben möchte. Die Wikipedia z.B. funktioniert nur deshalb, weil hier die anstrengende und monotone Arbeit des Enzyklopädie-Schreibens durch etwas ersetzt ist, was viele Menschen gerne und freiwillig machen.

„Commonsbasiert“ ist die Peer-Produktion, weil sie auf Gemeingütern (engl. Commons) aufbaut und ihrerseits neue Gemeingüter herstellt oder die vorhandenen verbessert und betreut. Gemeingüter sind Güter, die von einer Gemeinschaft entwickelt und gepflegt und den Nutzer/innen zur Verfügung gestellt werden. Die Gemeinschaft, die sich um ein Gemeingut kümmert, legt fest, wer es nutzen kann – mindestens die Mitglieder der Community, oft aber auch viele andere, im Falle von Freier Software und anderen Formen Freien Wissens sogar die ganze Welt. Das wird durch Freie Lizenzen (wie die GNU GPL und die Creative-Commons-Lizenzen) formell festgeschrieben.

Da die Mitarbeit bei Peer-Projekten freiwillig ist, muss niemand vorbestimmte Aufgaben übernehmen. Die Aufgabenverteilung erfolgt gemäß dem Stigmergie-Prinzip (vgl. Heylighen 2007). Die Beteiligten hinterlassen Hinweise auf begonnene oder gewünschte Arbeiten, die andere dazu anregen, sich darum zu kümmern. Zu solchen Hinweisen gehören etwa To-Do-Listen und Bug-Reports in Softwareprojekten und „rote Links“ (auf noch nicht existierende Artikel) in der Wikipedia. Viele der Neueinsteiger/innen orientieren sich an den Hinweisen, ebenso jene, die eine bestimmte Arbeit abgeschlossen haben und neue Aufgaben suchen. Je mehr Beteiligten eine Sache am Herzen liegt, desto sichtbarer werden die Hinweise und desto größer die Chance ihrer Bearbeitung.

Mit Peer-Produktion zum guten Leben?

Peer-Produktion kommt der Idee des guten Lebens zweifellos näher als die kapitalistische Produktion – man beteiligt sich freiwillig an Projekten, die einer/einem wichtig sind, und arbeitet dabei mit anderen gleichberechtigt (als „Peers“) zusammen, statt sich einem Chef oder einer Obrigkeit unterordnen zu müssen. Aber kann die Peer-Produktion, was der Kapitalismus nicht kann: Fülle in dem oben genannten zweiten Sinne produzieren, also „was man braucht, wenn man es braucht“? Und zwar nicht nur in einigen Bereichen (z.B. Software) und nicht nur für manche Menschen, sondern in allen Bereichen und für alle?

Um dies möglich zu machen, muss die Peer-Produktion den Sprung von der immateriellen in die materielle Welt schaffen, sodass nicht nur Informationsgüter, sondern auch materielle Güter und Dienstleistungen peer-produziert werden. Aber geht das überhaupt – funktioniert Peer-Produktion nicht nur deshalb, weil Informationen so einfach kopiert und bearbeitet werden können?

Auch wenn nicht wenige Autor/innen glauben, dass die leichte Kopierbarkeit den Informationen inhärent ist, handelt es sich tatsächlich eher um eine Frage der richtigen Infrastruktur. Noch vor 30 Jahren war etwa die verlustfreie Vervielfältigung von Musik Konzernen mit teuren Spezialmaschinen vorbehalten, wie Glyn Moody (2010) betont. Erst die Verbreitung von Internet-Breitbandanschlüssen und hinreichend großen Datenträgern hat sie alltäglich gemacht.

Ähnliche Entwicklungen sind für die Herstellung materieller Dinge nicht nur denkbar, sondern in bestimmten Bereichen schon im Gange. Die Vervielfältigung materieller Dinge ist unter drei Voraussetzungen möglich: Man muss über die gesamten Baupläne sowie über die benötigten Produktionsmittel und Ressourcen verfügen. Im folgenden Abschnitt soll kurz skizziert werden, wie eine verallgemeinerte Peer-Produktion diese Voraussetzungen erfüllen kann.

Bausteine einer verallgemeinerten Peer-Produktion

Die Betrachtung der heutigen Formen der Peer-Produktion zeigt, dass die verwendeten Ressourcen und Produktionsmittel im Allgemeinen Gemeingüter oder verteilter Besitz sind. Bei digitaler Peer-Produktion sind Wissen und Informationen die wichtigsten Ressourcen. Sie gelten dabei als Gemeingüter, die von allen genutzt und weiterentwickelt werden können. Exemplarisch für eine bei Peer-Produzierenden weitverbreitete Ansicht formuliert die Wikimedia Foundation, die hinter der Wikipedia steht, sogar den Anspruch, dass alles öffentlich relevante Wissen Gemeingut sein sollte:

Stellen Sie sich eine Welt vor, in der jeder Mensch freien Zugang zur Gesamtheit allen Wissens hat. Das ist unser Ziel. (Wikimedia Foundation 2010, eigene Übersetzung)

Eine Form Freien Wissens ist Freies Design, auch Open Hardware genannt. Open-Hardware-Projekte entwerfen materielle Dinge und teilen ihre Baupläne und Konstruktionsbeschreibungen mit der ganzen Welt. Dieser Bereich der Peer-Produktion ist noch relativ jung, aber in den letzten Jahren sind zahlreiche neue Projekte entstanden. Das US-amerikanische Magazin Make hat Ende 2009 einen großen Report zum Thema veröffentlicht (Make 2009), der weit über hundert Projekte enthielt – seitdem dürften es noch deutlich mehr geworden sein. Dieses Freie Produktionswissen darüber, wie Dinge hergestellt werden (aber auch, wie man sie benutzt, wartet, repariert und schließlich fachgerecht recycelt), ist der erste Baustein der materiellen Peer-Produktion.

Die wesentlichen Ressourcen – bei digitaler Peer-Produktion das Wissen – werden in der Logik der Peer-Produktion also als Gemeingüter behandelt. Für die materielle Peer-Produktion, die nicht nur Wissen, sondern auch natürliche Ressourcen benötigt, bedeutet dies, dass gemäß der Logik der Peer-Produktion die Naturressourcen ebenfalls als Gemeingüter zu betrachten sind. Die entsprechende Schlussfolgerung hat schon Karl Marx gezogen:

Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen Gesellschaften zusammengenommen, sind nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer, und haben sie als boni patres familias [gute Familienväter] den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen. (Marx 1894)

Dass natürliche Ressourcen gemäß dieser Logik zum Gemeingut werden, bedeutet, dass niemand Exklusivrechte auf sie erheben, sie verwerten oder verkaufen kann. Sie müssen in ihrer Substanz erhalten bleiben, dürfen also genutzt, aber nicht aufgebraucht werden. Jede/r hat in diesem Rahmen das Recht auf anteilige Nutzung, wobei der ökologische Fußabdruck oder verwandte Messgrößen Richtwerte vorgeben können. Bei der heutigen Bevölkerungsgröße könnten die von einer Person genutzten Güter also natürliche Ressourcen im Umfang von maximal 1,8 globalen Hektar erfordern. Nur so kann mit der ersten Herausforderung, der Begrenztheit der irdischen Ressourcen, auf eine Weise umgegangen werden, bei der niemand zu kurz kommt.

Die Bewahrung und Nutzung der natürlichen Ressourcen als Gemeingüter ist der zweite Baustein der materiellen Peer-Produktion. Die Durchsetzung dieser Logik ist wahrscheinlich die größte Herausforderung für die Verallgemeinerung der Peer-Produktion, da sie mit der heutigen Auffassung praktisch aller Dinge, einschließlich großer Teile der Natur, als Privateigentum radikal bricht.

Jede Produktion ist auf Produktionsmittel angewiesen – zum Beispiel auf die Maschinen, mit denen etwas produziert wird. Im Bereich der digitalen Peer-Produktion gehören die Produktionsmittel meist vielen verschiedenen Leuten. Zum Schreiben von Freier Software verwende ich meinem eigenen Computer, der offiziell mein Eigentum ist. Ich dürfte ihn verkaufen oder auch vermieten, aber das tue ich nicht, sondern ich benutze ihn. Dies wird als Besitz bezeichnet: Besitz ist, was man benutzt. Die Wohnung, die ich gemietet habe, ist mein Besitz, aber das Eigentum meines Vermieters.

Bei digitaler Peer-Produktion fallen Besitz und Eigentum bei den materiellen Produktionsmitteln meist zusammen, aber worauf es ankommt, ist der Besitz. Die Produktionsmittel werden benutzt, nicht verwertet. Dabei ist dieser Besitz über viele Menschen verteilt. Es gibt keine Einzelperson oder kleine Gruppe von Personen, die alle Rechner kontrolliert, die die am Linux-Projekt Beteiligten benutzen. Durch die Verteilung des Besitzes werden einseitige Abhängigkeitsverhältnisse verhindert. Niemand kann die anderen blockieren, indem er die Nutzung der Produktionsmittel verweigert oder unter Bedingungen stellt.

Die Entwicklung im Bereich materieller Peer-Produktion geht in eine ähnliche Richtung: Dezentrale produktive Infrastrukturen entstehen, die sich die Beteiligten zum Zweck ihrer Bedürfnisbefriedigung organisieren. Es geht darum, zu produzieren, was man haben möchte, oder zu tun, was man gerne tut, nicht ums Geldverdienen. Dabei sind die produktiven Infrastrukturen so verteilt, dass niemand den Zugang zu diesen Produktionsmitteln kontrollieren kann.

Ein Beispiel sind Mesh-Netzwerke. Das klassische Modell eines Netzzugangs ist hierarchisch: Ein Provider bietet Tausenden oder Hunderttausenden von Menschen Zugang zum Internet. Der Provider kann jeder/m Einzelnen gezielt den Zugang nehmen; er kann Zugänge zensieren und überwachen, was die Nutzer/innen machen; und wenn ihm selbst der Zugang abgeschnitten wird, sind alle seine Kund/innen offline. Dagegen sind Mesh-Netzwerke dezentrale Netzwerke, in denen alle beteiligten Computer gleich sind: Jeder kann mit allen anderen direkt per Funk kommunizieren, sofern sie in seiner Reichweite sind; wenn nicht, suchen sich die betroffenen Rechner einen möglichst schnellen Weg über andere Computer in ihrer Nähe. Es gibt keine zentralen Server, die abgeschaltet werden könnten, und wenn einzelne Rechner ausfallen, sucht sich das Netzwerk andere Wege um die fehlenden Rechner herum. Es gibt also keine zentrale Instanz, die das Netzwerk oder Teile davon kontrollieren könnte.

Die Einwohner/innen der südafrikanischen Stadt Scarborough organisieren sich mittels eines solchen Mesh-Netzwerks Internet und Telefonie. Die nötige Hardware ist über viele Leute verteilt – wer beitragen möchte, kauft sich einen WLAN-Router, eine Antenne oder andere nötige Hardware. Es gibt niemand, dem das ganze Netz oder ein größerer Teil davon gehört; niemand, der es abschalten oder zensieren könnte. Die benötigte Software und ein Teil der nötigen Hardware wird als Freie Software und Open Hardware entwickelt, kann also selber angepasst und ggf. hergestellt werden (vgl. Rowe 2010).

Was heute in einigen Städten schon für Internet und Telefon funktioniert, ist auch für die dezentrale Versorgung mit (Solar- und Wind-)Energie oder Wasser denkbar. Selbstorganisierte Projekte zur Wasserversorgung existieren beispielsweise in Südamerika (vgl. De Angelis 2010).

Ein weiteres Beispiel sind die im Bereich der digitalen Peer-Produktion weitverbreiteten Hackerspaces (siehe hackerspaces.org) – selbstorganisierte Räume (wie sie auch in der linken Szene existieren), wo sich Menschen treffen, um beispielsweise Freie Software zu schreiben oder zur Wikipedia und anderen Freien Projekten beizutragen. Hackerspaces sind immer auch Lernräume, wo man Workshops veranstalten oder sein Wissen informell teilen und an andere weitergeben kann; zudem dienen sie der Entspannung und Erholung. Finanziert werden sie üblicherweise durch freiwillige Beiträge der Benutzer/innen – laufende Kosten wie die Miete werden über einen Verein gedeckt, an den jede/r ein paar Euro pro Monat überweist. Die Nutzung des Raums ist dabei aber üblicherweise nicht an eine Vereinsmitgliedschaft gebunden, sondern steht allen frei.

Im Bereich der materiellen Produktion wurden in Dutzenden von Städten sogenannte Fab Labs (fab.cba.mit.edu) eingerichtet – im deutschsprachigen Raum gibt es schon sechs davon, nämlich in Aachen, Berlin, Köln, München, Wien und Luzern. Von der Idee her sind Fab Labs ähnlich wie Hackerspaces selbstorganisierte Räume, wobei sie heute noch teuer sind und meist von Universitäten oder anderen größeren Organisationen gesponsert werden müssen. In solchen Labs gibt es eine ganze Reihe von Produktionsmaschinen, die von den Menschen in der Umgebung benutzt werden können. Fab Labs verfügen u.a. über CNC-Maschinen, die computergesteuert Materialblöcke zurechtschneiden oder -fräsen können, sowie über Fabber (auch 3D-Drucker genannt), die Gegenstände umgekehrt aus vielen Schichten aufbauen, wobei die einzelnen Schichten quasi „ausgedruckt“ werden und daraus Schicht für Schicht ein dreidimensionaler Gegenstand entsteht.

Fast alle heutigen Produktionstechniken werden tendenziell kleiner und eher verfügbar für begrenzte Gruppen (beispielsweise für Leute, die Hackerspaces betreiben), ohne dass diese dafür viel Geld ausgeben müssten. Heute sind die Fab Labs noch teuer, weil sie auf proprietäre Maschinen setzen, die auf dem Markt eingekauft werden müssen und entsprechend viel kosten. Dies ändert sich aber allmählich, da in den letzten Jahren diverse Peer-Projekte entstanden sind, die CNC-Maschinen, 3D-Drucker und andere Produktionsmittel entwerfen und ihre Ergebnisse als Open Hardware veröffentlichen. Solche Freien Produktionsmittel – kleine CNC-Maschinen wie Contraptor (www.contraptor.org) und Valkyrie (letsmakerobots.com/node/9006), kleine Fabber wie RepRap (reprap.org) und Fab@Home (fabathome.org) – sind noch nicht konkurrenzfähig mit der kapitalistischen Massenproduktion, aber in bestimmten Bereichen auch nicht mehr so weit davon entfernt.

Sobald die Maschinen selber das Ergebnis von Peer-Produktion sind und im Rahmen solcher produktiver Zentren selbst wiederum hergestellt, also vervielfältigt werden können, wird es spannend. Denn so wird eine partielle Abkoppelung vom Markt möglich, wo man die Dinge nicht mehr kaufen muss, sondern sie in Peer-Produktion gemeinsam herstellen kann. Die selbstorganisierte Bereitstellung und Verwendung von Produktionsmitteln ist der dritte Baustein der materiellen Peer-Produktion.

All das würde nie zustande kommen ohne die Menschen, die in freiwilliger Selbstauswahl nützliche Dinge entwerfen und ihr Wissen teilen, natürliche Ressourcen zugänglich machen und erhalten sowie selbstorganisierte Produktionsinfrastrukturen einrichten und betreiben. Die freiwilligen Beiträge der Beteiligten, die – jede/r auf die Art und Weise, die ihren oder seinen Bedürfnissen und Interessen entspricht – dazu beitragen, dass Peer-Projekte (sei es für Software oder materielle Produktion) erfolgreich sind, sind der vierte und zweifellos wichtigste Baustein.

Fairness-Fragen

Kann eine Gesellschaft auf der Basis von Peer-Produktion und Selbstorganisation tatsächlich aus eigener Kraft funktionieren? Oder ist sie in bestimmten Bereichen der gesellschaftlichen Organisation auf herkömmliche Elemente der Vergesellschaftung – wie Staat, Polizei, Markt – angewiesen? Der Ruf nach einer zentralen Regulierungsinstanz kommt besonders schnell bei Fragestellungen auf, die sich unter dem Begriff der Fairness (oder Gerechtigkeit) fassen lassen.

Dies betrifft zum einen den Zugang zu Ressourcen. Gemäß der Logik der Peer-Produktion können Ressourcen genutzt werden, sofern sie in ihrer Substanz für die Nachwelt erhalten bleiben und sofern für die anderen jeweils ähnlich viel da ist wie für eine/n selbst. Doch was geschieht, wenn sich einige über diese Begrenzungen hinwegsetzen und langfristig so viel verbrauchen, dass sie die durchschnittlich pro Person verfügbare Biokapazität deutlich überschreiten und so auf Kosten anderer leben?

Die Verhinderung und Sanktionierung solchen Fehlverhaltens scheint zunächst eine zentrale, staatliche Instanz zu erfordern, doch die Praktiken heutiger Peer-Projekte zeigen, dass es auch anders geht. Die Beteiligten reagieren auf Fehlverhalten mit „flaming and shunning“, was man auf Deutsch mit „Schimpfen und Schneiden“ wiedergeben könnte (vgl. Lehmann 2004). Man beschimpft die Übeltäter/in zunächst, es kommt zu „Flames“, lautstark und öffentlich (z.B. auf Mailinglisten) geäußerter Kritik. Werden diese Warnungen ignoriert, kann der/die Betroffene „geschnitten“ werden, d.h. man verweigert die weitere Zusammenarbeit mit ihr oder ihm. Das kann bis zum Boykott, bis zum zeitweiligen oder dauerhaften Ausschluss aus dem Projekt führen.

Nun sind aber in jeder Gesellschaft die Menschen auf andere angewiesen – ohne die Zusammenarbeit mit anderen ist das Überleben schwierig und ein gutes Leben definitiv unmöglich. Wenn der allgemeine Konsens dahin geht, bestimmte Verhaltensweisen nicht zu akzeptieren und mit Kooperationsverweigerung zu sanktionieren, werden sich solche Verhaltensweisen daher kaum aufrecht halten lassen.

Ein anderer möglicherweise problematischer Bereich betrifft die Verteilung von Aufgaben. Normalerweise funktioniert Peer-Produktion auf der Basis von Selbstauswahl und Stigmergie. Jede/r sucht sich Aufgaben aus, die ihr oder ihm gefallen oder wichtig sind, und orientiert sich dabei an den Hinweisen, die andere hinterlassen. Doch wie geht man damit um, wenn das bei bestimmten Aufgaben nicht funktioniert, wenn sich dafür keine Freiwilligen finden?

Eine erste Frage ist, ob solche Aufgaben tatsächlich notwendig sind. Wenn sie niemandem so wichtig sind, dass sie oder er zu ihrer Erledigung bereit wäre, dann kann man darauf vielleicht einfach verzichten? Wenn das nicht der Fall ist, bleibt als weitere Möglichkeit zum Umgang mit solchen unbeliebten Aufgaben die Automatisierung. Automatisierung hat seit Beginn der „industriellen Revolution“ ja schon enorme Wirkungen entfaltet; immer größere Teile der Produktion werden ganz oder teilweise automatisiert. Besonders gut geeignet für die Automatisierung sind dabei Aufgaben, die eintönig und repetitiv und deshalb wenig beliebt sind. Kreative Aufgaben, die menschliche Intelligenz und Intuition erfordern, bleiben übrig, sind erfahrungsgemäß aber auch weniger problematisch, da sie spannend und reizvoll sind.

Allerdings stellt im Kapitalismus der Lohn eine Grenze der Automatisierung dar – je schlechter bezahlt ein Job ist, desto schwieriger wird es, ihn ohne Mehrkosten zu automatisieren. Viele undankbare Tätigkeiten wie z.B. das Putzen werden aber so schlecht bezahlt, dass unter kapitalistischen Umständen ihre Automatisierung wenig sinnvoll ist. Wenn es dagegen bei Peer-Produktion Aufgaben gibt, an deren Erledigung alle oder viele interessiert sind, die aber niemand selber erledigen will, dann ist der Anreiz, sie ganz oder teilweise zu automatisieren, sehr hoch. Und da die Automatisierung von Tätigkeiten selbst eine spannende und herausfordernde Beschäftigung ist, sind die Chancen, dafür Freiwillige zu finden, sehr viel besser.

In vielen Fällen lassen sich Tätigkeiten auch so umorganisieren und umgestalten, dass sie interessanter und angenehmer werden. Im Kapitalismus finden die undankbaren Arbeiten meist unter sehr schlechten Bedingungen statt (z.B. Büros putzen um 4 Uhr morgens), aber diese Rahmenbedingungen sind der Aufgabe nicht inhärent. Bei Peer-Produktion entscheiden die Freiwilligen, unter welchen Umständen sie eine Aufgaben übernehmen und wie sie sie ausgestalten. Sie können also sagen: „Wir machen das tagsüber, und wenn das den anderen nicht passt, sollen sie’s selber machen.“

Falls aber weder Automatisierung noch Umorganisation greifen, können die Betroffenen Faustregeln zur fairen Aufteilung dieser Aufgaben entwickeln. Alle, die an der Erledigung Interesse haben, übernehmen hin und wieder im Wechsel eine der Aufgaben. Auf diese Weise hat niemand allzu viel damit zu tun.

Peer-Produktion ist kein Allheilmittel zur Lösung aller gesellschaftlichen Probleme, aber sie eröffnet vielfältige Möglichkeiten, sich mit anderen zusammenzutun und sich gemeinsam der Dinge anzunehmen, die einer/einem wichtig sind. Unter kapitalistischen Umständen ist kein gutes Leben für alle möglich. Die Voraussetzungen der verallgemeinerten Peer-Produktion sind sehr viel besser, weil sie auf dem Bedürfnisprinzip basiert: Menschen tun sich zusammen und produzieren etwas, weil es ihren produktiven oder konsumtiven Bedürfnissen entspricht. Anders als im Kapitalismus, wo sich im Konkurrenzkampf jede/r strukturell gegen die anderen durchsetzen muss, muss bei gemeinsamer Produktion Bedürfnisbefriedigung aber weder auf Kosten anderer noch auf Kosten der Natur gehen. Im Gegenteil: Peer-Produktion funktioniert deshalb so gut, weil sich die Menschen gegenseitig bei der Befriedigung ihrer Bedürfnisse unterstützen, was für alle Beteiligten von Vorteil ist.

Literatur

From: keimform.deBy: Christian SiefkesComments

Gutes Leben mit Ecommony

[aus: Streifzüge Nr. 51]

Von Friederike Habermann

Es sind Hunderte. Hunderte Taxis in der Schlange am Berliner Flughafen Tegel. Und Hunderte Menschen, die ihr Leben darin vergeuden, denn es wird ewig dauern, bis die letzten einen Fahrgast ergattert haben, um nach einigen Kilometern sich hier oder woanders wieder anzustellen. Ist das die Effizienz, ist das die Selbstverwirklichung im Kapitalismus?

Wer gerade nicht von Tegel fliegt, kann durch die Straßen bei sich um die Ecke bummeln und auf die sich stets wiederholenden Friseursalons, Apotheken, Drogerien oder Supermärkte achten – mit sich stets ausweitenden Öffnungszeiten selbstverständlich. Wenn im Kapitalismus Zeit als Geld gilt: Warum wird dann die Lebenszeit so vieler der hier Angestellten oder Kleinselbständigen aus dem Fenster geworfen?

Soweit meine Gedanken, wie sie mir in den Kopf kamen im Flugzeug. Nun aber befinde ich mich, zufällig sozusagen, gerade in Kuba und damit außerhalb der kapitalistischen Zone. Und es lässt sich nicht leugnen: Es ist hier sicherlich nicht besser bestellt, nicht mit Effizienz im Allgemeinen, aber auch nicht hinsichtlich der Verschwendung von Lebenszeit beim sogenannten Arbeiten, oder mit anderen Worten, beim Sich-die Beine-in-den-Bauch-Stehen in Museen, Cafés, öffentlichen Aufzügen oder den Abgabestellen von Brot, Reis, Kaffee etc. gegen Lebensmittelkarten.

Der kubanische Staat zieht derzeit Konsequenzen: Er entlässt eine halbe Million öffentlich Angestellter, um, wie es im Neoliberalismus heißen würde, sich zu verschlanken. Dafür werden seit kurzem private Geschäfte erlaubt, vor allem die Anstellung von Beschäftigten dafür ist ein Novum im hiesigen Sozialismus. Und es drängt sich die Frage auf, wie viel von diesem übrigbleiben wird. Und von dem entspannten, freundlichen Umgang der Menschen hier, die ohne Konkurrenz miteinander leben.

Allerdings nicht besonders selbstbestimmt. Wie sähe das Nationalmuseum aus, wenn die Frau im Lift und all jene Männer und Frauen, welche die Kunstwerke bewachen, Teil einer Kooperative (und damit eines basisdemokratischen Prozesses) wären, in der sie sich gegenseitig das Mitnehmen von Büchern erlauben oder ihre Arbeit für überflüssig erklären oder durch Technik ersetzen würden?

Doch ist auch die Bildung von Kooperativen langfristig keine Lösung: Immer noch Teil eines konkurrenten, kapitalistischen Weltsystems, können sich die Menschen dessen Strukturen nicht entziehen. Franz Oppenheimer formulierte schon 1896 als Ergebnis einer Studie: „Nur äußerst selten gelangt eine Produktionsgenossenschaft zur Blüte. Wo sie aber zur Blüte gelangt, hört sie auf, eine Produktionsgenossenschaft zu sein.“ (1896: 45)

Was aber kann es geben statt einem mehr oder weniger neoliberalen bzw. sozial abgefederten, gar von Kooperativen durchsetzten Kapitalismus auf der einen Seite und dem sogenannten Realsozialismus auf der anderen? Dass es keine Alternative gäbe, die ein gutes Leben garantiere, hat nicht nur die neoliberale Ikone Margaret Thatcher behauptet, sondern dieser Glaube sitzt tief verankert im allgemeinen Alltagsverstand.

Alternativen leben

Mögliche Koordinaten eines anderen Wirtschaftens können nicht ausgereift sein, denn eine andere Welt kann nicht am Schreibtisch erfunden werden. Der Weg muss erst erschaffen werden, indem wir „fragend voranschreiten“, wie es die indigene Bewegung der Zapatistas in Mexiko betont: Wir sind durch Jahrhunderte des Kapitalismus (Sexismus, Rassismus und anderen unschönen „ismussen“) geformt und brauchen neue Erfahrungen für neue Erkenntnisse. Darum liegt die Utopie immer am Horizont, wie Eduardo Galeano es ausdrückt: Gehen wir vorwärts, so geht auch sie vor uns her und zeigt uns, was wir vorher uns gar nicht vorstellen konnten. Neue Denk- und Handlungshorizonte entstehen nur im Zusammenspiel von verändertem materiell-ökonomischem Alltag und sich verändernden Identitäten, denn eine Veränderung von Strukturen und von Menschen bedingen und ermöglichen sich erst gegenseitig. Die Welt formt uns, und wir formen die Welt.

Statt einem Dogma werden gelebte Erfahrungen wichtig. Auch jene, die heute von vielen als problematisch angesehen werden – denn nur so werden Sackgassen erkennbar. So z.B. die Landkommunen der 1970er Jahre, deren Versuch, in Abgrenzung zur Gesellschaft das „Richtige im Falschen“ zu leben, sich gerade aus feministischer Sicht (auch in meiner eigenen Erfahrung) manchmal als Problem erwies, wenn sie sich auch von den gleichzeitigen Errungenschaften der Frauenbewegung isolierten. Oder in den 1980er Jahren die Gründung von kollektiven Betrieben, welche damit vielfach das „Oppenheimer Gesetz“ wiederholten.

In den 1990er Jahren boomten die Tauschringe. Sie beruhen darauf, dass Arbeit getauscht wird, und dies in eigens erfundenen Währungen – seien es Kreuzer, Taler oder Äppel. Auf diese Weise kann es keine Akkumulation von Kapital und keine Zinsen geben, doch persönliche Eigenschaften sind immer noch nur das wert, was aus ihnen an Wert herausgeschlagen werden kann. Wer gerne Holz hackt, aber hierin unterdurchschnittlich produktiv ist, wird dafür nicht „eingestellt“. Eine weitere Erfahrung ist, dass Tauschringe zur Monetarisierung nachbarschaftlicher Austauschbeziehungen führen können: der Setzling, der sonst ohne Überlegen weitergereicht, die CD, die ausgeliehen wurde, oder zu gestatten, den Computer zu nutzen – all dies kann plötzlich in der lokalen Tauschwährung Geld kosten. Der Nachbarin wird nicht geholfen (denn Verkaufsangebote sind keine Hilfe): obwohl der Setzling sonst auf den Kompost käme oder CD und Computer nicht verschwinden, wenn sie zwischendurch genutzt werden. Ressourcen bleiben also brach liegen.

Ecommony

Dies ist einer der zentralen Ansatzpunkte neuer Projekte: Ressourcen so offen wie möglich allen zur Verfügung zu stellen – eine Art open source“-Einstellung, ein „Alles für Alle“.

Solidarisches Wirtschaften bedeutet nicht, komplett „auszusteigen“. Menschen, die ihr eigenes alltägliches Leben als potentiell revolutionär begreifen, loten den eigenen Alltag nach Möglichkeiten von „dissidenten Praktiken“ (Carola Möller) aus. In diesem Sinne ergaben sich in meinem Buch „Halbinseln gegen den Strom. Anders leben und wirtschaften“ (2009) über Ansätze alternativen Wirtschaftens im deutschsprachigen Gebiet sämtliche Bereiche der Ökonomie: Nahrungsmittel, Gebrauchsgegenstände, Dienstleistungen, Wohnen, Bildung, Gesundheit, Mobilität etc. Über das Buch hinaus lassen sich bei den jüngeren Ansätzen ganz ähnliche Charakteristika feststellen, z.B. bei der „commons-based peer production“, wie sie von Yochai Benkler für die Entstehung freier Software definiert wurde. Da diese Ansätze aber alle Lebensbereiche zu umfassen imstande sind, möchte ich von Ecommony“ sprechen. Deren Prinzipien stellen kein geschlossenes Modell oder einen Plan dar, dem es nachzufolgen gilt, doch stellen sie derzeit offensichtlich Koordinaten für eine politische Praxis dar. Sie lauten:

* Besitz statt Eigentum

Wichtigstes Prinzip bei den Commons ist, Besitz und Eigentum zu unterscheiden. Etwas wird besessen, solange es aktiv benutzt wird. Eigentum aber kann verkauft werden. Die Unterscheidung findet sich auch im Bürgerlichen Gesetzbuch: Der Vermieterin gehört (eigentlich „eignet“) die Wohnung, der Mieter besitzt sie. „Kann einem Mensch seine eigene Mutter gehören?“ fragten in einer Erklärung zu einem Abkommen der WTO indigene Gemeinschaften mit Bezug zur „Pachamama“, der „Mutter Erde“, rhetorisch. Ein Offener Platz, wie in den „Halbinseln“ der Kiefernhain, der ohne Zugangsbeschränkungen für jede und jeden offen ist, versucht umzusetzen, dass nicht das Eigentums-, sondern lediglich das Besitzverhältnis zählt.

Jenseits des Wohnens findet sich dies auch im gesellschaftlichen Alltag. Parks oder Marktplätze entsprechen dem Commonsgedanken – noch meistens, doch immer häufiger muss für den Eintritt in einen Park bezahlt werden. Mit Commons gesehen bricht es einer das Herz, wenn am Eingang ein altes Pärchen die Wächter bittet, einige Schritte hineingehen zu dürfen, um wenigstens Fotos zu machen.

Reine öffentliche, also nicht-rivale Güter, wie die hierfür vielzitierten Deiche und Leuchttürme, aber auch Radio- und Fernsehsender oder natürlich Software sind eigentlich Commons par excellence. Aber auch die sogenannten unreinen öffentlichen Güter, bei denen zwar niemand ausgeschlossen ist, jedoch eine „Rivalität im Konsum“ besteht sind hierfür geeignet: Straßen und Wege, Wasserver- und Entsorgung oder allgemein jede Art öffentlicher Verkehrsmittel und Infrastruktur. Während all diese Güter im gegenwärtigen System teilweise unentgeltlich, teilweise nur gegen Gebühren erhältlich sind, wären sie als Commons grundsätzlich für alle nutzbar.

„Besitz statt Eigentum“ kann sich aber auch auf Gegenstände beziehen, beispielsweise Bücher. Wer hat sich nicht schon einmal ein Buch von einer Freundin geliehen oder umgekehrt eines an einen Freund verborgt? (Und warum ist dies, im Gegensatz zur weitergegebenen Software, eigentlich nicht verboten?) In den meisten Projekten, sogar schon in einigen Wohngemeinschaften, finden sich kleine Bibliotheken. Doch nicht nur dort: Öffentliche Bücherschränke, mal aus Holz, mal in Form zweckentfremdeter Telefonzellen oder Verteilerkästen, aus denen genommen und in die auch Bücher gestellt werden können, existieren inzwischen in vielen deutschen und österreichischen Städten.

Das Gleiche gilt für Werkzeuge, wenn diese natürlich auch eher in einem überschaubareren Rahmen genutzt werden, da sie anders als ein Buch nicht irgendwann für die jeweilige Nutzerin „ausgebraucht“ sind. In sicher den allermeisten Projekten werden Werkzeuge gemeinschaftlich genutzt. Darüber hinaus finden sich auch Offene, also für alle nutzbare, Werkstätten, sei es zur Holz- oder Metallbearbeitung, zum Fahrrad-Bauen und -Reparieren oder zum Nähen.

Auch Nutzungsgemeinschaften tauschen in diesem Sinne unentgeltlich und ohne direkte Tauschlogik aus. „NutziGems“ basieren auf dem Prinzip, dass nicht alle alles besitzen müssen, nur um es ab und zu gebrauchen zu können. Dies können Gegenstände sein oder auch Fertigkeiten und Wissen – kurz: Ressourcen.

Aber auch die über vierzig Umsonstläden in Deutschland und Österreich können, obwohl auch manchmal Schenkläden genannt, gerade nicht als Orte des Schenkens verstanden werden, wo Dinge von Privateigentum in Privateigentum übergehen, sondern als Orte, wohin Dinge gebracht werden, die aus dem eigenen Besitz gefallen sind, da sie nicht mehr benutzt werden. Auf diesem Gedanken aufbauend bestehen auch Überlegungen innerhalb des Arbeitskreises Lokale Ökonomie, der hinter dem Hamburger Umsonstladen steht, Regale als „freie Hardware“ zu bauen, die als Dauerleihgaben vergeben werden.

Aber nicht erst für die fertigen Produkte, sondern auch für Produktionsmittel soll das Prinzip „Besitz statt Eigentum“ gelten. Alles andere macht in einem System ohne Geld auch gar keinen Sinn.

Kann sich der Commons-Gedanke aber auch auf das rivalste Gut überhaupt beziehen, das Essen? Ja, wenn das Prinzip weitergedacht wird: Wenn Essen allen zur Verfügung gestellt wird, bis alle satt sind, ohne dass jemand für sich private Vorräte anhäuft, kann immer noch vom Commonsprinzip gesprochen werden.

Das hat natürlich Grenzen, trotz der Tatsachen, dass zum einen heute mehr als das Doppelte der Weltbevölkerung ernährt werden könnte und dass zum anderen das Phänomen Hunger als konstante Erscheinung wesentlich mit der Existenz des Kapitalismus verbunden ist. Und damit sind wir beim nächsten Prinzip.

* Teile, was du kannst

Gerade machst Du Dich mit Deinem/r Partner_in zu einem romantischen Restaurantbesuch fertig, da klopft es an der Wohnungstür: „Ich ziehe hier ein“, verkündet der unangemeldete Besucher, „mir gefällt die Lage so gut. Ach, und den geilen Pullover, den du anhast, hätte morgen gerne ich. Wasch ihn später doch bitte kurz durch und leg ihn mir hin. Und wer ist das da?“

Keine Angst – dies ist keine Commons-Vision. Denn Pullover und Wohnung sind in Deinem Besitz, und bleiben Dir unbenommen, solange Du sie in Gebrauch hast – und daran ändert sich auch nichts, wenn die Wohnung verlassen wird oder der Pullover die meiste Zeit im Schrank liegt. Ob der/die Partner_in ebenfalls bei dir bleibt, kann aber natürlich nur diese/r selbst entscheiden.

Wenn ich aber bei einer Diskussion über Anders Wirtschaften höre, es sei ja sowieso nicht möglich, dass die meisten Wünsche der Menschen erfüllt würden, denn es gäbe nun mal nur sehr begrenzt Häuser direkt am See, dann frage ich mich schon, was gemeint ist: Wollen wirklich alle Menschen irgendwo am See wohnen, oder geht es vorwiegend um das Feriendomizil? Wahrscheinlich doch eher letzteres. (Mal abgesehen davon, dass einige sowieso lieber in die Berge, die nächsten ins Warme und wieder die nächsten das Nächste wollen.) In diesem Fall aber wird das Haus vermutlich maximal jeweils einige Wochen im Jahr benötigt – und es ließe sich wunderbar leicht nach dem Commons-Prinzip aufteilen. Aber wie jede andere persönliche Entscheidung wird auch diese kulturell geprägt und damit wird verschieden sein, was als akzeptabel gilt, und dies wird wiederum stark von den vorhandenen Ressourcen abhängen – gibt es genug Platz für alle, sodass alle ein Haus haben können oder nur eine Wohnung oder vielleicht nur ein Zimmer?

In der freien Softwareproduktion findet sich das Prinzip Share what you can als „Teile, was Du hast und nicht brauchst“ aufgeteilt in vier Formen:

  • parallele Nutzung (zum Beispiel eines Internetzuganges);
  • serielle Nutzung, also nacheinander (in diesem Sprachgebrauch wären die Regale des AK Lök Perma-Floater“);
  • gemeinschaftlich organisierte Sammlungen (z.B. Wikipedia oder Bücher);
  • Orte der offenen Produktion (entweder im Netz, wie gemeinschaftliches Designen oder in offenen Produktionsstätten, egal ob mit Fabbern ausgerüstet oder mit Hobelbank).

„Teile, was Du kannst“, hat aber neben dieser noch zwei weitere Bedeutungen: „Teile, was Du weißt“ sowie „Teile, was Du tust oder tun möchtest“. Neben Dingen sind also auch Fähigkeiten und Tätigkeiten gemeint. Das Teilen von Fähigkeiten („skill-sharing“) beziehungsweise von Wissen hat ja die schöne Eigenschaft, sich dadurch zu vermehren. Und wer sich durch Bildung nicht im Konkurrenzkampf behaupten muss, kann genießen, mit anderen zusammen, welche dieselben Fähigkeiten besitzen, die eigenen noch besser nutzen zu können. Das Teilen von Tätigkeiten aber geht wiederum über in das nächste Prinzip.

* Beitragen statt Tauschen

Statt die eigenen Fähigkeiten in Quantitäten ummünzen zu müssen, wie dies in einem Tauschring immer noch der Fall ist, wird aus einem Bedürfnis heraus aktiv gehandelt. Natürlich fallen auch Sorgetätigkeiten hierunter, denn die Unterscheidung zwischen produktiven und reproduktiven Tätigkeiten (ebenso wie die Abgrenzung zu Dienstleistungen) wird obsolet. Und damit einer alten feministischen Forderung gerecht.

Im Kapitalismus werden solche Tätigkeiten als „Arbeit“ vollbracht. Überwindung der Entfremdung und damit von „Arbeit“ kann nur erreicht werden „durch die Organisation des sinnvollen Einsatzes von gemeinsamen Möglichkeiten, die durch keine ,unsichtbare Hand‘ automatisch gesteuert werden, sondern durch bewusstes gesellschaftliches Handeln“ (krisis 1999).

Bevor weiter auf die gesellschaftliche Organisation mit Hilfe dieses Prinzips eingegangen wird, schnell noch die letzten, in die wiederum nahtlos übergegangen wird.

* Freiwilligkeit / Freie Kooperation / Offenheit

Freiwilligkeit ist das, was das Beitragen vom Tauschen unterscheidet. Freie Kooperation beinhaltet „forks“ – die Trennung der Projekte mit möglichst geringen „Kosten“ für beide Seiten, statt des Zwanges, sich auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner zusammenstreiten zu müssen. Und es bedeutet wiederum die Offenheit, bei der gilt: Alles für alle.

Ecommony und Peerökonomie

„Beitragen statt Tauschen“: So heißt auch das Buch von Christian Siefkes über seinen Ansatz der „Peerökonomie“, womit er die Prinzipien der freien Softwareproduktion auf die materielle Produktion einer Gesellschaft überträgt. Konkret stellt er Möglichkeiten dar, wie durch die Anmeldung von Bedarf Bedürfnisse erkannt und durch das Ableisten „gewichteter Arbeitsstunden“ erfüllt werden. Durch ein Aufgabenversteigerungssystem wird die Popularität einer Aufgabe gewichtet: Wenn sich mehr Freiwillige melden als nötig, wird das Arbeitsgewicht gesenkt, wenn es nicht genug Freiwillige gibt, wird es erhöht. Zwar entspricht dies letztlich wieder einer Tauschlogik, doch kann darin eine Möglichkeit für Skeptiker_innen gesehen werden, die oben genannten Prinzipien zu bejahen, ohne in Angst davor, dass es keine Verpflichtung zur Arbeit mehr gäbe, sie gleich ganz zu negieren. Peerökonomie wäre in diesem Sinne quasi der Sozialismus vor der kommunistischen Ecommony.

Für Skeptiker_innen sei hier also nicht verraten, dass auch Siefkes die damit verbundene Tauschlogik inzwischen für unnötig hält (vgl. Siefkes 2010). „Wie aber kann eine komplexe Gesellschaft entlang des Prinzips des bedingungslosen Gebens funktionieren?“, fragt Veronika Bennholdt-Thomsen und antwortet selbst: „Sicher ist, dass Gesellschaft jahrtausendelang nach diesem Prinzip funktioniert hat.“ (2010: 50) Bereits in der Struktur des Tausches stecke im Keim die Angst vor der Knappheit, die schließlich zum Ausgangspunkt der modernen Ökonomie geworden ist. Der Tausch werde stets von der Beunruhigung begleitet: „Bekomme ich auch genug zurück?“. Gesellschaften hingegen, deren materielle Kommunikation dem Prinzip des Gebens folge, gingen von der Fülle aus. Die Gaben stünden allen gleichermaßen zur Verfügung. Die Gesellschaftsmitglieder machten davon gemäß den vielfältigen unterschiedlichen Bedürfnissen Gebrauch. Es brauche kein abstraktes, gemeines Maß; die Gleichheit müsse nicht erst (wieder) hergestellt werden.

Ohne in einem Widerspruch zu stehen, ist Ecommony nicht mit Christian Siefkes Entwurf der Peerökonomie gleichzusetzen. Während sich seine Beschreibungen auf das Durchspielen bestimmter Aushandlungsprozesse in einer utopischen Gesellschaft konzentriert, geht es bei der Ecommony darum, sich ihre Prinzipien bewusst zu machen und sie im Hier und Jetzt mitzudenken. Die Welt durch diese Prinzipien der Ecommony zu sehen, eröffnet neue Verhaltensweisen, im Alltag ebenso wie in der politischen Gestaltung gesamtgesellschaftlicher Ressourcenverteilung und Produktionsweise. Und es entlarvt so manches uns Alltägliche als absurdes, unnötiges Leiden – sei es im Kapitalismus oder in den existierenden Formen von Sozialismus.

Literatur

Bennholt-Thomsen, Veronika (2010): Geld oder Leben: Was uns wirklich reich macht.

Habermann, Friederike (2009): Halbinseln gegen den Strom. Anders leben und wirtschaften im Alltag.

Gruppe krisis (1999): Manifest gegen die Arbeit, http://www.krisis.org/1999/manifest-gegen-die-arbeit (20.12.2010).

Oppenheimer, Franz (1896): Die Siedlungsgenossenschaft. Versuch einer positiven Überwindung des Kapitalismus durch Lösung des Genossenschaftsproblems und der Agrarfrage.

Siefkes, Christian (2008): Beitragen statt tauschen: Materielle Produktion nach dem Modell Freier Software sowie (2010): http://www.keimform.de/2010/selbstorganisierte-fuelle.

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From: keimform.deBy: StefanMzComments

L’alternative au capitalisme

Adam Buick et John Crump

Si le capitalisme d’Etat n’est pas le socialisme, qu’est ce qu’il est ? En d’autres termes, si la propriété et la gestion étatiques de la production ne représentent pas l’abolition du capitalisme mais seulement un changement du cadre institutionnel dans lequel il opère, quels devraient être les caractères essentiels d’une société dans laquelle le capitalisme aurait été aboli ?

Puisque le capitalisme est une société de classes et une économie d’échanges mondiaux, il est clair qu’une société sans exploitation, alternative au capitalisme, doit être une société mondiale sans classes et sans échange marchand.

Pas de classes, pas d’Etat, pas de frontières

La base de toute société est la façon dont ses membres sont organisés pour la production de la richesse. Là où une seule partie de la société détient le contrôle sur l’usage des moyens de production, nous pouvons parler de société de classes. Le contrôle des moyens de production par une classe implique l’exclusion, de ce contrôle, du reste de la société, exclusion qui ne persiste finalement que sous la menace ou l’utilisation effective de la force physique. Un organe social de coercition, ou l’Etat, est donc une caractéristique de toutes les sociétés de classes et fit sa première apparition historiquement avec la division de la société en classes.

Toutes les sociétés de classes sont basées sur le fait qu’une partie seulement de la population détient le contrôle sur l’utilisation des moyens de production. Ce fait social peut également être formulé ainsi : les membres de cette classe « possèdent » les moyens de production, puisque se trouver en position de décider l’utilisation de quelque chose signifie le posséder, que ce soit accompagné ou non d’un titre légal de propriété.

Il s’ensuit qu’une société sans classes est une société dans laquelle le contrôle sur l’utilisation des moyens de production est détenu par tous les membres de la société sur une base égalitaire et non par une partie d’entre eux à l’exclusion des autres. Comme le dit James Burnham :

« La société sans classes ne comprendrait pas de groupe (sauf peut-être des corps temporairement délégués librement élus par la communauté et toujours révocables) exerçant un contrôle à un degré spécial, sur l’accès aux instruments de production ; il n’y aurait aucun groupe exerçant, en tant que groupe, un traitement favorisé dans la distribution » (Burnham, L’Ere des organisateurs, 1947, p. 68).

Dans une société sans classes tout membre peut prendre part, dans les mêmes termes que tout autre, aux décisions portant sur la façon d’utiliser les moyens de production. Tout membre de la société est socialement égal aux autres, se situant exactement de la même manière que tous les autres par rapport aux moyens de production. De même, tout membre a accès aux fruits de la production sur une base égalitaire.

A partir du moment où l’utilisation des moyens de production est sous le contrôle démocratique de tous les membres de la société, alors la propriété de classe est abolie. On peut toujours dire que les moyens de production appartiennent à ceux qui détiennent le contrôle sur l’utilisation, dans ce cas à la population entière organisée sur une base démocratique, et donc qu’ils les « possèdent en commun ».

On peut définir la possession commune de la façon suivante :

« une situation où personne n’est exclu de la possibilité de contrôler, d’utiliser et de gérer les moyens de production, de distribution et de consommation. Chaque membre de la société peut acquérir la capacité, c’est-à-dire, qu’il a la possibilité, de réaliser une variété d’objectifs, par exemple, de consommer ce qu’il veut, d’utiliser les moyens de production pour le travail social nécessaire et non nécessaire, d’administrer la production et la distribution, de planifier l’allocation des ressources, et de prendre des décisions concernant les buts collectifs à court et à long termes. La possession commune signifie donc la capacité potentielle pour chaque individu de bénéficier de la richesse de la société et de participer à la gestion sociale » (Jean-Claude Bragard, ‘An Investigation of Marx’s Concept of Communism’, p. 225, traduit de l’anglais).

Tout de même le terme « propriété » peut prêter à confusion dans la mesure où il ne traduit pas bien le fait que le transfert à tous les membres de la société du pouvoir de contrôle sur la production de la richesse rend le concept même de propriété caduc. Avec la propriété commune personne n’est exclu du contrôle sur les moyens de production, ce qui fait que le concept de propriété dans le sens de possession exclusive n’a plus de sens : personne n’est exclu, il n’y a pas de non-propriétaires.

On pourrait inventer un terme nouveau tel que « non-propriété » et parler d’une société sans classes, alternative au capitalisme, comme une société « non-propriétaire », mais la même idée peut être exprimée sans néologisme si la propriété commune est comprise comme étant un rapport social et non une forme de propriété juridique. Ce rapport social—égalité entre les êtres humains vis-à-vis du contrôle sur l’utilisation des moyens de production—peut en fait être également décrit tout aussi précisément par les termes « sans classes » et « contrôle démocratique » que par le terme « possession commune », ces trois termes n’étant que des approches différentes du même concept.

L’utilisation du terme « possession commune » pour traduire ce rapport social fondamental n’implique pas que cette possession commune des moyens de production puisse exister sans le contrôle démocratique. La possession commune signifie le contrôle démocratique qui signifie une société sans classes.

Quant au terme de référence pour désigner une société dans laquelle la possession commune serait le rapport social fondamental, j’utiliserai le terme socialisme bien que je n’aie aucune objection à utiliser le terme « communisme » puisque pour moi les deux termes signifient exactement la même chose et donc sont interchangeables. Si j’ai choisi le terme « socialisme » c’est pour montrer que je rejette définitivement l’introduction léniniste d’une sorte de « société de transition », généralement appelée « socialisme », entre le capitalisme et son alternative sans classes, généralement appelée « communisme ». Pour moi le socialisme est le communisme mais le communisme est également le socialisme en tant que société qui suit immédiatement l’abolition du capitalisme.

La possession commune ne doit pas être confondue avec la propriété étatique puisqu’un organe social de coercition, ou l’Etat, n’a pas sa place dans le socialisme. Une société de classes est une société pourvue d’un Etat parce qu’un contrôle d’une seule partie de la population sur les moyens de production et l’exclusion du reste ne peut être établi sans coercition et est donc impossible sans un organe social spécial pour l’exercer. Une société sans classes, en revanche, est une société sans Etat parce qu’un tel organe social de coercition devient superflu dès lors que tous les membres de la société se situent dans le même rapport vis-à-vis du contrôle sur l’utilisation des moyens de production. L’existence d’un Etat en tant qu’instrument de contrôle politique et de coercition est tout à fait incompatible avec l’existence de la possession commune. La propriété étatique est une forme de propriété exclusive qui cache un rapport social totalement différent.

Comme nous l’avons vu, la possession commune est un rapport social d’égalité et de démocratie qui rend caduc le concept de propriété parce qu’il n’y a plus de non-propriétaires exclus. La propriété étatique, en revanche, présuppose l’existence d’une machine gouvernementale, d’un système juridique, de forces armées et des autres caractéristiques d’un organe institutionnalisé de coercition. Les moyens de production étatisés appartiennent à une institution qui affronte les membres de la société, les contraint et les domine à la fois individuellement et collectivement. Avec la propriété étatique, la réponse à la question « à qui appartiennent les moyens de production ? » n’est pas « à tous » ou « à personne » comme avec la possession commune ; c’est « à l’Etat ». En d’autres termes, lorsqu’un Etat détient les moyens de production, les membres de la société demeurent des non-propriétaires, exclus du contrôle. Tant juridiquement que socialement, les moyens de production ne leur appartiennent pas, mais à l’Etat qui se dresse comme un pouvoir autonome entre eux et les moyens de production.

L’Etat, cependant, n’est pas une abstraction qui flotte au dessus de la société et des membres ; c’est une institution sociale et, en tant que telle, un groupe d’êtres humains, une partie de la société, organisés d’une certaine façon. C’est pourquoi, à proprement parler, nous aurions dû écrire plus haut que l’Etat affronte la plupart des membres de la société et en exclut la plupart du contrôle sur les moyens de production. Car là où il y a un Etat, il y a toujours un groupe d’êtres humains qui ont avec lui un rapport différent de la plupart des membres de la société : non pas en tant que dominés, exclus, mais en tant que dominants et excluants. Avec la propriété étatique, ce groupe détient le contrôle effectif sur l’utilisation des moyens de production à l’exclusion des autres membres de la société. Dans ce sens, il possède ces moyens, que ce fait soit reconnu formellement et juridiquement ou non.

Une autre raison pour laquelle la propriété étatique et le socialisme ne sont pas compatibles est le fait que l’Etat est une institution nationale qui n’exerce un contrôle politique que sur un aire géographique délimitée. Puisque le capitalisme est un système mondial, la propriété étatique intégrale des moyens de production dans une aire politique donnée ne peut représenter l’abolition du capitalisme, même pas dans cette aire. Ce que cela signifierait, c’est l’instauration d’une forme de capitalisme d’Etat dont le mode de fonctionnement interne serait conditionné par le fait qu’elle serait obligée de concourir avec d’autres capitaux dans le cadre du marché mondial.

Puisque le capitalisme est aujourd’hui une société mondiale, la société qui le remplacera ne peut que l’être également. Le seul socialisme possible aujourd’hui c’est le socialisme mondial. Pas plus que le capitalisme, le socialisme ne peut exister dans un seul pays. La possession commune dont nous avons parlé comme base de la société capitaliste, c’est donc la possession commune du monde, de ses ressources naturelles et industrielles, par l’humanité tout entière. Le socialisme ne peut qu’être une société universelle où tout ce qui est sur et dans la terre sera devenu le patrimoine commun de toute l’humanité, et où la division du monde en Etats aura cédé la place à un monde sans frontières ayant une administration mondiale démocratique.

Pas d’échange, pas d’économie

Puisque le socialisme est basé sur la possession commune des moyens de production par tous les membres de la société, il n’est pas une économie échangiste. La production ne s’y fera plus pour la vente en vue de profit, comme sous le capitalisme. En fait les biens n’y seront pas du tout produits en vue d’être vendus. La production dans un tel but serait un non-sens parce que la possession commune des moyens de production implique que tout produit soit possédé en commun dès sa production. La question de sa vente ne peut se poser parce que, en tant qu’acte d’échange, la vente ne peut se faire qu’entre propriétaires séparés, tandis que, justement, des propriétaires séparés du produit social n’existeraient pas, et ne pourraient pas exister dans une société où les moyens de production seraient possédés par la communauté.

Toutefois, le socialisme n’est pas simplement une économie non échangiste ; il n’est pas « une économie » du tout, même pas une « économie planifiée ». La « science économique » avait comme origine l’étude des forces qui sont entrées en jeu quand le capitalisme, en tant que système généralisée de production marchande, commençait à devenir le mode de production et de distribution dominant. Sous le capitalisme la production de la richesse n’est pas une interaction/échange direct entre les êtres humains et la nature, où les êtres humains transforment la nature pour procurer les objets utiles dont ils ont besoin pour vivre, mais devient un processus de production de la richesse sous forme de valeur d’échange. Cela a pour conséquence que la production est réglée par des forces qui opèrent indépendamment de la volonté humaine et qui s’impose comme des lois coercitives externes sur les hommes et les femmes dans la prise des décisions concernant la production et la distribution. En d’autres termes, le processus social de la production et de la distribution de la richesse devient, sous le capitalisme, une économie, réglée par des lois économiques et étudiée par la science économique.

Le socialisme n’est pas une économie car, en rétablissant le contrôle humain conscient sur la production, on redonne au processus social de production son caractère originel d’interaction/échange direct entre les êtres humains et la nature. La richesse au sein du socialisme est produite directement en tant que telle, c’est-à-dire en tant qu’objets utiles à la survie et au plaisir de l’être humain. Les ressources et le travail sont utilisés dans ce but à partir de décisions conscientes et non selon des lois économiques agissant avec la même force coercitive que les lois de la nature. Bien que la conséquence soit identique, les lois économiques qui entrent en jeu dans une économie échangiste ou marchande telle que le capitalisme, ne sont pas des lois naturelles parce qu’elles sont issues d’un ensemble spécifique de rapports sociaux entre les êtres humains. En changeant ces rapports, en ramenant la production sous le contrôle conscient humain, le socialisme abolit ces lois et donc aussi l’ « économie », rendant la science économique et toutes ses catégories (argent, achat, vente, prix, valeur, etc.) caduques.

Autrement dit, le terme « économie échangiste » est une tautologie parce qu’une économie ne naît que là où la richesse est produite en vue d’être échangée. On comprend maintenant pourquoi le terme « économie planifiée » n’est pas acceptable comme définition du socialisme. Le socialisme n’est pas la production planifiée de la richesse sous forme de valeur d’échange, pas plus qu’il n’est la production marchande planifiée, ni l’accumulation planifiée du capital. Cela serait plutôt le but vers lequel tend le capitalisme d’Etat. La « planification » est quand même au centre de l’idée du socialisme dans ce sens que le socialisme est la production planifiée (c’est à dire la production consciemment coordonnée) des objets utiles pour la satisfaction des besoins humains, en lieu et place précisément de la production, planifiée ou non, de la richesse en tant que valeur d’échange, marchandise et capital. Dans le socialisme la richesse n’aura qu’une valeur d’usage spécifique (qui pourrait être différente dans des circonstances différentes et pour des individus et des groupes d’individus différents), mais elle n’aura aucune valeur d’échange, aucune valeur « économique ».

La science économique traditionnelle rejette la définition de son rôle comme étant l’étude des forces qui s’imposent dès que la richesse est produite en vue d’être échangée. Mais même selon le sens qu’elle se donne—l’étude de l’allocation de ressources rares pour couvrir certains besoins humains—le socialisme ne serait pas une économie, car le socialisme présuppose que les ressources productives (matières premières, instruments de production, sources d’énergie) sont suffisamment abondantes pour, avec le savoir technologique, permettre de produire assez de nourriture, de vêtements, de logements et d’autres objets utiles pour satisfaire tous les besoins humains.

Les idéologues du capitalisme d’Etat ont adopté une position fondamentalement similaire à celle des économistes occidentaux : si l’abondance existait, la valeur, les prix et l’argent pourraient être abolis mais puisque l’abondance n’existe pas encore et ne peut apparaître que dans un temps bien lointain, ces catégories doivent continuer à exister.

L’abondance n’est pas, comme les économistes le prétendent, un état où toutes les ressources sont disponibles en quantités illimitées et où une masse illimitée de biens pourrait donc être produite. Elle est une situation où les ressources productives sont suffisantes pour produire assez de richesse pour tous.

De toutes façons, la valeur et ses catégories ne résultent pas de la rareté en tant que prétendue condition naturelle ; elles résultent, comme on vient de voir, du fait social que les biens sont produits en tant que marchandises. De même, le socialisme n’est pas un simple « état d’abondance ». C’est une condition sociale plutôt que physique ou technique. C’est l’ensemble des rapports sociaux correspondant à une société sans classes, c’est-à-dire où tous les membres de la société se trouvent dans une position identique par rapport au contrôle sur l’utilisation des moyens de production. L’établissement d’une société sans classes implique la fin du rapport travail salarié/capital qui est le rapport social fondamental de la société capitaliste. Le rapport salarial (l’emploi) implique qu’une seule partie des membres de la société exerce le contrôle sur l’utilisation des moyens de production. C’est un rapport entre deux classes sociales, ce qui présuppose la division de la société en, d’une part, ceux qui contrôlent l’accès aux moyens de production et, d’autre part, ceux qui en sont exclus et qui par conséquent sont obligés de vivre en vendant leur force de travail. Puisque l’existence même du travail salarié (de l’emploi) implique une classe qui détient et une classe qui ne détient pas les moyens de production, aucune société où l’activité productive prend la forme du travail salarié ne peut être considérée comme socialiste.

Dans une société socialiste l’activité productive prendra la forme d’une activité librement choisie, entreprise par les êtres humains en vue de produire les choses dont ils ont besoin pour vivre et apprécier la vie. Le travail productif nécessaire de la société ne sera pas effectué par une classe de salariés employés, mais par tous les membres, chacun coopérant selon ses capacités pour produire les choses nécessaires à la satisfaction des besoins individuels et communautaires. Le travail dans une société socialiste ne peut qu’être volontaire car il n’y aura pas de groupe ou d’organe social capables de forcer les gens au travail contre leur volonté.

La production socialiste, c’est la production en vue du seul usage. Les produits seront disponibles, libres d’accès et gratuits pour la population. Dans le socialisme les gens obtiendront la nourriture, les vêtements et les autres objets dont ils ont besoin pour leur consommation personnelle en allant les retirer d’un centre de distribution sans délivrer d’argent ni de bon quelconque. Les maisons et les appartements seront gratuits ainsi que le chauffage, l’électricité et l’eau ; comme le transport, les soins médicaux, l’éducation, les restaurants, les blanchisseries seront organisés en services publics gratuits. Il n’y aura pas d’entrée payante aux théâtres, cinémas, musées, parcs, bibliothèques. Le terme le plus adéquat pour décrire ce rapport social clef de la société socialiste, c’est l’accès libre car c’est l’individu lui-même qui décidera quels sont ses besoins. Quant aux besoins collectifs (écoles, hôpitaux, théâtres, bibliothèques, etc.), ce sont les groupes d’individus concernés qui pourront prendre les décisions y afférentes à travers les organes représentatifs démocratiques établis à tous les niveaux de la société socialiste. La production dans le socialisme sera donc la production des biens gratuits pour satisfaire les besoins autodéterminés, individuels aussi bien que collectifs.

Le calcul en nature

La richesse dans le capitalisme étant produite en vue de la vente, les biens particuliers qui la constituent deviennent des marchandises ayant une valeur d’échange. En fait, c’est seulement en tant que valeur d’échange que la richesse a une signification pour le fonctionnement du capitalisme ; les millions de différentes sortes de choses utiles produites par le travail humain sont évaluées selon un dénominateur commun—leur valeur économique—basée sur le temps de travail moyen nécessaire à leur production et dont la mesure est l’argent. Les calculs nécessaires à une économie marchande—calculs des valeurs d’échange et des rapports d’échange—se font donc en référence à cet « équivalent général » et ce sont ces calculs qu’on appelle « le calcul économique».

Avant le remplacement de l’échange par le socialisme, la richesse cesse de prendre la forme de valeur et, par conséquent, toutes les expressions de ce rapport social particulier à une économie marchande, tels l’argent et les prix, disparaissent. En d’autres termes, les biens cessent d’avoir une valeur économique et deviennent de simples objets que les êtres humains peuvent utiliser pour satisfaire un besoin ou un autre. Cela ne veut pas dire que les biens n’auront plus aucune « valeur » au sens large du terme ; au contraire, ils continueront de posséder la capacité physique de satisfaire des besoins humains. La soi-disant « valeur économique » que les biens acquièrent dans une société marchande n’a strictement rien à voir avec leur véritable valeur utilitaire, car l’utilité d’un bien pour l’être humain n’a jamais été fonction du temps de travail passé à le produire. Dans le socialisme les biens cessent donc d’être des marchandises mais ils restent des valeurs d’usage ; en fait cette valeur d’usage y présente plus d’importance puisqu’elle deviendra la seule raison pour laquelle les biens seront produits.

La disparition de la valeur économique signifie la fin du « calcul économique » en tant que calcul en termes d’unités de « valeur » mesurée soit par l’argent soit directement en fonction du temps de travail. Elle signifie qu’il n’y aura plus d’unité de calcul universelle à appliquer quand il s’agira de prendre des décisions concernant la production. On a souvent considéré cette thèse comme un puissant argument contre le socialisme en tant que société sans argent, si puissant en fait que quand il a été formulé pour la première fois de façon cohérente par Ludwig Von Mises en 1920, beaucoup d’autoproclamés marxistes, y compris Karl Kautsky, ont été amenés à abandonner la définition du socialisme comme étant une société « sans valeur » (et donc à reconnaître qu’ils ont toujours été des partisans du capitalisme d’Etat plutôt que du socialisme). D’autres essayaient de répliquer en construisant des systèmes compliqués de calcul en temps de travail à appliquer dans le socialisme (Pannekoek, GIC). Seul Otto Neurath, un universitaire à la marge du mouvement social-démocrate allemand, a signalé que le socialisme en tant que société sans argent dans laquelle des valeurs d’usage seraient produites à partir d’autres valeurs d’usage, ne requérait aucune unité de calcul universelle ; les calculs qui y seraient nécessaire pourraient se faire exclusivement en nature.

Le calcul en nature est un aspect essentiel de la production des biens dans toute société y compris dans le capitalisme. Une marchandise est un bien qui, ayant été produit pour la vente, a acquis une valeur d’échange. De même, le processus de production dans le capitalisme est à la fois un processus de production de valeurs d’échange et un processus de production de valeurs d’usage, comportant deux types de calcul différents. Pour le premier processus l’unité de calcul, c’est l’argent, mais pour l’autre il n’y a pas une seule unité de calcul mais toute une gamme d’unités différentes pour mesurer les quantités et les genres des biens spécifiques utilisés dans la production d’autres biens spécifiques (tonnes d’acier, kilowattheures d’électricité, heures de main d’œuvre, etc.). C’est pourquoi la disparition du calcul économique (c’est-à-dire du calcul en valeur, en temps de travail) dans le socialisme ne signifie nullement la disparition de tout calcul rationnel, car les calculs en nature liés à la production de biens spécifiques en tant que valeurs d’usage, continueront.

Ce que la disparition du calcul économique impliquerait, c’est la fin de la subordination du choix des valeurs d’usage et des méthodes de production à des considérations d’ordre échangiste. En particulier, le but de la production cessera d’être la maximalisation de la différence entre la valeur d’échange des biens utilisés pour la production et celle du produit final.

Un critique du socialisme en tant que société sans argent, l’universitaire et ancien ministre néerlandais, N. G. Pierson, écrivant en 1902 en réponse à Kautsky, déclarait que sans l’unité de compte universelle que représente l’argent, la société socialiste ne saura pas calculer son « revenu net » :

« Nous allons maintenant discuter la répartition du revenu et nous supposerons que celle-ci est effectue selon la méthode la plus avancée, celle du communisme. Nous découvrons tout de suite un problème de valeur au sens strict du terme. Qu’est-ce qu’il faut considérer comme revenu et, par conséquent, prendre en compte pour la répartition ? Naturellement, seulement le revenu net ; mais le revenu de l’Etat socialiste sera également son revenu brut. Des matières premières seront requises pour les biens qu’il faut fabriquer et, dans le processus de fabrication, des combustibles et d’autres objets seront consommés et les machines et les outils seront usés entièrement ou en partie. Pour calculer son revenu net, la société communiste aura donc à soustraire tout ceci de son produit brut. Mais on ne peut soustraire du coton, du charbon ni la dépréciation des machines des fils et des textiles, on ne peut soustraire du fourrage des bêtes. On ne peut que soustraire la valeur de l’un de la valeur de l’autre. Ainsi sans évaluation ni estimation l’Etat communiste est incapable de décider quel est le revenu net disponible pour la répartition » (traduit de l’anglais, Hayek et al, Collectivist Economic Planning: Critical Studies on the Possibilities of Socialism, 1935, p. 70).

Pierson avait raison : sans valeur économique et sans argent il serait effectivement impossible de calculer le « revenu net » mais celui-ci—en tant que différence entre la valeur d’échange existant à la fin de l’année par rapport au début—est un chiffre qui sera tout à fait inutile, voire un parfait non-sens, dans le socialisme. Le but de la production dans le socialisme étant de produire des valeurs d’usage concrètes pour satisfaire les besoins humains, tout ce qui peut intéresser la société socialiste à la fin d’une période donnée, c’est de savoir quelle quantité de biens spécifiques a été produite sur la période. Pour vérifier ceci, il n’est pas nécessaire de réduire le coton, le charbon, les machines, les textiles, la nourriture, etc. à un dénominateur commun mesuré d’après une unité universelle ; au contraire, c’est précisément dans leurs formes concrètes de coton, de charbon, etc. que la société socialiste s’intéressera à eux et voudra les compter.

La société socialiste n’aura aucun besoin de calculs en valeur tels que le « revenu net », le « revenu national », le PNB et d’autres chiffres obtenus en faisant abstraction des valeurs d’usage concrètes des biens spécifiques. En fait, le socialisme signifie précisément la libération de la production et la fin de sa subordination aux considérations d’ordre économique, c’est-à-dire d’ordre échangiste, marchand. Le but de la production dans le socialisme ne sera donc pas de maximaliser ni le « revenu national », ni le PNB ni la « croissance » (de valeurs d’échange)—ce seront des concepts sans aucune signification pour le socialisme—mais de produire les quantités et les types de valeurs d’usage dont les gens indiqueront qu’ils auront besoin. Les calculs qu’il faudra faire pour organiser et vérifier ceci seront des calculs directement et exclusivement en nature ne nécessitant pas d’unité de calcul universelle, d’« équivalent général », ni l’argent, ni le temps de travail.

De même, au niveau de l’unité de production les seuls calculs qui seront nécessaires sont des calculs en nature. D’une part on enregistrera les ressources (matériaux, énergie, machines, force de travail) consommées dans le processus de production et, d’autre part le total du bien produit ainsi que celui des éventuels sous-produits. Ceci se fait bien sûr également dans le capitalisme, mais y est doublé d’un calcul en valeur : la valeur d’échange des ressources consommées est enregistrée comme « coût de production » tandis que la valeur d’échange du produit (après qu’il ait été réalisé sur le marché) est enregistrée comme « recettes de vente ». Si celles-ci sont plus grandes que celui-là on a fait un profit ; dans le cas inverse c’est une perte qu’il faut noter. Une telle comptabilité des profits et pertes n’a aucune place—n’a même aucun sens—dans le socialisme. La production socialiste, c’est simplement la production de valeurs d’usage à partir d’autres valeurs d’usage, voilà tout.

Bien que l’existence du socialisme présuppose des conditions d’abondance, c’est-à-dire que les ressources soient suffisantes pour satisfaire les besoins, dans la société socialiste on voudra toujours utiliser les ressources d’une manière efficace et rationnelle, mais c’est que les critères d’« efficacité » et de « rationalité » n’y seront plus les mêmes que sous le capitalisme.

Sous le capitalisme il n’y a, en fin de compte, qu’un seul critère : le coût monétaire qui, en tant que mesure de valeur économique, reflète en dernière analyse le temps moyen nécessaire à la production d’un bien. Les directeurs d’entreprises capitalistes sont obligés par le jeu du marché de choisir les méthodes techniques de production qui sont les moins chères, c’est-à-dire celles qui minimisent le temps de production et partant le coût monétaire. Tous les autres aspects y sont subordonnés, et notamment la santé et le bien-être des producteurs et les effets sur l’environnement naturel. Plusieurs chercheurs ont signalé depuis longtemps les effets nuisibles que les méthodes de production orientées vers la réduction de temps de production ont sur les producteurs (cadences insupportables, peine, stress, ennui, excès de travail, travail par tours, travail de nuit, etc., chacun de ces maux nuisant à leur santé et réduisant leur bien-être) et, plus récemment, on a également répertorié les maux que de telles méthodes de production causent à la nature (pollution, destruction de l’environnement et des espèces sauvages, épuisement des ressources non renouvelables).

Etant donné que le socialisme sera une société orientée vers la production de valeurs d’usage et non pas vers celle de valeurs d’échange, on y prendra en compte ces autres aspects en subordonnant le choix des méthodes de production au bien-être des êtres humains et à la protection de l’environnement naturel. Sans doute dans bon nombre de cas, cela se traduirait par l’adoption de méthodes qui, d’après les normes capitalistes, seraient « inefficaces » et « irrationnelles » dans ce sens que, si on les employait sous le capitalisme, elles « coûteraient » plus et ne seraient donc pas « profitables ». C’est la raison pour laquelle ces méthodes ne sont pas employées sous le capitalisme, où c’est la valeur d’échange qui prime et non pas la valeur d’usage, et pourquoi le socialisme doit remplacer le capitalisme si l’on veut restaurer le but originel de la production, qui est de servir et d’améliorer le bien-être humain.

Dans le socialisme les hommes et les femmes qui, dans les diverses industries et unités productives ont la responsabilité de produire des quantités données d’une qualité donnée d’un bien spécifique, chercheront à réduire (idéalement, à éliminer) le mal fait à la santé et au bien-être humains et à l’environnement. Ayant ainsi un objectif clair et des paramètres bien définis, les industries et les unités productives pourront utiliser des aides mathématiques telles que la recherche opérationnelle et la programmation linéaire afin de trouver la méthode technique de production la plus appropriée. En tant que techniques neutres, celles-ci peuvent être employées là où l’objectif est autre que maximiser le profit ou minimiser les coûts monétaires.

Une autre aide à la prise de décisions qui pourrait être employée dans le socialisme, c’est la soi-disant « analyse de coûts/avantages » et ses variantes. Bien entendu, sous le capitalisme le bilan des coûts et des avantages d’un projet ou des projets rivaux est établi en termes monétaires, mais dans le socialisme un coefficient de pondération pourrait être imaginé pour évaluer l’importance relative des divers aspects des projets. Un tel système de pondération ne recréera pas d’unité ni d’étalon de calcul et d’évaluation universels, mais simplement facilitera la prise de décisions dans les cas concrets. Les avantages/désavantages et même la pondération qu’on leur attribue pourront être, et normalement seront, différents de cas en cas. Donc nous ne parlons pas ici d’une nouvelle unité de compte universelle pour remplacer l’argent et la valeur économique, mais simplement d’une technique, parmi d’autres, susceptibles d’aider à la prise de décision dans une société où le critère de rationalité sera le bien-être humain.

Planification et organisation industrielle

Le socialisme héritera du capitalisme la base matérielle existante, à savoir un réseau productif mondial reliant en un seul système les millions d’unités productives dans le monde (fermes, mines, usines, chemins de fer, navires, etc.). Ces liens sont physiques dans ce sens qu’une unité est reliée à une autre, soit en tant qu’utilisateur du produit de l’autre, soit en tant que fournisseur de ses matériaux, son énergie ou son équipement. Sous le capitalisme ces liens sont établis de deux façons : organisationnelle (comme entre les différentes unités productives qui font partie de la même entreprise, privée ou étatique) et, surtout, commerciale (quand une entreprise, par contrat, achète ou vend quelque chose à une autre entreprise). Dans le socialisme ces liens seront exclusivement organisationnels.

La planification dans le socialisme sera essentiellement une question d’organisation industrielle, d’organisation des unités productives en un système fonctionnant régulièrement dans le but de fournir les objets utiles dont la population a besoin pour sa consommation individuelle et collective. Ce que l’on établira dans le socialisme, c’est un réseau rationalisé de liens planifiés entre utilisateurs et fournisseurs ; entre utilisateurs finaux et leurs fournisseurs directs, entre ces derniers et leurs fournisseurs, et ainsi de suite jusqu’à ceux qui extraient les matières premières de la nature.

Par « organisation industrielle » nous entendons la structure d’organisation de la production et de la distribution de la richesse. Certaines activités telles que le transport ou la communication à l’échelle mondiale, l’extraction du pétrole et des autres matières premières clefs, le développement des ressources des océans, la recherche spatiale, etc., seront manifestement les mieux traités au niveau mondial et nous pouvons imaginer une Organisation du Transport mondial, un Office mondial des Matières premières, une Régie mondiale des Océans, etc. Au début, et en supposant (ce qui semble inévitable), que le socialisme hérite du capitalisme le problème de la faim dans le monde, il faut également organiser au niveau mondial la production de certaines céréales clefs et de certains aliments pour animaux ; il existe déjà au sein de l’Organisation des Nations Unies pour l’alimentation et l’agriculture (FAO) un organisme mondial qui pourrait être adapté à cette fin.

Un centre administratif et décisionnel au niveau mondial sera également nécessaire, contrôlé démocratiquement par des délégués des diverses régions du monde et dont la tâche essentielle sera de coordonner les relations entre les organisations industrielles mondiales, entre celles-ci et les régions mondiales, et entre les diverses régions elles-mêmes. Ce centre ne sera pas un « gouvernement mondial » puisque, comme déjà expliqué, il n’y aurait pas d’Etat ni de gouvernement, même pas au niveau mondial, dans le socialisme. Il sera un organe purement administratif et coordonnateur dépourvu de moyen de coercition.

D’autres industries, et en particulier les industries manufacturières et de transformation, pourraient être organisées au niveau des régions mondiales. Il ne sert à rien d’élaborer à l’avance le genre de plan détaillé d’organisation industrielle que les IWW et les anarcho-syndicalistes avaient conçu dans le passé (plans qui, malgré le nom prometteur de « Travailleurs industriels du Monde », ne concernaient que l’organisation industrielle dans un cadre national), mais il sera néanmoins raisonnable de supposer que l’activité productive sera divisée en branches et que la production dans ces branches serait organisée par des conseils de délégués. La responsabilité de ces industries serait d’assurer la fourniture d’un type spécifique de produit soit, dans le cas des biens de consommation, aux centres de distribution soit, dans le cas des biens de production, aux autres unités productives et aux autres industries.

Puisque les besoins de consommation sont toujours des besoins de produits spécifiques à un moment donné dans une localité précise, nous supposerons que dans la société socialiste on laissera l’évaluation initiale des besoins prévisibles à un conseil de délégués sous le contrôle de la communauté locale (quoique d’autres dispositions soient imaginables et pourraient être adoptées si les membres de la société socialiste en décidaient ainsi). Dans une société stable telle que le sera le socialisme, les besoins ne changeront que relativement lentement. Il est donc raisonnable de conjecturer qu’un système efficace de contrôle des stocks, enregistrant ce que les individus choisissent réellement de prendre, pendant une période donnée, dans les centres de distribution gratuite, permettrait à une « commission locale de distribution » (car il faut bien lui donner un nom) d’évaluer les besoins en nourriture, boissons, vêtements, biens ménagers etc., sur une future période similaire. On pourra répondre à certains besoins au niveau local : le transport, les restaurants, la construction, la réparation et certaines denrées sont des exemples, ainsi que quelques services tels que l’éclairage, les bibliothèques, la voirie. La commission locale de distribution communiquerait ensuite la liste des besoins auxquels on n’a pu subvenir sur place à l’organisme (ou aux organismes) chargé(s) de coordonner l’approvisionnement des communautés locales.

Une fois établie aux niveaux local, régional et mondial une telle structure intégrée de circuits de production et de distribution, l’acheminement des biens vers le consommateur final pourra se faire selon le principe que chaque unité de la structure aura libre accès à tout ce dont elle a besoin pour remplir son rôle. L’individu aura libre accès aux rayons des centres de distribution ; les centres de distribution auront libre accès aux biens qu’ils requièrent pour être toujours approvisionnés ; leurs fournisseurs auront libre accès aux biens fabriqués par les usines qui les approvisionnent ; les industries et les usines auront libre accès aux matières premières, à l’équipement et à l’énergie qu’ils requièrent pour fabriquer leurs produits, et ainsi de suite.

En ce qui concerne la production et la distribution dans le socialisme, il s’agit donc d’organiser un système coordonné et plus ou moins autorégulé de liens entre utilisateurs et fournisseurs, permettant aux ressources et aux matériaux de circuler régulièrement d’une unité productive à un autre jusqu’à l’utilisateur, en réponse aux informations circulant en sens inverse venant des utilisateurs finaux. Le système de production sera donc mis en marche au niveau de la consommation lorsque les individus et les communautés prendront l’initiative de satisfaire leurs besoins autodétérminés. La production socialiste, c’est la production autorégulatrice en fonction de l’usage.

Pour assurer le fonctionnement régulier de ce système, un office central des statistiques pourrait être établi, chargé de fournir des estimations de ce qu’il faudrait produire pour répondre aux besoins probables, individuels et collectifs ; estimations que l’on pourrait calculer à partir des désirs de consommateurs indiqués dans les relevés des commissions locales de distribution et à partir des données techniques (capacité productive, méthodes de production, productivité, etc.) incorporées dans des tableaux entrée/sortie. En effet, à un niveau donné de technologie (que les tableaux entrée/sortie refléteront), un « panier » donné de biens finaux (demandes de consommateurs) requiert pour sa production un autre panier donné de biens intermédiaires et de matières premières ; c’est ce second panier que l’office central des statistiques sera chargé de calculer en termes généraux. De tels calculs montreraient également s’il faut élargir la capacité productive et, si oui, dans quels domaines. Le centre (ou plutôt les centres, un par région mondiale) serait ainsi essentiellement une bourse d’informations, traitant les informations sur la production et la distribution qui lui sont communiquées, et transmettant les résultats aux industries afin que ces dernières les utilisent dans l’élaboration de leurs plans de production et soient en mesure de répondre à la demande probable des autres industries et des communautés locales.

L’impossibilité d’une évolution graduelle

Le gouvernements de certains pays capitalistes d’Etat, et en particulier ceux dont le léninisme était l’idéologie officielle, déclaraient que leur objectif à long terme, c’était l’établissement d’une société qu’ils appellaient « communiste » et que, à première vue, ressemble à celle que nous venons de décrire comme l’alternative à la société capitaliste. Par exemple, lors de son 22e Congrès en 1961, le Parti communiste de l’Union soviétique (PCUS) adopta un programme « pour la construction du communisme ». Un des nombreux livres et brochures publiés pour vulgariser ce programme disait :

« La distribution communiste est un système d’approvisionnement gratuit de tout ce dont les membres de la société ont besoin. Dans cette société l’argent sera superflu ».

« Sous le communisme, les biens de consommation—sans parler des biens de production—cessent d’être des marchandises. Le commerce et l’argent seront dépassés. Les appartements, la culture, les communications, le transport, les repas, les blanchisseries, les vêtements etc. seront gratuits. Les magasins seront convertis en entrepôts publics d’où l’on fournira aux membres de la société communiste des biens pour leur usage personnel. La nécessité de salaires et d’autres formes de rémunération disparaîtra » (Man’s Dreams Are Coming True, Progress Publishers, Moscou, 1966, p. 172 et p. 224, traduit de l’anglais).

La société décrite ici comme « communiste » serait donc une société sans argent, mais implique qu’il existerait toujours un organe, séparé des membres de la société, qui distribuerait les produits à son initiative. En d’autres termes, on doit supposer que le contrôle sur les moyens de production serait toujours détenu par un groupe minoritaire qui distribuerait les produits gratuitement à la majorité exclue, celle-ci ne disposant d’aucun moyen de contrôle. Cette hypothèse est confirmée par d’autres passages du même livre où on nous dit que le « communisme » peut être établi dans un seul pays ou dans un seul groupe de pays et que le parti continuera à exister pour une assez longue période même après l’établissement du « communisme » à l’échelle mondiale. Mais surtout, il y a l’incongruité que représente l’idée selon laquelle ce système de « distribution gratuite » aurait pu évoluer par degré à partir du capitalisme d’Etat existant alors en Russie. Il s’agirait donc d’une évolution graduelle, sous la direction du parti, d’une forme de capitalisme d’Etat dans laquelle les travailleurs sont payés en salaires avec lesquels ils achètent ce dont ils ont besoin, vers une forme de capitalisme d’Etat dans laquelle le nécessaire vital leur serait fourni gratuitement, c’est-à-dire où ils seraient en fait payés en nature.

Cette perspective d’un « dépérissement » progressif de la production marchande et de l’économie monétaire n’est pas le monopole du PCUS mais c’est la position de la majorité des léninistes sur la « transition du socialisme au communisme ». Le trotskyiste Ernest Mandel, par exemple, a exposé en grand détail comment, à son avis, la « démarchandisation » serait possible du point de vue économique par une série de mesures administratives introduites, sur la base de la propriété étatique, en réponse aux augmentations de productivité et aux inélasticités de la demande marchande (Mandel, Traité d’Economie Marxiste, 1962, pp. 150-196). Une telle transition graduelle vers le paiement en nature intégral est peut-être imaginable (quoique très peu probable), mais de toutes façons le résultat ne serait pas le socialisme, parce que le socialisme n’est pas le paiement en nature sur la base de propriété étatique ; pas plus qu’il ne peut être introduit de façon administrative par un gouvernement capitaliste d’Etat.

Cette définition du « communisme »—propriété étatique plus paiement en nature—a été partagée par la quasi-totalité de ceux qui ont participé aux débats universitaires sur le soi-disant « communisme pur » et sa faisabilité. Par conséquent ces débats n’ont jamais véritablement porté sur le socialisme/communisme comme rapport social au sein duquel tous les membres de la société se trouvent à égalité vis-à-vis du contrôle sur les moyens de produire la richesse. Nous avons déjà vu qu’une société dans laquelle les moyens de production appartiennent à l’Etat n’est pas une société sans classes où tous les membres ont le même rapport aux moyens de production, mais que c’est toujours une société de classes dans laquelle ceux qui contrôlent l’Etat ont une position privilégiée par rapport aux moyens de production parce qu’ils contrôlent leur utilisation, à l’exclusion du reste des membres de la société. Ce sera le cas même si, comme dans la théorie léniniste, ce groupe qui contrôle est perçu comme un parti avant-gardiste voué au service de la majorité exclue. Aussi longtemps qu’une partie de la société sera exclue du contrôle sur les moyens de production, une société de classes existera, peu importe la générosité ou les bonnes intentions attribuées à la classe dirigeante. C’est une des raisons pour laquelle une évolution graduelle de la propriété étatique (le capitalisme d’Etat) vers la possession communautaire (le socialisme) n’est pas possible. Une telle évolution graduelle d’une société de classes vers une société sans classes est impossible parce que pour passer à une société sans classes il faudrait qu’à un moment ou un autre se produise une rupture, car une telle mutation exige que la classe dirigeante capitaliste d’Etat—qu’elle ait de bonnes intentions ou, plus probablement, non—soit privée de son contrôle exclusif sur les moyens de production. En d’autres termes, il faudrait qu’intervienne une révolution politique et sociale dans laquelle le pouvoir de contrôle sur les moyens de production serait consciemment transféré, par la majorité exclue, de la minorité capitaliste d’Etat à tous les membres de la société.

Une raison tout aussi fondamentale pour laquelle une évolution graduelle du capitalisme d’Etat en socialisme n’est pas possible est la forme différente que prend la richesse dans les deux sociétés. Dans le socialisme, la richesse se présente sous sa forme naturelle (comme diverses valeurs d’usage capables de satisfaire des besoins humains) ; sous le capitalisme d’Etat, en revanche, elle prend la forme de valeur (ses produits acquérant une valeur d’échange au delà de leur simple valeur d’usage).

Puisque la totalité de la richesse produite aujourd’hui l’est comme un seul par l’ensemble des producteurs agissant en tant que « travailleur collectif » (Marx), il n’est pas possible d’en produire une partie sous une forme et une partie sous une autre. Le produit socialisé indivisible qui constitue la richesse aujourd’hui ne peut qu’être produit, soit entièrement comme valeur, soit entièrement comme simples objets utiles. Certes, certains biens peuvent être distribués directement en nature alors que d’autres ne restent disponibles que contre paiement en argent, mais il y a une nuance. En effet, les biens produits pour être distribués en nature auront toujours une forme de « valeur » puisque leurs coûts de production devront toujours être déduits de la plus-value réalisée dans le secteur des biens monnayables. La comptabilité des profits et pertes en unités de valeur serait donc toujours nécessaire. C’est pourquoi tous ceux qui proposent, comme Mandel, un dépérissement progressif de la production marchande mettent l’accent sur la nécessité de retenir une unité de compte universelle (que ce soit des unités monétaires comme les prix fictifs ou que ce soit des unités de temps de travail comme lors des tentatives de mesurer directement la valeur économique) et ce, tant dans le secteur des « biens gratuits » que dans le secteur des biens monnayables.

Cette mutation de la production marchande en production utilitaire ne peut se produire que par une rupture, et non pas une transition graduelle. Puisque « société sans classes » et « possession commune » sont synonymes, et puisque la production marchande est un non-sens sur la base de la possession commune, cette rupture (révolution) est en fait la même que celle nécessaire pour passer de la société de classes à la société sans classes. En effet, ni les classes, ni l’Etat, ni la production marchande ni l’argent ne peuvent dépérir graduellement. Il n’est pas plus raisonnable de supposer que le capitalisme d’Etat puisse se transformer petit à petit en socialisme que ne l’était la supposition semblable des réformistes classiques par rapport au capitalisme privé.

Conclusion

L’alternative au capitalisme, privé et d’Etat, c’est pour le définir de façon un peu négative, un monde sans frontière, sans classes, sans Etat, sans salaire, sans argent. Ou, plus positivement :

« Le nouveau doit être mondial. Il doit être une communauté mondiale. On doit considérer le monde comme un seul pays et l’humanité comme un seul peuple.

Tout le monde collaborera pour produire et distribuer tous les biens et tous les services dont l’humanité aura besoin, chaque personne y prenant part librement de la façon qui lui convient le mieux.

Tous les biens et services seront produits pour le seul usage et, ayant été produits, seront distribués gratuitement, directement aux gens pour que les besoins de chacun d’entre eux soient pleinement satisfaits.

La terre, les usines, les machines, les mines, les routes, les chemins de fer, les navires et tout ce dont l’humanité a besoin pour continuer à produire ses moyens de vie appartiendront au peuple entier” » (Philoren, Money Must Go, 1943, traduit de l’anglais)

voir aussi “State Capitalism

Push back the rule of money

By John Holloway

These are days of rage. Rage in the Arab world, of course, but also on the streets of Athens, Dublin, Rome, Paris, Madrid, and now a loud clamourous rage on the streets of London.

An age of crisis is an age of frustrated hopes, frustrated life. We want to go to university but it is too expensive. We need good healthcare, but we cannot pay for it. We need homes, and we can see homes standing empty, but they are not for us. Or, for the millions of people who are starving: we want to eat, we can see that there is plenty of food for everyone, but something stands between us and the food – money, or the lack of it.

And so we rage. We rage all the more because we do not know what to do with our rage, and how to use our rage to make the world a different place.

We rage against the government. But we know there is no answer there. Representative democracy holds our rage entrapped: like a rat in a maze, we run from one party to another but there is no exit. Things do not and cannot get better because behind political power stands another, greater power – the power of capital; the power of money.

And so we rage against the rule of money. Not against money itself, necessarily, because in the present society we need money to live. We rage rather against the rule of money, against a society in which money dominates. Money is a great bulldozer tearing up the world. It is an insidious force penetrating ever more aspects of our lives. Money holds society together, but it does so in a way that tears it apart.

At one stage it seemed we had pushed the rule of money back, at least in areas like health and education. It was never really so, and for a long time we have seen the progressive re-imposition of the rule of money as the prime criterion for every decision. Now money has emerged in all its arrogance. That is what makes us so angry – the government has proclaimed openly “Money is king, bow low to the king!”

Rage, then, rage against the rule of money! As long as money rules, injustice and violence prevail – money is the breach between the starving and the food, the gap between the homeless and the houses. As long as money rules we are trapped in a dynamic that nobody controls and that is visibly destroying the possibility of human existence.

Money seems all powerful, yet it is not. It is merely a form of social cohesion, and depends on our compliance. Say no, then. Do something else, do things in a different way. Refuse and create.

In fact we spend a lot of our lives creating spaces we protect from the assault of money. We create no-go areas, we put up signs that say: “Here the people rule! Here, in our relation with our children and our friends, in our schools, in our hospitals there is a different dynamic at work. Money stay out!” We have many different names for these moments or spaces: love or friendship or trust.

Cracks in the rule of money are everywhere. They can be seen not just in the love of children or friends but in the revolts and experiments where people are saying, “No, we shall not accept the rule of money, we shall do things in a different way”. So many refusals and creations, so many dignities – sometimes big, sometimes small, always contradictory. Occupations, social centres, community gardens, alternative radio stations, free software, rebellions, and seminars that concentrate on the only scientific question remaining to us, namely how we can stop our headlong rush towards self-destruction.

The only hope of creating a radically different world is through the creation, expansion, multiplication and confluence of these cracks. Refuse and create. Push back the rule of money.

[re-posted from The Guardian]

Interview zur »Zeitgeist«-Bewegung

Nikola Winter, Pflanzengenetikerin, lebt in Wien und ist zur Zeit ein aktives Mitglied in der »Zeitgeist«-Bewegung. Das folgende Interview wurde per E-Mail geführt.

Was ist »Zeitgeist«?

Wikipedia weiß: »Zeitgeist ist das generelle kulturelle, intellektuelle, ethische, spirituelle und weltanschauliche Klima innerhalb einer Gesellschaft. Zeitgeist beschreibt die Atmosphäre, die Moral, die soziokulturelle Ausrichtung und die Stimmung einer Epoche.«

Der Zeitgeist ist etwas alle Facetten des menschlichen Handeln Prägendes und bleibt zugleich selbst schwer zu fassen und flüchtig. Der Begriff verweist auf die Dynamik und Wandelbarkeit des kollektiven Bewusstseins einer Gesellschaft.

Wie bist du zur »Zeitgeist«-Bewegung gekommen?

Begonnen hat es im Herbst 2009 im Flugzeug. Mein Sitznachbar hat mir eher nebenbei den Film »Zeitgeist« empfohlen. Wochen später erinnerte ich mich daran, und Youtube stellte mich vor die Auswahl mir »Zeitgeist: The Movie« oder »Zeitgeist: Addendum« anzusehen. »Addendum« machte mich neugierig: Ich wollte wissen, warum ein ganzer zweistündiger Film als Nachsatz – als Addendum – nötig sein sollte. Hätte ich zuerst »Zeitgeist: The Movie« gesehen, wäre ich jetzt vielleicht nicht bei der Bewegung, weil mich Verschwörungstheorien oder das Debunking von Religion nicht interessieren. Der Film »Zeitgeist: Addendum« erschütterte mich, erst der Teil über das Geld, und dann bewegte mich vor allem die Vision der Ressourcenbasierten Wirtschaft.

Dass das ganze Geldsystem mittlerweile zum Pyramidenspiel verkommen ist, war nur die Bestätigung eines lang gehegten Verdachts. Den hatte ich aber bisher unterdrückt, weil ich davon ausgegangen war, dass man Wirtschaft studieren müsste, um zu verstehen, wie diese Sache mit dem Geld doch ihre Ordnung und Richtigkeit haben kann.

Noch viel wichtiger: Ich war schon lange auf der Suche nach einer Möglichkeit, mein Leben so zu gestalten, dass ich nicht arbeite, um Geld zu verdienen, sondern arbeite, weil ich Sinn sehe in dem was ich tue. Ich wollte nie meine Lebenszeit verkaufen müssen – jede Lohnarbeitsstunde (auch wenn ich in dieser Zeit etwas tue, das ich eigentlich gern mache) hat eine ganz andere Qualität als Zeit, die ich einer Tätigkeit widme, die ich aus freiem Willen und ohne jedes Gegenrechnen und Mitzählen verrichte.

Dafür ist in unserem System kein Platz, wir definieren uns gesellschaftlich durch unseren Job (wer hat heute noch einen »Beruf«?). Ohne den sind wir wertlos und ungewollt, weil wir als Arbeitslose im Sozialstaat den Mit-Bürgern »auf der Tasche liegen«. Überall herrscht Angst, dass man zu kurz kommt, dass man übervorteilt wird, oder dass man seinen Platz in der Gesellschaft verliert, wenn man nicht weiterkämpft. Es herrscht Feindseligkeit und Missgunst jedem gegenüber, der mehr bekommt als man selbst. Wie kommt es, dass gerade wir in einer so reichen Gesellschaft so sehr von diesem Mangeldenken beherrscht werden?

Die scheinbare existentielle Bedrohung lauert überall und allzeit: Der Arbeitsplatzverlust droht ständig durch befristete Anstellungen, Rationalisierungsmaßnahmen wie Personalkürzung, Auslagerung von Produktion oder Automatisierung. Uns gehen die Arbeitsplätze aus – und statt dass wir unsere Befreiung feiern, fürchten wir um den Verlust der Legitimation unserer Existenz in dieser Gesellschaft.

Ich hatte mich bisher bei keiner zivilgesellschaftlichen aktivistischen Organisation engagiert, weil ich den Eindruck hatte, dass diese auch nur Teil des Systems sind. So revolutionär ihr Anspruch anfangs sein mag – das System stellt auch für sie eine Nische bereit, in der sie zwar sicher einiges Gutes tun können (z.B. Aufklärungsarbeit), aber trotzdem werden sie nie für das System an sich gefährlich. Ihre Struktur entspricht der aller anderen Organisationen innerhalb des Systems, deswegen unterliegen sie denselben Zwängen: Auch sie verfangen sich in der Geldlogik (Spenden sammeln), im Wachstumszwang (Mitglieder werben), in der internen Organisation (Hierarchie oder große Schwerfälligkeit bei Entscheidungsfindung wenn bewusst Hierarchie vermieden wird), dem Formzwang (definierter Rechtsstatus), dem Leistungszwang, dem Konkurrenzzwang, dem Vermarktungszwang (PR) usw. Ihre Handlungen beschränken sich meist auf Aufklärung und Agitation – was ändert das schon? Proteste, Demonstrationen, Petitionen, Aktionen werden – wenn überhaupt – von der Medienmaschinerie verwertet und verkommen in der Flut an täglichen Informationen in der Alle überfordernden Unterhaltungswelt zur Randnotiz.

Politisches Engagement ist für mich auch nicht in Frage gekommen, weil ich sehe, wie Wirtschaft und Politik miteinander verwoben sind, und dass innerhalb dieses Rahmens keine Perspektive gegeben ist, um eine radikale Änderung der Gesellschaft zu bewirken.

»Zeitgeist: Addendum« zu sehen war der Moment, in dem ich entschied, dass ich alles hinterfragen und auf meinen Verstand vertrauen darf, und dass ich etwas tun muss, wenn stimmt, was in diesem Film gesagt wurde. Und die Zeitgeist Bewegung hat mich durch ihre offene Organisation neugierig gemacht: Ich habe begonnen mich umzusehen, wie ich meine Handlungsmöglichkeiten von dieser Bewegung ausgehend frei erweitern kann.

Der neue Film »Zeitgeist: Moving Forward« startete zeitgleich in 60 Ländern. Du hast die Premiere für Österreich mitorganisiert. Wie schätzt du die Reaktion ein bei eurer Premiere und weltweit?

Die gleichzeitige Veröffentlichung in 60 Ländern und 30 Sprachen mit Filmvorführungen in 295 Städten und weltweit mehr als 50000 Premiere-Zuschauern ohne die Hilfe einer Vertriebsfirma – alle Übersetzungen z.B. haben wir innerhalb von 3 Wochen über Weihnachten nur mit der freiwilligen Beteiligung von Mitgliedern der Bewegung bewältigt – ist einzigartig. In vielen Städten, auch in Wien, waren die dezentral und je von der lokalen Gruppe bzw. von Individuen organisierten Veranstaltungen ausgebucht: Menschenschlangen vor dem Einlass, überfüllte Kinosäle, vielfach mussten zusätzliche Screenings organisiert werden, um dem Ansturm der Zuseher gerecht zu werden.

Der Film hat wie seine Vorgänger binnen kürzester Zeit eine hohe Zahl von Aufrufen im Internet erreicht: Innerhalb der ersten 50 Stunden online auf Youtube wurde der Film ca. 694000-mal angeklickt, mittlerweile sind es knapp 4.5 Millionen Aufrufe (http://www.youtube.com/watch?v=4Z9WVZddH9w).

Trotzdem führt der Film inhaltlich nicht über »Addendum« hinaus, bezeichnend in Bezug auf die vorhergegangenen Filme ist jedoch die Stelle, an der Peter Joseph sich endlich von jeder Verschwörungstheorie distanziert:

»Die größte Bedrohung der Ökologie, die größte Quelle für Abfall, Ausbeutung und Verschmutzung, die Hauptursache für Gewalt, Krieg, Verbrechen, Armut, Tierquälerei und Verschmutzung, der größte Grund für die Entstehung sozialer Neurosen, psychischer Störungen, von Depression, Angststörungen, nicht zu erwähnen die größte Quelle sozialer Lähmung, die uns davon abhält, neue Methoden für Gesundheit, die globale Nachhaltigkeit und für den Fortschritt auf diesem Planeten zu nutzen ist nicht irgendeine korrupte Regierung oder ein Schurkenunternehmen oder Bankenkartell. Es ist kein Fehler in der Natur des Menschen und keine geheime Verschwörung, die die Welt kontrolliert. Es ist: Das sozio-ökonomische System selbst.«

»Zeitgeist: Moving Forward« reformuliert die Analyse dessen, was in der globalen Marktwirtschaft schief läuft (Wachstumszwang, Profitzwang, Konkurrenz), argumentiert gegen Fatalismus (genetischen Determinismus, »menschliche Natur«), eröffnet den Blick auf neue Möglichkeiten, die uns durch technologische Entwicklungen in Hinsicht auf Produktion und gesellschaftliche Organisation zur Verfügung stehen und präsentiert die »Ressourcenbasierte Wirtschaft« als Alternative.

Leider sind es die Bilder von Jacque Frescos kreisrunden Städten, die nach diesem überlangen, streckenweise langatmigen Film scheinbar vielen Zusehern in Erinnerung bleiben. Er erzeugt völlig falsche Assoziationen, beschwört Horrorphantasien einer technokratischen, zentralistisch organisierten Planwirtschaft, in der die Maschinen das Sagen haben und Menschen nicht die Entscheidungsfreiheit haben, ihr Leben individuell zu gestalten. Nur die Menschen, die mit der Thematik vertraut sind, lassen sich nicht auf diese falschen Fährten locken und erkennen die Tiefe der Analyse und die radikale emanzipatorische Perspektive, die hinter der Vision »Ressourcenbasierte Wirtschaft« steckt.

Das war deutlich sowohl bei der Podiumsdiskussion nach der Premiere in Wien zu sehen wie auch an den Reaktionen in anderen Ländern – Peter Joseph sagte in seiner Radioshow, dass ihn die Reaktionen durchwegs enttäuschten, weil sie die wahre Absicht des Films gar nicht berührten (»they just don´t pay attention to the relevant points” BlogTalkRadio, 26.1.2011 ab Minute 22: http://www.blogtalkradio.com/peter-joseph). Also hat der Film großteils sein hochgestecktes Ziel durch die unglückliche Wahl der Darstellung der Inhalte verpasst.

Entgegen ihrer eigenen Ideologie hat die Marktwirtschaft nicht Wohlstand für alle, sondern eine extreme Spaltung in wenige Reiche und eine Masse von »Opfern« erzeugt. Die »Ökonomie« sei gar keine, sagt »Zeitgeist«, sondern eigentlich eine »Anti-Ökonomie«. Wie ist das gemeint?

Peter Joseph definiert im Film Ökonomie folgendermaßen: Die effiziente und schonende Anwendung der Mittel zur Produktion und Verteilung lebensnotwendiger Güter. (Efficiently and conservatively orient the materials for production and distribution of life supporting goods.)

Wir leben auf einem begrenzen Planeten mit endlichen Ressourcen. Demgegenüber verlangt das gegenwärtige System die Beschleunigung von Konsum, um das Wirtschaftswachstum zu gewährleisten. Die der Geldlogik folgende Forderung nach kontinuierlichem Wachstum in Produktion und Verbrauch kann nur erfüllt werden, indem sie eine nie abreißende – und am besten noch wachsende! – Nachfrage nach neuen Gütern erzeugt.

Das kann nur funktionieren, wenn die Gebrauchsdauer von Gütern möglichst herabgesetzt wird, entweder durch bewusst kalkulierte Reduktion der Lebensdauer (z.B. Glühbirnen, Nylonstrümpfe) oder durch Neuerungen in kleinen Schritten, die zur Inkompatibilität mit Vorläuferprodukten (z.B. bei Zubehör und Ersatzteilen, z.B. Akku des iPod) führen, oder durch psychologische Manipulation über die Werbung (z.B. Mode, Jahresmodelle bei Autos, oder neue Modelle im Monatstakt bei Handys & Co). Das nennt man geplante Obsoleszenz.

Hinzu kommt noch die intrinsische Obsoleszenz: Der ständige Wettbewerb um den Marktvorteil im Kampf um den Profit zwingt die Unternehmen die Ausgaben für die Produktion so gering wie möglich zu halten, um im Preiswettbewerb zu bestehen. Die günstige Produktion geht auf Kosten der Qualität der produzierten Güter – ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen für Angestellte oder die Folgen der Produktion für die Umwelt.

Effizient wären geschlossene Kreisläufe. In unserem System hingegen wachsen die Müllberge ständig: Die kostbarsten Rohstoffe, deren Gewinnung teilweise gravierende negative Auswirkungen auf die Umwelt hat, und deren Handel immer noch kolonialen Mustern entspricht, landen nach immer kürzerer Verwendungsdauer im Müll.

Das System erlaubt es nicht, dauerhafte, hochqualitative Güter zu produzieren: Effizienz, Nachhaltigkeit und Schonung der Ressourcen laufen dem ökonomischen Wachstumsparadigma zuwider.

Und das gilt nicht nur für Güter, sondern genauso im Dienstleistungssektor: Das Lösen von Problemen hat keinen finanziellen Nutzen. Das gilt für den Gesundheitssektor (medizinische Dienstleistungen Hand in Hand mit der pharmazeutischen Industrie), für den Sicherheitssektor (privatisierte Gefängnisse in den USA, Sicherheitsdienste), die Kriegsindustrie (»blow things up and then go and re-build them«), etc.

Auf den Punkt gebracht: Der Anstieg des BIP spiegelt sowohl wachsende Bedürfnisse wider wie gleichzeitig die wachsende Ineffizienz, diese Bedürfnisse auch tatsächlich zu befriedigen. Die Maschine läuft heiß.

Aus dem Versagen der Marktwirtschaft folgt logisch die Konsequenz, dass eine Gesellschaft, die ein gutes Leben für alle Menschen auf der Welt bieten will, nicht mit den Mitteln der Marktwirtschaft operieren kann. Tausch, Markt, Geld, Staat seien nicht zu gebrauchen. Warum glaubt die »Zeitgeist«-Bewegung nicht an eine Reformierbarkeit des alten Systems?

Reformversuche hat es doch schon genug gegeben. Vom Realsozialismus bis zum Neoliberalismus ist das Spektrum abgedeckt – was bleibt noch innerhalb des Systems auszuprobieren?

Tausch bringt unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit das wertende Denken, er impliziert das gegeneinander Aufrechnen, und erzeugt die Angst vor dem Übervorteiltwerden.

Markt, der Ort an dem Handel (basierend auf Tausch und Geld) stattfindet, führt zur Produktion um des Profits Willen und nicht für die Bedürfnisse.

Geld, das Mittel, das alle Güter und Leistungen zueinander in Bezug setzt, schafft einen Tunnelblick: Wert wird zur abstrakten quantitativen Größe, die als nackte Zahl losgelöst von jeglichen realen Gegebenheiten das Streben nach immer mehr auslöst – Zahlen, die für die Phantasie des potentiell unendlich erweiterbaren Handlungsspielraums stehen.

Der Staat ist eine willkürliche Einheit gesellschaftlicher Organisation, innerhalb derer Herrschaft über ein räumlich umschriebenes Gebiet und die darin befindlichen Menschen, sowie über alles andere auf diesem Gebiet befindliche Lebendige und Nichtlebendige ausgeübt wird. Staatszugehörigkeit verlangt Identifikation mit weniger als mit dem Ganzen, sie ist eine künstliche Identität, die zum ein- und ausschließenden Denken, also zu künstlicher Trennung führt.

Solange diese Kategorien unser Denken prägen, werden trotz aller reformistischen Versuche immer wieder dieselben Probleme – Ungerechtigkeit, künstliche Knappheit, Ressourcenverschwendung, Umweltverschmutzung, Krieg – auftauchen.

Menschen können sich tatsächlich ein gutes Leben ohne Markt, Geld und Co aufbauen, so dass für alles Nötige für alle zur Verfügung steht. Wenn man die Menschen aber nicht mehr zwingt, sie nicht mehr knechtet, sie nicht mehr mit Geld besticht — werden sie dann nicht aber auf der faulen Haut liegen?

Die Anpassung an die neuen Verhältnisse würde einen Entwicklungsprozess im Bewusstsein mit sich bringen.

Würden wir morgen in einer Welt ohne Markt, Geld, Lohnarbeit und Co aufwachen, in der für alles gesorgt wäre, dann würden die meisten wahrscheinlich mal Pause machen. Klar! Wir sind so erschöpft. Wir haben genug vom äußeren Zwang, der über die ständige latente oder offene Bedrohung unserer gesellschaftlichen und physischen Existenz ausgeübt wird. Wir haben gegen diesen Zwang einen enormen inneren Gegendruck aufgebaut, der sich bestenfalls als »Faulheit« und schlimmstenfalls als Aggression manifestiert.

»Auf der faulen Haut liegen« – wenn das bedeutet, wirklich absolut nichts zu tun, dann würden die wenigsten das lange aushalten. Wie lange würdest Du freiwillig nur im Bett – oder von mir aus am Strand – liegen, bevor es langweilig oder gar zur Qual werden würde? Wann würdest Du beginnen die Wolken zu betrachten oder würdest Dir ein Buch nehmen oder ein Surfbrett schnappen oder einen Erkundungsspaziergang machen oder mit jemandem ein Gespräch beginnen? Und selbst wenn Du nur da säßest und atmetest und spürtest – wäre das Faulheit, sobald es keinen Appell und keinen Zwang mehr zum Arbeiten gäbe? Es wäre Deine freie Entscheidung wie Du Deine begrenzte Lebenszeit verbringst.

Wenn mit Faulheit Nichtstun gemeint ist, dann werden die Menschen nicht lange faul sein. Aber die Art der Tätigkeit wird sich verändern, sie werden ihre Zeit vielleicht eher mit Tätigkeiten verbringen, die heute geächtet werden, weil sie »unproduktiv« sind oder nicht verwertbar sind.

Anfangs wären viele sogar unglücklich und unzufrieden, weil sie mit sich nichts mehr anzufangen wissen: So sehr mussten sie sich Gewalt antun und ihre Träume und Fantasie beschneiden, weil sie sonst dauernd ihre Beschränkung und Ohnmacht im System gespürt hätten.

Von den Vertretern des Grundeinkommens gibt es Umfragen, die ergeben, dass viele Menschen einfach weiterarbeiten würden, selbst wenn sie nicht mehr gezwungen wären zu arbeiten. Sie arbeiteten vielleicht nicht mehr so oft oder so regelmäßig, aber viele würden nicht einfach alles hinschmeißen. Der Grund dafür könnte Freude am Tun sein, oder aber eine Folge der Verformung unserer Psyche durch das herrschende System: Wir haben gelernt uns über unseren Job zu definieren. Fiele er plötzlich weg, dann käme das einem Identitätsverlust gleich.

Dazu kommt, dass unsere Fantasie im Bezug auf Handlungsalternativen stark eingeschränkt ist. Wenn wir uns was Gutes tun wollen (und das würden wir wohl), dann denken wir oft erst an Konsum (materiellen oder immateriellen). Vielleicht weil wir uns so sehr verausgaben und/oder so außer uns sind, haben wir dieses Bedürfnis nach Einverleibung und Aneignung. Die Leere im Inneren muss gefüllt werden – das geht an den Kern: Unsere Identität konstituiert sich stark über Konsum.

Unsere Identität setzt sich zusammen aus Haben und Sein – Eigentum und Stellung in der Gesellschaft. So sehr uns beides beschränkt, wir werden es trotzdem mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen, weil wir sonst unsere Identität verlieren.

Trotzdem könnten wir Haben und Sein umdefinieren: Haben könnte statt Eigentum bedeuten: über etwas verfügen können, an etwas teilhaben; Sein könnte statt sich nach außen gerichtet über die Stellung in der Gesellschaft zu definieren einem nach innen gerichteten Bezug entspringen, einem gefestigten Selbst, einer in sich ruhenden selbst-bewussten Persönlichkeit.

Eine Identität über diese anderen Aspekte von Haben und Sein aufzubauen braucht Zeit und die entsprechende Umgebung. Wir würden also schrittweise hineinwachsen in ein neues Selbst- und Weltbild.

Die Alternative lautet »Resourcenbasierte Wirtschaft«. Was ist der Grundgedanke dahinter?

Alle Menschen sind Teil des einen Ökosystems Erde. Unsere Existenz hängt davon ab, dass dieses Ökosystem intakt bleibt. Dementsprechend gestalten sich unsere Beziehungen zur Umwelt, zu den Mitmenschen und zu uns selbst. Wir als Menschheit bringen unseren Lebensstil auf den neuesten Stand unseres Wissens und unserer Erkenntnis: alle Menschen haben das gleiche Anrecht auf ein gutes Leben, wir müssen sorgsam mit den begrenzten Ressourcen umgehen, wenn wir unsere durch Technologie erreichte Produktivkraft nutzen, können wir für ein reiches Leben aller Menschen sorgen.

Die Arbeiterbewegung hatte früher einmal ganz ähnliche Vorstellungen einer freien Gesellschaft. Ihre realen Versuche — sei es im Osten oder im Westen — gingen ziemlich in die Hose. Was unterscheidet die »Zeitgeist«-Bewegung von der traditionellen »Linken«?

Die Arbeiterbewegung arbeitet stark mit Begriffen wie Aneignung, Kampf, Rebellion, Tod des Kapitals, Rückeroberung… das ist ein martialisches Vokabular. Es wird ein Gegner konstruiert, den es zu bekämpfen gilt.

Die Arbeiterbewegung hat zwar Schichtenbildung und Eigentum kritisiert, aber sie hat gleichzeitig nicht zur Überwindung der Klassen geführt, sondern ein falsches Selbstbewusstsein der Arbeiterklasse propagiert. Statt dass die industrielle Produktion, die Lohnarbeit, Geld, Wert, Ware, Markt und Staat kritisiert wurden, haben sie sich positiv auf diese Instanzen bezogen – und mussten scheitern, weil die Kritik den Systemzusammenhang selbst nicht erfasste.

In einigen Kritiken wird dem »Zeitgeist«-Ansatz eine männlich zentrierte Technologie- und Wissenschaftsgläubigkeit vorgeworfen. Wie sieht du das?

Das sind eigentlich zwei verschiedene Vorwürfe: erstens, dass es hier um eine kulturell eindeutig geprägte Vision handelt (weiß, westlich, männlich), die den Anspruch erhebt eine Lösung für die ganze Menschheit zu sein; zweitens der blinde Fleck, dass mit der Betonung auf Technologie und Wissenschaft gerade eine Objektivität garantiert werden soll, die aber ihrerseits auf dem Glauben an die Objektivität dieser Herangehensweise basiert.

Zum ersten Punkt: Jacque Fresco, der geistige Vater der »Ressourcenbasierten Wirtschaft«, ist weiß und männlich und lebt in den USA. Wenn diese Vision für andere Kulturkreise nicht erstrebenswert ist, dann wird sie sich schlicht nicht durchsetzen, und das ist dann gut so – alles andere würde in Totalitarismus ausarten. Aber vielleicht kann sie ein Anstoß sein für eine Neugestaltung der Welt, an der alle Kulturen beteiligt sind. Die Grundidee scheint mir tragfähig und auch kulturübergreifend gültig zu sein: Wir alle wollen auf diesem Planeten gut miteinander leben.

Zum zweiten Punkt: Neolithische Revolution – Industrielle Revolution – Informationszeitalter … diese Sprünge haben zur immer weiter reichenden und sich selbst verstärkenden Einflussmöglichkeit des Menschen gegenüber dem Ausgeliefertsein an äußere Bedingungen geführt. Sie basierten immer auf technologischen Entwicklungen, die wiederum durch die parallel entwickelten Methoden der Naturwissenschaften vorangetrieben wurden.

Sucht man nach absoluter Erkenntnis, dann ist man besser mit der Philosophie oder der Theologie beraten. Sucht man nach praktischen Lösungen, dann leistet die Naturwissenschaft mit ihrer analytischen Herangehensweise und der Möglichkeit der Falsifizierbarkeit von Hypothesen – also einer systemimmanenten Lernfähigkeit – verlässlich gute Dienste.

Die Forderung, technische Lösungen für gesellschaftliche Probleme heranzuziehen und zur Entscheidungsfindung über die wissenschaftliche Methodik zu gelangen, sehe auch ich selbst problematisch. Immer gilt es hier die Freiheit des Einzelnen im Auge zu behalten – wobei wir vielleicht auch unsere Begriffe von Freiheit überdenken müssen. Vieles, was uns heute als Freiheit verkauft wird, ist eigentlich keine oder dient zur Ablenkung von der überwältigenden Unfreiheit, der wir allenthalben ausgeliefert sind.

Ob die wissenschaftliche Methodik ein angemessenes Werkzeug für gesellschaftliche Entscheidungsfindung ist, gilt es auszuprobieren. Ich persönlich zweifle daran, weil die Naturwissenschaft gerade dort an ihre methodischen Grenzen zu kommen scheint (z.B. in der Quantenphysik oder in der Neurobiologie), wo die klassische Logik nicht greift, sondern wo Zusammenhänge dialektischer Natur sind, wo es um emergente Eigenschaften von Systemen geht, bei denen das analytische Zerlegen in Einzelteile keine Einsicht in das Funktionieren dieser komplexen Zusammenhänge bringt, oder wo es um Selbstbezüglichkeit geht. All diese Merkmale – unauflösbare Widersprüche, hohe Komplexität bzw. Übersummativität und Selbstbezüglichkeit – sind Merkmale unserer gesellschaftlichen Zusammenhänge.

Aber die Lösung muss ja keine binäre sein. Die Demokratie in ihrer heutigen Form leistet denkbar unbefriedigende Dienste bei der Vermittlung des gesellschaftlichen Zusammenhangs.

Aber wenn wir uns durch Technologie von vielen langweiligen, gefährlichen und sonst menschenunwürdigen Tätigkeiten befreit haben werden, dann können wir das frei gewordene menschliche Potential verwenden, um neue Methoden in der Gestaltung von Politik und Gesellschaft zu entwickeln und auszuprobieren (spannend finde ich z.B. Konzepte wie Liquid Democracy oder Excuisite Synergy).

In »Moving Forward« schmeissen die Menschen am Ende ihr Geld weg. Ein schönes Bild, aber kann das ein Weg aus der Misere sein?

Das ist eine künstlerische symbolische Geste von Peter Joseph. Solange sich in unserem Bewusstsein nichts ändert, wird sich sofort wieder der Geldmechanismus reaktivieren. Das gilt m.E. genauso für alternative oder komplementäre Währungen.

Was habe ich dich nicht gefragt, was dir aber noch wichtig wäre zu beantworten?

Was ist die Zeitgeist-Bewegung? Wer steckt dahinter? Was sind die Pläne?

Ganz kurz: Die Zeitgeist-Bewegung ist 2008 aus dem Aufruf am Ende des Films »Zeitgeist: Addendum« sich über die Website www.thezeitgeistmovement.com zusammenzuschließen entstanden. Die Bewegung versteht sich als der »aktivistische Arm« des Venus Projects. Es gibt keine geplante Organisation oder Strukturierung der Bewegung, sie entwickelt sich regional und emergent. Zur Bewegung gehört, wer sich mit den auf der Website formulierten Sichtweisen identifiziert und aktiv beitragen möchte.

Nikola, vielen Dank für das Interview!

Aus einer Broschüre: Kurzbeschreibung der Zeitgeist Bewegung

The Zeitgeist Movement (die Zeitgeist Bewegung) ist eine Basisbewegung, die dezentral und autonom von ihren Mitgliedern organisiert wird. Als Reaktion auf die herrschenden sozioökonomischen Probleme weltweit möchte die Bewegung ein neues Gesellschaftsmodell präsentieren, weiterentwickeln und letztlich umsetzen.

Als Ursache für viele Probleme werden überkommene Traditionen, gesellschaftliche und wirtschaftliche Konventionen und Mechanismen gesehen, die aufgrund der beschleunigten Entwicklung ihre ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen können; sie sollen aufgespurt und adaptiert oder durch adäquatere, neue Lösungsstrategien ersetzt werden.

Ressourcenbasierte Wirtschaft (resource-based economy, RBE) ist der Name für eine solche Lösungsstrategie. Sie ist ein gesellschaftliches und wirtschaftliches Gesamtkonzept. Der Begriff wurde von Jacque Fresco geprägt, einem heute 94-jährigen Industriedesigner und selbsternannten «Sozialingenieur”, der sich seit der Großen Depression mit der Frage nach einem neuen systemischen Lösungsansatz für gesellschaftliche und wirtschaftliche Probleme befasst hat. Seine gesamte Arbeit zu dem Thema nennt er nach dem Standort seiner Forschungs- und Bildungsstation in Venus, Florida: »Venus Project« (offizielle Website: www.thevenusproject.com).

Anlass für die Gründung der Zeitgeist Bewegung war der 2008 veröffentlichte, von Jacque Frescos Ideen inspirierte Dokumentarfilm »Zeitgeist: Addendum« des US- amerikanischen Filmemachers Peter Joseph. Auf der internationalen Website (www.thezeitgeistmovement.com) haben sich seit 2008 uber 500.000 Mitglieder registriert. In 45 Ländern wurden bisher lokale Gruppen gegrundet. Die Community im deutschsprachigen Raum ist mit ca. 1100 Mitgliedern (Stand: November 2010) noch relativ klein.

From: keimform.deBy: StefanMzComments

Peter Joseph: Moving Beyond Money

Filmmaker Peter Joseph (Zeitgeist: Moving Forward) was interviewed by Russia Today. Beyond many interesting statements Peter made, he puts one powerful sentence in the interview which I want to emphasize here: »Patriotism is a disease«. Watch the talk:

[yframe url=’http://www.youtube.com/watch?v=Sr7-Qbbrwyw’]

Also recommended: John Holloway: Push back the rule of money

“Moving Forward” zu einer “bedürfnisorientierten Versorgungswirtschaft”?

Alfred Fresin, Autor von “Die bedürfnisorientierte Versorgungswirtschaft – eine Alternative zur Marktwirtschaft” kommentiert den neuen Zeitgeist Film “Moving Forward

Interessant ist, dass ein Film als Medium für die Aufbereitung des anspruchsvollen Themas gewählt wurde und nicht etwa ein Buch oder eine Broschüre, die mehr Raum und Zeit für Argumente und deren Studium geboten hätten.

Mit der Argumentation in den ersten 90 Minuten bin ich durchaus einverstanden:

1. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass Schicksale von Menschen und Gesellschaften nicht durch die Gene der Menschen vorbestimmt sind. Vielmehr ist es das gesellschaftliche Sein, welches das Bewusstsein bestimmt, worauf auch F. Nahrada in seiner Rezension hinwies. (Was übrigens nicht zu dem Missverständnis führen sollte, dass das Bewusstsein dem vorgegebenen Sein nicht kritisch gegenübertreten kann und es verändern kann, da es von den vorgegebenen Verhältnissen quasi determiniert ist. Es kommt schon sehr darauf an, wie sich der Einzelne auf die vorgegebenen Bedingungen einlässt und mit dem „Sein“ umgeht.)

2. Das jetzige Wirtschaftssystem ist nicht als naturgegeben (bzw. gottgegeben) aufzufassen, wie es uns so viele Ideologen der Marktwirtschaft angefangen mit John Locke bis heute weismachen wollen.

3. Die Verrücktheit und Schädlichkeit für Mensch und Natur der Marktwirtschaft bzw. des Kapitalismus werden aufgezeigt und am Schluss des ersten Teils darauf hingewiesen, dass für das Dilemma nicht einzelne (böse) Menschen, Politiker, einzelne Unternehmen und das Geld an sich verantwortlich sind, sondern das sozioökonomische System als Ganzes.

Der zweite Teil des Films widmet sich den Zukunftsaussichten:

a) Es wird darauf hingewiesen, dass ein Umdenken und Verändern der Gesellschaft höchste Zeit ist, schon alleine wegen „Peak Oil“, also den zu Ende gehenden Ölreserven.

Hierbei stelle ich einen Bruch zwischen dem Befund des ersten Teiles und des zweiten Teiles fest: Wenn festgestellt wird, dass der Kapitalismus schädlich für die physische und psychische Gesundheit der Menschen ist, dann bedarf es nicht des Hinweises auf eine zusätzliche Bedrohung durch zu knapp werdende Ressourcen. Der Kapitalismus mit seinem Geld war auch in früheren Zeiten schädlich genug für den Großteil der Menschen und die Natur und hatte früher kein bisschen mehr historische bzw. ökonomische Berechtigung wie heute. Er war also auch nicht „gut und wichtig, als es Knappheit von Gütern und Dienstleistungen gab“ (aus der Broschüre „Die Zeitgeist Bewegung“)

b) Das in Aussicht gestellte alternative Modell der „Ressourcenbasierten Ökonomie“ weist viele Mängel auf:

Abgesehen davon, dass nicht einsichtig ist, weshalb die Wohneinheiten dermaßen in die Höhe gezogen werden, wenn dann Grundstückpreise (die der Grund für die Hochhäuser heutzutage sind) sowieso keine Rolle mehr spielen, weiß man gar nicht wie die neue Gesellschaft politisch organisiert ist.

Alles wird von Computern bzw. Automaten gesteuert und hergestellt. Ich habe nichts gegen eine Vision, in der Automaten bzw. Roboter den Menschen entlasten, es ist allerdings unrealistisch anzunehmen, dass dies in den kommenden Jahrzehnten möglich ist und in gewissen Bereichen (wie zB. dem Gesundheitsbereich) auch in ferner Zukunft möglich und erstrebenswert ist.

In dem Zukunftmodell wird kein Gedanke darüber verschwendet wie Arbeit und Verteilung organisiert sind und in welchem Zusammenhang sie stehen. Wie sieht Arbeit aus, wenn sie keine Lohnarbeit mehr ist? Wie sieht die Verteilung aus, wenn es keinen Warentausch mehr gibt?

Diese Fragen und vielmehr werden in meinem Buch „Die bedürfnisorientierte Versorgungswirtschaft – eine Alternative zur Marktwirtschaft“ (Als Buch erhältlich oder im Netz unter www.stattkapitalismus.blogsport.de) ausführlich behandelt.

c) Die optimistische Vision, dass die Bürger angesichts der an Wucht zunehmenden Wirtschaftskrisen den Kapitalismus mit seinem Geld- und Finanzsystem abschaffen, kann ich nur dann teilen, wenn der Großteil, der bei diesem System mitmacht auch in Nicht-Krisenzeiten von dessen Schädlichkeit überzeugt wird. Nur wenn da die Kritik am Kapitalismus machtvoll wird, kann seine Abschaffung gelingen. Die Krise des Systems allein bewirkt noch keine Kritik des Systems. Es werden Schuldige in Politik und Wirtschaft gesucht, gefunden und an den Pranger gestellt (wie in der letzten Krise), und danach die nächste Runde eingeläutet.

From: demonetize.itBy: Andreas ExnerComments (1)

Die Katastrophe in Japan und wir

von Veronika Bennholdt-Thomsen

Geld oder Leben“, so der Titel meines Essays, gewinnt angesichts der Ereignisse in Japan erheblich an Brisanz. Die These, ja, die Kernaussage des Textes lautet: Wir – und damit meine ich tatsächlich „wir alle“, die gegenwärtige Menschheit – müssen die Grundlagen der heutigen Zivilisation überdenken. Wir müssen uns entscheiden, ob wir weiterhin auf das Geld, d.h. die Geldlogik, nämlich die Wachstums- und Profitökonomie setzen – an der wir Menschen bis in den hintersten Winkel der Erde beteiligt sind – oder das Leben in den Mittelpunkt unseres Tuns stellen wollen. Der Maßstab unseres Tuns muss alltäglich und überall die Sorge für das Leben sein, dafür dass es weitergeht. Die Ereignisse in Japan hingegen führen uns vor Augen, dass der andere, herkömmliche Weg todbringend ist.

Die Wachstums- und Profitökonomie, sowie die Geldlogik haben sich globalisiert oder richtiger ausgedrückt, sie sind im Zuge der internationalisierten Entwicklungspolitik globalisiert worden. Damit sind auch die dazu gehörigen Maßstäbe globalisiert worden. Der erste Hauptsatz der Wachstumsökonomie lautet: Die Anwendung einer Technologie ist richtig, wenn sie der Steigerung der Geldgewinne dient. Und umgekehrt: Das Ziel der Steigerung der Geldgewinne bringt die dementsprechende Technologie hervor und auch zum Einsatz.

Der Geldorientierung diametral entgegengesetzt ist die Subsistenzorientierung, d.h. die Orientierung auf das, „was aus sich selbst heraus Bestand hat“ – so die Etymologie von „Subsistenz“. Der Begriff stammt aus dem Lateinischen und wird in vielen Sprachen verwandt, um das, was notwendig ist zum Leben zu bezeichnen. Darin enthalten ist der Gedanke der Förderung des Lebendigen, der von einem Selbstverständnis des Menschen als Teil des lebendigen Ganzen getragen wird, innerhalb dessen er/sie sich kooperativ verhält. Damit ist die Subsistenzorientierung der Gegenentwurf zur arrogant überheblichen „Schöpfung aus Zerstörung“ (von Werlhof; Hannah Arendt; Schumpeter) der Wachstumsökonomie.

Deutlicher als in Japan geht es nicht mehr: Wir müssen uns jetzt entscheiden. Geld oder Leben!

Fukushima-Kapitalismus

Das Entsetzen nimmt kein Ende. Fukushima, das 9/11 des fossil-atomaren Energiesystems. Es ist das Schrecknis einer Welt, die nur Profit und Kapital kennt, das sich in diesem Kernreaktor und der unsichtbaren Todesstrahlung, die er aussendet, alptraumhaft verdichtet. Wie aus einem Katastrophenfilm wirken die Bilder und Meldungen aus Japan. So als hätten sich unsere bloßen Vorstellungen [...]
From: social-innovation.orgBy: Andreas ExnerComments

Gemeinwohl á la Felber

Viel ist von der Gemeinwohlökonomie des Christian Felber die Rede. Für die kommenden Streifzüge habe ich einen Rezensionsessay dazu verfasst. Zuviel verrate ich nicht, jedoch soviel: mit Solidarischer Ökonomie hat dieser Ansatz wenig zu tun. Insbesondere, weil das zentrale Kriterium einer Solidarischen Ökonomie, die Selbstverwaltung lediglich an letzter Stelle als mögliche Organisationsform aufgelistet wird, dafür [...]
From: social-innovation.orgBy: Andreas ExnerComments